Infrastruktur-Investments werden traditionell mit dividendenstarken, Asset-heavy Branchen verbunden. Die Erfordernisse der Energiewende, des Mobilitätswandels und der Digitalisierung stellen allerdings alte Konzepte auf den Kopf. Wie sich die Anforderungen der Moderne auf die verschiedenen Kategorien von Infrastruktur auswirken.
Auswirkungen der Energiewende
Die Dekarbonisierung der Wirtschaft und der Drive zu erneuerbaren Energien führt zu einer Neubewertung der traditionellen Energieinfrastruktur. Anlagen für fossile Brennstoffe wie Gaspipelines und Kohlekraftwerke werden nur noch als Brückentechnologien benötigt. Diese Anlagen werden von risikoärmeren Kategorien wie “core” in risikoreichere Kategorien wie “core-plus” oder “opportunistisch” umklassifiziert. So könnten beispielsweise Gasnetze, die Methan-Kohlenwasserstoffe transportieren, zugunsten von kohlenstoffarmen Alternativen auslaufen, was eine Verschiebung in eine höhere Risikokategorie erforderlich macht.
Mit der steigenden Nachfrage nach Elektrizität durch Rechenzentren, Elektrofahrzeuge und die allgemeine Elektrifizierung steigt der Bedarf an erneuerbaren Energien und unterstützender Infrastruktur wie Energiespeicherung und Netzausbau. Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien, die früher ein höheres Risiko darstellten, werden nun mehr und mehr zum Mainstream und bewegen sich in Richtung der “Core”-Klassifizierung, wenn sie reifen und sich stabilisieren.
Beispielsweise ist RWE stark von der Energiewende betroffen, da seine traditionellen Kohle- und Gasanlagen aufgrund von regulatorischem Druck, Kohlenstoffkosten und veränderten Erwartungen von Verbrauchern und Investoren zunehmend als risikoreich angesehen werden. Als Reaktion darauf baut RWE sein Portfolio um, indem es aus der Kohle aussteigt, verstärkt in erneuerbare Energien investiert und sich zur Klimaneutralität verpflichtet. Diese Umstellung spiegelt die Neuklassifizierung der RWE-Anlagen wider: Erneuerbare Energien werden zu Kernanlagen, während die Infrastruktur für fossile Brennstoffe in risikoreichere Kategorien verschoben wird. RWE steht vor der Herausforderung, diese Investitionen zu finanzieren und den Übergang effektiv zu gestalten.
Erneuerbare Energiequellen wie Wind- und Solarenergie sind intermittierend, das heißt ihre Leistung schwankt je nach Wetterbedingungen. RWE muss Strategien entwickeln, um diese Schwankungen zu bewältigen und eine zuverlässige Energieversorgung zu gewährleisten. Der Markt für erneuerbare Energien ist volatil, da die Preise aufgrund von Faktoren wie Regierungspolitik, technischem Fortschritt und Rohstoffpreisen schwanken. Es gilt, diese Volatilität in den Griff zu bekommen.
Transformation der Mobilität
Die Elektrifizierung von Fahrzeugflotten führt zu Veränderungen in der traditionellen ICE-Infrastruktur, wie Tankstellen und Autobahnraststätten. Diese Anlagen werden umgerüstet, um die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge aufzunehmen, wobei sie im Zuge der Anpassung an die neuen Marktanforderungen möglicherweise von “Core-plus” zu “Core” umgruppiert werden könnten.
Investitionen in Ladestationen für Elektrofahrzeuge entwickeln sich zum festen Bestandteil der Infrastrukturlandschaft. Mit der zunehmenden Verbreitung von E-Fahrzeugen werden Anlagen wie Ladestationen aufgrund der stabilen Einnahmeströme, die sie generieren, von der Kategorie “opportunistisch” oder “wertschöpfend” in die Kategorien “Core” oder “Core-Plus” umgestuft.
