Im Mai 2020 hatten wir die Fastly Aktie als möglichen Profiteur des Trends zum Edge Computing hier im Blog erstmals vorgestellt. Die Aktie notierte bei 42$ und war uns für einen Einstieg damals zu teuer. Damit verpassten wir eine sagenhafte Kursrallye. In der Spitze wurden im Herbst 2020 mehr als 120$ für die Fastly-Anteilscheine bezahlt.
In den vergangenen Wochen hat die Fastly Aktie dann wie viele andere Highflyer des letzten Jahres deutlich korrigiert. Wir haben nun eine Einstiegsposition für das Portfolio von The Digital Leaders Fund erworben.
Diese Entscheidung wollen wir mit dem vorliegenden Update zu Fastly wie gewohnt für Euch begründen.
Inhaltsverzeichnis
Die Fastly Aktie Geschäftszahlen zum FY2020
Fastlys Umsatz ist 2020 um 45 Prozent auf $291 Millionen gewachsen. Im Q4 hatte sich das Wachstum allerdings mit 40 Prozent etwas verlangsamt. Ohne die Effekte aus der Akquisition von Signal Sciences (dazu später mehr) wäre der Zuwachs noch einige Prozentpunkte schwächer ausgefallen.
Die Bruttomarge stieg im Gesamtjahr 2020 von 56 Prozent auf knapp 59 Prozent. Den positiven Effekt aus der Akquisition sieht man in den Zahlen vom Q4. In diesem Zeitraum stieg die Bruttomarge von knapp 58 Prozent im Vorjahr deutlich auf 64 Prozent.
Fastly schreibt bisher noch klar rote Zahlen: Nach GAAP bedeutet der Verlust von $96 Millionen eine negative Marge von -33 Prozent. Auch der Free Cashflow war mit -$57 Millionen noch deutlich negativ und setzte sich zusammen aus einem operativen Cashflow von -$20 Millionen und Investitionen (CapEx) von $37 Millionen z.B. für den Ausbau des eigenen Netzwerkes.
Einige Analysten waren in diesem Zusammenhang besorgt über das sich verlangsamende Neukundenwachstum: Die Anzahl der Großkunden, welche für fast 90 Prozent des Fastly-Umsatzes stehen, wuchs im Q4 nur noch um 11 auf 324. Im Gesamtjahr kamen 36 solcher Enterprise Kunden hinzu. Diese Kunden geben für die Fastly Services jetzt durchschnittlich $782.000 p.a. aus, das entspricht einem Zuwachs von mehr als 40 Prozent gegenüber Vorjahr.
Die Guidance für das FY21
Die initiale Guidance von Fastly für 2021 sieht ein Umsatzwachstum von gut 30 Prozent auf ca. $380 Millonen vor. Das wäre eine deutliche Verlangsamung des Wachstums gegenüber 2020 (+45 Prozent).
Der operative Verlust (non-GAAP) soll nach -$20 Millionen 2020 auf bis zu -$50 Millionen ansteigen.
Analysten waren enttäuscht von diesen Zahlen. Meiner Meinung nach zeigt sich hier aber lediglich eine Kombination aus einem vorsichtigen Management mit der beschränkten Sichtbarkeit eines usage-basierten Geschäftsmodells.
Der Fastly-Umsatz ist tatsächlich nicht so gut planbar, wie bei einem klassisch subskriptions-basierten Pricing. Das Management ist gut beraten, vorsichtig zu planen und dann lieber positiv zu überraschen. Wir erwarten, dass im Laufe des Jahres die Guidance nach oben hin angepasst wird und Fastly auch 2021 um mehr als 35 Prozent wachsen wird.
Aber auch dann wird 2021 nur so etwas wie ein Übergangsjahr sein. Unser Investment-Case ist hier viel langfristiger und nicht von ein paar Prozentpunkten mehr oder weniger Wachstum im Jahr 2021 abhängig.
In den Geschäftszahlen der letzten 1-2 Quartale war bei Fastly tatsächlich so etwas wie eine Abkühlung des stürmischen Wachstums zu erkennen. Die resultierte aber vor allem aus einem reduzierten Geschäftsvolumen mit dem Großkunden TikTok, der zu Beginn der Corona-Pandemie im Q2 für bis zu 13 Prozent des Gesamtumsatzes stand.
