Trip.com steigt aus und verkauft MakeMyTrip-Aktien im großen Stil. Ist das ein Warnsignal für eine zu hohe Bewertung? Oder eröffnet der Rückzug des chinesischen Großaktionärs neue Chancen? Unser Take auf dem Hintergrund der jüngsten Quartalszahlen.
MakeMyTrip hatte bereits Mitte Mai beeindruckende Zahlen zum vierten Quartal des Geschäftsjahres 2025 vorgelegt. Nun folgt der nächste Schritt: Großaktionär Trip.com reduziert seine Beteiligung deutlich und trennt sich von einem Großteil seiner Aktien. Für MakeMyTrip ist das ein wichtiger Schritt mit langfristiger Wirkung. Wir beantworten auch anhand der jüngsten Quartalszahlen die Frage, ob der aktuelle Kurs der MakeMyTrip-Aktie noch gerechtfertigt ist.
Trip.com steigt aus – Hintergründe zur Transaktion
Trip.com war seit 2016 strategischer Partner von MakeMyTrip und hielt zuletzt rund 45,34 Prozent der Stimmrechte, vor allem durch Class‑B‑Aktien mit zehnfacher Stimmkraft. Die ursprüngliche Beteiligung stammte aus einer Kapitalerhöhung in Höhe von rund 180 Millionen US-Dollar. Im Jahr 2019 wurde sie über einen Aktientausch mit Naspers/Prosus auf knapp 49 Prozent ausgeweitet.
Nun zieht sich Trip.com teilweise zurück: MakeMyTrip kauft einen Großteil der Class‑B‑Aktien von Trip.com zurück – und finanziert dies über eine Kapitalerhöhung sowie eine Wandelanleihe: Die Kapitalerhöhung umfasst die Ausgabe neuer Stammaktien zum Preis von 90 US-Dollar pro Aktie, das Volumen der Wandelanleihe beläuft sich auf 1,25 Milliarden US-Dollar.
Insgesamt sollen so bis zu 3 Milliarden US-Dollar mobilisiert werden. Der Rückkauf führt dazu, dass Trip.com seine Stimmrechte auf unter 20 Prozent reduziert – bleibt aber weiterhin größter Minderheitsaktionär mit 19,99 Prozent.
MakeMyTripp-Aktie: Quartalszahlen im Detail
Im Schlussquartal des Geschäftsjahres 2025 hatte MakeMyTrip den Umsatz um 21,0 Prozent auf 245,5 Millionen US-Dollar gesteigert. Das bereinigte operative Ergebnis lag bei 44,7 Millionen Dollar – ein Plus von 37,9 Prozent. Auch der bereinigte Nettogewinn kletterte um 30,3 Prozent auf 48,1 Millionen Dollar.
Demgegenüber fiel der ausgewiesene Nettogewinn um 83,0 Prozent auf nur noch 29,2 Millionen Dollar. Der Rückgang ist auf einen einmaligen Steuereffekt im Vorjahr zurückzuführen: Seinerzeit hatte MakeMyTrip 126,1 Millionen Dollar aus aktivierten Verlustvorträgen verbucht – ein Effekt, der in diesem Jahr ausblieb.
Die Geschäftssegmente im Überblick:
- Air Ticketing wuchs um 11,9 Prozent auf 61,6 Millionen Dollar Umsatz. Die Bruttobuchungen stiegen um 19,4 Prozent auf 1,53 Milliarden Dollar. Das operative Ergebnis lag bei 94,2 Millionen Dollar, die Marge sank leicht auf 6,2 Prozent. Der internationale Anteil erreichte mit 39 Prozent einen neuen Höchstwert.
- Hotels and Packages legten um 16,9 Prozent auf 123,3 Millionen Dollar zu. Die Buchungen stiegen um 22,6 Prozent. Der Ergebnisbeitrag lag bei 109,6 Millionen Dollar, die Marge bei 18,0 Prozent. Laut CEO Rajesh Magow wuchs das internationale Hotelgeschäft um mehr als 65 Prozent – deutlich schneller als der Markt.
