Headhunter ist das führende Recruiting-Portal in Russland. Die Headhunter Group ging im April 2018 zu einem Preis von 13,50 US-Dollar an die Börse. Damals gab es den EM Digital Leaders leider noch nicht. Wir haben aber im Rahmen einer Platzierung am 3. Juni dieses Jahres die Headhunter Group Aktie zu 36,25 US Dollar gekauft. Das Unternehmen hat kürzlich sensationelle Zahlen für das dritte Quartal gebracht, und der Kurs stieg an einem Tag um knapp 15 Prozent auf über 65 Dollar. Zeit also, das Investment und seine Bewertung zu überprüfen.
Headhunter Group Unternehmen und Zahlen
Das im Jahr 2000 gegründete Unternehmen operiert neben Russland (92.5 Prozent des Umsatzes 2020) auch in den Nachbarländern Weißrussland, Kasachstan, Usbekistan, Azerbaijan und Kyrgyzstan. Die Gesamtbevölkerung der Zielmärkte liegt bei 226 Millionen Einwohnern. Die Website von Headhunter (hh.ru) liegt global mit zwölf Millionen monatlichen Usern hinter Indeed, Yooble und Glassdoor global an vierter Stelle. Die Datenbank enthält beeindruckende 45 Millionen Lebensläufe und 1,4 Millionen Stellenanzeigen, dreimal mehr als der nächste Konkurrent in Russland (SuperJob). Das Management Team ist gut eingespielt. Der CEO Michail Zhuov und der CFO Georgy Moiseev sind seit 2008 dabei und der CTO Pavel Martyshev seit 2007. Bei den Aktionären finden wir alte Bekannte: Die Private Equity Investoren von Elbrus (37 Prozent) und Goldman Sachs (14 Prozent).
Stellenmarkt in Russland
Der Stellenmarkt in Russland wird für das pandemiebedingt gebeutelte Jahr 2020 auf 48,8 Milliarden Rubel (658,8 Millionen US Dollar) geschätzt. Der Anteil von Online Recruitment ist seit 2017 um 19 Prozent auf 30 Prozent gestiegen. Die Tatsache, dass 18 Prozent noch für Offline-Medien und 48 Prozent für interne Kosten des Einstellungsprozesses ausgegeben wurden zeigt, dass hier noch erhebliches Potential besteht.
Die zwei wesentlichen Vektoren der Monetarisierung sind der Zugang zum Kandidaten-Pool und die Stellenausschreibungen. 51 Prozent der Umsätze werden auf Subskriptionsbasis mit dem Zugang zu den Lebensläufen beziehungsweise mit einer Kombination beider Dienstleistungen erzielt. Weitere 40 Prozent entfallen auf Stellenausschreibungen. Das Unternehmen verkauft die Ausschreibungen mit Laufzeit bis 30 Tage im zwölf Monate gültigen Paket. Der Rest des Kuchens (9 Prozent) entfällt auf Mehrwertdienste wie Bannerwerbung, HR-Analyse und Premium Leistungen für Jobsuchende.
Headhunter dominiert den russischen Markt
Auch bei Headhunter zeigt sich einmal mehr wie wichtig der Netzwerkeffekt für den russischen Marktführer ist. Wer die meisten Kunden hat, kann die meisten Jobs anbieten und lockt damit die meisten Jobinteressenten an, was wiederum mehr Kunden anzieht. Es ist beeindruckend, wie gut sich das an der unterschiedlichen Entwicklung von Headhunter und Superjob, der Nummer zwei im russischen Markt, ablesen lässt. Das Rennen scheint nunmehr entschieden zu sein.
Laut einer Umfrage mit 12.900 Teilnehmern liegt die Brand Awareness von HH mit 55 Prozent weit vor der heimischen Konkurrenz: Die nächstplatzierten Avito mit 19 Prozent Rabota.ru mit 8 Prozent und Superjob folgen mit 3 Prozent. Bei den lukrativen White Collar Jobs kommt HH gar auf 61 Prozent, während es der Konkurrenz in diesem Segment auch nicht besser ergeht als im Gesamtmarkt. Der hohe Bekanntheitsgrad führt dazu, dass 80 Prozent der Neukunden in 2020 kostenlos akquiriert wurden. Im Dezember 2021 waren sogar 91 des Traffics kostenfrei (51 Prozent direkt, 13 Prozent E-Mail, 17 Prozent organisch, 3 Prozent frei, 6 Prozent Sonstige).
Starker Zuwachs bei App Usern und Technologieführerschaft
Gleichzeitig sehen wir eine Transition vom Desktop zu Mobile. Die Zahl der kumulierten App Downloads hat sich zwischen 2018 und 2020 auf 28,3 Millionen fast verdoppelt. Dieses Jahr kamen dann noch einmal 7,2 Millionen dazu. Im Dezember 2020 war 74 Prozent des Traffics „Mobile Only“ und weitere 11 Prozent „Mobile & Desktop“. Nur noch 15 Prozent verlief ausschließlich auf dem Desktop. Die App Ratings liegen bei iOS und Android stabil bei 4,8 Sternen – eine exzellente Bewertung.
Die innovative AI Technologie, die passende Vorschläge für Arbeitgeber und Arbeitnehmer generiert, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Basierten im März 2020 noch 13 Prozent aller Einladungen und CV Views auf AI Empfehlungen, so waren es im März 2021 bereits 27 Prozent.