Vom One-Trick-Pony zum Plattformunternehmen
Seit unserem initialen Unternehmensportrait hat sich Fastly und die Fastly Aktie rasant weiterentwickelt:
Noch vor einem Jahr war Fastly im Wesentlichen ein auf die Belange der Entwickler optimiertes und damit technologisch führendes CDN (Content Delivery Network). Dieses wird hauptsächlich von Großkunden zur Beschleunigung ihrer Web-Applikationen eingesetzt. Mit diesem CDN wird heute der Großteil des Fastly Umsatzes erzielt.
Schon immer enthielt das Fastly-CDN einige Security-Features. Mit der Akquisition von Signal Sciences für stolze $775 Millionen (hauptsächlich mit eigenen Aktien bezahlt) hat Fastly im zweiten Halbjahr 2020 ein Unternehmen übernommen, das sich zumindest selbst gerne als technologisch führend in Web Application Security darstellt. Mit dieser Akquisition hat Fastly endgültig den Sprung vom One-Trick-Pony zum Multi-Produkt-Unternehmen getan. Die Security@Edge Services sollen ab 2021 nennenswert zum Umsatz beitragen.
Mindestens genauso wichtig wie diese Akquisition der Security@Edge-Komponenten ist der erfolgreiche Launch der eigenentwickelten Compute@Edge-Programmierumgebung.
Edge Computing Plattform
Diese Plattform ermöglicht es Entwicklern, besonders performance-kritische Programmlogik vom eigentlichen Webserver (der oftmals bei AWS, Microsoft Azure oder in der Google Cloud gehostet wird) auszulagern und für die schnellere Ausführung in das Fastly Netzwerk zu verschieben.
Ein solcher Ansatz soll ganz neue Möglichkeiten im Real-Time-Computing eröffnen. Kunden können damit schnellere Applikationen programmieren, die Machbarkeit einiger Echtzeit-Anwendungen (z.B. aus dem Gaming oder in Financial Services) wird sogar erst durch eine solch innovative Softwarearchitektur möglich.
Ganz nebenbei können Kunden durch die Auslagerung von Rechenleistung an lokale Server im Fastly Netzwerk auch Ressourcen bei den großen Cloud-Providern einsparen, d.h. ihre monatliche Cloud-Rechnung bei AWS, Microsoft oder Google senken. Im Idealfall entsteht durch eine solch moderne Edge-Architektur nicht nur eine bessere, sondern auch noch eine im Betrieb preisgünstigere Applikation.
Der Fastly-CEO sieht den Mehrwert dieser Compute@Edge-Funktionalität für viele Großkunden sogar um ein Vielfaches höher als der Wert der klassischen CDN-Funktionalität. Die Realisierung dieses Wertes in Form von Umsätzen bei Fastly ist aber Zukunftsmusik. Nennenswerte Umsatzbeiträge wird Compute@Edge nicht vor 2022 leisten.
Fastly ist dem Wettbewerb voraus
Fastly ist beim Aufbau einer kompletten programmierbaren Edge Cloud Plattform – bestehend aus Content Delivery, Security und Compute-Services – technologisch führend.
Cloudflare wird oft als Wettbewerber genannt, wendet sich aber im Gegensatz zu Fastly eher an kleine und mittlere Unternehmen. Cloudflare wächst zwar aktuell deutlich schneller als Fastly. Es gibt allerdings keine Anzeichen dafür, dass Cloudflare auch für die High-End-Applikationen der Großkunden, auf die Fastly fokussiert ist, ein ernsthafter Wettbewerber ist.
Daher sind wir sehr optimistisch, dass Fastly eine gute Chance hat, zu einem Marktführer in einem angeblich $35 Milliarden großen Markt heranzuwachsen.
Besonders beeindruckend ist schon heute die Fastly-Kundenliste. Etliche große Digital-Plattformen wie Shopify, Slack, GitHub, Pinterest, Etsy, Stripe u.v.m. vertrauen schon heute den Fastly-Services.
