Am Montag hat unser Portfoliotitel BBVA Zahlen zum ersten Quartal bekannt gegeben. Ein Tag später hat aber eine andere Nachricht die Kursentwicklung der BBVA-Aktie dominiert: BBVA will offensichtlich den spanischen Konkurrenten Banco Sabadell übernehmen. Wir gehen auf die Zahlen ein und wagen eine erste Bewertung des Übernahmeversuchs.
BBVA-Aktie: Zahlen zum vierten Quartal
BBVA hat den Markt wieder positiv überrascht. Die Erträge sind um 18 Prozent (immer im Vorjahresvergleich, soweit nicht anders erwähnt) gestiegen, währungsbereinigt sogar um 25 Prozent. Auch die Nettozinserträge konnten um 15 Prozent gesteigert werden. Dank einer guten Performance im Asset Management und im Zahlungsverkehr hat BBVA die Provisionen sogar um 31 Prozent erhöhen können. Der Gewinn legte um knapp 23 Prozent zu, obwohl das Quartal durch eine Sondergebühr für spanische Banken mit 285 Millionen Euro belastet wurde.
Auch die Guidance fiel positiv aus. BBVA geht davon aus, die Zinserträge in Spanien weiter verbessern und den Gewinn der Gruppe für 2024 „double-digit“ steigern zu können. Im wichtigsten Markt Mexiko konnte BBVA vor allem durch eine Ausweitung des Kreditbuches die Zinserträge um 6,6 Prozent steigern. Die Erträge in der Türkei und in Südamerika haben sich trotz der schwierigen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse stabil entwickelt.
Positiv
Das Geschäft im Heimatmarkt Spanien hat sich im abgelaufenen Quartal besonders gut entwickelt. Wir haben im Blog das niedrige Deposit-Beta von BBVA in Spanien mehrmals diskutiert. Die Zinsmarge konnte wieder gegenüber dem Vorquartal um 2 Basispunkte auf 3,44 Prozent gesteigert werden. Die Zinserträge stiegen um 15 Prozent, gegenüber dem Vorquartal sogar um 25 Prozent. Nach eigenen Angaben hat BBVA den Marktanteil im Retailbanking und Firmenkundengeschäft in Spanien in den letzten 6 Jahren um 400 Basispunkte gesteigert. Offensichtlich ist das den Basken aber nicht genug, wie die Offerte für Banco Sabadell belegt. Dazu gleich mehr.
Das Mexiko Geschäft entwickelt sich weiter erfreulich. Das Land wächst auch dank des „Nearshorings“ der US-Unternehmen deutlich stärker als die anderen Länder in Lateinamerika. Das Kreditvolumen zieht weiter an, die Kreditqualität ist stabil. CEO Onur Genc weist gerne darauf hin, dass in Mexiko das Verhältnis von Bankschulden zum Bruttosozialprodukt bei 36 Prozent liegt; in Brasilien ist dieser Wert doppelt so hoch. Der Verschuldungsgrad von Mexikaner ist im internationalen Vergleich auffällig niedrig, wie OECD-Daten zeigen. Vielleicht sollte Kaspi diese Statistik auch nutzen. Der Quotient aus Bankschulden und GDP in Kasachstan liegt nur bei 25 Prozent.
Negativ
Die Zahlen sind durchweg gut. Wenn man aber nach dem Haar in der Suppe sucht, dann wird man möglicherweise in Mexiko fündig. Wir haben in unserem letzten Artikel zu Nubank auf den Angriff der Brasilianer auf BBVA in Mexiko hingewiesen. Bei den Einlagenkosten macht sich das bisher noch nicht merklich bemerkbar. BBVA zahlt auf Einlagen in Mexiko im Schnitt 2,9 Prozent, die Konkurrenz 4,75 Prozent. Die Zinsmarge ist auch in Q1 wieder gestiegen. Allerdings sind die Einlagen im ersten Quartal sequentiell 5 Prozent gefallen. CEO Genc begründet das aber mit “Saisonalität” und der Tatsache, dass man weniger Interbankenkredite in Anspruch genommen habe. Die Retaileinlagen hätten sich weiterhin stabil entwickelt.
Was sagt die digitale Spur? Im ersten Quartal hat Nubank zum ersten Mal bei den Downloads die Zahlen von BBVA erreicht. Allerdings sind auch die Downloads bei BBVA weiter gewachsen. Wir werden die Entwicklung in Mexiko weiter beobachten.
Die baskisch-katalanische Hochzeit
Ein Tag nach dem Quartalsbericht gab BBVA bekannt, Banco Sabadell übernehmen zu wollen. Sabadell ist nach Bilanzsumme die viertgrößte Bank Spaniens (hinter Caixabank, Santander und BBVA). Sie ist in Spanien, UK (TSB) und Mexiko tätig. Im Unterschied zu BBVA liegt der Fokus in Spanien mehr auf dem Firmenkundengeschäft. Das würde daher gut zu BBVA passen. Zusammen mit Sabadell würde BBVA im Hypothekengeschäft und bei Einlagen den Marktanteil auf 21 bzw. 23 von derzeit 13 bzw. 14 Prozent steigern. Mit TSB würde man zudem in den UK-Markt einsteigen. Das Geschäft in Mexiko ist allerdings wenig bedeutend und würde die Dominanz von BBVA dort nur marginal verbessern. Die Transaktion soll ausschließlich über Aktien finanziert werden. Für eine neue BBVA-Aktie sollen 4,83 Sabadell-Aktien erworben werden. Das kommt einer Prämie von ca. 20 Prozent gleich.