Zu beobachten ist die rasche Verbreitung von E-Fahrzeugen in Skandinavien, was zu einer Verschiebung der Klassifizierung traditioneller Tank- und Tankstellenanlagen. Mit der Integration von Ladestationen für E-Fahrzeuge wandeln sich diese Einrichtungen von einer „Core-Plus“-Infrastruktur (die in erster Linie ICE-Fahrzeuge unterstützt) zu einer „Core“-Infrastruktur, die nun für die E-Mobilität unerlässlich ist. Ebenso entwickeln sich Investitionen in spezielle E-Fahrzeug-Ladenetzwerke, die anfangs aufgrund der unsicheren Nachfrage als risikoreich oder opportunistisch angesehen wurden, zum Kern oder Kern-Plus”-Status, da das Laden von E-Fahrzeugen vorhersehbare Einnahmen generiert und mit nachhaltigen Infrastrukturzielen in Einklang steht.
Tesla und Fortum Charge & Drive powern Skandinavien
Tesla hat in ganz Skandinavien ein ausgedehntes Netz von Supercharger-Stationen eingerichtet, an denen Tesla-Fahrzeuge mit hoher Geschwindigkeit aufgeladen werden können. Diese Supercharger-Stationen befinden sich entlang wichtiger Autobahnen und beliebter Reiserouten und sind darauf ausgelegt, Langstreckenfahrten mit Elektrofahrzeugen zu ermöglichen.
Angesichts der Dominanz von Tesla auf dem Markt für Elektrofahrzeuge und der wachsenden Abhängigkeit von der Infrastruktur für Elektrofahrzeuge wird das Supercharger-Netz in Skandinavien zunehmend als Kerninfrastruktur betrachtet. Die zuverlässige, hochfrequente Nutzung dieser Stationen durch Tesla-Besitzer generiert stabile Einnahmen und unterstützt die Energiewende, indem sie das Fahren mit Elektrofahrzeugen nahtlos ermöglicht.
Fortum wiederum, ein führender nordischer Energieversorger, hat das Charge & Drive-Netzwerk entwickelt, das eine Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Norwegen, Schweden und Finnland bietet. Mit Standorten sowohl in Städten als auch auf Autobahnen unterstützt das Fortum-Netzwerk ein breites Spektrum von E-Fahrzeug-Nutzern und entspricht den skandinavischen Zielen für umweltfreundliche Mobilität.
Ähnlich wie bei Tesla wird das Ladenetz von Fortum nun als Kerninfrastruktur betrachtet, die vorhersehbare Einnahmequellen generiert. Als eines der größten EV-Ladenetzwerke in der Region spielt Fortum Charge & Drive eine zentrale Rolle in der nordischen Energiewende, da es den Zugang zu Ladestationen auf den wichtigsten Strecken gewährleistet.
Digitalisierung und Technologie
Anlagen wie Rechenzentren, Glasfasernetze und Telekommunikationstürme rutschen im Zuge der Weiterentwicklung der Netztechnologie im Risikospektrum nach unten. Ursprünglich aufgrund der erheblichen Investitionen und technologischen Risiken als “Core-Plus” eingestuft, werden diese Anlagen aufgrund ihrer wesentlichen Rolle bei der Unterstützung der digitalen Konnektivität und Datennutzung zunehmend als “Core” klassifiziert. Rechenzentren beispielsweise werden aufgrund der wachsenden Nachfrage nach Cloud Computing, KI und maschinellem Lernen unverzichtbar.
Equinix ist einer der größten Anbieter von Rechenzentren weltweit und betreibt ein riesiges Netzwerk miteinander verbundener Rechenzentren, die Cloud Computing, KI und digitale Ökosysteme unterstützen. Da die Nachfrage nach Cloud-Speicher, KI-Verarbeitung und Datensicherheit steigt, werden die Rechenzentren von Equinix als wesentliche Infrastruktur betrachtet. Ursprünglich aufgrund der hohen Anfangsinvestitionen als Core-Plus eingestuft, werden diese Rechenzentren nun aufgrund ihrer stabilen und wachsenden Umsatzströme und ihrer zentralen Rolle in der digitalen Wirtschaft als Core Assets betrachtet.
American Tower besitzt und betreibt weltweit Telekommunikationstürme und Mobilfunkinfrastruktur, die die 5G-Einführung und die Ausweitung der mobilen Konnektivität unterstützen. Da die 5G-Technologie ausgereift ist und die mobile Datennutzung zunimmt, werden diese Türme zunehmend als Kernvermögen anerkannt und bieten stabile und vorhersehbare Einnahmen. Was früher aufgrund des raschen technologischen Wandels als Core-Plus betrachtet wurde, wird heute als Kerninfrastruktur angesehen, da Telekommunikationstürme eine wesentliche Rolle bei der Ermöglichung mobiler Konnektivität und der Unterstützung künftiger digitaler Anforderungen spielen.
