Die Kaspi-Aktie hat nach Bekanntgabe der Zahlen für das erste Quartal 2025 verloren. Das Fintech aus Kasachstan hat die Erwartungen für das Gesamtjahr deutlich nach unten korrigiert. Operativ bleibt das Geschäft stabil. Ist das Schlimmste bereits im Kurs enthalten?
Die Kaspi-Aktie 2025: Quartalszahlen im Detail
Im ersten Quartal 2025 erzielte Kaspi einen Umsatz von 685 Milliarden Tenge KZT (1,36 Milliarden US-Dollar) – ein Plus von 21 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dabei handelt es sich um das operative Geschäft ohne die Türkei. Die Analysten hatten laut Bloomberg jedoch mit rund 730 Milliarden KZT gerechnet – das Kerngeschäft blieb damit deutlich unter den Erwartungen. Inklusive der Türkei belief sich der Konzernumsatz auf 834 Milliarden KZT (1,65 Milliarden USD), getrieben durch die erstmalige Konsolidierung von Hepsiburada.
Der bereinigte Nettogewinn lag bei 260 Milliarden KZT (516 Millionen USD) – und damit unter dem Konsens von rund 267,7 Milliarden KZT. Inklusive der Türkei sank der Gewinn auf 254 Milliarden KZT (504 Millionen USD), da Hepsiburada einen Verlust von 6 Milliarden KZT verbuchte.
Die operative Marge lag bei rund 38 Prozent (Vorjahr: 39 Prozent), was auf steigende Zinskosten und Rückstellungen im Fintech-Segment zurückzuführen ist.
Das gebremste Wachstum beim Gross Merchandise Value (GMV, auf Deutsch Bruttowarenwert) ist im März laut Aussagen des Managements auf dem Investoren-Call auf neue Registrierungspflichten für Smartphones in Kasachstan zurückzuführen. Bisher wurde ein großer Teil der Geräte über Graumarkt-Kanäle eingeführt – also nicht zertifizierte oder nicht autorisierte Importe, die oft deutlich günstiger angeboten wurden. Mit den neuen Vorschriften verteuerten sich viele Modelle schlagartig – die Nachfrage brach ein. Laut IR-Chef David Ferguson bremste dies die GMV-Wachstumsrate um rund sieben Prozentpunkte – ohne diesen Effekt hätte E-Commerce rund 30 Prozent zugelegt.
Im Fintech belasteten vor allem die stark gestiegenen Refinanzierungskosten: Kaspi musste die Verzinsung von Kundeneinlagen von 14 auf bis zu 18 Prozent anheben – ein Anstieg von 400 Basispunkten innerhalb weniger Wochen. Laut Management steigen dadurch die durchschnittlichen Funding-Kosten im Jahresverlauf um bis zu 250 Basispunkte.
Kaspis Wachstum perdu? Ausblick 2025
Bei Vorlage der Zahlen für das erste Quartal hat das Management die Ziele für das Gesamtjahr deutlich gesenkt: Das GMV-Ziel wurde von 25 bis 30 Prozent auf 15 bis 20 Prozent gesenkt. Für Total Financed Volume (TFV), das insgesamt
vergebene Kreditvolumen, wird jetzt noch ein Wachstum von rund 15 Prozent erwartet (bisher: 15 bis 20 Prozent). Der Nettoertrag soll nur noch um 15 Prozent steigen, nach zuvor angepeilten 20 Prozent.
Die höheren Zinsen und der niedrigere Ölpreis wirken sich auch in den Taschen der Konsumenten aus. Im Analysten-Call sprach das Management von wachsender Vorsicht bei größeren Anschaffungen wie Autos oder Unterhaltungselektronik. Diese Bereiche tragen zwar stark zum GMV bei, jedoch kaum zum Gewinn.
Darüber hinaus geriet das Unternehmen in der Türkei zuletzt unter politischen Druck: Hepsiburada wurde zum Boykottopfer. Hintergrund ist die – unbegründete – Annahme, die früheren Eigentümer der Plattform stünden Präsident Erdoğan nahe. Eine politische Nähe zum türkischen Präsidenten nimmt die Opposition zum Anlass, Boykottlisten zu erstellen. Kaspi.kz wurde damit unbeteiligt und ungewollt in eine innenpolitische Auseinandersetzung um den Autokraten hineingezogen.
