GENIUS Act – Coinbase und Circles Angriff auf Mastercard und Visa

20. June 2025

Die USA haben mit dem GENIUS Act Stablecoins gesetzlich reguliert. Das Urteil der Märkte war eindeutig: Unser Portfoliowert Coinbase gewann über 16 Prozent, Circle Internet legte um 34 Prozent zu. Die Verlierer: Mastercard und Visa, deren Aktienkurse jeweils um rund fünf Prozent nachgaben. Übertreibung? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht.

Es gibt gute Gründe, warum der am 18. Juni vom US-Senat mit großer Mehrheit verabschiedete GENIUS Act („Guiding and Establishing National Innovation for U.S. Stablecoins“) das Zeug hat, das Geschäftsmodell von Banken, Payment und sogar Mastercard und Visa zu disrupten.

GENIUS Act: Trumps Finanz-Revolution

Der GENIUS Act wurde im Senat mit einer parteiübergreifenden Mehrheit von 68 zu 30 Stimmen verabschiedet. Die Zustimmung im Repräsentantenhaus ist nur noch eine Formsache. Donald Trump hat auf Truth Social gefordert, ihm „asap“ das Gesetz zur Unterschrift vorzulegen.

Coinbase Genius Act

Mit dem GENIUS Act wird die Stablecoin-Nutzung für Unternehmen und Innovatoren bedeutend einfacher – und gleichzeitig entsteht ein klarer, sicherer Rahmen für Verbraucher in den USA. Die Stablecoins müssen dort künftig 1:1 mit sicheren Vermögenswerten wie US-Dollar, kurzfristigen US-Staatsanleihen oder speziellen Geldmarktfonds gedeckt sein.

Um zu verhindern, dass Big Tech erneut das Rennen macht, gibt es strikte Regeln für börsennotierte Unternehmen, die nicht überwiegend im Finanzsektor tätig sind. Sie dürfen keine Stablecoins herausgeben, ohne einstimmige Zustimmung eines dreiköpfigen Ausschusses, bestehend aus dem Finanzminister, dem Vorsitzenden der US-Notenbank und dem Vorsitzenden der Einlagensicherungsbehörde. Die Lobbyisten von Meta, Amazon und Alphabet müssen sich also anstrengen.

Der Siegeszug von Tether

Den globalen Süden haben Stablecoins ohnehin schon erobert. In Ländern wie Nigeria, Vietnam und Argentinien haben sich Stablecoins in der breiten Bevölkerung durchgesetzt. Die Adaptionsraten wachsen in den meisten Schwellenländern zweistellig. Der mit Abstand dominierende Stablecoin ist Tether (USDT), dessen Wert an den US-Dollar gekoppelt ist. Wer erstmals USDT kauft, muss den Gegenwert in Fiat-Währung überweisen. Tether „schürft“ dann die passende Menge USDT und investiert zur USDT-Deckung in US-Staatspapiere und Geldmarktfonds. Die Zinserträge daraus sackt Tether selbst ein. 2024 hat das Unternehmen einen sagenhaften Gewinn von 13,7 Mrd. Dollar erwirtschaftet. Weil die meisten Paar-Trades USDT als Referenzwert führen, lag das Transaktionsvolumen 2024 bei über 20 Billionen Dollar. Über 400 Millionen Menschen nutzen USDT weltweit. Die Marktkapitalisierung liegt aktuell bei über 155 Mrd. Dollar, wie die untere Grafik zeigt (Quelle: Coingecko).

Der Ritterschlag für Krypto Rails

Und weil die Zahlungen in Krypto – solange sie die Krypto-Börsen nicht verlassen – über Blockchain-Netzwerke laufen, sind ganz nebenbei neue Payment Schemes wie ERC-20 und Solana entstanden, Payment-Infrastrukturen, die ganz ohne Mastercard und Visa auskommen und zudem deutlich günstiger sind für grenzübergreifende Überweisungen.

Tether ist nicht börsennotiert. CEO Paolo Ardoino hat aktuell keinen Grund, das zu ändern. Dagegen hat der zweitgrößte Emittent von Stablecoins, Circle Internet, vor zwei Wochen den Börsengang gewagt. Gleich am ersten Handelstag hat die Aktie über 160 Prozent zugelegt. Danach ging es nur steil nach oben. Aktuell liegt der Kursanstieg bei über 500 Prozent. Auch Circles Stablecoin USDC wird vollumfänglich von US-Dollar gedeckt. Die Zinseinnahmen muss das Unternehmen aber mit Coinbase teilen – als Gegenleistung dafür, dass Coinbase die Distribution von USDC übernimmt. Als Payment Scheme bzw. Krypto Rail für USDC-Zahlungen dient Base, eine Layer-2-Blockchain von Coinbase.

Mit dem GENIUS Act erhalten diese „Krypto Rails“ ihren Ritterschlag. Nun können US-Verbraucher und Unternehmen diese staatlich reguliert nutzen. Am 12. Juni hat Coinbase auf der firmeneigenen Konferenz „State of Crypto Summit 2024“ in Erwartung des neuen Gesetzes mehrere faszinierende Produktoffensiven vorgestellt. Zusammen mit Shopify wird Coinbase Konsumenten eine nahtlose Bezahlmöglichkeit mit USDC bieten. Base dient dabei als technische Infrastruktur. Die Funktionalität wird schrittweise dieses Jahr bei über 2 Millionen Shopify-Händlern ausgerollt. Coinbase will den Händlern mit 1 Prozent Cashback die eigene Lösung schmackhaft machen. Bisher zahlen Händler eher 1–3 Prozent drauf. Zudem wird das Unternehmen Coinbase Payment in das Angebot an Business-Kunden aufnehmen. Zu den ersten Kunden gehören neben Shopify auch SAP und Deel.

Gewinner des GENIUS Act: Coinbase und Meta

Am Tag der Senatsentscheidung gehörten auch Payment-Unternehmen wie Corpay, Paycom und sogar Paypal zu den Verlierern an der Börse. Paypal hat mit PYUSD selbst einen Stablecoin ins Rennen geschickt. Die Kurse der US-Banken waren allerdings stabil. Dabei droht den Banken bei einer schnellen Adaption von Stablecoins nicht nur der lukrative Zahlungsverkehr verloren zu gehen, sondern auch das Einlagengeschäft. Einige Banken haben zwar eigene Stablecoins angekündigt, aber die Bereitschaft, sich selbst zu kannibalisieren, dürfte gering sein. Auch Amazon und Walmart haben eigene Stablecoins angekündigt. Der aussichtsreichste Kandidat für die Einführung eines Stablecoins ist eine Plattform, die knapp 4 Milliarden potenzielle Nutzer mitbringt: nämlich Meta. Mark Zuckerbergs Traum von einer eigenen Kryptowährung ist vor fünf Jahren am Widerstand der US-Politik gescheitert. Aktuell stehen die Chancen trotz der Hürden für Big Tech besser. Im Zweifel könnte Meta auch mit einem der aktuellen Player kooperieren.

Autor

  • Baki Irmak

    Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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Baki Irmak

Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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