Kaspi Aktie: Wann folgt der Aktienkurs der Geschäftsentwicklung?

13. Juli 2022

Kaspi Aktie

In normalen Zeiten liegt unser Hauptfokus auf Unternehmenszahlen und der digitalen Spur. Speziell bei Emerging Markets dürfen wir aber auch nicht den politischen Fokus aus den Augen verlieren, wie sich bei den Geschehnissen am Jahresanfang in Kasachstan und auch heute zeigt. Wir werfen einen Blick auf aktuelle und zukünftige Impulse für die Kaspi Aktie.

Das Auge in Moskau

Leider leben wir heute nicht in normalen Zeiten. Die russische Hegemonialpolitik bedroht immer stärker die Staaten des sogenannten “nahen Auslands”, also die ehemaligen Sowjetrepubliken, die man in Moskau recht ungeniert als Einflusssphäre reklamiert. Putin verglich sich kürzlich mit Peter dem Großen, der gegenüber den Schweden damals auch auf dem Gebiet der Ukraine Erfolge vorweisen konnte. Auch Katharina die Große wird aufgrund ihrer Eroberungen in der Ukraine, insbesondere der Krim, von Putin verehrt. Aber auch Ivan der Schreckliche, der Moskau neue Gebiete im Osten einverleibte, erhielt unter Putin sein erstes Monument, wenngleich aufgrund starker Proteste der Bevölkerung nicht in der gewünschten zentralen Lage.

Ich erinnere mich noch daran, im Jahre 2005 als junger Fondsmanager bei der DWS mit Staunen zu lesen, dass Putin den Zusammenbruch der Sowjetunion zur größten geopolitischen Katastrophe Russlands im 20 Jahrhundert erklärte, angesichts von 28 Millionen Toten im Zweiten Weltkrieg eine kaum nachvollziehbare Aussage.

Auch heute sieht Putin die souveränen Länder Zentralasiens als russisches Einflussgebiet. Die Entwicklung in der Ukraine wird daher auch in Kasachstan kritisch gesehen. Der kasachische Präsident Kassym-Jomart Tokayev weigerte sich beim Treffen mit Putin anlässlich des St. Petersburger Forums am 17. Juni, die sogenannten Republiken im Osten der Ukraine anzuerkennen.

Umweltschutz Russian Style

Am 6. Juni verhängte ein Bezirksgericht in Novorossiysk aufgrund relativ kleiner Verstöße gegen die Meldepflicht von auslaufendem Öl eine 30-tägige Einstellung des Geschäftsbetriebes der durch Russland laufenden Hauptschlagader des kasachischen Ölexportes CPC. Der Ölpreis machte angesichts der Bedeutung der Pipeline mit einer Kapazität von 1,2 Millionen Barrel am Tag einen Satz, und Tokayev wies das Parlament an, alternative Routen auszuarbeiten. Letzteres ist einfacher gesagt als getan: Russland dürfte der Verlegung einer Pipeline durch das kaspische Meer widersprechen. In jedem Fall würde ein solches Projekt mehrere Jahre dauern.

Am 11. Juli kam dann Entwarnung in Form eines Urteils des Landgerichts, das die Einstellung des Geschäftsbetriebs aufhob und eine Strafe von rund 3.000 Euro ansetzte. Das ist vor allem deswegen eine Erleichterung, weil sich eine Pipeline (genauso wie das Ölfeld) nicht ohne weiteres an- und wieder abstellen lässt. Kreml Sprecher Peskov stritt außerdem eine politische Dimension ab. Tatsächlich würde ich aber das Stop-and-go um die Pipeline als Warnschüsse klassifizieren, um die kasachische Regierung in Astana an die Abhängigkeit von Moskau zu erinnern.

Katalyst gesucht

All das hilft der Kaspi Aktie nicht. Obwohl das Geschäft brummt, die digitale Spur intakt ist und das Unternehmen jeden Tag Aktien zurückkauft, fiel der Aktienkurs bis auf 45 Dollar, unweit der Tiefs nach dem Einmarsch in der Ukraine. Wir freuen uns zwar auf die Zahlen für das zweite Quartal am 25. Juli, ob diese den Kurs endlich näher an den fundamentalen Wert des Unternehmens rücken können, ist unklar.

Kaspi Aktie Kurs Chart 2021-2022
Kaspi Aktie: Kursverlauf seit 2021 im Vegleich mit monatlich aktiven Nutzern der Kaspi App

Ein starker Katalyst für die Kaspi Aktie sollte der anstehende IPO in den USA sein. Das Handelsvolumen am aktuellen Listing-Standort London ist für viele Investoren mit rund einer Million US Dollar täglich einfach zu niedrig und die Aktie damit zu illiquide. Den SPO hat das Unternehmen allerdings auf bessere Zeiten verschoben, obwohl alles bereit steht. Die Befürchtung der Kaspi-Unternehmensführung ist, dass im aktuellen Umfeld der Fokus der Anleger ausschließlich auf geopolitischen Fragestellungen liegen würde statt auf dem erfolgreichen Geschäft. Ein Unternehmenssprecher zeigte sich für nächstes Jahr optimistischer, die Zahlen für das Gesamtjahr würden sich spätestens dann mit der aktuellen Bewertung nicht mehr vereinbaren lassen.

Bewertung und Fazit zur Kaspi Aktie

Tatsächlich ist Kaspi mit einem KGV von 8,5 für 2021 und einem Konsensus KGV von 7,4 für 2022 ein Schnäppchen. Die tatsächliche Bewertung für 2022 dürfte sogar noch noch niedriger sein, denn die Geschäftserwartungen waren nach den Unruhen im ersten Quartal sehr konservativ angesetzt worden. Bis dato feuert die kasachische Wirtschaft aus allen Rohren, das BIP wuchs 2022 bis einschließlich Mai  im Jahresvergleich um 4,6 Prozent. Die in Aussicht gestellte mögliche Zahlung einer Dividende für das zweite Quartal sollte auch hilfreich sein.

Ein Kriegsende in der Ukraine wäre aber mit Sicherheit der Zar unter den Katalysten. Bis dahin brauchen wir noch etwas Geduld.

Disclaimer

EM Digital Leaders und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Kaspi. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autor

  • Steffen Gruschka

    Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.

Steffen Gruschka

Steffen Gruschka

Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.

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