Umsatz top, Gewinn unter den Erwartungen. Die MercadoLibre-Aktie brach nach Bekanntgabe der Zahlen um über 15 Prozent ein. Wir beleuchten die Gründe und analysieren, wie es mit der Aktie jetzt weitergehen könnte.
MercadoLibre-Aktie: Kurschart seit 7. November 2023; USD
MercadoLibre-Aktie: Zahlen zum dritten Quartal
Guter Umsatz, schwaches Ergebnis
Die Topline des lateinamerikanischen E-Commerce-Riesen MercadoLibre im dritten Quartal 2024 wuchs mit 35 Prozent auf 5,3 Milliarden Dollar und lag damit leicht über den Erwartungen. (Alle Quartalsergebnisse, soweit nicht anders erwähnt, im Vorjahresvergleich) Allerdings blieb das Ergebnis nach Zinsen und Steuern (EBIT) mit 600 Millionen Dollar um 20 Prozent unter den Erwartungen. Die MercadoLibre-Aktie brach nachbörslich um acht Prozent ein. Am Handelstag danach weitete sich der Verlust auf gut 15 Prozent aus. Hauptursache ist ein Einmaleffekt aus der starken Expansion im Fintech, der sich in den nächsten Quartalen umdrehen sollte.
Zahlen im Marktplatz im Rahmen der Erwartungen
Der Bruttowarenwert stieg nur um 14 Prozent auf 12,9 Milliarden Dollar, allerdings war die Take Rate mit 24,3 Prozent sehr gut. Die Anzahl der verkauften Produkte lag mit 456 Millionen um 28 Prozent über dem Vorjahr. Die Zahl der Kunden stieg um 21 Prozent auf 61 Millionen.
Das stärkste Wachstum gab es mit 34 Prozent in Brasilien. Erfreulich entwickelte sich aber auch Argentinien, wo es nach einem deutlichen Einbruch zu Jahresanfang seit Mai wieder Wachstum gibt.
Starkes Fintech-Wachstum, aber Einmaleffekte trüben das Ergebnis
Noch stärker war das Wachstum im Fintech-Bereich: Die Zahl der Nutzer stieg um 35 Prozent auf 56 Millionen und das Zahlungsvolumen um 34 Prozent auf 51 Milliarden Dollar. Die Einlagen stiegen sogar um 93 Prozent auf 8 Milliarden Dollar. Gleichzeitig erhöhte sich auch die Kreditvergabe um 77 Prozent auf 6 Milliarden Dollar.
Besonders stark wuchsen die Kreditkarten-Salden, die sich mit 2,3 Milliarden Dollar fast verdoppelten. Das Kreditkartengeschäft ist ein Erfolg: Rund 60 Prozent der Kreditkartenumsätze werden außerhalb des Marktplatzes verbucht.
Das starke Wachstum hatte allerdings seinen Preis. Nach IFRS 9 müssen erwartete Kreditausfälle über die gesamte Laufzeit vorab als Rückstellungen gebildet werden. Bei einem großen Kreditbuch sind die Auswirkungen auf die Gewinne überschaubar. Wenn das Kreditvolumen, wie in diesem Fall, signifikant hochgefahren wird, führt das zu einer Gewinndelle, da die Zinseinnahmen nicht vorab bilanziert werden, sondern wenn sie anfallen. Ähnlich verhielt es sich bei der Nubank am Anfang der Kreditexpansion. Der Anteil der faulen Kredite entwickelt sich stabil, so das Management auf dem Analysten-Call. Gleichzeitig lag die Nettozinsmarge um 13 Prozentpunkte niedriger bei 24 Prozent. Neben den Vorabrückstellungen lag das auch daran, dass MercadoLibre mit besseren NPLs die Duration der Kredite erhöht und Kreditkarten-Darlehen niedrigere Margen haben. Auf den zweiten Blick kann man hier also Entwarnung geben.
My Take zur MercadoLibre-Aktie: Enttäuschung nur auf den ersten Blick
Das adjustierte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) ging um 24 Prozent auf 600 Millionen Dollar zurück und lag damit um 20 Prozent unter dem Konsensus. Auch der Reingewinn lag mit 475 Millionen Dollar unter den Erwartungen (491 Millionen). Wie erwähnt, dürfte sich der Einmaleffekt aus Fintech in den nächsten Quartalen umdrehen.
Neben den höheren Rückstellungen reduzierten aber auch höhere aktienkursabhängige Personalausgaben und Investitionen in Logistik das Ergebnis: In Brasilien wurden fünf neue Logistikzentren eröffnet.
Die schwächer als erwarteten Ergebnisse treffen auf einen Aktienkurs, der sich auf Rekordniveau befindet. Alleine dieses Jahr hatte die MercadoLibre-Aktie vor Veröffentlichung des Quartalsberichts um rund 40 Prozent zugelegt. Da ist es nicht verwunderlich, dass einige Anleger erst mal mit den Füßen votieren.
MercadoLibre bleibt eine langfristig angelegte Wachstumsstory, was auch nicht im Widerspruch zu steigenden Gewinnen steht. Das Management hat seinen Anspruch auf langfristiges Wachstum wiederholt: Südamerika liegt im E-Commerce zehn Jahre hinter den USA zurück und hat damit erhebliches Wachstumspotenzial. In den kommenden Quartalen sollten also wieder die Gewinne sprudeln.
Mit einem KGV von 56 und einem EV/EBITDA von 30 für dieses Jahr war die MercadoLibre-Aktie vor dem Kurseinbruch sportlich bewertet. In den nächsten Jahren wird ein Umsatzwachstum von gut 20 Prozent erwartet. Der Gewinn soll sich innerhalb von zwei Jahren verdoppeln.
Das Papier dürfte die schwachen Quartalszahlen jetzt erst einmal verdauen. In den nächsten Quartalen dürften die Gewinne aber wieder sprudeln. Wir haben den Abverkauf genutzt, um die Position in MercadoLibre im EM Digital Leaders auszubauen. Wir freuen uns auf das langfristige Wachstum.
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Autor
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Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.
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