Was ist die Ratio hinter dem Deal?
BBVA: „The new entity would create one of Europe’s largest and most robust financial entities, boasting over one trillion euros in assets and serving more than 100 million clients worldwide, with the ambition of becoming the largest bank by market capitalization of the Eurozone. „The larger scale would allow the new entity to face the structural challenges of the sector in better conditions and reach a greater number of clients, efficiently addressing investment needs associated with digital transformation.” Das klingt so, als sei nicht Wachstum, sondern Effizienz der Hauptgrund für die Offerte. BBVA ist trotz der Größe schlanker aufgestellt. Die CiR von Sabadell liegt bei über 47 Prozent. Die Zinsmarge in Spanien liegt 30 Basispunkte unter der von BBVA. BBVA traut sich offensichtlich zu, die Einlagen und Kundenbeziehungen von Sabadell in Spanien profitabler zu managen. Zuzutrauen ist das den Basken, schließlich gilt BBVA bei der Digitalisierung als weltweit führend unter den Legacy-Banken. Dennoch zeigt die Erfahrung, dass Bank-Fusionen selten reibungslos funktionieren. Die Effizienzgewinne werden sich m.E. allenfalls mittelfristig bemerkbar machen.
Schon vor vier Jahren hatte BBVA versucht, Sabadell zu übernehmen. Damals scheiterte der Versuch. Neben unterschiedlichen Preisvorstellungen war das Risiko inmitten der Corona-Pandemie einfach zu groß.
Mein Kommentar seinerzeit lautete:
„Damit würde BBVA nach der Caixabank zur zweitgrößten Bank in Spanien aufsteigen, noch vor Santander. Die deutlich kleinere Banco Sabadell würde ein größeres Firmenkundengeschäft in Spanien in die Ehe einbringen, die defizitäre UK-Bank TSB und ein relativ kleines Mexiko-Geschäft. Als Investor bin ich mäßig begeistert von dieser Idee. Klar erscheint die Banco Sabadell optisch sehr günstig mit einem Kurs-Buch-Verhältnis von gerade mal 0,2. Sie erwirtschaftet aber auch seit Jahren notorisch niedrige Eigenkapitalrenditen. Sich in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit ein großes Kreditbuch an Firmen ans Bein zu binden, erscheint mir sehr riskant. Die vermeintlichen Synergieeffekte, die man bei solchen Deals immer haben möchte, fallen wenn überhaupt in ferner Zukunft an. Am Anfang stehen massive Integrationskosten, Kosten für Personalabbau und hohe Effizienzverluste. Als Investor würde ich mir eher wünschen, dass BBVA stärker ins Asset Management und somit ins Provisionsgeschäft einsteigt, wenn man denn unbedingt expandieren möchte.“
Vier Jahre später ist Sabadell deutlich mehr Wert
Das Kurs-Buch-Verhältnis liegt bei 0,7. Allein dieses Jahr ist der Aktienkurs um über 70 Prozent gestiegen. Die Bank ist profitabler, mit dem Zinsanstieg sind die Einlagen und das Kreditbuch heute wertvoller, zumal sich Spaniens Wirtschaft besser entwickelt als der Euroraum. Auch TSB ist heute eine profitable Bank mit wachsenden Zinserträgen. Die Risiken einer Übernahme sind geringer, dennoch wäre mir auch heute eine Expansion ins Provisionsgeschäft lieber.
My Take zur BBVA-Aktie
BBVA hat wieder hervorragende Zahlen berichtet. Mit einem RoTE von 17,7 Prozent also der Rendite auf das durchschnittliche materielle Eigenkapital, gehört BBVA zur Spitzengruppe in Europa. Wie effizient die Basken wirtschaften, zeigt auch die Entwicklung der Cost-Income-Ratio, die nun bei 41,2 liegt. Die Guidance für das weitere Jahr ist angehoben worden. Die BBVA-Aktie ist mit einem KGV von 6,6 attraktiv bewertet. Die mögliche Übernahme von Sabadell belastet aktuell den Kurs der BBVA-Aktie. Meines Erachtens wird BBVA den Deal dieses Mal durchziehen. Die Prämie von aktuell 20 Prozent wird den Sabadell-Aktionären vermutlich nicht ausreichen. Ein besseres Angebot ist daher wahrscheinlich und somit belastend für den Aktienkurs. Langfristig wird BBVA aber auch mit Sabadell ein attraktives Investment bleiben.
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Autor
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Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.
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