Kaspi übernimmt überraschend die Mehrheit von Hepsiburada, dem zweitgrößten E-Commerce-Unternehmen der Türkei . Beide Unternehmen sind in unseren Fonds vertreten. Die Hepsi-Aktie stieg um 60 Prozent, die Kaspi-Aktie legte um acht Prozent zu. Wir freuen uns und erklären, warum beide Kursreaktionen angemessen sind und wie es jetzt weitergeht.
Der Kaspi-Aktie steckt noch der Schreck einer Shortseller-Attacke in den Knochen. Bis Ende vergangener Woche lag der Aktienkurs noch bei 108 Dollar, deutlich unter dem Jahreshöchstkurs von knapp 135 Dollar. Wir haben den Kurssturz genutzt und unsere Position erhöht.
Kaspi mit vorzeitigen Zahlen: Was am Freitag passierte
Eigentlich hätten Kaspi-Investoren ein ruhiges Wochenende verbringen sollen, denn die Zahlen für das dritte Quartal waren für Montag diese Woche angekündigt. Dann kam die überraschende Meldung: Kaspi kauft knapp zwei Drittel der Aktien des türkischen E-Commerce Unternehmens Hepsiburada zu einem Preis von 1,1 Milliarden Dollar. Das entspricht 5,36 Dollar pro ADR. Verkauft hatten die Firmengründer um Hanzade Dogan, die zur hinter der Dogan Gruppe stehenden Familie gehört.
Wir haben letztes Jahr mehrfach über den Turnaround bei Hepsiburada berichtet und die Aktie bei Kursen von unter einem Dollar eingesammelt.
Die Hepsiburada-Aktie stand zuletzt bei 2,2 Dollar und schloss am Freitag nach einem Kursfeuerwerk bei 3,51 Dollar, ein Plus von 60 Prozent gegenüber dem Vortagsschuluss.
Während die Börsianer noch die Nachricht verdauten, legte Kaspi dann auch noch überraschend mit der vorgezogenen Veröffentlichung der Quartalszahlen nach. Das mag regulatorische Gründe haben, da man ansonsten aufgrund der Black-out Periode sich nicht zum Deal hätte äußern können. Beginnen wir mit den Kaspi-Zahlen, bevor wir den Deal einordnen.
Q3 Zahlen der Kaspi-Aktie: Durch Sondereffekte belastet
Bereits letztes Quartal hatte Kaspi darauf hingewiesen, dass die Zahlen des dritten Quartals im Jahresvergleich dürftig ausfallen werden. Der Grund liegt in der Verschiebung des Jumia, ein Verkauf-Event in der Art des Black Friday, das bereits im entsprechend starken zweiten Quartal stattgefunden hat. Daher wuchs der Umsatz “nur” um 28 Prozent, der Gewinn legte nur um 18 Prozent zu. Das war angekündigt im Rahmen der Erwartungen.
Ein besseres Bild für das aktuelle Kaspi-Wachstum geben die neuen Monatszahlen: der Umsatz stieg im Jahresvergleich um 34 Prozent und der Nettogewinn um 23 Prozent. Damit liegt das Jahresziel, nämlich ein 25 Prozent Gewinnwachstum, in greifbarer Nähe. Dieses Ziel hat Kaspi noch einmal bestätigt.
Marktplatz ohne Jumia gedämpft
GMV (Bruttowarenwert) im Marktplatz wuchs aus bereits beschriebenem Grund im 2. Quartal ‘nur’ um 24 Prozent. Für die ersten neun Monate lag das Wachstum im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei 46 Prozent). Der Umsatz kletterte um 43 Prozent (9 Monate: 76 Prozent) und der Nettogewinn um 14 Prozent (9 Monate: 45 Prozent).
Gut haben sich die neuen Investitionen entwickelt. Das Geschäft mit Lebensmitteln wurde erheblich vorangetrieben. Die Zahl der aktiven Kunden stieg von 422.000 auf 725.000. Der Warenumsatz stieg um 88 Prozent auf 33,1 Milliarden kasachische Tenge. Auch das margenstarke Geschäft mit Pauschalreisen verzeichnete hohe Zuwachsraten. Nach 6.700 im Vorjahr konnten im dritten Quartal 25.900 Reisen verkauft werden. Die Take-Rate lag bei 8,1 Prozent. Die Guidance für das Gesamtjahr wurde von 70 auf 65 Prozent Wachstum gekürzt. Als Grund wurden mehr Autoverkäufe über 3P (Third-Party) als 1P aufgeführt. Das Gewinnziel mit 40 Prozent wurde beibehalten.
