BYD-Aktie: Börsen-Schock – aber „goldener Reset“ hat System

28. May 2025

BYD Aktie Börsen-Schock

Börsenshock bei der BYD-Aktie. Mit einer plötzlichen Rabattwelle auf dutzende Modelle hat BYD Ende Mai Investoren überrascht – und die Aktienkurse in den Keller geschickt. Doch wie so oft lohnt sich ein zweiter Blick: Die BYD-Preise sind strategisch gesetzt – steht ein „goldener Reset“ bevor?

BYD-Aktie: Was ist passiert?

Am 25. Mai kündigte BYD umfangreiche „618“-Rabatte auf 22 Modelle der Dynasty- und Ocean-Serien an – allesamt Fahrzeuge unterhalb der psychologisch wichtigen Kaufpreisgrenze von 200.000 Renminbi. Die Aktion läuft bis Ende Juni. Prompt brach der Kurs der BYD-Aktie ein: Das H-Papier verlor 8,6 Prozent, die A-Aktie 5,9 Prozent – ein Kurssturz, der an der Börse Fragen aufwarf: Steigt BYD in den EV-Preiskampf ein, weil die Nachfrage einbricht?

Der mediale Reflex ließ nicht lange auf sich warten. Schlagzeilen wie „BYD launches aggressive EV discount campaign“ (CNBC) oder „Preiskrieg eskaliert – BYD unter Druck“ (Handelsblatt) dominierten die Börsenportale. Besonders drastisch formulierte es ein Analyst in einem WeChat-Kommentar: „Wenn BYD jetzt auch kapituliert, ist das das Ende der Marge in Chinas Autowelt.“

Rabatt-Wirkung rational durchgerechnet

Doch die nüchterne Einschätzung unserer Kollegen von Goldman Sachs ist vermutlich die richtige Interpretation. Zwar wurden die Gewinnprognosen für 2025 bis 2027 leicht um drei bis fünf Prozent gesenkt – doch der Grundton bleibt optimistisch. Die Analyse zeigt: Bei zwölf betroffenen Modellen ergibt sich im Schnitt ein Preisnachlass von etwa 10.000 Renminbi (rund 1.380 Dollar), was rund neun Prozent Rabatt entspricht.

Diese zwölf Modelle machten im ersten Quartal 2025 rund 45 Prozent des Absatzes und 30 Prozent des Umsatzes von BYD aus. Der geschätzte Ergebniseffekt der Aktion liegt bei etwa 2,6 Milliarden Renminbi.

BYD hatte nämlich ohnehin für 2025 mit Preissenkungen von sieben Prozent bei Volumenmodellen kalkuliert. Die aktuelle Aktion ist daher keine Überraschung, sondern ein taktischer Schritt – ein “goldener Reset”, wie es das Management formuliert. Damit positioniert sich BYD neu und setzt gleichzeitig die Konkurrenz unter Druck.

„Goldenen Reset“: Was das ist 

Der Begriff stammt aus früheren Aussagen des Managements und beschreibt eine systematische Neuordnung der Preisstruktur über das gesamte Produktportfolio hinweg. Ziel ist es, durch günstige Einstiegspreise, aggressive Rabatte und schnellere Modellzyklen die Wettbewerber zu zwingen, ihre Margen aufzugeben – während BYD selbst über Skalenvorteile, Batterietechnologie und vertikale Integration die Profitabilität verteidigt. Es ist ein strategisches Re-Pricing, kein Notverkauf.

BYD-Deutschland –  Rabatte mit System, nicht mit Aktion

In Europa war der Aufschrei weniger laut – auch weil die Lage weniger transparent ist als in China. Während in chinesischen Medien offen über Preisaktionen gesprochen wird, war bei deutschen Händlern zunächst wenig zu erfahren. Eine offizielle, deutschlandweite Rabattaktion gibt es aktuell nicht. Aber man ist bereit, Kunden hohe Preisnachlässe in den BYD-Shops zu gewähren. Eine Mystery-Shoping-Tour bei BYD in Frankfurt ergab, dass beim chinesischen EV-Marktführer saftige Rabatte drin sind.

Je nach Modell und Verhandlungsspielraum sind dabei für Firmenkunden erhebliche Rabatte möglich – bei neueren Fahrzeugen im Bereich von rund 17 Prozent, bei älteren Modellen auch bis zu 27 Prozent, wie unsere Recherche ergab. Die offiziellen Listenpreise sind hoch angesetzt, doch durch gezielte Nachlässe wird ein wettbewerbsfähiges Niveau erreicht – oft unterhalb vergleichbarer deutscher Modelle.

Beispiel BYD Sealion 7 Comfort: Während das Modell in Deutschland offiziell mit 47.990 Euro gelistet ist, geht BYD auf bis zu 39.832 Euro herunter, wie unsere Recherche ergab. Zum Vergleich: Der VW ID.4 Pro kostet 46.335 Euro – ganz ohne Rabatt. Der Audi Q4 e-tron 45 liegt bei 52.950 Euro. Der Sealion besticht mit toller Optik innen und außen. Kunden fragen sich, ob die Verarbeitung das deutsche Niveau bereits erreicht hat. Während meines Besuchs im BYD-Shop bekam ich mit, wie sich ein Pärchen an der Rezeption über das Klappern beim Fahren ihres BYD beklagte. Die Fahrberichte der Fachpublikationen bestätigen das bei dem neuen Modell bisher aber nicht. Wie dem auch sei: Der Newcomer kommt auch in Europa preislich seinen Kunden weit entgegen. Aus dieser Perspektive wird klar: BYD betreibt Preispolitik über individuelle Händler-Nachlässe, um die neuen EU-Zölle zu kompensieren – nicht über niedrige UVPs oder öffentlich kommunizierte Aktionen.

Strategie statt Panik – BYD gewinnt global an Marktanteilen

Die Reaktion der Börse auf die „618“-Rabatte war heftig, und die Verluste bei der BYD-Aktie verständlich. In China ist der Preiskampf in vollem Gange. Die Maßnahme ist aber Teil eines kalkulierten Preisresets angesichts von Überkapazitäten in China. Mit der hohen Profitabilität und dem stabilen Ausblick für das vertikal integrierte Geschäftsmodell bleibt BYD weiterhin gut positioniert. Das gilt allerdings nicht für alle Wettbewerber.  Es wird viele Verlierer geben. Vor allem ausländische Hersteller sollten weiterhin aus dem chinesischen Markt verdrängt werden.   

Durch die jüngste Kurskorrektur ist die BYD-Aktie nun wieder moderat bewertet. Gemessen an den aktuellen Analystenschätzungen liegt das EV/Sales-Verhältnis für 2025 bei rund 1,1x, das EV/EBITDA bei 8,3x und das KGV bei 17,5 – bis 2027 sinkt Letzteres auf nur noch 11,4. Wir haben die Position in beiden Fonds – sowohl im EM Digital Leaders als auch im The Digital Leaders – nach der fulminanten Rallye der vergangenen Monate angesichts der gestiegenen Risiken reduziert, wir kaufen auf dem aktuellen Niveau aber bereits wieder vorsichtig zu, auch wenn wir nicht ausschließen können, dass bei den Zahlen für das zweite Quartal eine Delle bei der Profitabilität sichtbar sein wird.   

Autor

  • Steffen Gruschka

    Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.

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Steffen Gruschka

Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.

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