Die IBM Aktie ist für mich eine besondere. Diejenigen Leser unter Euch, die meinen persönlichen Werdegang schon etwas länger verfolgen, wissen, dass ich eine besondere Verbundenheit zur IBM habe. In meinem früheren Leben als Softwareunternehmer war die IBM jahrelang mein wichtigster strategischer Partner.
Ich habe das Unternehmen und seine erstklassigen Mitarbeiter schätzen gelernt, musste aber auch miterleben, wie Big Blue durch seine schiere Größe und komplexen Prozesse sich und seinen Partnern oft im Weg stand.
Seit 2018 hatten wir die IBM Aktie auf der Watchlist, haben die spannende Entwicklung bei IBM mehrfach hier auf dem DLF-Blog kommentiert und wurden insbesondere durch den Management-Wechsel zunehmend positiv gestimmt. Nach dem nochmaligen Ausverkauf Ende Januar 2021 haben wir zu Kursen um 120$ erstmals IBM Aktien für das Portfolio von The Digital Leaders Fund erworben.
Anlässlich der gerade vorgelegten Ergebnisse zum 1. Quartal 2021 möchten wir mit dem vorliegenden Beitrag unseren Einstieg in die IBM Aktie begründen.
Inhaltsverzeichnis
Solide IBM Zahlen zum Q1 2021
IBM ist solide ins neue Geschäftsjahr gestartet. Der Gesamtumsatz von $17,7 Milliarden lag leicht (1 Prozent) über dem Vorjahresquartal und damit über den Erwartungen der Analysten.
Das für die Zukunft der IBM so wichtige Cloud-Geschäft wuchs im Q1 währungsbereinigt um 18 Prozent auf $6,5 Milliarden. In den letzten 12 Monaten hat die IBM damit den Cloud-Umsatz um 18 Prozent auf $26,3 Milliarden steigern können.
Besonders positiv ist, dass die Verschuldung im vergangenen Quartal trotz einer Dividendenzahlung von $1,5 Milliarden weiter deutlich gesenkt werden konnte. Einem Cashbestand von $11,3 Milliarden standen Ende März Verbindlichkeiten von $56,4 Milliarden entgegen, somit $5,1 Milliarden weniger Schulden als noch Ende 2020.
Die Guidance eines positiven Umsatzwachstums in 2021 bei einem Free Cashflow von über $11 Milliarden (vor Sonderaufwendungen für die Trennung der IBM in zwei Unternehmen i.H.v. ca. $3 Milliarden) wurde vom Management bestätigt.
Rückkehr auf den Wachstumspfad
IBM-Aktionäre haben sich daran gewöhnt, dass der IBM Umsatz seit Jahren rückläufig ist. Die nun vorgelegten Zahlen zum Q1 2021 bedeuten, dass der TTM-Umsatz (Umsatz der letzten 12 Monate) erstmals seit 11 Quartalen wieder aufwärtsgerichtet ist.
Das ist noch kein neuer Trend, aber zumindest ein erster Hinweis darauf, dass der Optimismus des neuen CEO Arvind Krishna berechtigt ist. Der hatte in seiner initialen Guidance nach dem langen Schrumpfungsprozess der IBM für 2021 eine Rückkehr auf einen Wachstumspfad in Aussicht gestellt und diese Ambition nun nochmals bestätigt.
Es wird spannend zu beobachten sein, ob sich hier in den kommenden Quartalen noch vor der für Ende des Jahres geplanten Unternehmensaufspaltung tatsächlich ein neuer Wachstumstrend etabliert.
Der würde dann vor allem aus dem zweistelligen Wachstum des Cloud-Geschäftes resultieren. Die Höhe dieses Wachstum wird zusammen mit dem entsprechenden Margenprofil besonders wichtig sein. Dann könnte der Finanzmarkt eine Neubewertung der nach der Aufspaltung wesentlich verkleinerten IBM vornehmen.
Das IBM Spin-Off: What the f… is Kyndryl?
Kürzlich hat IBM den Namen bekanntgegeben unter dem das Managed Infrastructure Services Business mit 90.000 Mitarbeitern und 4.600 Outsourcing-Kunden zum Ende des Jahres abgespalten werden soll. Wir hatten hier über die Zerschlagung und die schwere Wiedergeburt der IBM als Cloud-Company berichtet. Erster CEO ist der ehemalige IBM-Finanzchef Martin Schroeter.