Payment-Geschäft zeigt sich solide
TPV stieg im Vorjahresvergleich um 28 Prozent, getragen von einer hohen Adaption von B2B Payments. Der Umsatz stieg um 25 Prozent und so auch der Gewinn. Dies entspricht zugleich der Entwicklung der ersten neun Monate. Die Take-Rate im Payment lag bei 1,18 Prozent (gegenüber einem Plus von 1,2 Prozent im Vorjahr).
Fintech im Aufwind
Erfreuliches gab es im Fintech zu berichten. Zwar stieg TFV nur um 18 Prozent (9 Monate: Plus 34 Prozent). Der Umsatz lag aber mit plus 24 Prozent im Jahresmittel und der Gewinn legte mit 15 Prozent zum ersten Mal wieder zweistellig zu.
Seit Jahresbeginn forciert Kaspi auch das Einlagengeschäft mit Geschäftskunden. Aus dem Stand heraus konnte die Gesellschaft 69 Milliarden Tenge an Einlagen dieses Jahr einsammeln.
Das Kreditportfolio wuchs mit 39 Prozent auf 5 Billionen Tenge und damit jetzt wieder stärker als die Einlagen, die sich um 25 Prozent auf 5,8 Billionen erhöhten. Das Verhältnis von Krediten zu Einlagen erhöhte sich damit von 79 auf 88 Prozent. Damit hat Kaspi den Kredit-Hahn wieder deutlich geöffnet. Vor allem Händler- und Autokredite wurden verstärkt vergeben.
Die Transaktion: Kaspi schluckt Hepsiburada
Der Kaufpreis für die Mehrheit der Hepsi-Aktien entspricht einer Unternehmensbewertung von 1,7 Milliarden Dollar. Hepsi ist mit 12 Millionen Kunden und 100.000 angeschlossenen Händlern das zweitgrößte E-Commerce-Unternehmen der Türkei – weit abgeschlagen hinter Trendyol (Alibaba Gruppe). Normalerweise handelt es sich im E-Commerce um einen “winner takes it all”-Markt, allerdings schützt der türkische Regulator die heimischen E-Commerce Unternehmen gegenüber der übermächtigen Konkurrenz aus China mit nach Marktanteil gestaffelten Steuern und Werbebeschränkungen. Außerdem ist Hepsiburada bei den Kunden sehr beliebt: Das NPS (Net Promoter Score) liegt bei 75.
Dazu kommt: Der in der Türkei zu verteilende Kuchen ist deutlich größer als in Kasachstan: 20 Millionen Kasachen stehen 85 Millionen Türken gegenüber; der Einzelhandel ist mit 167 Milliarden Dollar ebenfalls viermal so groß. Die E-Commerce-Penetration liegt mit 16,3 Prozent zwar etwas höher als in Kasachstan (12,2 Prozent), es bleibt damit noch sehr viel Luft für Wachstum. Der Erfolg von Trendyol in Deutschland zeigt zudem, dass Kaspi über die Türkei auch in den europäischen Markt hinein wachsen könnte.
Das GMV von Hepsiburada lag im Jahr 2023 bei rund 4 Milliarden Dollar und bei 2,1 Milliarden Dollar im ersten Halbjahr dieses Jahres. Damit ist das Hepsiburada Marktplatz Geschäft größer als das von Kaspi. Allerdings ist das GMV pro Kunde mit 332 Dollar nicht einmal halb so hoch wie bei Kaspi.
![Kaspi-Aktie](https://thedlf.de/wp-content/uploads/2024/10/Kaspi-Aktie-e1729611950468-1024x674.jpeg)
Das hat Auswirkung auf die Profitabilität. Analysten erwarten laut Bloomberg-Konsens für dieses Jahr ein EBITDA von 107 Millionen Dollar und für 2025 177 Millionen Dollar. Das Geschäft ist also weit weniger profitabel als das von Kaspi. Hepsiburada ist in erster Linie ein E-Commerce-Player. Kaspis Super-App kann viel mehr als nur E-Commerce. Wir gehen davon aus, dass Kaspi sehr zügig eine Banklizenz in der Türkei beantragt und in das Payment- und Banking Geschäft einsteigt. Wie gut der Weg über E-Commerce ins Payment-Geschäft funktionieren kann, hat nicht nur Kaspi in Kasachstan vorgemacht, sondern auch Amazon, Mercadolibre in Südamerika, Sea in Asien. Auch Paypal wäre ohne die Liaison mit Ebay nie zu einem globalen Player geworden.
Der Kaufpreis von 5,36 Dollar pro Aktie entspricht einem EV/EBITDA von knapp zehn (für das Jahr 2025). Das ist ein Discount von circa 10 Prozent gegenüber der globalen Peergroup. Der deutliche Aufpreis der Aktie gegenüber dem letzten Kurs muss außerdem relativiert werden. Die Aktie kam 2021 zu zwölf Dollar an die Börse und wurde nach dem Absturz attraktiv bewertet. In unserem Gespräch mit dem Management wurde zudem betont, dass die anderen Übernahmeziele in Rumänien und Bulgarien deutlich teurer waren.
