In der vergangenen Woche hatte Ich in unserem Blog über die VW Aktie und das Investment des DLF in die Porsche Holding berichtet. Mit diesem zweiten Beitrag zur Lage in der heimischen Automobilindustrie möchte ich erläutern, warum wir nicht nur an die Autobauer im Allgemeinen, sondern an die BMW Aktie im Besonderen glauben.
Und das ausgerechnet in einer Zeit, in der aufgrund des Diesel-Skandals und der aktuellen Probleme rund um die neuen Abgastests viele Medien schon den Untergang der deutschen Autoindustrie prognostizieren.
Aber wir entscheiden über ein Investment für den DLF nicht aufgrund der aktuellen operativen Lage, sondern vor allem anhand der längerfristigen Strategie auf Sicht von 5 bis 10 Jahren.
Die BMW Strategie überzeugt
Und die Zukunfts-Strategie der BMW Group mit dem sperrigen Namen “Number One Next” ist durchaus stimmig:
Mit dem oftmals belächelten i3 sammelt man schon seit 2013 wertvolle Erfahrungen im E-Auto-Markt. Das ist ein klarer Vorsprung zur deutschen Konkurrenz, die bisher allesamt nur Prototypen auf den Straßen hat.
Insbesondere der schon heute in verschiedenen Modellen angebotene Plug-In-Hybrid-Antrieb von BMW dürfte in der Übergangszeit zum Elektroauto in den kommenden 10 bis 20 Jahren einen besonderem Stellenwert haben und größere Verbreitung finden.
Denn für viele Kunden eines Premiumfahrzeugs ist in der heutigen Zeit ein hybrides KFZ, das im Stadtverkehr elektrisch unterwegs ist und auf der Autobahn dank seines Verbrennungsmotors dennoch keinen Einschränkungen hinsichtlich Reichweite unterliegt, offenbar eine gute Wahl.
BMW Aktie: Der Markt ist skeptisch
Es überrascht, dass der durchaus vorhandene BMW-Erfolg im E-Auto-Segment vom Markt bisher so überhaupt nicht honoriert wird:
- Insgesamt wird BMW schon in 2018 über 140.000 Autos mit Elektroantrieb verkaufen (inkl. Plug-In-Hybride).
- Und Ende 2019 will man insgesamt 500.000 elektrifizierte Fahrzeuge auf den Strassen haben.
Das ist zwar verschwindend wenig angesichts der über 2 Millionen Fahrzeuge, die jährlich von BMW produziert werden.
Aber es würde mich überraschen, wenn der Markt dauerhaft ignorieren sollte, dass BMW durchaus erfolgreich unterwegs ist in der aktuellen Übergangszeit hin zu alternativen Antrieben und autonomen Fahrzeugen.
Zumal die Transformation der BMW Group in den kommenden Jahren ja recht genau vorgezeichnet ist in der aktuellen Strategie und Product-Roadmap, wie auch folgende Grafik aus der Präsentation von BMW zeigt:
BMW Aktie: Warten auf BMW iNext
Allerdings wird es tatsächlich noch noch bis 2021 dauern, dass mit dem BMW i4 das erste Elektro-Fahrzeug lieferbar sein wird, welches auf der komplett neuen Plattform BMW iNext basiert.
Noch im zweiten Halbjahr 2018 soll ein iNext-basierter Prototyp der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Diese neue Plattform wird so designt, dass alternativ verschiedene Antriebe (rein elektrisch, hybrid, Verbrenner) eingebaut und entsprechende Autos mit unterschiedlichen Antrieben je nach Bedarf in einer einzigen Fabrik gebaut werden können.
Ob diese Strategie der größtmöglichen Produktions-Flexibilität erfolgreich sein wird, werden wir alle erst in einigen Jahren wissen.
2019 und 2020 sind in jedem Fall Übergangsjahre, obwohl man mit dem e-MINI und dem iX3 immerhin zwei komplett elektrische Fahrzeuge auf den Markt bringen will.
Diese Modelle sind aber auf der Basis der herkömmlichen für Verbrennungsmotoren designten Plattformen entstanden. Ob das dann der große Wurf werden kann, darf man zumindest bezweifeln.
Ein Mobilitäts-Konzern der Zukunft ist mehr als nur Auto-Produzent
BMW hat verstanden, dass es in der Zukunft nicht ausreichend sein wird, einfach nur sehr gute und zeitgemäße Fahrzeuge zu produzieren.
Das Käuferverhalten wird sich grundlegend verändern in den nächsten 20 Jahren. Gerade in den Städten werden viele Kunden gar kein eigenes Fahrzeug mehr besitzen wollen.
Aber natürlich haben auch diese Menschen die Notwendigkeit und sind durchaus bereit, viel Geld für die eigene Mobilität auszugeben.
Nur eben nicht mehr in erster Linie für das eigene Auto, sondern eher für Carsharing oder für Roboter-Taxi-Dienste.
Dies sind die Geschäftsmodelle der Zukunft und BMW muss sich extrem anstrengen, um hier in Zukunft eine Rolle zu spielen.
