Elastic Aktie: Entsteht hier ein neuer Software-Riese?

10. April 2019

Elastic Aktie - Entsteht hier ein neuer Software-Riese

Ich komme aus der Welt der Open Source Software.

Daher habe ich eine Vorliebe für Softwarefirmen mit einem auf offenem Quellcode basierenden Geschäftsmodell wie MongoDB oder eben auch Elastic.

Außerdem liegt mir speziell die europäische Software-Szene am Herzen.

Allerdings gibt es nicht allzu viele Softwarefirmen vom alten Kontinent, die auf dem besten Weg sind, Weltmarktführer in einem Zukunftsmarkt zu werden.

Eines dieser Ausnahme-Unternehmen kommt aus den Niederlanden und heißt Elastic.

Elastic ist eines der erfolgreichsten europäischen Softwareunternehmen und fast jeder von uns nutzt die Elastic Software täglich, ohne es zu bemerken.

Shay Banon, der Gründer und CEO von Elastic, ist wie viele andere vor einigen Jahren in die USA gegangen, um die besseren Chancen zu nutzen, die sich dort für die Finanzierung eines High-Growth-Unternehmens bieten.

Sein Unternehmen hat tatsächlich im Oktober 2018 mit der Platzierung der Elastic Aktie erfolgreich seinen Börsengang an die NYSE (New York Stock Exchange) geschafft.


Was macht Elastic?

Es ist unbestritten, dass im Zeitalter der Digitalisierung die Verwaltung und Analyse von unvorstellbar großen Datenmengen eine der wichtigsten Wettbewerbsfaktoren in fast allen Branchen darstellt.

Mit MongoDB (Datenverwaltung) und Alteryx (Datenanalyse) haben wir mit unserem Fonds bereits in zwei Digital Enabler investiert, die hier sehr erfolgreich neue Wege gehen.

Beide Unternehmen gehören seit dem Start zu den erfolgreichsten Investments im Portfolio von The Digital Leaders Fund.

Neben der Verwaltung und Analyse ist insbesondere der effiziente Zugriff auf die Daten von elementarer Bedeutung.

Hier kommt die „Suchmaschinen-Company“ Elastic ins Spiel.

Wobei sich die Suche auf bestimmte Datenbestände innerhalb eines Unternehmens bezieht und nicht etwa auf die Suche im gesamten Internet (Google).

Elastic ist also auf das Thema „Enterprise Search“ fokussiert.

Auf praktisch allen digitalen Plattformen gehören umfangreiche Enterprise-Search- Funktionalitäten mehr oder weniger zum Kern des Angebots.

Egal ob die Uber-App nach Fahrzeugen in der Nähe sucht, die Tinder-App nach passenden Partnern, Sprach-Assistenten wie Alexa nach den relevanten Worten, oder Cyber-Security Services nach Angreifern: in all diesen Anwendungen wird Elasticsearch genutzt, um große Datenbestände in Millisekunden zu durchsuchen.

Elasticsearch ist die fast beliebig skalierbare Real-Time-Suchmaschine, die dies für die verschiedensten Datentypen und zwar für strukturierte und unstrukturierte Daten ermöglicht.

Das Elastic-Produktportfolio umfasst neben Elasticsearch weitere Komponenten wie Kibana zur Visualisierung von Daten oder Logstash, mit der sich verschiedenste Datenquellen anzapfen und nach Elasticsearch „hineinpumpen“ lassen.

Elastic Aktie – Die Historie

Die Elastic-Suchmaschine basiert auf Lucene.

Das ist eine 20 Jahre alte Open-Source- Programmbibliothek zum Indizieren und Suchen in großen Datenmengen.

Mit Elasticsearch wurde 10 Jahre später diese Kernfunktionalität zum kompletten Enterprise-Search-Produkt weiterentwickelt.

Elastic Aktie - Lösungen von Elastic im Überblick
Die Lösungen von Elastic im Überblick. (Bild: Elastic)

Elastic ist dabei bis heute kein reines SaaS-Unternehmen.

Im Gegenteil, derzeit machen klassische on-premises-Installationen im Rechenzentrum des Kunden oder vom Kunden selbst verwaltete Installationen bei den verschiedenen Cloud-Providern den Großteil des Umsatzes aus.

Das könnte sich in den kommenden Jahren ändern mit dem wachsenden SaaS-Angebot der Elastic Cloud.

Kundenbasis

Ganz ähnlich wie bei MongoDB hat auch Elastic die Software als Open-Source-Produkt entwickelt und damit eine explosionsartige Adaption erreicht.

Elasticsearch ist seit 2010 sage und schreibe 350 Millionen mal von Softwareentwicklern heruntergeladen worden.

Natürlich ist die Popularität einer zunächst kostenlos verteilten Open-Source-Software nicht im gleichen Umfang in wirtschaftlichen Erfolg des dahinterstehenden Unternehmens zu übersetzen.

Aber die Anzahl der zahlenden Kunden entwickelt sich ebenfalls prächtig.

