Die Digitalisierung hat im Banking längst Einzug erhalten. Insbesondere im Retailbanking und im Zahlungsverkehr, aber auch bei der Kreditvergabe. Mit dem Aktienboom hat der Siegeszug der Digitalisierung auch im Brokerage Einzug gehalten. Dagegen verläuft das Asset und Wealth Management in den meisten Märkten oft noch nach den alten Mustern.
Wie die Leser unseres Blog-Beitrags zur DBS Aktie wissen, halten wir Singapur für eines der digital fortschrittlichsten Länder der Welt. So wundert es nicht, dass hier eine ausschließlich digitale operierende Investmentplattform mit globalen Ambitionen entstehen konnte, deren Fokus auf dem Investment in Fonds liegt.
Die iFast Aktie wurde 2014 zu einem Preis von 0,95 Singapur Dollar (S$) am lokalen Aktienmarkt gelistet. Der Kurs der iFast Aktie hat sich in den ersten zwei Jahren prächtig entwickelt, ist aber zuletzt deutlich zurückgegangen. Wir wollen beleuchten, warum das Unternehmen jetzt interessant werden kann.
IFast Unternehmensvorstellung
Im Stadtstaat Singapur mit seinen 63 Inseln, der in seiner modernen Form 1819 als Handelsumschlagsplatz des British Empire gegründet wurde, leben heute 5,6 Millionen Einwohner. Das Finanzzentrum ist mit einem BIP von 60.000 US-Dollar pro Einwohner sehr wohlhabend. Singapur zeichnet sich durch ein positives Bevölkerungswachstum aus und zieht mit seinem Permanent Resident Programm gleichermaßen Fachkräfte und Investoren an. Zu diesen gehört auch mein Kollege Ashutosh, der als Berater des EMDL fungiert. Singapur und Hongkong sind die zwei bedeutendsten Hubs für Asset und Wealth Management in Asien und dienen für Unternehmen aus aller Welt als Portale nach Südostasien. Mittelfristig dürfte allerdings Singapur von der politischen Neutralität besonders profitieren.
Der Gründer von iFast, Chairman und Ceo Lim Chung Chun, hält zusammen mit seiner Frau Neo Lay Kien 23 Prozent der Aktien. Der Anteil der börsengelisteten Singapur Press Holding liegt bei 13 Prozent. Lim Wee Kian, ist mit aktuell sieben Prozent ebenfalls ein Aktionär der ersten Stunde und zugleich seit 2004 auch Head of Foreign Exchange, Treasury und Markets bei der bereits genannten DBS. Der Streubesitz liegt bei 42 Prozent.
Das Unternehmen beschäftigte zuletzt 900 Mitarbeiter, davon arbeitet rund ein Drittel in der Technologieabteilung. Neben der ständigen Verbesserung der Plattform arbeiten diese an einem für Ende 2023 angepeilten Großprojekt, der Administration des staatlichen Pensionsfonds in Hongkong. Als Produktionsstätte dient das benachbarte Malaysia, das sich durch günstige Löhne und einen großen Pool an potentiellen Arbeitskräften auszeichnet. Diese werden von iFast früh abgefangen und intensiv geschult.
Das Geschäftsmodell
Ifast eröffnet Anlegern mit einem digitalen Angebot den Zugang zu Anlagen mit Schwerpunkt auf Investmentfonds. Eine breite Palette an Vereinbarungen mit Fondsgesellschaften, Brokern, Börsen und Versicherungen ermöglicht eine große Auswahl an Anlageprodukten für die Kunden. Diese werden für Endkunden zusätzlich mit Research beworben und transparent gemacht. Eine Kontoeröffnung innerhalb von Minuten und aktiver Kundensupport runden das Angebot ab.
Daneben ist iFast aber auch im B2B Segment tätig. Über die Invest Plattform werden zuletzt 11.000 Finanzberatern und 550 Finanzinstitutionen bedient. Entscheidend für diese ist das umfangreiche Paket an Produkten und Dienstleistungen, das ihnen eine Plattform bietet. Das Segment Fintech Solutions bietet zusätzlich eine White Label Lösung für Vermögensverwalter (B2B2C) an.