Das neue Unternehmen wird Kyndryl heißen und seinen Hauptsitz in New York haben. Ich habe auf Twitter mal spontan nach Assoziationen zu diesem Namen gefragt und einige lustige Dinge gehört: “Arzneimittel”, “IKEA Produkt”, “russischer Oligarch”, “russische Hackertruppe”, “russische Inkassofirma”, “Kindle”, “Der Bösewicht aus Superman”. Was haben sich die Marketeers bei Big Blue bloß bei diesem Zungenbrecher-Namen gedacht?
Die offizielle Antwort der IBM: Kyndryl is a modern adaptation of two words that are central to the new company’s identity and mission. „Kyn“ is derived from the word kinship, referencing the belief that relationships with people — employees, customers and partners — are at the center of the strategy, and that long-lasting relationships must be built and nurtured. „Dryl“ comes from tendril, bringing to mind new growth and the idea that — together with customers and partners — the business is always working toward advancing human progress.
Dem Finanzmarkt hat diese sperrige Namenswahl jedenfalls nicht besonders gefallen. Am Tag des Announcements ging der Kurs der IBM Aktie um 3 Prozent in die Knie. Wichtiger als die fragwürdige Namensgebung ist aber, dass laut Angaben des Managements der Prozess zur Abspaltung von Kyndryl weitgehend planmäßig läuft und bis Ende des Jahres abgeschlossen sein soll.
Phantasie im Quanten-Computing
IBM hat kürzlich eine Roadmap veröffentlicht, welche die Entwicklung eines Quantencomputers mit mehr als 1.000 Qubits (“Quantenbits”) bis 2023 vorsieht. Damit wäre man technologisch führend.
Noch dieses Jahr soll der IBM-Quantenprozessor „Eagle“ verfügbar werden, der immerhin 127 Qubits liefert und die Parallelverarbeitung von Algorithmen unterstützt.
Viele Experten sind davon überzeugt, dass Quanten-Computing eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts sein wird. Entsprechend werden auch bei Google, Microsoft und in etlichen anderen Forschungseinrichtungen rund um den Erdball derzeit Quantenprozessoren entwickelt.
Bisher wird die Rolle, die IBM in diesem Forschungswettlauf spielt, vom Finanzmarkt nicht gewürdigt. Das ist durchaus nachvollziehbar, denn noch sind Umsätze oder gar Gewinne aus dieser Zukunftstechnologie sehr ungewiss und liegen in ferner Zukunft. Aber es verwundert schon, dass IBM so gnadenlos in der Legacy-IT Schublade steckt und dem Unternehmen von den Börsianern keinerlei Zukunftsphantasie zugestanden wird.
Doch das kann sich ändern. Die Phantasie aus dem Quanten-Computing ist derzeit nicht unbedingt der Hauptgrund für den Kauf der IBM Aktie, aber sie bietet eine schöne zusätzlich Chance für eine künftige Neubewertung.
IBM Aktie: Chance für geduldige Investoren?
Auch wenn die IBM Aktie nach Vorlage der Q1-Zahlen bei einem Kurs von aktuell 138$ den höchsten Stand seit mehr als einem Jahr erreicht hat: die IBM Aktie wird von den Investoren damit immer noch bewertet wie ein strauchelndes Legacy-IT-Unternehmen. Das EV/Sales Verhältnis beträgt 2,2. Die Aktie kostet das 14-fache des Free Cashflows und bietet eine Dividendenrendite von ca. 5 Prozent.
Für geduldige Investoren könnte das eine gute Chance sein: Anfang 2022 werden IBM-Aktionäre an der neuen verkleinerten IBM und zusätzlich an Kyndryl beteiligt sein. Die neue IBM wird das klarere Profil einer Hybrid Cloud Company haben, die vorne mit dabei ist bei Zukunftsthemen wie Quanten Computing und AI.
Wir gehen davon aus, dass die Summe der IBM-Teile dann mehr wert sein wird als das große Ganze heute – auch wenn die dann anstehende Neubewertung beider Unternehmen zu erhöhter Volatilität führen könnte. Die Zukunftsphantasie aus möglichen Erfolgen auf Forschungsgebieten wie dem Quantum Computing oder AI ist derzeit kaum ein Thema bei IBM-Investoren. Diese Chance gibt es demnach umsonst obendrauf.
Die IBM Aktie könnte gut geeignet sein, um ein Portfolio aus Technologie- und Digitalaktien in 2021 zu stabilisieren. Denn es könnte durchaus eine längere Korrektur-Phase der allzu optimistischen Bewertungen bei den High-Growth-Werten begonnen haben. Wir haben unser Portfolio in 2021 daher mittlerweile wesentlich konservativer ausgerichtet als in den beiden Vorjahren – und die niedrig bewertete IBM Aktie passt in der jetzigen Phase sehr gut in dieses Portfolio.
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Disclaimer
The Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von IBM. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.
Autor
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Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.
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