Die Hepsiburada-Aktie hat auch nach dem Sprung noch Luft nach oben. Fest steht: Es ist aus Kaspi Sicht wenig sinnvoll, die Gesellschaft an der Börse zu belassen. Die Frage ist jetzt also nur, wann das Übernahmeangebot für die restlichen Anteile kommt. Zunächst aber müssen die Regulatoren der Übernahme zustimmen; das dürfte mindestens sechs Monate dauern.
Fazit zu Kaspi-Aktie und Hepsiburada-Aktie
Die von Kaspi präsentierten Zahlen sind in Ordnung, dürften aber kaum Aufsehen erregen. Kaspi wächst dank Produktinnovation in Kasachstan weiter stark, allerdings wird die Luft zukünftig dünner. Das war absehbar und daher stand die internationale Expansion des kasachischen Fintechs schon lange als strategisches Ziel auf der Agenda. Vor diesem Hintergrund ist auch die Akquisition in der Türkei zu sehen. Die Zahl der potenziellen Kunden verfünffacht sich jetzt auf knapp 100 Millionen. Der Markt honoriert die lang ersehnte Expansion.
Es wird jetzt spannend: Kaspi operiert in vielen Geschäftsbereichen nahezu als Monopolist. Hepsiburada befindet sich dagegen in der Türkei in einem sehr kompetitiven Umfeld und liegt im digitalen Warenhandel abgeschlagen auf Platz zwei. Jetzt drängt auch Pinduoduo mit Temu mit Volldampf in den türkischen Markt. Im Unterschied zu vielen anderen Ländern, ist die Türkei bei der Digitalisierung schon sehr weit entwickelt. Es ist mitnichten so, dass Kaspi den Türken Innovation in E-Commerce, Payments oder Online-Banking bringen muss. Das Entscheidende ist, ob es Kaspi gelingt, alles aus einer Hand, aus einer Super-App heraus, anbieten zu können. Wir werden diese Entwicklung als Aktionäre begleiten.
Der Deal in der Türkei ist aber bei weitem noch nicht das Ende der Fahnenstange: In Usbekistan hofft Kaspi, bei der anstehenden Privatisierung der Zahlungsplattform Humo zum Zuge zu kommen. Kaspi ist dank starker Cashflows für weitere Akquisitionen gut aufgestellt. Die Beibehaltung der Dividende von 850 Tenge für das dritte Quartal bestätigt das auf eindrucksvolle Weise. Gleichzeitig ist wahrscheinlich, dass die Dividende für das vierte Quartal deutlich geringer oder sogar ganz ausfällt.
Die Kaspi-Aktie bleibt, den Shortsellern sei es gedankt, weiterhin attraktiv bewertet: Das von den Analysten für das nächste Jahr geschätzte KGV liegt bei 8,3; für 2026 sogar bei nur noch 6,8. EV/EBITDA liegt für nächstes Jahr bei 4,5 und für nächstes Jahr sogar nur bei 3,7. Die Dividendenrendite entspricht aktuell 7 Prozent, könnte allerdings kurzfristig unter Druck geraten.
Die Kaspi-Aktie bleibt eine Kernposition im Emerging Markets Digital Leaders und im TheDLF
"Währungen mit höheren Zinsen neigen dazu, an Wert zu gewinnen.
Anleger profitieren also doppelt."
Disclaimer
Die vorstehenden Darstellungen der Pyfore Capital GmbH stellen rechtlich eine Werbemitteilung dar und dienen ausschließlich Informationszwecken. Sie stellen insbesondere weder ein Angebot oder eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes noch einen Rat oder eine persönliche Empfehlung bezüglich des Haltens, des Erwerbs oder der Veräußerung eines Finanzinstruments dar. Die Pyfore Capital GmbH empfiehlt, sich vor Abschluss eines Geschäftes kunden- und produktgerecht und unter Berücksichtigung Ihrer persönlichen Vermögens- und Anlagesituation beraten zu lassen und Ihre Anlageentscheidung nicht allein auf diese Veröffentlichung zu stützen. Es wird empfohlen, sich von Angehörigen der steuerberatenden Berufe über die individuellen steuerlichen Folgen des Erwerbs, des Haltens oder der Veräußerung des in dieser Unterlage beschriebenen Finanzinstrumentes beraten zu lassen.
Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.
Links zu Texten, die von einem Dritten erstellt wurden, dienen lediglich unverbindlichen Informationszwecken.
Autor
-
Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.
View all posts