Dabei kommt der Gesellschaft zugute, dass Banken in Singapur noch sehr stark auf das traditionelle Bankgeschäft, also Einlage- und Kreditgeschäft, fokussiert sind. Asset Management erfolgt oft noch nach dem alten auf wenige inhouse oder Partnerprodukte fokussierten Modell auf Basis von Verkaufsprovisionen. Dagegen ist iFast mit der offenen Architektur bestrebt, die besten Produkte im Markt anzubieten, was langfristig für alle Beteiligten die bessere Strategie ist. Im B2B sind Banken nicht tätig, das Segment wird von Anbietern wie iFast dominiert.
Kunden werden ausschließlich digital akquiriert, auf teure TV oder Außenwerbung verzichtet das Unternehmen. Das digitale Marketing fußt auf Research und digitalen Informationsveranstaltungen. Während in der Branche Kundenakquisitionskosten von bis zu 200 Dollar genannt werden, machen diese bei iFast einen Bruchteil aus.
Als Vergleichsunternehmen nennt das Management die amerikanische Investmentplattform Charles Schwab. Der Fokus liegt, im Gegensatz zum Handel mit Aktien bei Online Brokern wie Robin Hood, auf auf langfristigem Investieren. Das schafft stabil wiederkehrende Umsätze.
IFast ist in fünf Märkten vertreten (Singapur, Hongkong, Malaysia, China und Indien) und verwaltet 690 Tausend Kundenkonten mit zuletzt (Jahresende 2021) 19 Milliarden S$ (Singapore Dollar, 14 Milliarden US-Dollar) AUA (Assets under Administration).
Seit 2000 betreibt iFast den Fondssupermarkt für Endkunden (B2C) mit rund 140.000 Kunden und 6 Milliarden S$ Assets. Die B2B Plattform mit zuletzt 11 000 Finanzberatern und 550 Finanzinstitutionen (B2B) hat aktuell 13 S$ Milliarden Assets.
Das Sortiment umfasst 14.000 Investmentprodukte. Dazu gehören immerhin 9800 Fonds. Über die letzten sechs Jahre sind auch 1500 Bonds, Aktien in 5 Märkten (Singapur, Hongkong, China, Malaysia und USA) sowie ETFs und Versicherungsprodukte hinzugekommen. Daneben werden auch zahlreiche Dienstleistungen wie Custody, Research, Investmentseminare und diskretionäres Portfoliomanagement angeboten.
Im Jahr 2021 wurde ein Nettoumsatz von 113 Millionen S$ erzielt, ein Plus von 32 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das entspricht 0,67 Prozent der AuA. Die operativen Kosten liegen bei 0,46 Prozent. Dementsprechend verbleiben dem Unternehmen 0,21 Prozent der AuA an operativem Gewinn.
Der operative Cash Flow liegt bei 47 Millionen. Der Reingewinn beträgt 30 Millionen, ein Plus von 45 Prozent. Damit liegt die Nettomarge bei 27 Prozent. Der RoE liegt bei 26 Prozent.
Singapur war im Jahr 2021 bei den Umsätzen mit 72 Prozent bei weitem der wichtigste Markt für iFast und wuchs dabei mit 30 Prozent. An zweiter Stelle steht Hongkong mit 15 Prozent Umsatzanteil, ein langsam wachsender und sehr kompetitiver Markt in dem man seit 2007 aktiv ist. Dennoch wuchs iFast hier mit immerhin 27 Prozent. Wir werden später sehen, warum der Markt für iFast dennoch extrem wichtig ist. Die Präsenz in Malaysia macht 10 Prozent der Erlöse aus und wuchs mit 54 Prozent.
In China ist iFast seit 2014 im B2B und B2B2C Segment vertreten. Zu den Kooperationspartnern gehören unabhängige Fondsvermittler, Banken und Brokergesesllschaften aber auch E-Commerce Unternehmen und Researchhäuser, die Asset Management anbieten wollen. 4500 Fonds aus der Produktpalette sind aktuell in China zum Vertrieb zugelassen. Aus China stammen noch relativ bescheidene 3 Prozent der Umsätze bei einer Wachstumsrate von 37 Prozent.
In Indien ist man seit 2016 mittels einer 39 Prozent Beteiligung bei iFast Financial India ebenfalls hauptsächlich im B2B Bereich tätig und erwirtschaftet dort 1 Prozent der gesamten Umsätze.
