ETFs sind für viele Anleger das Maß aller Dinge. Wir haben uns daher die ETF-Bilanz 2024 etwas näher angesehen. Wie sah die Performance aus? Wo war sie spektakulär, wo war sie grottig. Welche Lehren sollten Anleger ziehen?
Im Vertrieb ist die Sache klar: Aktien-ETFs bleiben für Anleger das Maß aller Dinge. In den ersten elf Monaten haben Investoren in Europa über 214 Milliarden Euro in Aktien-Indexfonds gepumpt. Laut der Fonds-Research-Agentur Morningstar zogen sie dagegen 60 Milliarden Euro aus aktiv verwalteten Aktienfonds ab. Mischfonds mussten ebenfalls herbe Rückschläge hinnehmen: Anleger zogen netto gut 42 Milliarden Euro aus den aktiv verwalteten Produkten ab. Nur bei Anleihen investierten Anleger deutlich mehr Geld in aktiv verwaltete Fonds als in ETFs.
Der Siegeszug der Indexfonds ist beeindruckend. Inzwischen machen ETFs und offene Indexfonds knapp 30 Prozent des europäischen Fondsmarkts aus, wenn man den Geldmarkt außen vor lässt. Doch Zuflüsse sind das eine, das andere ist die Performance. Wie sah die ETF-Bilanz 2024 aus? Wir haben uns die Performance der Index-Tracker genauer angeschaut, einmal auf Ebene der Fondskategorien. Zudem zeigen wir die Highlights und die Katastrophen auf Ebene der einzelnen ETFs – und die Hintergründe.
ETF-Bilanz 2024: Viel Licht in Klein-Klein-Kategorien
Wo haben ETFs besonders gut abgeschnitten und wo besonders schlecht? Das prüfen wir anhand der Performance von ETFs in ihren jeweiligen Kategorien. Zum Hintergrund: Das Fonds-Researchhaus Morningstar ordnet die rund 1.650 Aktien-, Renten- und gemischten ETFs 150 Fondskategorien zu. Nun klingt die Zahl 1.650 ETFs nach sehr viel, aber es gibt insgesamt 37.400 Fonds und ETFs in Europa. Aktiv verwaltete Fonds sind dabei zahlenmäßig die große Mehrheit. Die ETF-Bilanz im Vergleich zur Performance des durchschnittlichen Fonds in der jeweiligen Fondskategorie besagt, wie die Performance des durchschnittlichen ETFs gegenüber den überwiegend aktiv verwalteten Fonds ausgefallen ist.
In den Tabellen führen wir darüber hinaus die relative Rendite der ETFs gegenüber dem jeweiligen Kategorie-Index auf. Die relative Rendite der ETFs in einer Kategorie weichen mitunter deutlich von den Kategorie-Benchmarks, allesamt Morningstar-eigene Indizes, ab. Das erscheint auf den ersten Blick skurril, da ETFs gemeinhin recht genau ihren Index abbilden. Die Sache ist allerdings leicht erklärlich. Morningstar jeder Fondskategorie exakt einen Index als Vergleichsmaßstab zu. ETF und aktive Fonds bilden aber ganz verschiedene Indizes ab. In der Kategorie Aktien Welt etwa gibt es ETFs, die den DJ Global Titans 50 abbilden und eine andere Performance aufweisen als ETFs, die den MSCI World abbilden und die sich in der gleichen Kategorie befinden.
Fangen wir nun mit der ETF-Bilanz 2024 an. Es geht los mit den ETFs, die am besten gegenüber ihren Kategorien abgeschnitten haben.
Wie die obere Tabelle zeigt, haben ETFs, die in Wachstumsaktien investieren, die höchste Outperformance gegenüber der Kategorie erzielt – nämlich um zehn Prozentpunkte. Gegenüber dem von Morningstar berechneten Vergleichsindex, den das Research-Haus der Kategorie zuordnet, erzielten Wachstums-ETFs eine Überrendite von gut einem Prozentpunkt. An dieser Stelle ist allerdings eine Klarstellung nötig. Globale Growth-ETFs sind im Wesentlichen Strategie-ETFs, die Momentum-Strategien verfolgen. Etwas pauschal gesagt haben ETFs auf den MSCI World Momentum Index vom guten Lauf der Magnificent 7 und Pharma-Werten wie Eli Lilly oder Highflyer-Banken wie JPMorgan profitiert.
