Eines unserer Kerninvestments haben wir bisher nicht ausführlich vorgestellt: Die PayPal Aktie.
Das Unternehmen PayPal bedarf wahrscheinlich auch keiner allgemeinen Vorstellung, denn kaum ein „Finanzunternehmen“ ist weltweit so populär wie der „Bezahl-Freund“ aus Kalifornien.
Ist PayPal auch ein gutes Investment?
Wir denken ja und wollen hier unsere Argumente kurz darlegen.
Die Hochzeit von Musk und Thiel
Doch zunächst kurz zur Entstehungsgeschichte von PayPal.
Im März 2000 feierten Elon Musk und Peter Thiel den Zusammenschluss ihrer Unternehmen X.com (Musk + Partner) und Confinity (Thiel + Partner) zu PayPal.
Musk hatte mit X.com eine der ersten Online-Banken gegründet und erkannte, dass Confinity das Bezahlen der Zukunft schon auf den Palm Geräten entwickelt hatte.
Confinity hatte damals schon eine Seite unter der Marke PayPal gelauncht, auf der man eine Kreditkarte registrieren konnte und eine Applikation herunterladen musste.
Danach konnte man über sein Palm Pilot durch klicken eines „Beam“-Knopfs eine Auszahlung initiieren.
Das von Mitgründer Max Levchin entwickelte, kryptographisch ausgefeilte Programm stellte dann fest, wer Sender und Empfänger ist, und sobald der Sender sich wieder bei PayPal eingeloggt hatte, wurde der Bezahlvorgang prozessiert.
Die Nutzung der Email-Adresse statt einer Zahlenkolonne stellte sich als ein genialer Schachzug heraus, denn Bequemlichkeit, oder neudeutsch eine großartige User-Experience, war einer der Schlüssel für PayPals Erfolg.
Damals wurde die Grundlage des mobile und online Payments gelegt.
Genial und disruptiv, denn bis dahin waren in den USA bargeldlose Überweisungen zwischen Bundesstaaten verboten und nur über Schecks möglich.
X.Com und Confinity hatten sich zuvor einen fast ruinösen Bieterkampf um Ebay-Kunden geleistet.
Als aber Cash-Burn ein Thema für Investoren wurde, entschieden sich die Macher beider Unternehmen für einen Zusammenschluss.
Das war damals inmitten der Dotcom-Euphorie, denn obwohl beide Unternehmen gerade mal ein Jahr alt waren, hatten sie nun einen dominanten Player geschaffen und wurden mit Geld überschüttet.
Knapp zwei Jahre später ging das Unternehmen mit der PayPal Aktie an die Börse.
Zum IPO der PayPal Aktie im Februar 2002 wurde das Unternehmen mit circa 777 Millionen USD bewertet, nach Börsenschluss 55 Prozent höher, obwohl die Dotcom-Euphorie schon fast verflogen war.
Der größte Kunde war damals das Auktionshaus Ebay.
PayPal Aktie – Mit Ebay zur Weltmarke
Ebay hatte als Retailer früh erkannt, dass Payment ein kritischer Erfolgsfaktor des Onlinehandels war.
Man sah, dass die Bezahllösung von PayPal am besten bei ihren Kunden ankam.
Sechs Monate nach dem IPO der PayPal Aktie gab Ebay die Übernahme von PayPal für 1,5 Milliarden USD bekannt.
Im Huckepack mit Ebay wurde aus PayPal eine erfolgreiche und globale Payment-Plattform, denn Ebay bot alles, was dafür notwendig war, nämlich Endkunden, Händler, exponentiell wachsendes Transaktionsvolumen und das in nahezu allen Ländern dieser Welt.
Nachdem Ebay die Händler dazu zwang, PayPal als Zahlungsmethode zu akzeptieren, wuchs die Kundenadaption exponentiell.
Damals war Ebay eine Macht im Onlinehandel.
Es ist kein Zufall, dass alle nennenswerten Player im Payment-Markt wie zum Beispiel Alipay, Apple Pay, Google Pay und Amazon Pay große E-Commerce- und Techplattformen sind.
