Wie geht es weiter nach dem Crash der Pluralsight Aktie?

3. September 2019

Pluralsight Aktie Crash - Logo mit drei Live Schriftzügen

In der vergangenen Woche haben wir über  Nutanix als „Sorgenkind“ im Portfolio von The Digital Leaders Fund (DLF) berichtet. Prompt haben uns einige Anfragen erreicht, wir mögen doch auch zu den aktuellen Entwicklungen bei Pluralsight Stellung nehmen. Denn die Pluralsight Aktie (hier die Investmentstory zur Pluralsight Aktie nachlesen) ist nach den Ergebnissen zum Q2 fürchterlich abgestürzt. Auch wir wurden von diesem Blitzcrash der Aktie überrascht und stehen nun vor der Frage, ob wir hier mit unserer grundsätzlich positiven Einschätzung zum Unternehmen seinerzeit falsch lagen.

Pluralsight Aktie Crash - Kursverlauf 3 Jahre
Crash der Pluralsight Aktie nach den Ergebnissen zum Q2. (Chart: Finanztreff)

Wie kam es zum Absturz der Pluralsight Aktie?

Die Ergebnisse im 2. Quartal 2019 bei Pluralsight sind sehr gemischt ausgefallen, um es zurückhaltend zu formulieren:

Der Umsatz im Q2 ist um 42 Prozent auf $75,9 Millionen gestiegen. Die Bruttomarge hat sich deutlich von 70 Prozent auf 77 Prozent verbessert. Viele Anleger sind trotz dieser guten Zahlen für Q2 panisch aus der Aktie geflohen, da die Billings in Q2 „nur“ um 23 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal gewachsen sind und damit eine deutliche Verlangsamung des Neugeschäftes anzeigen.

Wir machen in den letzten Wochen und Monaten immer wieder die Beobachtung, dass die hoch bewerteten SaaS-Aktien gnadenlos abgekauft werden, wenn die Billings in einem Quartal mal enttäuschen und die Free Cashflow – Marge nicht gleichzeitig einen großen Sprung nach vorne macht. Bei Pluralsight wurde im Q2 neben der relativ schwachen Bookings auch noch eine negative Free Cashflow-Marge von knapp 15 Prozent ausgewiesen. Das war eine Kombination, die zu panikartigen Verkäufen führte.

Schwächen im Vertriebsmanagement

Mittlerweile hat sich der Staub etwas gelegt und beim genauen Hinschauen auf die Zahlen erkennt man, dass Pluralsight kein generelles Problem mit seinem Produkt oder mit dem Wettbewerb hat. Stattdessen handelt es sich hier um eine eingrenzbare Sales Execution Schwäche vor allem in der Vertriebsregion USA West, die von einer geringen Ausgangsbasis aus nur einstellig gewachsen ist. Im Westen der USA (also rund um das Silicon Valley) wird derzeit nur ein Fünftel des Geschäftes gemacht im Vergleich zum amerikanischen Osten (also rund um New York und Boston) – das ist ein sehr ungewöhnliches Ungleichgewicht.

Pluralsight Aktie Crash - Umsätze nach Region
Die regionale Verteilung der Billings bei Pluralsight im 1. Halbjahr 2019 .

Mittlerweile hat das Management auch offen zugegeben, dass die Strukturen in der Vertriebsorganisation bisher noch nicht den Ansprüchen eines börsennotierten High-Growth-Unternehmens genügten. So gab es tatsächlich bis Juni keine wöchentlichen kaskadierenden Sales-Forecast-Calls. Dabei ist das eigentlich die Grundlage der Vertriebssteuerung in jeder größeren Software-Sales-Organisation. Offenbar hatte man das bei Pluralsight bisher nicht nötig, da die Unternehmenskultur verbunden mit einem großartigen Produkt jahrelang zu dem nötigen Erfolg geführt hat. Soll heissen: Das Pluralsight-Produkt hat sich anscheinend bisher fast von alleine verkauft. 😉

Diese Zeiten sind nun vorbei, Pluralsight ist hart in der Realität gelandet und wird nun zu einem „gewöhnlichen“ Unternehmen mit einem neuen Chief Revenue Officer (CRO). Doch der muss erstmal rekrutiert werden und seine Vertriebsorganisation ausbauen, die den Umsatz in den kommenden Jahren von derzeit $300 Millionen auf über $1 Milliarde skalieren soll. Die Reorganisation im Vertrieb wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Besetzung dieser CRO-Schlüsselposition und die Erreichung der Umsatzziele für das Gesamtjahr 2019 werfen Fragen auf und belasten derzeit den Kurs. Denn die eigene Guidance, die für 2019 einen Umsatz von circa $315 Millionen und einen positiven Cashflow vorsieht, hat das Management auch nach den schwachen Billings im Q2 (noch) nicht reduziert.

Pluralsight Aktie Crash - Mittelfristige Profitabilitätsziele
Die mittelfristigen Profitabilitätsziele bei Pluralsight .