In der Fondskategorie flexible Europa-Aktienfonds konnten ETFs ebenfalls reüssieren – sie lagen um knapp acht Prozentpunkte vor vergleichbaren aktiv verwalteten Fonds. Auch diese Outperformance basierte auf einer recht schmalen Basis: Hier lagen Strategie-ETFs mit Dividendenstrategien weit vor ihren Peers. Klarer – und für die Manager aktiv verwalteter Europa-Nebenwertefonds peinlicher – ist die Sache dagegen in der Kategorie Eurozone Nebenwerte. ETFs, die auf Unternehmen mittlerer Größe setzen, eilten Fondsmanagern regelrecht davon. Indes hinkten Small-Cap-ETFs der Kategorie deutlich hinterher. Das zeigt, dass Anleger bei ETFs zwar auf transparente und modulare Bausteine zurückgreifen können – aber die Modularität bedeutet auch, dass man unter Umständen viele kleinteilige Bausteine benötigt, um alle Kapital-Marktsegmente abzudecken – und vielleicht wollen Anleger kleinere und mittelgroße Nebenwerte mit einem Fonds abdecken?
Vergleichsweise gut abgeschnitten haben ETFs auch in den Kategorien Europa und Eurozonen Mid-Caps, Europa und Eurozone Small Caps, Europa Value, aber auch in einigen Sektor-Kategorien sowie China-Aktien. Das alles sind unbequeme Tatsachen für aktive Manager, da es sich hier um Nischenmärkte handelt, in denen Beobachter – auch dieser Blogger und Fondsanalyst – aktive Manager im Vorteil sehen. Ein gutes Jahr macht noch keinen langfristigen Anlegersommer, aber es lohnt sich, konventionelle Weisheiten regelmäßig zu überprüfen.
ETFs: Mehr Schatten als gedacht
Die ETF-Bilanz 2024 zeigt spiegelbildlich in etlichen Kategorien Schwächen – vor allem dort, wo man sie erwarten konnte. Zunächst zu den Schwellenländern. Die untere Tabelle zeigt, dass ETFs in den Aktienkategorien Hongkong, Asien ex-Japan Nebenwerte, Aktien Indien, Afrika und Nahost und Asien-Pazifik (mit und ohne Japan) geschwächelt haben.
Überraschender kommt in der ETF-Bilanz 2024 indes die markante Underperformance in etlichen Aktienkategorien, in denen man die volle Durchschlagskraft der Kostenvorteile von ETFs erwarten könnte. Fangen wir an mit der Kategorie Aktien Technologie. Mit 2,7 Prozentpunkten Underperformance gegenüber aktiv verwalteten Technologie-Fonds werden die Risiken von Investments in Themen-ETFs deutlich. ETFs mit Schwerpunkt E-Mobilität wurden 2024 regelrecht zertrümmert. So verlor beispielsweise der iShares Lithium & Battery Producers 21,7 Prozent. Das war in einem für Tech-Aktien starken Jahr nichts weniger als ein Desaster und entsprach einer Underperformance von über 43 Prozentpunkten gegenüber dem durchschnittlichen Technologie-Fonds. Ähnlich schwach performte der Fidelity Electric Vehicles and Future Transportation ETF. Neben E-Auto-Themen-ETFs underperformten auch bekannte Namen, etwa ETFs auf den TecDAX, ETFs auf den MSCI Europe IT ESG Screened und “Internet of Things”-Themen. Auch eher breit streuende ETFs wie der SPDR MSCI Europe Technology lag um 20 Punkte hinter dem Durchschnittsfonds.