Daher hat man im März 2018 beschlossen, ein Joint-Venture gemeinsam mit Daimler zu gründen und die bestehenden Aktivitäten im Bereich Carsharing, Mitfahrdienste, Taxivermittlung, Ladesäulen für E-Autos dort zusammenzulegen. Allerdings läuft die Zusammenarbeit hier bisher nur sehr schleppend an.
So will man gemeinsam die kritische Größe erreichen, um es mit der neuen Konkurrenz derartiger Mobilitätsdienste von Uber + Co. aufnehmen zu können.
Zumindest in Europa sieht das auch recht erfolgsversprechend aus. Denn während Uber mit der Taxi-Lobby in vielen europäischen Ländern kämpft, ist z.B. myTaxi dank etlicher Zukäufe mittlerweile zum europäischen Marktführer bei Taxi-Diensten avanciert.
Der Spagat von BMW
Ich finde es sehr respektabel wie das BMW-Management die aktuelle Gratwanderung vollbringt: Einerseits ist man mit den klassischen Fahrzeugen nach wie vor hochprofitabel und erwirtschaftet Milliarden an Cash. Die im Branchenvergleich hohen Margen von 8 bis 10 Prozent will man – wohl mit Rücksicht auf den Aktienkurs – auch über 2018 hinaus aufrechterhalten.
Andererseits investiert man auf der anderen Seite Rekordsummen in die Zukunftsthemen Elektroantrieb und Autonomes Fahren.
Ich würde mir wünschen, dass man da noch mehr Gas gibt und die Forschungs- und Entwicklungsquote von geplant bis zu 7 Prozent der Umsätze für einige Jahre noch aggressiver erhöhen würde. Auch wenn das natürlich zu Lasten der Profitabilität und des Free Cashflows gehen würde.
Aber das ist dem Kapitalmarkt wohl leider nicht zu verkaufen ohne weitere Belastung für den Aktienkurs. Denn die Aktionäre erwarten von der BMW Aktie (im Gegensatz zu Tesla) eine ordentliche Dividende, die in den vergangenen Jahren stetig gesteigert wurde bis auf über € 2,5 Milliarden Dividendenzahlung in 2017.
Ich bin mir sicher, dass BMW dieses Geld derzeit sehr gut investieren könnte, um die eigene Transformation zu beschleunigen und langfristige Zukunftsfähigkeit zu verbessern.
Warum erwartet der Kapitalmarkt eigentlich von BMW eine stolze Dividendenrendite, während ganz klar akzeptiert ist, dass Tesla als High-Tech-Unternehmen noch viele Jahre lang keine Dividende zahlen kann?
Für mich ist das schwer zu verstehen und ein wohl auch von den BMW Großaktionären hausgemachter Wettbewerbsnachteil.
BMW Aktie: High-Tech oder Old Economy?
Die BMW Aktie wird derzeit zu einem Kurs-Gewinn-Verhältnis zwischen 7 und 8 in der Nähe des Buchwertes gehandelt, die Dividendenrendite beträgt über 5%.
Diese niedrige Bewertung ist das Resultat einer extrem negativen Marktstimmung für die gesamte etablierte Automobilbranche, die vom Markt auch aufgrund der Dieseldiskussion gnadenlos den Stempel der Old Economy aufgedrückt bekommt.
Und tatsächlich gibt es aktuell kritische operative Probleme “aus der alten Welt” zu lösen.
Vor allem das neue Abgastestverfahren WLTP sorgt für Chaos, so musste die Produktion von Benzinvarianten einiger BMW Fahrzeuge (7er Reihe, X5, X6) vorübergehend gestoppt werden.
Aber auch wenn diese zusätzlichen Herausforderungen ein operativ schwieriges zweites Halbjahr 2018 bedeuten, so interessiert uns dies aus Sicht des DLF-Portfolios eigentlich nur am Rande.
Wichtiger für uns ist die Resonanz des Marktes auf die in den kommenden Monaten anstehende Präsentation des iNext Visions-Fahrzeuges.
Es wird da auch auf die BMW Marketingstrategen ankommen. Wird es gelingen, mit der Vorstellung dieses E-Autos die BMW Group aus der Old Economy-Ecke rauszuholen und eine neue Begeisterung zu entfachen für Premium-Automobile der Next-Generation made in Bayern?
BMW erscheint mir jedenfalls auch aufgrund ihrer profitablen Übergangslösung mit den PlugIn-Hybriden für die Zukunft recht gut aufgestellt und die BMW Aktie ist daher aktuell ein Investment wert für das Portfolio des DLF.
Bin ich da zu optimistisch oder gar zu patriotisch?
Denn natürlich wünsche ich mir für Deutschland, dass wir zumindest die Digitale Transformation in der Automobilindustrie erfolgreich bewältigen können.
Gerade weil es in vielen anderen Branchen da im internationalen Vergleich viel schlechter aussieht für die heimischen Konzerne.
Ich freue mich auf Eure Kommentare.
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Autor
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Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.
