Nubank kann Wachstum – und was ist mit Risikomanagement?

17. Februar 2023

Nubank Aktie Quartalszahlen 2023

Die brasilianische Nubank Aktie notiert immer noch weit unter dem IPO Preis. Das lag zuletzt auch an den Befürchtungen, dass sich die stark gestiegenen Zinsen negativ auf die Kreditqualität auswirken können. Nu hat mit den Quartalszahlen eindrucksvoll belegt, dass die Bank die Risiken bisher im Griff hat.

Nubank Aktie Kursentwicklung
Nubank Aktie: Kursverlauf seit IPO

Nachtschicht am Valentinstag

Ich würde nicht so weit gehen, dass meine Liebe nur den Aktien gilt, aber am Valentinstag habe ich für unseren Favoriten Nubank gerne eine Nachtschicht eingelegt. Bei der Präsentation der Zahlen für das vierte Quartal 2022 im Analysten-Call ab 23.00 Uhr deutscher Zeit gab es zwar keine Pralinen, aber eine ganze Reihe guter Nachrichten.

Wie die Nubank Aktie dasteht, auch im Vergleich zu den brasilianischen Legacy-Banken, zeigt unsere Tabelle am Ende des Artikels, in der wir die wichtigsten Wachstums- und Bewertungskennzahlen zusammenfassen.

Nubank Quartalszahlen unter der Lupe

Im vergangenen Quartal konnte die neue Bank weitere 4,2 Millionen Kunden gewinnen, etwas weniger als im Vorquartal (5,1 Millionen). Die Gesamtzahl der Kunden stieg damit auf 74,6 Millionen.

In Brasilien stieg die Anzahl der Kunden um 3,9 Millionen auf 70,8 Millionen – das sind 44 Prozent aller Erwachsenen Brasilianer! Auch das ist weniger als in den vergangenen Quartalen und ist wohl ein Indikator dafür, dass Nu jetzt Monetarisierung vor Wachstum priorisiert.

Außerdem gab es etwas mehr Granularität bei den Produkten: 34 Millionen Kunden haben eine Kreditkarte, 53 Millionen haben ein Konto eröffnet, und 5 Millionen halten Privatkredite. Für 58 Prozent der aktiven Kunden war Nu zuletzt die Hauptbankverbindung: Das ist eine wichtige Zahl, denn über das primäre Konto ist sowohl das Cross-Selling als auch die Bewertung von Risiken einfacher.

Das ausstehende Kreditvolumen stieg im Quartalsvergleich um 16 Prozent und im Jahresvergleich um 72 Prozent. Weniger schön: Das Wachstum bei Kreditkarten-Krediten lag bei 80 Prozent und der Anteil des revolvierenden (also nicht bezahlten) Volumens stieg auf 7 Prozent der Gesamtkredite. Bei der Konkurrenz liegt dieser Wert aber noch deutlich höher: 17 Prozent. Das Management hält dieses Geschäft genauso wie wir für weniger wünschenswert, denn die extrem hohen Zinsen belasten den Kunden – und damit langfristig auch die Zahlungsfähigkeit der Kunden und die Reputation von Nubank.

Das soll sich im ersten Quartal allerdings ändern: Nu will jetzt verstärkt sogenannte Lohnkredite vergeben. Diese sind in Brasilien vor allem deshalb attraktiv, weil die Kreditrate direkt vom Monatsgehalt abgezogen wird. Das senkt das Kreditrisiko enorm, in den letzten 15 Jahren lag NPL branchenweit bei 2,2 Prozent (gegenüber 7,4 Prozent bei Privatkrediten). Allerdings waren auch die Zinsen mit 1,9 Prozent monatlich deutlich niedriger als bei Privatkrediten (5,3 Prozent). Die niedrigere Marge der Lohnkredite wird dadurch überkompensiert, dass diese aufgrund des deutlich geringeren Risikos stärker gehebelt werden können.

Analysten von Goldman Sachs glauben, dass Nu bis 2027 rund 3 Prozent des 600 Milliarden Real großen Marktes gewinnen kann. Das Q4 Zinseinkommen wuchs um 11 Prozent gegenüber dem Vorquartal und 144 Prozent im Jahresvergleich.

Bei den Finanzierungskosten half eine Innovation: Die sogenannten Caixinhas sind zweckgebundene Einlagen, zum Beispiel für Reisen oder den Notfall. Der Clou: Sie werden nur verzinst, wenn die Einlagen 30 Tage auf dem Konto verbleiben. Was wie ein Gimmick wirkt, funktioniert in der Praxis: Die Finanzierungskosten sind im Quartal um 11 Prozent zurückgegangen und lagen zuletzt bei 78 Prozent der Interbank-Satzes. Die Zinsmarge stieg folglich noch einmal um 240 Basispunkte auf 13,5 Prozent.

