Wohin tendiert die EHang-Aktie? Nach jahrelanger Testphase wurden in China erstmals kommerzielle Flugrechte vergeben. Doch ausgerechnet im Quartal dieser bahnbrechenden Genehmigung bricht der Umsatz dramatisch ein. Wie passt das zusammen?
Ehang-Aktie: Die Quartalszahlen im Detail
Im ersten Quartal 2025 erzielte EHang einen Umsatz von nur 26,1 Millionen Renminbi (3,6 Millionen US-Dollar), was einem Rückgang von über 57 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal (61,7 Millionen Renminbi) entspricht. Gegenüber dem Vorquartal fiel der Umsatz des Herstellers sogenannter eVTOL-Luftfahrzeugen (steht für: electric vertical take-off and landing) sogar um mehr als 84 Prozent (Q4/2024: 164,3 Millionen Renminbi). Hintergrund war die zeitliche Verschiebung von Kundenbestellungen in Erwartung der neuen Betriebslizenzen.
Das EBITDA weist EHang traditionell nicht separat aus. Das bereinigte Nettoergebnis lag bei minus 31,1 Millionen Renminbi (4,3 Millionen US-Dollar). Laut Bloomberg-Konsens hatten Analysten für das Quartal ein geringeres Minus von minus 30,8 Millionen Renminbi erwartet. Das tatsächliche Ergebnis lag also über 47 Millionen Renminbi unter den Erwartungen. Auch beim Umsatz wurde der Konsens von 41,5 Millionen Renminbi klar verfehlt – der Rückstand betrug rund 37 Prozent.
Bei den Spezial-KPIs wurden lediglich 11 EH216-Serien-eVTOLs verkauft. Im Vorquartal waren es noch deutlich mehr – genaue Vergleichswerte nannte das Unternehmen nicht. Laut CFO Conor Yang wurden im ersten Quartal ausschließlich Privatkunden beliefert, die den vollen Listenpreis von 2,39 Millionen Renminbi zahlten, was zur Verbesserung der Bruttomarge auf 62,4 Prozent beitrug.
Regionale Umsatzzahlen wurden erneut nicht separat ausgewiesen. Der Großteil der Erlöse stammt weiterhin aus China. Gleichzeitig baut EHang seine internationale Präsenz mit Testflügen in Spanien und Mexiko aus, allerdings bislang ohne nennenswerte Umsatzwirkung.
Ausblick
Für das Gesamtjahr 2025 bekräftigt EHang seine Umsatzprognose von rund 900 Millionen Renminbi (124 Millionen US-Dollar). Das impliziert ein starkes Wachstum in den kommenden Quartalen – getragen von der offiziellen Aufnahme des kommerziellen Betriebs mit EH216-S-Modellen in China.
Zudem will das Unternehmen im dritten Quartal das neue Langstreckenmodell VT35 vorstellen. Dieses Modell basiert auf der VT30-Plattform, bietet aber eine vollständig überarbeitete Antriebs- und Flugsteuerungstechnik. CEO Huazhi Hu bezeichnete den VT35 als „disruptiv“ und rechnet mit einem schnelleren Zulassungsprozess durch die CAAC, da man von den Erfahrungen der EH216-S-Zertifizierung profitiere.
Laut COO Zhao Wang sind mehrere Großaufträge mit Provinzen wie Jilin, Jiangxi, Guizhou und Hainan in Vorbereitung, die ab dem zweiten Quartal in gestaffelten Tranchen ausgeliefert werden sollen. Die internen Verkaufszahlen für Q2 zeigen laut Management bereits eine klare Belebung.
Infrastrukturseitig wurden neue Fertigungsstätten in Hefei, Weihai und Guangzhou angekündigt bzw. im Bau. Das Hauptwerk in Yunfu wurde im ersten Quartal verdoppelt und soll bis Jahresende eine Kapazität von 1.000 Einheiten erreichen.
Positiv
Die Erteilung der ersten kommerziellen Betriebslizenzen durch die chinesische Luftfahrtbehörde CAAC ist ein historischer Meilenstein – nicht nur für EHang, sondern für die gesamte Branche. Erstmals ist der reguläre Einsatz autonomer Passagierdrohnen offiziell zugelassen.
Bemerkenswert ist zudem die Bruttomarge von 62,4 Prozent. Trotz des massiv gesunkenen Umsatzes konnte das Unternehmen damit seine Profitabilität pro Einheit sogar leicht verbessern (Vorjahr: 61,9 Prozent).
Strategisch wichtig ist auch die geplante Erweiterung des Produktportfolios. Mit dem VT35 will EHang künftig auch längere Distanzen außerhalb urbaner Zentren bedienen – ein potenzieller Türöffner für neue Einsatzfelder. Laut Huazhi Hu soll der VT35 global konkurrenzfähig sein und dank chinesischer Fertigungskapazitäten mit einem erheblichen Kostenvorteil in den Markt starten.
Negativ
Der massive Umsatzrückgang im ersten Quartal wirft Fragen zur kurzfristigen Planung und Umsetzung auf. Dass ausgerechnet im Quartal der offiziellen Betriebserlaubnis nur 11 Fluggeräte ausgeliefert wurden, wirkt enttäuschend.
Auch die Kostenstruktur bleibt ein Problem: Der operative Verlust lag bereinigt bei 42,6 Millionen Renminbi – eine klare Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr. Die Fixkostenbasis ist weiterhin hoch, während das Geschäftsvolumen stark schwankt.
Fazit & Bewertung
Die EHang-Aktie bleibt ein Investment mit disruptivem Potenzial. Der Start in den kommerziellen Flugbetrieb markiert zweifellos einen historischen Moment – doch die Umsetzung verläuft schleppend. Im ersten Quartal wurde kaum Umsatz erzielt, während die Verluste stark gestiegen sind.
Die Veröffentlichung des Quartalsberichts fiel auf den 26. Mai 2025 – einen US-Feiertag (Memorial Day), an dem kein Handel stattfand. Am folgenden Handelstag, dem 27. Mai, reagierte der Markt mit einem klaren Abschlag: Die EHang-Aktie verlor 6,96 Prozent und schloss bei 15,78 US-Dollar. In der Zwischenzeit hat sich die Aktie leicht erholt und notierte am 3. Juni wieder bei 16,11 US-Dollar.
Auf Basis der Bloomberg-Schätzungen liegt das EV/Sales-Verhältnis für 2025 bei 8,60x. Für das Jahr 2027 wird ein EV/Sales von 4,03x und ein EV/EBITDA von 17,72x erwartet.
Die Bewertung preist also eine operative Trendwende ab 2026 und unterstellt eine erfolgreiche Skalierung der Produktion. Langfristig dürfte aber noch deutlich mehr drin sein, Wir behalten unsere Position in beiden Fonds bei – sowohl im EM Digital Leaders als auch im The Digital Leaders Fund.
Autor
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Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.
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