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4 Responses
Noch ein Vorschlag zu Investments in die deutsche Autoindustrie: die großen Endprodukt-Hersteller VW, BMW, Daimler werden ja ihrerseits massiv in den Aufbau ihrer Fertigungsstraßen investieren, um E-Autos bauen zu können. Wäre es da nicht geschickt, auf die Zulieferer dieser enormen Investitionen zu setzen? Denn Geld wird ja nie vernichtet, es wird immer nur verschoben 🙂
Dazu bräuchte man allerdings solche Zulieferer, die ihrerseits eine starke Marktstellung besitzen. Denn nichts ist schlimmer als ein kleiner Zulieferer mit großer Konkurrenz, der zudem von wenigen großen Kunden abhängig ist und daher von diesen die Preise diktiert bekommt.
Theoretisch würden z.B. Continental und Bosch in Frage kommen. Bosch scheidet aus da nicht börsennotiert. Conti hat neben den Zukunftsthemen Reifen, E-Mobilität und Fahrassistenzsysteme leider auch ein großes Produktangebot im Bereich Verbrenner, wo die Nachfrage immer weiter schrumpfen wird. Schwer zu sagen, ob es besser ist, mit den alten Produkten noch eine Weile lang Geld verdienen zu können, oder ob diese Altprodukte für die Ausrichtung auf die Zukunft eher hinderlich sind.
Darüber hinaus Aumann, die zwar klein sind, aber m.E. eine starke Marktstellung und eine recht breit gestreute Kundschaft haben (neben den großen europäischen Herstellern auch Geely) und schnell wachsen. Auch Leoni, Osram und Polytec sind nicht auf Verbrenner fokussiert und daher m.E. einen Blick wert. Sind aktuell alle zum absoluten Sonderpreis zu haben. Was hältst Du von diesen Unternehmen?
Die Analyse der Zulieferer auf ihre Zukunftsfähigkeit hin ist eine große Herausforderung, an die ich mich bisher noch nicht ran getraut habe. Mal sehen ob ich das in 2019 angehe, aber auf meinem aktuellen Wissensstand würde ich mich da nicht wohlfühlen mit einem Investment auch wenn die Preise optisch günstig aussehen.
Lieber Stefan,
den Vergleich mit Tesla hatten wir ja schon bei VW / Porsche thematisiert. Daher möchte ich hier den Artikel Deines Kollegen Baki Irmak “Digitalisierung – warum Unternehmen scheitern” ins Bewusstsein rücken. Die Frage wäre also, inwiefern BMW nicht zu den Dinos mit den veralteten Systemen und dem vergangenheitsbezogenem Mindset gehört. Denn Probleme wie WLTP weisen m.E. darauf hin, dass man nicht nur zufällig bei der E-Mobilität hinten dran ist, sondern dass man generell eine Hinten-dran-Mentalität lebt. Jahrzehntelang konnte man mit minimalen Verbesserungen wie dem elektrischen Fensterheber neue Autos verkaufen. Das ist jetzt aber vorbei. Und wenn man jetzt E-Autos bauen will, die auf der gleichen Plattform wie Verbrenner gebaut werden, frage ich mich, ob man bei so einem Ansatz die Vorteile der E-Motoren wirklich nutzt. Die Unterschiede sind m.E. so groß, dass man das ganze Konzept neu denken sollte. Beispiel Platzbedarf: hier entstehen im wahrsten Sinne des Wortes Freiräume, die dann als Ablageplatz für das Ladekabel verplempert werden, anstatt sie dem Innenraum zuzuschlagen. Aber das geht ja nicht, denn man muss ja an den Verbrenner denken, der da seine Ölwanne hat. Das überzeugt mich wenig. Die Kunden wollen doch keine E-Autos, die sich wg. der Verbrenner-Kompatibität Grenzen auferlegen. Und vor allem: Mit der Hinten-dran-Mentalität wird man Google bei den selbstfahrenden Autos ohnehin nie das Wasser reichen können. Wenn man immer nur reagiert, weil andere schon weiter sind, bleibt man hinten dran. Für mich bleibt daher die zentrale Frage: Wo ist oder wird BMW denn High Tech? Etwas 5 oder 10 Jahre später als andere zu machen, bedeutet ja gerade nicht, Digital Leader zu sein, sondern Digital Laggard.
Ich glaube dass es für die etablierten Konzerne wie BMW unheimlich schwer vorherzusagen ist, wie sich die Nachfrage nach Verbrennern, Hybrid-Kahrzeugen und reinrassigen E-Autos in den nächsten 10 Jahren entwickeln wird. Daher halte ich es durchaus für eine gute Idee, eine Plattform so zu bauen, dass verschiedene Antriebe verbaut und in einem einzigen Werk gefertigt werden können. Aber eine solche Plattform ist immer ein Kompromiss, da hast Du absolut recht. Ob es ein fauler Kompromiss ist, das wissen wir erst in einigen Jahren. Bis dahin bleiben die beiden Automobilhersteller in unserem Porfolio wohl kontrovers zu diskutierende Werte. Aber ich fühle mich mit dieser antizyklischen Komponente im Portfolio recht wohl. 🙂