Wie stark die Fastly-Technologie auch von anderen institutionellen Investoren eingeschätzt wird, das zeigt sich an den Konditionen einer vor wenigen Tagen ausgegebenen Wandelanleihe. Fastly war in der Lage, sich $825 Millionen zu 0 Prozent Zinsen zu besorgen. Die Anleihe läuft bis März 2026, eine Wandlung in Aktien ist nur zu einem Kurs von deutlich über 100$ möglich. Es ist zu erwarten, dass ein Teil dieses Geldes in weitere Technologie-Akquisitionen zur Komplettierung der Compute@Edge Plattform investiert wird.
Fastly Aktie Fazit
Wir sind beeindruckt in welcher Geschwindigkeit sich Fastly von Anbieter eines innovativen CDNs zum Betreiber einer echten Edge Cloud Plattform weiterentwickelt, die gleichzeitig programmierbar und sicher ist.
Eine Investition in die Fastly Aktie ist eine Wette darauf, dass es dem Unternehmen gelingt, ein neues Paradigma für die Softwareentwicklung im Zeitalter des Edge Computings zu etablieren. In einem solch positiven Szenario könnte sich der Wert des Unternehmens ausgehend vom heutigen Enterprise Value von $7 Milliarden in den nächsten 10 Jahren vervielfachen.
Der nachhaltige Erfolg von Fastly ist zum heutigen Zeitpunkt aber keineswegs sicher. Frühestens 2022 soll Compute@Edge zu nennenswerten Umsatzzuwächse führen. Bis dahin wird die Aktie ein spekulativer Nebenwert mit hoher Volatilität bleiben.
Auch nach dem Kurssturz um über 40 Prozent sind weitere Kursverluste aufgrund der nach wie vor sportlichen Bewertung der Fastly Aktie mit einem EV/Sales-Verhältnis von 18 (forward) gut denkbar.
Wir sind dennoch ab sofort mit einer kleinen Position bei Fastly engagiert und werden die weitere Entwicklung jetzt mit noch größerem Interesse beobachten. Wenn Du die Fastly Aktie gemeinsam mit uns im Auge behalten willst, dann kannst Du jetzt hier unseren kostenlosen Newsletter abonnieren.
Disclaimer
The Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Fastly. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.
Autor
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Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.
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3 Antworten
Ich bin dagegen ein Softwareentwickler und sehe das Alleinstellungsmerkmal durch die Compute@Edge-Programmierumgebung von Fastly überhaupt nicht.
AWS Cloudfront bietet mit Lambda@Edge eine ähnliche Funktionalität an.
Wenn AWS, Google GCP oder Microsoft Azure mal Edge Computing in den Mittelpunkt rücken, dann sehe ich sowieso schwarz für Fastly und Cloudflare.
Ich möchte mich zunächst einmal für die tolle Arbeit und das Ergebnis des Fonds bisher bedanken. Ich lese gerne die Artikel hier und freue mich schon auf weitere Veröffentlichungen.
Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir eine etwas griffigere Schreibweise der Einschätzungen der Einzeltitel des Fonds wünschen. Ich selbst arbeite den ganzen Tag am Computer und interessiere mich auch grundsätzlich für Technik, allerdings kann ich aufgrund der vielen fremden Begriffe und Abkürzugen speziell bei diesem Artikel kaum folgen.
Hier stellt sich die Frage, für wen werden die Artikel geschrieben? Ausschließlich für IT-Studenten und Programmierer oder doch ein breiteres Publikum?
Bitte verstehen Sie meine Anmerkung als freundschaftlichen Rat.
Vielen Dank & bitte machen Sie weiter so!!!
Vielen Dank für das wertvolle Feedback Daniel! Ich habe beim Verfassen und Review dieses Beitrags schon befürchtet, dass er für die Nicht-IT’ler (sicherlich die große Mehrheit unserer Leser) nicht gut verständlich sein wird. Es ist einfach eine große Herausforderung, über solch komplexe technische Paradigmen wie das Edge Computing in einfach verständlicher Sprache zu schreiben. Das gelingt mir manchmal besser, manchmal weniger gut. Oftmals ist weniger mehr… ganz sicher wollen wir NICHT nur für IT-Studenten und Programmierer schreiben, die haben viel bessere Fachliteratur. 😉