In den vergangenen 3 Quartalen bis Ende 2018 konnte die Kundenbasis um 44 Prozent auf 7.200 Kunden ausgebaut werden.

Darunter sind circa 400 Großkunden, die jeweils mehr als $100.000 pro Jahr zahlen.

Elastic ist bereits heute auch in Europa sehr erfolgreich.

Im Gegensatz zu vielen anderen Softwarefirmen dieser Größe kommt bereits fast 45 Prozent des Umsatzes aus Regionen außerhalb der USA.

Auch die Liste der deutschen Referenzkunden (VW, Deutsche Telekom, Wirecard, Otto, R+V Versicherung) ist beeindruckend.

Das Unternehmen ist bis heute von Entwicklern getrieben.

Der Gründer und CEO Shay Banon ist ein Entwickler von ganzem Herzen.

Er zielt auch mit seinen Marketing-Anstrengungen bisher fast ausschließlich auf die Entwicklergemeinde ab.

Von Developer für Developer sozusagen.

Das daraus resultierende Land+Expand-Vertriebsmodell funktioniert sehr gut.

Die Net Expansion Rate beträgt seit zwei Jahren über 130 Prozent.

Somit wurde mit den Bestandskunden des Vorjahres im laufenden Geschäftsjahr 30 Prozent mehr Umsatz gemacht.

Damit liegt man im Branchenvergleich ganz weit vorne.

Elastic Aktie – Wettbewerb

Vielleicht fragst auch Du Dich instinktiv, warum Google mit seiner weltweit führenden Such-Technologie nicht auch in diesem Markt erfolgreich ist.

Und tatsächlich war Google lange Jahre selbst mit einem Enterprise-Search-Produkt aktiv.

Aber man war damit nie sonderlich erfolgreich, wohl auch weil man bei Google keine Ahnung vom Enterprise-Software-Vertrieb hat.

Die Google-Search-Appliance wurde 2016 eingestellt.

Und mittlerweile gibt es sogar eine Partnerschaft von Google mit Elastic, durch die die Elastic Cloud auch als Managed Service auf der Google-Cloud-Platform (GCP) angeboten wird.

Problematischer ist das Verhältnis von Elastic und AWS (Amazon Web Service).

Amazon hat sich dazu entschlossen, die Elasticsearch Open-Source-Software selbständig weiterzuentwickeln und als eigenen Service anzubieten.

Damit ist AWS in den offenen Wettbewerb mit Elastic und seiner Elastic Cloud eingetreten.

Für die Techniker unter Euch gibt es hier einen Vergleich der beiden Angebote.

Diese unterscheiden sich wesentlich, da aus Lizenzgründen längst nicht alle Komponenten des Elastic Stack von AWS für das eigene Angebot genutzt werden dürfen.

Logo von Elastic Stack
Elastic Aktie: Nicht alle Komponenten des Elastic Stack dürfen von AWS genutzt werden.

Eine vergleichbare Konkurrenzsituation gibt es übrigens auch auch zwischen AWS und MongoDB.

Man kann lange darüber diskutieren, inwiefern der Wettbewerb durch AWS eine Bedrohung für Elastic und MongoDB darstellt.

Zunächst mal ist der Markteintritt durch Amazon ein Ritterschlag und beweist, dass die Open-Source-Softwareprodukte von Elastic und MongoDB Best-in-Class sind und dass es einen großen Markt für diese Services gibt.

Ich bin davon überzeugt, dass es AWS nicht gelingen wird, mit dem Innovations-Tempo der hochspezialisierten Softwareexperten von Elastic und MongoDB mitzuhalten.

Zumindest solange nicht, wie diese inhabergeführten Firmen ihre innovationsfreundlichen Unternehmenskulturen bewahren können.

Denn für einen solchen Wettbewerb sind die Strukturen eines Mega-Konzerns wie AWS einfach nicht geeignet.

Wahrscheinlich will Amazon die Technologieführerschaft auch gar nicht ernsthaft angreifen, sondern einfach ein Alternativprodukt anbieten, das „Good Enough“ ist für viele der einfacheren Kundenanwendungen.

Für die Zukunft ist zu erwarten, dass Elastic in den Wettbewerb mit etablierten Enterprise Softwareherstellern wie zum Beispiel Splunk eintritt.

Die Splunk-Plattform ist derzeit führend beim Durchforsten von Logfiles in Echtzeit und bietet seinen Kunden damit eine kritische Plattform für die Überwachung und den Betrieb von Rechenzentren.

Elastic gibt seinen Kunden mit Logstash eine interessante Alternative zu Splunk.

Das ist nur einer von vielen Anwendungsfällen für den Elastic-Stack, aber alleine dieser Use Case hat im Falle Splunk ein Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von circa $20 Milliarden hervorgebracht.

Daran kann man unschwer erkennen, welch großes Potential in der Elastic-Technologie steckt.

Geschäftszahlen

Das Geschäftsjahr von Elastic läuft vom 1. Mai bis zum 30. April.

In wenigen Wochen also endet für das Unternehmen bereits das FY19.