- Bus Ticketing wuchs um 40,8 Prozent auf 33,5 Millionen Dollar. Die Bruttobuchungen stiegen um 31,0 Prozent. Das Ergebnis lag bei 36,5 Millionen Dollar, die Marge bei 10,7 Prozent. Stark beeinflusst wurde das Quartal durch das Mahakumbh-Festival, bei dem MakeMyTrip als einziger Anbieter online buchbare Zeltunterkünfte bereitstellte.
- Others (Car Booking, Rail, Marketing etc.) stiegen um 46,0 Prozent auf 27,1 Millionen Dollar Umsatz. Das Ergebnis lag bei 20,9 Millionen Dollar. Auch hier half die robuste Nachfrage innerhalb Indiens.
Insgesamt lagen die Bruttobuchungen bei 2,55 Milliarden Dollar – ein Anstieg von 25,2 Prozent im Jahresvergleich.
Ausblick
Einen formellen Ausblick auf das Geschäftsjahr 2026 gibt es nicht. CFO Mohit Kabra betonte jedoch, dass man weiterhin Wachstumsraten im Bereich von über 20 Prozent anstrebt – und damit schneller wachsen will als der Markt. Wachstumstreiber bleiben der Ausbau in kleineren Städten, der internationale Verkehr, neue Produktangebote und der zunehmende Einsatz von GenAI – etwa durch den Chatbot „Myra“ oder automatische Reiseempfehlungen.
Positiv
MakeMyTrip wächst in allen Bereichen zweistellig – bei Buchungen, Umsatz und operativer Marge. Besonders bemerkenswert ist der Zuwachs bei Neukunden aus kleineren Städten: Rund 9 Millionen neue Nutzer wurden im vergangenen Jahr gewonnen. Auch das Engagement im Bahn- und Bussegment trägt zur Diversifikation bei. Gleichzeitig gelingt es, die Profitabilität trotz hoher Investitionen in Marketing weiter zu steigern.
Negativ
Die Vertriebs- und Marketingkosten stiegen im Quartal um 33,2 Prozent auf 42,1 Millionen Dollar – und damit deutlich stärker als der Umsatz. Auch im Gesamtjahr lag das Kostenwachstum über dem Umsatzplus. Das zeigt: MakeMyTrip muss intensiver um Marktanteile kämpfen – ein klares Zeichen für zunehmenden Wettbewerb.
Fazit & Bewertung
MakeMyTrip konnte erneut mit starken Zahlen überzeugen. Anleger reagierten dennoch zurückhaltend: Die Aktie stieg nach Veröffentlichung der Ergebnisse nur leicht auf 66,20 US-Dollar.
Aktuell liegt die Bewertung bei einem erwarteten EV/Sales von 3,6, einem EV/EBITDA von 17,9 und einem KGV von rund 36. Im Vergleich mit Booking.com (KGV 20) oder Trip.com (ähnliches Niveau) erscheint das ambitioniert – aber nicht abgehoben.
Der Teilrückzug von Trip.com wirkt wie ein Exit zu Höchstkursen – könnte also als vorsichtiger Bewertungsindikator gelten. Gleichzeitig ist der strategische Effekt nicht zu unterschätzen: Der chinesische Einfluss wird reduziert, was die Position von MakeMyTrip im indischen Markt strukturell stärkt. Für Kunden, Partner und Regulierer dürfte das positiv aufgenommen werden. Rajesh Magow, CEO von MakeMyTrip, formuliert das so:
„Unsere Vision ist klar: Wir wollen das Reiseerlebnis mithilfe von GenAI intelligenter, nahtloser und persönlicher machen – über alle Produkte hinweg.“
Wir hatten bereits im Herbst 2024 unsere Position in der MakeMyTrip-Aktie im Emerging Markets Digital Leaders deutlich reduziert. Inzwischen halten wir keine Position in der MakeMyTrip-Aktie mehr. Wir hatten die Aktie zu Kursen um 30 US-Dollar gekauft und im Bereich über 100 US-Dollar vollständig verkauft. MakeMyTrip bleibt jedoch ein spannendes Unternehmen, das wir weiterhin intensiv beobachten.
Autor
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Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.
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