Das Zahlungsvolumen stieg um 12 Prozent, die Einkünfte aus Gebühren um 11 Prozent. 

Der Gesamtumsatz wuchs um 11 Prozent zum dritten Quartal und um 125 Prozent gegenüber dem Jahr zuvor. ARPAC (average revenue per active client) erreichte 8,2 Dollar.

Die Rückstellungen für faule Kredite wuchsen um 11 Prozent, inline mit dem Kreditwachstum. Der Anteil der faulen Kredite in der Kategorie über 90-Tage stieg um 50 Basispunkte auf 5,2 Prozent. Das ist ein Tick besser, als es von den Analysten erwartet worden war.

Das Businessmodell von Nu ist bestechend, was sich an der Entwicklung der operativen Kosten ablesen lässt: sieht man von dem einmaligen Effekt der Beendigung des Aktien Incentive Programms für den CEO ab, fielen die operativen Kosten um 7 Prozent im Vergleich zum dritten Quartal und 8 Prozent zum Vorjahr. CTS (Cost to Serve) lagen mit 0,9 Dollar auf Vorjahresniveau.

Der Nettogewinn des Unternehmens stieg auf 158 Millionen US Dollar. Damit erreicht Nubank annualisiert ein ROE von 40 Prozent. Laut Ausblick ist für dieses Jahr sogar noch mehr drin. Nubank ist mit seinem Kundenbestand von 70 Millionen in der exzellenten Position, dass sie bei der Kreditvergabe extrem selektiv agieren kann. Eine ausgezeichnete Ausgangsposition für das Jahr, in dem verstärkt Privatkredite vergeben werden sollen.

Steigende Gewinne, attraktive Bewertung

Die Nubank Aktie liegt bei Kursen um fünf Dollar noch deutlich unter dem IPO Preis und ist bereits profitabel. Nu hat mit den Quartalszahlen eindrucksvoll belegt, dass die Bank die Risiken bisher im Griff hat.

Die aktuellen Bewertungskennzahlen sehen aufgrund der niedrigen Gewinnbasis hoch aus, aber das wird sich im nächsten Jahr ändern. Die Gewinnmarge von aktuell 4 Prozent sollte zweistellig werden. Das KGV für 2024 auf Basis der Schätzung von Goldman Sachs liegt bei 20 (Der Bloomberg Konsens, der bei 27 liegt, dürfte die neuen Zahlen noch nicht verarbeitet haben).

Angesichts der zukünftigen Wachstumsraten von deutlich über 50 Prozent (der aktuelle Wert von 170 sieht aufgrund der niedrigen Basis „zu gut“ aus) ist die NU-Aktie damit ein unseres Erachtens attraktiv bewertet.

Vorsicht dagegen bei den brasilianischen Platzhirschen, die mit ihren niedrig einstelligen KGV (3,6 bis 7,2) aktuell billig aussehen. Disruptoren wie Nubank, aber auch XP und Pagseguro greifen die Dinosaurier von allen Seiten an, die Zeiten fetter Margen sind vorbei. In Brasilien ist also vielleicht billig, was noch teuer aussieht, und teuer, was noch billig aussieht.

Einziger Wermutstropfen der Nubank Aktie: Eine Dividende wie beim Schnäppchen Kaspi (KGV 9,3), wird es auf absehbare Zeit nicht geben.

Fazit: Wir bleiben der Nubank Aktie treu

Die Nubank Aktie war, wie wir in unserem Research anlässlich des IPOs argumentiert haben, mit 9 Dollar zu teuer an die Börse gekommen. Der Markt hat das zu Beginn des Jahres korrigiert, dann aber in der zweiten Jahreshälfte das Kind sprichwörtlich mit dem Bad ausgeschüttet.

Die Befürchtungen, dass höhere Zinsen sich negativ auf die Kreditqualitäten auswirken könnten, ist verständlich. Die Zahlen geben jetzt aber ein klares Urteil: Nu hat das Risikomanagement im Griff. Sollten im zweiten Halbjahr die Termine wieder sinken, würde die Aktie sogar noch besser dastehen.

Angesichts der exzellenten Zahlen ist zu erwarten, dass der Markt die Nubank Aktie neu bewerten wird. Das würde uns auch freuen, und deshalb bleiben wir im The DLF und EMDL unserem Favoriten treu.

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Disclaimer

The Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Nu Holdings (Nubank). Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autor

  • Steffen Gruschka

    Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.

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Steffen Gruschka

Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.

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