Überprüfung unseres Investment Cases

Wir wollen grundsätzlich nicht über kurzfristige Geschäftszahlen spekulieren: Für uns als langfristig agierende Investoren ist es in diesem Fall viel wichtiger, ob sich die Pluralsight Plattform tatsächlich in der westlichen Welt als defakto-Standard für die Aus- und Weiterbildung von Tech-Fachkräften etablieren kann. Und ob Pluralsight dann sein angestrebtes Geschäftsmodell mit einer operativen Ziel-Marge von 22 Prozent erreichen kann.

Wir setzen gerade nach einer überzeugenden Anwender- und Analystenkonferenz in der vergangenen Woche nach wie vor viel Vertrauen in den charismatischen Gründer und CEO Aaron Skonnard. Pluralsight hebt sich von allen anderen Online-Trainingsangeboten im Markt ab, da man nicht nur den Endbenutzer und sein Lern-Erlebnis, sondern auch den CTO (Chief Technical Officer)  in den Mittelpunkt stellt. Einerseits liefert Pluralsight neben erstklassigem Content eine sehr gute User-Experience für den Endnutzer, der basierend auf Skill-IQ Testergebnissen individuelle Lernpfade vorgeschlagen bekommt. Andererseits liefert die Plattform dem CTO, der eine Organisation von hunderten oder gar tausenden von Entwicklern führen muss, eine Übersicht und eine wertvolle Datenbasis darüber, welche Skills in seiner Mannschaft wirklich vorhanden sind  und wie er Wissenslücken schließen kann.

Aaron Skonnard ist ein echter Visionär und mittlerweile ist auch klar, welch Schlüsselrolle die teure Akquisition von GitPrime für die Zukunft der Pluralsight-Plattform spielt. Nach der technischen Integration wird GitPrime ab 2020 als weitere Komponente der Pluralsight-Plattform unter dem Namen „Pluralsight Flow“ angeboten. Damit wird die Learning-Plattform dann direkt mit der von den Entwicklern erzeugten Codebasis verbunden. GitPrime soll im Programm-Code eines Entwicklers seine Schwächen entdecken und ihm als Enduser bestimmte Pluralsight-Kurse vorschlagen, um die eigenen Lücken zu schließen. Für den CTO werden die Schwächen in seinen Team dann nicht nur theoretisch durch Tests ermittelt, sondern diese werden in der Praxis im entstandenen Code offenbar und können noch gezielter behoben werden. Jeder CTO sollte angesichts dieser neuen Möglichkeiten mit Pluralsight Flow leuchtende Augen bekommen.

Und genau diese leuchtenden Augen des CTO spielen eine Hauptrolle in der Vertriebsstrategie. Schon heute sind 70 Prozent der Fortune-500-Unternehmen Kunden von Pluralsight. Aber bei diesen Großkunden beträgt die Penetrationsrate nur 7 Prozent der gesamten Tech-Worker in diesen Unternehmen. Wenn es gelingt, die CTO’s davon zu überzeugen, dass zukünftig die gesamte Tech-Organisation die Pluralsight-Plattform nutzen sollte, dann ist das weitere Wachstum bei Pluralsight vorprogrammiert.

Crash der Pluralsight Aktie – Fazit

Unser Investment Case ist nach wie vor intakt. Das Unternehmen hat Sales Execution Probleme offenbart und damit 50 Prozent seiner Bewertung verloren. Nun wird das Unternehmen  aufgrund der bestehenden Unsicherheiten nur noch mit einem Enterprise Value i.H.v. $2,1 Milliarden bewertet, das entspricht einem EV/Sales-Verhältnis von weniger als 7 in 2019 und circa 5 auf der Basis des in 2020 erwarteten Umsatzes.

Wir gehen davon aus, dass es Pluralsight gelingen wird, seine mittelfristigen Ziele zu erreichen und die Billings auf über $1 Milliarde zu steigern. Wenn dies gelingt, dann wird das Unternehmen deutlich mehr wert sein als heute. Kurzfristig werden Investoren auf die Lösung der Vertriebsprobleme und die Entwicklung der Billings in den kommenden Quartalen schauen. Zudem sind die Zeiten eines organischen Wachstums von +40 Prozent wohl erstmal vorbei.

Wir bleiben in Pluralsight investiert und werden unsere Position im Portfolio des DLF zu gegebener Zeit aufstocken.


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Autor

  • Stefan Waldhauser

    Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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Stefan Waldhauser

Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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2 Antworten

  1. Hallo Stefan,
    Grundsätzlich finde ich die Branche Bildung und auch das Unternehmen sehr interessant. Ich bin auch noch über Chegg Inc gestolpert, die sind etwas breiter aufgestellt. Hast Du dir die auch mal angesehen? Wenn ja, warum hast Du dich für Pluralsight entschieden? Was machen die besser bzw. warum siehst Du die Zukunft besser?

    Viele Grüße
    Timo

    1. Chegg hatte ich mir schon vor längerer Zeit mal angesehen, damals den Gedanken verworfen, aber da bin ich aber tatsächlich nicht auf dem aktuellen Stand. Muss ich bei Gelegenheit nochmal genauer draufschauen, um da was fundiertes dazu sagen zu können. Sorry…

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