Singapur generiert entsprechend seinem Umsatzanteil mit 28 Millionen auch den Löwenanteil am Gewinn. Hongkong trägt 8 Millionen und Malaysien 5 Millionen zum Gewinn bei. China ist mit minus 6 Millionen noch deutlich in der Verlustzone. Das Chinageschäft steckt noch in den Kinderschuhen, das Management erwartet den Break-even in drei Jahren. Fonds sind mit 72 Prozent für den Löwenanteil der Assets verantwortlich. Aktien und ETFs machen 18 Prozent aus, die Mehrheit davon in Aktien. Cash Konten machen aktuell 5 Prozent und Bonds 4 Prozent aus.
70 Prozent der Nettoumsätze sind wiederkehrend (recurring), damit ist das Geschäft weniger volatil als das der Onlinebroker. Am bedeutendsten im Umsatzmix sind mit 42 Prozent die Bestandsprovisionen (Zahlen aus 2020, da 2021 noch nicht veröffentlicht, laut Management aber nicht deutlich abweichend), die von den Fondsgesellschaften bezahlt werden. Aufgrund der Befürchtung, dass Singapur der UK Regulierung bei der Abschaffung von Trailer Fees folgen könnte, hat iFast auch Gebühren auf der Kundenseite eingeführt, die 22 Prozent vom Kuchen ausmachen. Transaktionsgebühren über alle Produkte hinweg summieren sich auf 18 Prozent. Sieben Prozent wird zudem mit Wechselkursmargen verdient. Die Bareinlagen (iFast darf in Singapur ohne Banklizenz zwar Einlagen mittels Cash Konten halten, sie aber nicht bewerben) bringen der Gesellschaft Zinsen in Höhe von 6 Prozent. Der Fintech Bereich (B2B2C) steuert 3 Prozent bei.
ePension Mandat
Hongkong wird in den nächsten Jahren bei den Umsätzen dramatisch an Bedeutung gewinnen. Im Konsortium mit PCCW, der Holding des Geschäftsmannes Richard Lee, hat iFast die Ausschreibung für das ePension Mandat des Mandatory Provident Fund (MPF) gewonnen. Dabei handelt es sich um die Administration des 1 Billion HKD (127 Milliarden US-Dollar) schweren staatlichen Pensionsfonds. Der Auftrag ist, den Fonds auf eine zentrale Plattform zu stellen, um die aktuell hohen Verwaltungskosten zu reduzieren. Das Mandat wurde zunächst für 7 Jahre vergeben und kann anschließend für 3 weitere Jahre verlängert werden. Das Management plant, bis spätestens Ende 2023 Live zu gehen. Das Mandat mit fixen und wiederkehrenden Zahlungen ist ein Gamechanger für iFast. Das Management veröffentlicht zwar aufgrund vertraglicher Verpflichtungen keine individuellen Zahlen, gibt uns aber dafür für Hongkong einen geschätzten Gesamtumsatz. Der Nettoumsatz wird demnach zusammen mit diesem Mandat von 24 Millionen S$ (18 Millionen US Dollar) im Jahr 2021 auf 139 Millionen S$ (102 Millionen Dollar) im Jahr 2024 und auf 208 Millionen S$ (152 Millionen Dollar) im Jahr 2025 anschwellen. Beim Vorsteuergewinn soll die Marge 2024 über 15 Prozent und 2025 bei über 33 Prozent liegen. Das Mandat verdoppelt also den Umsatz der Gesellschaft insgesamt binnen zwei Jahren. Das Mandat könnte als Sprungbrett für weiteres Geschäft im selben Bereich dienen.
Erwerb der UK Banklizenz
Im Januar wurde die Akquisition von 85 Prozent der Aktien von BFC Limited, einer Bank in Großbritannien für 46 Millionen US-Dollar angekündigt. Diese begann als Überweisungsunternehmen mit Fokus auf Zahlungen in den Mittleren Osten und erhielt 2017 eine Banklizenz. Neben dem Kerngeschäft ist BFR seitdem im Devisengeschäft (Wholesale currency business) tätig. Letzteres ist bisher nicht profitabel und steht möglicherweise zur Disposition. Die Bank wird zu einem P/BW von 1,6 übernommen. Weitere 28 Millionen US-Dollar sollten als Kapitalspritze eingebracht werden. Die Zustimmung des Regulators wird in den nächsten Monaten erwartet.
