Goldman Sachs war nach der Finanzkrise lange Zeit ein Underperformer unter den großen US-Banken. Seit unserem Investment im April 2020 hat sich das Blatt gewendet. Bankenaktien haben seit Ausbruch der Pandemie eine sehr erfreuliche Entwicklung genommen; die Aktie von Goldman Sachs hat sogar den Dow Jones US Banks Index deutlich outperformt. Auf die Gründe sind wir in diversen Artikeln bereits detailliert eingegangen.
Inhaltsverzeichnis
Goldman Sachs Zahlen für das zweite Quartal im Überblick
Am Dienstag hat Goldman Sachs die Zahlen für das zweite Quartal vorgelegt. Nach dem Rekordquartal im ersten Quartal hat man im zweiten Quartal das zweitbeste Quartalsergebnis in der Firmengeschichte präsentiert. Im Unterschied zu JPMorgan konnte Goldman sogar die Umsätze noch einmal steigern, nämlich um 16 Prozent auf 15,4 Milliarden Dollar. Analysten hatten einen Rückgang um ca. neun Prozent im Schnitt erwartet.
Beim Gewinn fiel die Überraschung noch größer aus. Statt erwartet 9,8 Dollar pro Aktie erzielte Goldman einen Gewinn von 15 Dollar pro Aktie.
Robustes Investment Banking, starkes fiduziäres Geschäft
Wie erwartet fiel das Handelsergebnis deutlich gegenüber dem Vorjahresrekordquartal, als die Pandemie zu Rekordvolatilitäten im Markt führte. Die Umsätze im Bereich Global Markets fielen 32 Prozent niedriger aus.
Überrascht haben dagegen die sehr guten Zahlen im Investmentbanking. Die Umsätze konnten hier mit 3,6 Milliarden Dollar um 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert werden. Im ersten Halbjahr hat Goldman weltweit 160 IPOs begleiten können, das ist mehr als im gesamten letzten Jahr. Als der weltweit führende Berater im Investment Banking hat Goldman im ersten Halbjahr Transaktionen im Wert von 975 Milliarden Dollar begleitet. Nach eigenen Angaben kommt man damit auf einen Marktanteil von 33 Prozent. Das ist eine unglaubliche Dominanz. Die europäischen und asiatischen Investmentbanken sind praktisch ausgefallen. Nun teilen sich JPMorgen, Morgan Stanley und Goldman Sachs die Welt auf. Die gute Nachricht für Goldman-Investoren: Das Orderbuch ist prall gefüllt. CEO David Solomon: „Our Investment Banking backlog is at a record level (…) with our corporate client base remaining high, reflective of elevated confidence and the prospect of continued economic recovery.“
Im Asset Management präsentierte Goldman erneut ein Rekordquartal. Mit einem Umsatz von 5,1 Milliarden Dollar hat man sogar Global Markets im zweiten Quartal überholen können. Auch im anderen fiduziären Geschäft, nämlich Consumer & Wealth Management, gab es Rekordzahlen mit einem Umsatz von 1,75 Milliarden Dollar. Auf den ersten Blick sieht also alles nach Plan aus, vor allem mit Blick auf die stabiles Geschäfte wie Asset und Wealth Management, die deutlich auf dem Vormarsch sind. Doch gerade beim Asset und Wealth Management muss man tiefer bohren.
Starkes Eigengeschäft und Marktrally treibt Umsätze im Asset Management
Im Asset Management hat Goldman Sachs mit 2,6 Milliarden Dollar einen höheren Nettogewinn erwirtschaftet als das Investment Banking und Global Markets zusammen. Wie kann das sein, dass das langweilige treuhänderische Geschäft plötzlich die Königsdisziplinen zwergt? Wie kann ein Asset Manager in einem Quartal so viel Geld verdienen? Nur zum Vergleich, der Gewinn meines früheren Arbeitgebers DWS lag für das Gesamtjahr 2020 bei 560 Millionen Euro. Die Tabelle löst das Rätsel auf. Nur 727 Millionen Dollar Umsatz erwirtschaftete Goldman aus Gebühren. Der Großteil, nämlich 3,7 Milliarden Dollar, kamen aus Aktien Investments für das eigene Buch, weitere 610 Millionen Dollar aus Lending und Debt Investment.
