Nach der Teilkapitulation der Deutschen Bank im Investmentbanking können sich JP Morgan, Goldman Sachs und Morgan Stanley & Co über einen Konkurrenten weniger freuen.
Die globale Dominanz der US-Banken wird nach dem Abschied der DB aus dem Aktien- und Cashhandel noch weiter zunehmen.
Zeitgleich haben die amerikanischen Banken es in den letzten Jahren gut verstanden, sich breiter aufzustellen und auf stabilere und wiederkehrende Erträge zu setzen.
Heuten machen JPMorgan und Morgan Stanley im Asset- und Wealth-Management Milliardenerträge.
Spät, aber umso radikaler vollzieht seit zwei drei Jahren Goldman Sachs einen Strategiewechsel.
GS nutzt die Chancen der digitalen Zeit und investiert massiv in neue Geschäftsfelder.
Grund genug, das Unternehmen vor diesem Hintergrund genauer anzuschauen.
Umsatzmix – Der Wunsch nach Stabilität
2018 hat Goldman etwa 36 Milliarden Dollar Erträge erwirtschaftet.
Diese verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Geschäftsbereiche:
Unter Investmentbanking fällt das klassische Beratungsgeschäft für Unternehmen (Financial Advisory), die Durchführung von Fusionen und Übernahmen und Kapitalmaßnahmen wie IPOs (Underwriting).
Während das Beratungsgeschäft eher stabile Erträge abwirft, sind die Kapitalmarktgeschäfte der Laune der Börse unterworfen.
Der Handel mit Anleihen, Devisen und Rohstoffen (FICC) und der Aktienhandel (Equities) fallen unter Institutional Client Services.
Das ist genau das Segment, aus dem sich die Deutsche Bank gerade verabschieden möchte, ganz raus aus dem Aktienhandel und ein bisschen aus „Rates“, so wie die DB es nennt.
Nur zum Vergleich: Goldman hat 2018 etwa 5,8 Milliarden Dollar in FICC und 7,6 Milliarden Dollar durch Aktienhandel erwirtschaftet, dagegen hat die DB 6,3 Milliarden Dollar im FICC und 2,3 Milliarden Dollar im Aktienhandel erlöst.
Die Zahlen zeigen wie stark die DB immer noch im Handel mit Zinsprodukten und Devisen ist und relativeren ein wenig die Radikalität der aktuellen Maßnahmen, da in erster Linie das relativ unbedeutende Aktiengeschäft beerdigt wird.
Morgan Stanley und Goldman dominieren den Aktienhandel weltweit, während JPMorgan und Citigroup die dominanten Player im FICC-Markt sind.
Unter Investment Management fällt Asset-Management, Wealth-Management und neuerdings auch das Geschäft mit Privatkunden.
Es geht hier also um treuhänderisches Geld der Goldman-Kunden.
In Investing & Lending hat Goldman Private Equity, die Eigen- und Fremdkapitalinvestitionen und Beteiligungen vor allem in Start-ups zusammengefasst.
In erster Linie geht es hier um eigenes Geld.
Wenn ein Geschäftsjahr beginnt, dann fängt Goldman im Institutional Client Service und im Investmentbanking mit null Erträgen an, nur die Kosten sind gewiss.
In den anderen Geschäftsbereichen stehen die Erträge nahezu fest.
Gut für das Geschäftsmodell von JPMorgan, Citi, Bank of America und nun auch Morgan Stanley, die in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Transformation in ihrem Geschäftsmodell vollzogen haben.
Und diesen Weg geht seit einigen Jahren auch Goldman Sachs.
Abschied von den fetten Jahren
Die Verlagerung des Geschäftsmodells zu mehr stabilen Erträgen ist allerdings auch dringend notwendig.
Mit der Post-Lehman-Regulierung wurden die Kapitalvorschriften weltweit deutlich verschärft, so dass alle kapitalintensiven Geschäfte deutlich unattraktiver wurden, siehe hierzu die Graphik von BCG:
Die Rekorderträge von knapp 46 Milliarden Dollar im Jahr 2007 hat Goldman nicht wieder erreichen können.
Neben den Kapitalvorschriften wurde mit der Volcker Rule (Bestandteil des 2010 verabschiedeten Dodd-Frank Acts) ab 2014 der Eigenhandel für US-Banken verboten, besonders schmerzhaft für das hier sehr erfolgreiche Unternehmen Goldman Sachs.
Die Trading-Talente verabschiedeten sich dann scharenweise Richtung Hedge-Funds.
Ein weiterer Schlag kam aus Europa. Mit Inkrafttreten der europäischen MiFID II 2018, wurde die Bündelung von Research und Handel verboten.
Die großen Zeiten mit Equity-Research waren auch schon vorher vorbei, aber jetzt kommt das Geschäft ganz zum Erliegen.
Aber nicht nur die Regulierung setzt Wallstreet zu.
Vor der Lehman-Pleite haben Investmentbanken teils 25 Prozent ihre Erträge mit IPOs erwirtschaftet.
Heute nutzen Unternehmen ihre Verhandlungsmacht und drücken die Preise.
Zudem gibt es Alternativen. Spotify und Slack haben vorbei an Wallstreet-Banken über eine Direktplatzierung den Börsengang geschafft.
Auch wenn Goldman heute eine Vielzahl der Schritte beim IPO automatisiert hat und mehr IPOs mit weniger Personal abwickeln kann, gibt es noch ein weiteres Problem.
Viele Unternehmen finanzieren sich privat statt über die Börse. Die Zahl der privaten Finanzierungen über 100 Millionen Dollar bei US-Techwerten übersteigt die Zahl der IPOs von US-Techwerten deutlich.
Neuausrichtung von Goldman Sachs
Dennoch sollte man die Macht der großen Investmentbanken nicht unterschätzen.
Die IPOs werden schlicht immer größer und ein Großteil der erfolgreichen IPOs wird immer noch von Goldman Sachs und Morgan Stanley durchgeführt.
Vor dem Hintergrund der erodierenden Erträge im Investment Banking und im Handel stellt sich Goldman Sachs neu auf.
Aus meiner Sicht sind drei Schwerpunkte hervorzuheben:
- Im Geschäft mit Unternehmenskunden nutzt Goldman die Marquee-Plattform, um Geschäfte weitgehend zu automatisieren und auch deutlich kleinere Unternehmen anzusprechen.
- Nach vielen orientierungslosen Jahren im Asset- und in Wealth-Management will Goldman hier die verlorenen Jahren gegenüber Morgan Stanley wettmachen. Durch Übernahmen, Konsolidierungen und Investitionen ins organische Wachstum demonstriert das Unternehmen hier nun einen ganz neuen Anspruch.
- Die wohl mutigste Entscheidung ist jedoch, sich auf ein Geschäft herabzulassen, von dem Goldman bisher nichts verstand und auch nicht viel hielt: Das Geschäft mit normalsterblichen Endkunden. Die Digitalisierung erlaubt es Goldman, hier ohne die Fesseln der Tradition, ohne Filialen und mit digital-affinen Mitarbeitern eine ganz neue Art des Bankings anzubieten. Der Einstieg mit Marcus ins Konsumenten-Banking und die Zusammenarbeit mit Apple im Payment verläuft bisher äußerst erfolgreich.
Ob dem Unternehmen die Neupositionierung gelingt und ob Goldman Sachs ein Digital Leader werden kann, dazu mehr im nächsten Newsletter.
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Autor
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Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.
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