Auch ETFs in den Aktienkategorien Europa Wachstum und Japan Standardwerte konnten nicht reüssieren. Gegen ETFs lief es auch in anderen Sektoren: Edelmetalle, Ökologie und Rohstoffe. Dies ist ein typisches Merkmal “klumpiger” Portfolios. Läuft es für die Top-Werte im schlecht diversifizierten Index gut, deklassiert der ETF den typischen aktiv verwalteten Fonds – zumal bei ETFs nicht das Diversifikationsgebot gilt, dem Fondsmanager unterliegen, man spricht von der 5/10/40-Regel. Läuft es dagegen für die Top-Werte schlecht, sind “klumpige” Indizes bzw. ETFs eine Performance-Falle.
ETF-Bilanz 2024: Was macht die “goldene Mitte”?
Tech-Aktien hin, Europa Nebenwerte her, was ist mit den großen Kategorien? Die untere Tabelle zeigt, wie ETFs in zehn für Anleger in Deutschland besonders wichtigen Kategorien abgeschnitten haben. Fangen wir an mit der Königsdisziplin, der Kategorie der global anlegenden Aktienfonds, der auch ETFs auf dem MSCI World angehören. Auffällig ist die signifikante Outperformance gegenüber den durchschnittlichen global anlegenden Aktienfonds, die überwiegend aktiv verwaltet sind. Eine Outperformance von 2,8 Punkten ist signifikant. Die Gründe sind naheliegend: Die Kosten von ETFs sind in dieser kompetitiven Kategorie sehr niedrig. Neuere ETFs kommen auf gerade einmal 0,1 Prozent Kosten pro Jahr. Aktiv verwaltete Fonds kosten in der Regel das 15-Fache.
Aber das ist nur ein Grund. Konzentrierte ETFs, etwa auf den DJ Global Titans, der gerade einmal 50 Aktien enthält und die sogenannten Magnificent 7 besonders hoch gewichtet hat, kommen auf eine Outperformance von über 20 Punkten. Kein Fondsmanager würde eine derart riskante Wette eingehen. Auch Momentum-ETFs, die besonders stark auf den Tech-Trend setzen, kommen auf eine Outperformance von bis zu zehn Punkten. Insofern ist die starke Performance von ETFs in der Kategorie auch eine Funktion von Momentum-Strategien und Indizes mit inzwischen hohen Klumpenrisiken.
Spiegelbildlich dazu haben global anlegende Aktien-ETFs, die auf Nachhaltigkeits-Strategien setzen, deutlich underperformt. Etliche Xtracker-ETFs, die auf Aktien setzen, die die UNO-Nachhaltigkeits-Ziele abbilden, haben deutlich gegenüber aktiv verwalteten Fonds underperformt, etwa der Xtrackers MSCI SDG 9 Industry, der mit einem Minus von 22 Prozent der Kategorie um 36 Prozentpunkte hinterherhinkte. Auch wenn insgesamt nur fünf ETFs aus der Kategorie absolut gesehen im Minus waren, lagen etliche ETFs deutlich hinter ihren aktiven Pendants. Neben ESG-ETFs haben Minimum-Volatility-ETFs einen hohen Performance-Preis für die Reduzierung des Risikos bezahlt.
Auch in einigen anderen großen Aktienkategorien, Europa Standardwerte, Asien ex-Japan und Schwellenländer weltweit waren ETFs deutlich besser als der Kategoriedurchschnitt. Doch bei USA-Standardwerten sah es anders aus: Hier lagen ETFs im Schnitt nur 0,2 Prozentpunkte vor ihren aktiven Pendants. Das lag weniger an der Performance von ETFs auf den S&P 500, die rund vier Prozentpunkte vor den aktiven Pendants lagen – vor allem dank der Performance der Magnificent 7 (ETFs auf den gleichgewichteten S&P 500 lagen dagegen wegen des hohen Gewichts an Nebenwerten um neun Punkte hinter der Kategorie).