Wir waren auf die Umorganisation und die Eigenheiten des Asset Managements in unserem Artikel „Die neue Goldman Sachs Bank für alle“ eingegangen. Im Unterschied zu reinen Asset Managern verwaltet Goldman nicht nur treuhänderisches Geld, sondern auch eigenes. Das gesamte Investment & Lending Geschäft sowie die Special Situation Group, die ganz opportunistisch überall investieren, sind nun im Segment AM konsolidiert. Wenn die Märkte einbrechen wie z.B. im ersten Quartal 2020, dann kann das Asset Management aufgrund der Bewertung der Anlagen zu Marktpreisen auch mal einen negativen Umsatz generieren. Im zweiten Quartal 2021 hat sich das „Zocken“ dagegen gelohnt. Goldman hält gelistete Aktien im Wert von etwa 4 Milliarden Dollar. Aufgrund der Marktrally ergaben sich daraus „Gewinne“ von etwa 900 Millionen Dollar. Aus dem Private Equity Anlagen in Höhe von insgesamt 17 Milliarden Dollar konnten Werterhöhungen von 2,8 Milliarden Dollar erwirtschaftet werden.
Asset Management
In der Regel werden Erträge aus dem Asset und Wealth Management deutlich höher bewertet, weil sie stabiler sind und die Bilanz nicht belasten. Das ist bei Goldman Sachs nicht der Fall. Ein Großteil der Erlöse im AM ist noch volatiler als aus Global Markets und belastet die Bilanz. Zwar hat Goldman 2021 von den 20 Milliarden Dollar Aktienanlagen zum Jahresbeginn nun 4 Milliarden netto reduziert, aber aufgrund Wertsteigerung hat man nun 21 Milliarden Investments in Aktien in der Bilanz. Das erklärt, warum sich die Euphorie der Anleger über dieses Ergebnis im Asset und Wealth Management in Grenzen hält.
Dennoch muss man anerkennen, dass das rein treuhänderische Geschäft bei Goldman solide wächst. Die Assets under Supervision sind im zweiten Quartal 101 Milliarden auf 2,3 Billionen Dollar gewachsen. 38 Milliarden davon sind Mittelzuflüsse, 63 Milliarden Markteffekte. Die Gebührenumsätze daraus sind im zweiten Quartal 13 Prozent auf 1,84 Milliarden Dollar gewachsen. Zum Vergleich, die Zinserlöse lagen im zweiten Quartal bei 1,6 Milliarden Dollar. Goldman hat höhere Umsätze aus dem treuhänderischen Geschäft als Zinseinnahmen. Die Zinseinnahmen machen gerade mal 10 Prozent der Gesamtumsätze aus. Bei JPMorgan sind es ca. 50 Prozent, bei vielen Banken über 90 Prozent.
Weiterhin erfreulich wächst das neue Retailbanking mit einem Umsatzwachstum von 41 Prozent. In der Pandemie hat Goldman das Kreditwachstum auch über die Apple Card reduziert. Doch mit besserer Bonität der Kunden und mehr Visibilität hinsichtlich der Konjunktur möchte man wieder mehr Kredite begeben. Auch das Angebot wird ausgeweitet. Neben der Apple Card für die Familie wird es bald auch ein „Buy Now, Pay Later“ Feature geben, so das Nachrichtenportal Bloomberg. Und da die Adaption von neuen Lösungen bei Apple extrem schnell funktioniert, schockte diese Nachricht Investoren von Affirm und Afterpay unmittelbar.
Auch das andere neue Geschäft, nämlich Transaction Banking, läuft bei Goldman über Plan. Man habe hier nun ca. 300 Geschäftskunden vorzuweisen mit Einlagen von ca. 40 Milliarden Dollar. Auf dem Investor Day Januar 2020 hatte Goldman angekündigt, 50 Milliarden Kundengelder in den nächsten 5 Jahren einzusammeln. Dem Ziel ist man nach nahezu 1,5 Jahren nicht mehr fern.
Fazit
Goldman Sachs hat wieder bärenstarke Zahlen präsentiert. Das M&A Business und Aktienemissionsgeschäft boomt und die vollen Bücher signalisieren für das weitere Jahre ein starkes Geschäft. Trotz überragender Zahlen hält Goldman an der Kostendisizplin fest. Die Compensation Ratio liegt nun sogar unter 30 Prozent, vier Prozent weniger als im Vorjahr. Die Cost Income Ratio beläuft sich nun auf 56 Prozent. Ich halte die Aktie trotz der Rally in den vergangenen zwölf Monaten für attraktiv bewertet. Mit den wiederholten Rekordquartalen steigt die Wahrscheinlichkeit für Aktienrückkäufe deutlich. Allerdings sollten die Rekordergebnisse im Asset Management so nicht wiederholbar sein.
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Disclaimer
The Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Goldman Sachs. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.
Autor
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Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.
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