Warum eine Akquisition in Großbritannien? Im Vordergrund dieser Akquisition steht die Banklizenz. iFast hatte sich in Singapur und Hongkong vergeblich bemüht, eine zu erlangen. Die UK Lizenz genießt in den beiden Finanzmetropolen aufgrund ihrer Historie hohes Ansehen und soll als Basis für die digitale Bank dienen.
Der Fokus soll auf Cash Konten liegen. Kunden sollen mit unbürokratisch schneller Kontoeröffnung und kompetitiven Zinsen gelockt werden. Der Schwerpunkt in der Region mit zahlreichen Währungen und zahlreichen Expatriates soll auf Multi Currency Konten liegen und den Kunden Zahlung ins In- und Ausland ermöglichen. Für die Bank bedeuten die Einlagen ein zusätzliches Geschäft. Diese sollen zunächst in Investments übergeführt oder am Interbankmarkt zinsbringend angelegt werden, mittelfristig will man ins Kreditgeschäft einsteigen.
Das bestehende Remittance Geschäft der Bank soll also nach Südostasien expandiert werden. Die Lizenz soll auch B2B genutzt werden. Institutionellen Kunden soll dann auch Banking as a Service (BaaS) angeboten werden.
Der Einstieg ins Bankgeschäft erscheint logisch, da Wealth Management in der Breite die Banklizenz notwendig macht. Die Lizenz als Basis soll aber auch bei der Expansion des Businessmodells helfen. Auf der anderen Seite ist der Bankenmarkt in den Core Märkten bereits kompetitiv, der Kaufpreis erscheint hoch und wird die kurzfristige Profitabilität reduzieren.
Wachstum
Das Management hat ambitionierte Ziele: bis 2028 werden 100 Milliarden S$ (74 Milliarden US Dollar) AuA angepeilt, ein CAGR von 27 Prozent. Das ePension Geschäft bleibt bei den AuA außen vor, gewährleistet aber einen stabilen Cash Flow.
Die Economies of Scale und die zunehmende Durchdringung der Kundschaft mit den neueren Produkten im Portfolio werden im Kerngeschäft zur Margensteigerung führen. Der Anspruch von iFast geht aber noch weiter. Man möchte ein globales Geschäft aufbauen. Die operative Tätigkeit soll auf einige Länder begrenzt werden, Kunden sollen aber global in Emerging Markets angesprochen werden.
IFast Aktie Bewertung im Vergleich
IFast ist mit seinem Business Modell am ehesten mit Charles Schwab vergleichbar. Aber auch Broker wie Futu oder Robinhood haben wir hinzugezogen, obwohl deren Gewinne mit Umsatzschwerpunkt deutlich volatiler sind. Dabei fällt vor allem auf, beispielsweise an der Marktkapitalisierung, dass iFast noch extrem klein ist. Das erklärt auch, warum die Gewinnmargen (EBITDA 25 Prozent, Reingewinn 14 Prozent) noch deutlich niedriger ausfallen, als bei dem Rest der Gruppe. Mit 6,8 Mal Umsatz für das Jahr 2022 liegt iFast dagegen im Mittelfeld. Allerdings verdoppelt sich der Umsatz mit dem ePension Mandat. Mit einem Wachstum von 42 Prozent p.a. in den nächsten drei Jahren sieht das Wachstumsunternehmen auch im Vergleich zur peer Group attraktiv bewertet aus. Nicht eingepreist ist außerdem das Potential aus dem Bankgeschäft, die Aktie ist seit Ankündigung der Akquisition der Transaktion deutlich gefallen.
Investmentplattformen im Bewertungs-Vergleich
Fazit und Prognose zur iFast Aktie
IFast ist in Singapur attraktiv aufgestellt. Als politisch neutrales Tor in das dynamische Südostasien dürfte Singapur mittelfristig profitieren. Aber auch die Expansion trägt Früchte, so mit dem ePension Mandat in Hongkong. Der Einstieg in riesige Märkte wie Indien und China schafft langfristige Chancen.
Das Unternehmen hat ein wesentlich beteiligtes Management mit exzellentem Track Record seit Gründung, eine günstige Bewertung unter Berücksichtigung der 2024 Zahlen und hervorragende Wachstumsaussichten in den Kernmärken. Dazu kommt zusätzliches Potential aus neuen Märkten sowie die Expansion in das Digital Banking.
Deshalb hat iFast Aktie auch den Weg ins EM Digital Leaders Portfolio gefunden.
Disclaimer
EM Digital Leaders und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von iFast. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.
Autor
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Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.
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