Hier einige Highlights aus den vorliegenden Zahlen zum Q3:

  • In den ersten 9 Monaten ist der Umsatz um 73 Prozent auf $191 Millionen angewachsen (+70 Prozent im Q3).
  • Der Anteil von wiederkehrenden Subskriptionen beträgt dabei mehr als 90 Prozent.
  • Die Bruttomarge betrug zuletzt 71 Prozent (74 Prozent non-GAAP).

Allerdings schreibt Elastic deutlich rote Zahlen.

Und das wird sich auch auf absehbare Zeit noch nicht ändern.

Auffällig hoch sind die Investitionen für Forschung+Entwicklung, für die 36 Prozent des Umsatzes ausgegeben werden.

Für Sales+Marketing hat man im laufenden Geschäftsjahr bisher 53 Prozent des Umsatzes aufgewendet.

Die operative Marge ist damit mit -36 Prozent noch deutlich negativ (-33 Prozent im Q3).

Diese Zahlen sind gemäß GAAP.

Die vom Unternehmen gerne kommunizierten non-GAAP-Zahlen sehen etwas besser aus.

Aber ich schaue mir gerne die GAAP-Zahlen an, die auch erhebliche Aktienoptionen für die Mitarbeiter enthalten.

Diese sind zwar nicht cashwirksam, stellen aber natürlich einen nicht zu vernachlässigenden Kostenfaktor dar.

Wichtiger als die aktuellen Zahlen der GuV ist mir die Entwicklung des Free Cashflow.

Der war im Q3 mit  $ -10 Millionen noch deutlich negativ.

Die Free Cashflow-Marge betrug damit -14 Prozent.

Die Rule of 40 ist mit einem Efficiency-Score von 56 Prozent aber dennoch aufgrund des starken organischen Wachstums derzeit mit Bravour erfüllt.

Das Unternehmen verfügt nach dem IPO der Elastic Aktie an der New York Stock Exchange (NYSE) im Oktober 2018 über Cash in Höhe von mehr als $300 Millionen und sollte damit bis zu seiner nachhaltigen Profitabilität gut durchfinanziert sein.

Bewertung der Elastic Aktie

Leider war die Elastic Aktie schon seit dem IPO kein Geheimtipp mehr.

Die Aktie ist teuer, sehr teuer sogar.

Angesichts von circa 74 Millionen Aktien errechnet sich auch nach einem Kursrücksetzer aktuell bei einem Kurs von 80$ ein Enterprise Value von circa $5,7 Milliarden.

Das EV/Sales-Verhältnis beträgt damit mehr als 20 auf Basis der Zahlen des laufenden Geschäftsjahres.

Aber das Unternehmen wächst derzeit organisch mit über 70 Prozent p.a.

Das relativiert die auf den ersten Blick exorbitante Bewertung ein Stück weit.

Für das in wenigen Wochen beginnende FY20 dürfte das EV/Sales-Verhältnis circa 14 betragen.

Wir haben seit dem IPO auf einen wesentlich besseren Einstiegspreis gehofft, doch die Elastic Aktie ist auch nach dem Auslaufen der ersten LockUp-Frist für die Altaktionäre nicht wirklich unter Druck geraten.

Dennoch haben wir für das Portfolio von The Digital Leaders Fund nun eine kleine Anfangsposition der Elastic Aktie erworben, denn wir sind optimistisch, dass das Unternehmen sich mit seinem Elastic Stack als einer der Big-Data-Marktführer – nicht nur für die reine Suchfunktion – etablieren kann.

Das Unternehmen sollte dann in den kommenden Jahren nicht nur in seinen aktuellen Börsenwert hinein, sondern erheblich darüber hinauswachsen können.

Einige Marktbeobachter glauben sogar, dass hier eines der größten Softwareunternehmen der nächsten Generation entstehen könnte.

Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg mit vielen Unwägbarkeiten.

Die Elastic Aktie ist “priced for perfection” und somit extrem absturzgefährdet, falls die vom Markt derzeit erwartete Wachstumsdynamik nicht hält.


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Autor

  • Stefan Waldhauser

    Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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Stefan Waldhauser

Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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2 Antworten

  1. Hallo Stefan,

    darf ich nachhaken, wieso es die Aktie noch nicht ins Wikifolio geschafft hat? Liegt es an der hohen Bewertung oder möchtest du im Wikifolio nicht auf eine so hohe Anzahl von Positionen wie beim Fund kommen?

    Viele Grüße
    John

    1. Hallo John,
      das hast Du gut analysiert. Für The Digital Leaders Fund nehmen wir eine eigentlich zu teure Aktie auch mal als Mini-Position (<1% Gewichtung!) mit ins Portfolio auf - in der Hoffnung diese zu vernünftigen Preisen dann zu einer ordentlichen Position ausbauen zu können. Im wikifolio will ich das Portfolio auf 15-20 Aktien beschränken. Die sollten dann zum Zeitpunkt des Einstiegs nicht zu abenteuerlich bewertet sein.
      🙂 Stefan

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