Bis zum Erreichen der dominanten Stellung setzte das Unternehmen auf unlimitierte Angebote und stabile Preise. Seit 2014 wurde zunehmend volumenabhängig abgerechnet und die Preiselastizität der Kunden getestet. Schlussendlich wurden die unlimitierten Packages ganz abgeschafft und die volumenabhängige Rabattkurve abgeflacht. Das ARPC (durchschnittlicher Umsatz) für Key Accounts konnte von 306.000 Rubel im Jahr 2018 (4.872 US Dollar) auf 391.000 Rubel im Jahr 2020 (5.585 Dollar) gesteigert werden. In diesem Jahr waren es in den ersten 9 Monaten bereits 449.000 Rubel (6.151 Dollar). Zukünftig will das Unternehmen stärker auf individuelle Preisgestaltung setzen, um die Zahlungsbereitschaft der Kunden in Abhängigkeit des Gleichgewichts von Angebot und Nachfrage abzuschöpfen. Dabei sollen auch leistungsorientierte Kriterien mit einfließen. Im internationalen Vergleich wird das erhebliche Potential deutlich: Lag der Umsatz pro UMV im Jahre 2020 bei 5,1 US Dollar, so waren es bei StepStone im Jahre 2019 71,4 Dollar, also 14 Mal mehr.
Ein Blick auf die Preisgestaltung und den effektiven Preis zeigt auf, wie viel Potential für Preiserhöhungen noch besteht.
Zudem will das Unternehmen über den Kernbereich des Recruitments (TAM Schätzung 2020: 49 Milliarden US Dollar) weiter expandieren. Die Akquisitionen von Skillaz in Bereich Automatisierung des Einstellungs- und Onboarding Prozesses und Dreamjob im Branding des Arbeitgebers sind nur die ersten Schritte. Zusammen mit den Feldern Zeitarbeit, Mitarbeiterschulungen und individueller Fortbildung schätzt das Unternehmen den Gesamtmarkt in 2020 auf 130 Milliarden US Dollar.
Headhunter mit profitablem Wachstum
Russland wurde 2020 von der Pandemie relativ hart erwischt. Der Umsatz wuchs mit 6 Prozent deshalb niedriger als erwartet. Dieses Jahr wurde dieser Effekt aufgeholt. Zusätzlich hat die Pandemie den Digitalisierungstrend am Jobmarkt noch einmal beschleunigt. Entsprechend stark war das Wachstum: Ein Plus gegenüber dem Vorjahr von 96 Prozent für die ersten drei Quartale 2021. Entscheidend waren dabei die mittlerweile 409.000 KMUs (Klein und Mittelständische Unternehmen), deren Anzahl um 55 Prozent und Umsatz um 113 angewachsen ist. Allerdings legten auch die Key accounts beim Umsatz um beeindruckende 76 Prozent zu (das zahlenmäßige Wachstum (15 Prozent yoy) ist bei diesen großen Unternehmen geringer, weil es davon nur eine begrenzte Anzahl gibt).
Die Regionen außerhalb der Metropolen Moskau und St. Petersburg wuchsen dabei mit 113 Prozent besonders schnell. Allerdings spielt dabei auch die Konsolidierung des in Sibirien tätigen Unternehmens Zaplata zum Jahresende 2020 ein Rolle, in dem Call zu den Quartalszahlen schätzte das Management den Beitrag auch auf 15 Prozent.
Der durchschnittliche Umsatz pro Kunde ist bei den Key Accounts in Moskau und St. Petersburg um 59 Prozent auf 449.000 Rubel (6.000 US Dollar) und in den Regionen um 46 Prozent auf 142.000 Rubel (1.917 Dollar) gestiegen. Bei KMUs lag die Steigerung in den zwei Metropolen bei 41 Prozent auf 23.400 Rubel (316 Dollar) und bei 36 Prozent auf 11.600 Rubel (157 US Dollar) im Rest des Landes.
Die operativen Kosten, hauptsächlich Personal (circa die Hälfte) und Marketingkosten wuchsen dagegen nur um 73 Prozent. Die EBITDA Marge stieg damit von 50 auf 56 Prozent. Trotz der zwischenzeitlich gezahlten Dividende fiel die Nettoverschuldung um über die Hälfte auf 2,3 Milliarden Rubel (31 Millionen Dollar). Bei diesem Tempo sollte das Unternehmen zum Jahresende annähernd schuldenfrei sein.
Bewertung und Fazit der Headhunter Group Aktie
Das Unternehmen ist genauso wie die Vergleichsunternehmen kein Schnäppchen. Die Bewertung ist aber angesichts des rasanten Wachstums, des soliden Geschäftsmodells, des Managements und des langfristigen Potenzials durchaus fair.
Dennoch haben wir unsere Position angesichts des überschäumenden Enthusiasmus infolge der Quartalszahlen reduziert, auch weil wir befürchten, dass der in Russland zur Eindämmung der Pandemie verhängte einwöchige Lockdown Ende Oktober nicht ausreichen wird, um die Corona-Fallzahlen einzudämmen. Angesichts der geringen Impfquote rechnen wir damit, dass weitere Maßnahmen folgen werden. Wir können uns gut vorstellen, dass das vierte Quartal etwas schwächer ausfällt.
Bei fallenden Kursen würden wir die Headhunter Group Aktie wieder für das EM Digital Leaders Portfolio zukaufen. Du möchtest nichts mehr verpassen? Dann melde Dich für unseren kostenlosen Newsletter an.
Disclaimer
EM Digital Leaders und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Headhunter. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.
Autor
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Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.
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