Neubewertung des Risikos und der Rentabilität der Infrastruktur
Traditionelle Infrastrukturanlagen, wie z.B. Stromnetze, die bisher für regulierte Erträge und stabile Einnahmen bekannt waren, sehen sich jetzt aufgrund der Notwendigkeit umfangreicher Netzmodernisierungen und regulatorischer Änderungen erhöhten Risiken gegenüber. Dies hat dazu geführt, dass einige Anlagen von der “Super Core”- in die “Core”-Klassifizierung verschoben wurden.
Beispiele für Unternehmen, die sich auf die Stromübertragung konzentrieren, sind National Grid, Terna, Elia, Redeia und E.ON.
Die sich rasch verändernde Landschaft erfordert eine aktivere Vermögensverwaltung und eine Neubewertung der Risiko-Rendite-Profile. Anleger müssen sich an die Veränderungen anpassen, die durch die Energiewende, die Einführung von Elektrofahrzeugen und das Wachstum der digitalen Infrastruktur hervorgerufen werden.
Steigende Nachfrage bringt neue Investitionsmöglichkeiten
Während sich die traditionellen Infrastrukturkategorien weiterentwickeln, gibt es eine wachsende Nachfrage nach Investitionen in die Entwicklung erneuerbarer Energien, Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge und digitale Vermögenswerte. Diese Sektoren erfordern die Bereitschaft, anfänglich höhere Risiken einzugehen, bieten aber nach ihrer Reifung beträchtliche Renditen und können in die “Core”- oder “Core-Plus”-Klassifizierung aufgenommen werden.
Aufstrebende Sektoren wie grüner Wasserstoff, nachhaltiger Flugzeugtreibstoff und Kohlenstoffabscheidung schaffen neue Möglichkeiten für Infrastrukturinvestitionen und führen zu einer Neuklassifizierung dieser Vermögenswerte.
Die Energiewende, die Digitalisierung und der Wandel der Mobilität verändern die Infrastrukturlandschaft. Anlagen wie die auf fossilen Brennstoffen basierende Infrastruktur, die einst als stabil und risikoarm galten, werden risikoreicher und werden entsprechend neu klassifiziert. In der Zwischenzeit werden erneuerbare Energien, digitale Infrastrukturen und Anlagen im Zusammenhang mit Elektrofahrzeugen in die Corekategorien eingestuft, da sie integraler und stabiler werden. Diese fortlaufende Verschiebung macht es erforderlich, dass Anleger ihre Portfolios kontinuierlich neu bewerten, sich an neue Trends anpassen und Infrastrukturanlagen aktiv verwalten, um die sich entwickelnden Risiko-/Renditeprofile zu steuern.
- Teil 1: Infrastruktur-Investments: Die Basics einer spannenden Asset-Klasse
- Teil 2: Die vielen Wege zu Infrastruktur-Investments
- Teil 3: Infrastruktur-Investments: Die Risiken stecken im Detail (Downloadtabelle)
- Teil 4: Warum Infrastruktur in diversifizierte Portfolios gehört
- Teil 5: Draghi-Plan: Infrastruktur als Retter des Wachstums in Europa?
- Teil 7: Dezentraler Zentralismus: Neue Energie-Grids in Zeiten von KI
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Stefan schaut auf eine mehr als 20-jährige Erfahrung in den Bereichen Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, Derivate und Hedge Funds zurück. In seiner Tätigkeit als globaler Leiter des Quantitativen Research Teams bei ABN AMRO, hat er über 300 institutionelle Kunden in den USA, Europa und Asien zu allen Fragen des Investment Prozesses beraten. Zuvor war er 10 Jahre bei Salomon Smith Barney als Leiter des quantitativen Research Teams für Europa tätig, wo er Top Rankings in den großen Research Surveys erzielte. Stefan hat über 50 Research Veröffentlichungen zu allen Aspekten des Investment Prozesses in Aktien, festverzinsliche Wertpapiere und Währungen publiziert.
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