Regelrecht verheerend lief es für die zahlreichen US-ESG-ETFs. Das lag einmal daran, dass diese ETFs mehrere der großen Tech-Plattformen wegen Verstößen gegen Nachhaltigkeitskriterien untergewichten oder sogar ausschließen. Auch Energie- und Rohstoff-Aktien bleiben außen vor. Hinzu kommt, dass in den vergangenen Jahren häufig ESG-ETFs aufgelegt wurden, die nachhaltige Unternehmen im S&P gleichgewichten. Das hatte zur Folge, dass viele dieser ETFs um bis zu 11 Prozentpunkte hinter der Kategorie lagen.
Besonders interessant ist, dass in den großen Anleihenkategorien ETFs den Durchschnitt der Fonds der Kategorie zumeist underperformten. Besonders schlecht lief es für ETFs, die Hochzinsanleihe-Indizes abbilden. Während das Prinzip der Marktkapitalisierung auf der Aktienseite bereits seit einigen Jahren angesichts der Hausse von Standardwerten hervorragende Ergebnisse zutage fördert, ist das Prinzip der Schuldenkapitalisierung, das die Emittenten mit den größten Schulden am höchsten gewichtet, oftmals keine so gute Idee. Hier haben aktive Manager oftmals die Nase vorn.
Fazit: Lehren aus der ETF-Bilanz 2024
Die Analyse hat erneut gezeigt, dass ETFs in Kernmärkten stabiler performen als in Nischenmärkten. Sektoren, dezidierte Themen und auch Stile wie Growth oder Value lassen oft mehrere wichtige Teilbereiche ihres Marktes außen vor. Das führt zu großen Abweichungen nach oben wie nach unten. Weil viele Anleger prozyklisch in die Gewinner der Vergangenheit investieren, setzen sie zur Unzeit auf ohnehin schon verklumpte ETFs, die besonders korrekturgefährdet sind. Aus diesem Grund erweisen sich insbesondere Themen-ETFs als schlechte Wahl: Anleger stehen vor der Herausforderung, zur richtigen Zeit in das richtige Thema zu setzen – und dann noch den besten Algorithmus innerhalb des Themas zu ermitteln.
Das Argument lässt sich noch weiter drehen: Auch in Standardwerte-Kategorien gibt es mitunter arg nischige Schwerpunkte. Besonders tückisch: Gleichgewichtete Strategie-ETFs, die ESG-Filter aufweisen. Diese lieferten marktübergreifend schwache Ergebnisse. Die Emittenten von ETFs sollten sich selbstkritisch die Frage stellen, ob sie mit ihrem Timing bei Produktauflagen ein glückliches Händchen haben.
Für Anleger, die ETFs einsetzen wollen, sollten möglich stilagnostisch breit diversifizierte Tracker einsetzen. Aktien USA und Aktien Europa zählen in jedem Fall dazu. Bei Schwellenländern aber auch Japan ist der Fall nicht mehr ganz so klar.
Nischenmärkte sind für ETFs eine Herausforderung, und zwar aus mehreren Gründen: Neben den oben erwähnten Klumpenrisiken setzen ETFs, die Teilsegmente eines Marktes abbilden, oftmals einen zu engen Fokus. Stichwort Nebenwerte: Mehrfach war es in den vergangenen Jahren so, dass Mid-Cap-ETFs reüssierten, während Small-Cap-ETFs unter die Räder gerieten. Die meisten Anleger brauchen keine derart granulare Asset-Allokation. Sie sind mit aktiv verwalteten Fonds besser bedient, die sowohl Mid Caps als auch Small Caps unter einem Dach vereinen.
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Autor
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Ali Masarwah ist Gesellschafter-Geschäftsführer der Fondsplattform envestor.de und schreibt auch Kolumnen über Investmentthemen für The Digital Leaders Fund. Anleger-orientiertes Research ist seit über 20 Jahren Alis Ding. Vor seiner Zeit bei envestor.de war er zehn Jahre lang bei Morningstar, wo er für die Personal Finance Websites des Analysehauses in Deutschland verantwortlich war. Als Experte für Anlagethemen ist er ein gefragter Ansprechpartner für Finanzmedien im deutschsprachigen Raum.
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