Positiv
Das operative Kerngeschäft in Kasachstan bleibt solide und profitabel. Besonders im Payments-Segment überzeugt die hohe Profitabilität – mit einem Gewinnplus von 21 Prozent bei 16 Prozent Umsatzwachstum.
Auch E-Grocery zeigt mit 64 Prozent GMV-Zuwachs eindrucksvoll, wie schnell Kaspi.kz neue Services skalieren kann. Der Vertriebsmaschine ist weiterhin gut geölt.
Negativ
Das Ausmaß der Gewinnwarnung ist dennoch signifikant – insbesondere beim GMV: Der kasachische Kunde schwächelt. Der deutlich erhöhte Zinsdruck führt zudem zu steigenden Refinanzierungskosten und schwächt das Fintech-Wachstum spürbar ab: Das konservative Management zieht weniger Geschäft möglicherweise höheren Ausfällen vor.
Hierzu kommt, dass Hepsiburada Verluste beisteuert und politische Spannungen in der Türkei kurzfristig weder für Visibilität noch für Ergebnisbeiträge sorgen.
Die Entscheidung, den Hepsi Minderheitsaktionären kein Übernahmeangebot zu machen, zieht jetzt wieder Kreise. Die Banklizenz wird nicht von Hepsi Morena erworben, sondern von Kaspi direkt. Das wirft auch bei den Analysten (Corporate Governance) Fragen auf, weil diese beiden Geschäftsfelder in der Türkei eng miteinander verknüpft sind. Die Moral der Geschichte: Manchmal sollte man das Richtige tun, auch wenn es etwas teurer ist, sonst bezahlt man es mit Karma – das gilt auch für die Börse.
Fazit & Bewertung der Kaspi-Aktie 2025
Das magere Jahr beginnt nicht nur beim Ausblick, sondern auch bei der Ausschüttungspolitik. Kaspi.kz hat seine Ziele für 2025 spürbar gesenkt, die Visibilität im Kerngeschäft ist durch regulatorische Eingriffe geschwächt, und parallel investiert das Unternehmen massiv in den Ausbau der Türkei-Aktivitäten. Für das laufende Quartal ist daher keine Dividende vorgesehen – und auch in den kommenden Quartalen entfällt die Ausschüttung wohl angesichts der anstehenden Investitionen – trotz weiterhin hoher operativer Cashflows in Kasachstan.
Die Aktie reagierte entsprechend deutlich: Nach der Veröffentlichung der Zahlen verlor die Kaspi-Aktie gegen den Markttrend über 7 Prozent und liegt jetzt nur rund sieben Prozent über dem Jahrestief vom April.
Bewertungstechnisch ist das Papier durchaus attraktiv: Das aktuelle KGV liegt bei 7,8, das EV/Sales bei rund 3,1 und das EV/EBITDA bei etwa 6,3. Diese Kennzahlen reflektieren ein operativ starkes Kerngeschäft mit struktureller Profitabilität, aber auch das schlecht gestartete Türkei-Engagement und die kurzfristig fehlende Dividende.
Wir hatten unsere ehemalige Top-Position in der Kaspi-Aktie im DLF, aber vor allem im EM Digital Leaders, deutlich reduziert – auf vier Prozent bzw. zwei Prozent. Zwar halten wir das Unternehmen weiterhin für strukturell stark positioniert, sehen kurzfristig aber erhöhte Unsicherheiten, sowohl makroökonomisch in Kasachstan als auch in Bezug auf die politische und operative Lage in der Türkei. Wir erwarten gleichzeitig, dass es bei einem mageren Jahr bleibt und das Unternehmen bereits nächstes Jahr den Wachstumskurs wieder aufnehmen kann, wenn sich der düstere makroökonomische Nebel lichtet. Wir stehen dann bereit, die Position in der Kaspi-Aktie wieder aufzustocken, wenn sich die Situation in der Türkei klarer darstellt und wir mehr Vertrauen in eine bevorstehende Zinswende gewonnen haben.
Eine Wild Card wäre außerdem ein Ende des Krieges in der Ukraine. Wenn Kaspi hier auf Basis der 2021 gekauften und sich im langjährigen Winterschlaf befindlichen Banklizenz das Geschäft skalieren könnte, würde man nächstes Jahr als wirklich multinationales Unternehmen dastehen.
Autor
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Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.
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