Ohne diesen Aufsatz haben Payment-Anbieter im Endkundengeschäft international keine Chance.
Mit der Ebay-Übernahme zogen die Gründer und viele der führenden Mitarbeiter von PayPal weiter und gründeten Unternehmen wie unter anderem Tesla, LinkedIn, Youtube, Yelp und Palantir, was den Diadochen von PayPal die Bezeichnung „PayPal-Mafia“ einbrachte.
Auf Druck aktivistischer Investoren wie Carl Icahn gab Ebay 2014 die Trennung von PayPal bekannt.
Am Tag nach dem IPO der PayPal Aktie in 2015 war PayPal an der Börse knapp 50 Milliarden USD und Ebay knapp 34 Milliarden USD wert.
PayPal Aktie – Rekordjahr 2018
Vier Jahre nach dem IPO hat PayPal 2018 das erfolgreichste Jahr der Firmengeschichte hinter sich:
- Umsatz: $15,45 Milliarden (+21 Prozent gegenüber 2017, ohne Einmaleffekte)
- Gewinn pro PayPal Aktie: $2,42 (+28 Prozent)
- Total Payment Volume: $578 Mrd.(+27 Prozent)
- Aktive Kunden: 267 Millionen (+17 Prozent)
- Zahlungstransaktionen pro aktivem Kunden: 36,9 (+9 Prozent)
Das jährliche Umsatzwachstum hat PayPal trotz der Größe letztes Jahr noch mal steigern können.
Mit 267 Millionen Kunden, davon 21 Millionen aktive Händler, weltweit ist es das globalste und nach Kundenzahlen größte (mit Ausnahme chinesischer Banken) „Finanzunternehmen“ der Welt.
2018 hat das Unternehmen mit 39 Millionen Netto-Neukunden mehr Endkunden akquirieren können als eine der größten Retailbanken der Welt, nämlich HSBC, insgesamt an Kunden hat (nach eigenen Angaben 38 Millionen).
Jeder dieser Kunden ist letztes Jahr profitabler für PayPal geworden.
Im Schnitt hat ein aktiver Kunde knapp 37 Zahlungstransaktionen durchgeführt, das sind 9 Prozent mehr als ein Jahr zuvor und somit deutlich mehr zum Profit von PayPal beigetragen.
Bei PayPal ist das Bezahlen in Landeswährung gebührenfrei, nur der Verkäufer wird bei jeder Transaktion zur Kasse gebeten. Siehe hierzu auch die Gebührentabelle von PayPal.
Daher liefern Kundenanzahl und Kundenengagement zuverlässige Indikationen für die finanzielle Gesundheit des Unternehmens.
Drei Gründe für den weiteren Erfolg der PayPal Aktie
1. Internationalität
PayPal war lange Zeit vor allem in drei Ländern erfolgreich: USA, Deutschland und UK.
Heute ist das Angebot in über 200 Ländern nutzbar.
Ein Blick auf die Downloadzahlen verrät, wie erfolgreich das Unternehmen international geworden ist.
In Deutschland führt man abwechselnd mit der Sparkassen-App die Hitparade der Apps, die in der Kategorie Finanzen am meisten heruntergeladen werden, an.
In USA ist man auf Platz zwei (Venmo gehört seit 2013 auch zum PayPal Konzern) und drei (PayPal) direkt hinter Square Cash (die beiden Steuerapps stehen dort nur saisonal bedingt so weit oben).
Aber auch international ist die PayPal-App in 33 Ländern unter den Top-10 auf Android-Geräten.
Auf IOS-Geräten ist PayPal sogar in 50 Ländern unter den Top-10.
Die Konkurrenz durch Apple Pay scheint PayPal nicht zu schaden.
Das Ranking auf Apple-Geräten hat sich gegenüber 2017 sogar verbessert.
Selbst in Ländern wie Indien und Japan, wo man gerade erst begonnen hat, das Angebot auszurollen, sehen die Download-Zahlen vielversprechend aus:
Außerhalb der Welt eines globalen E-Commerce-Powerhauses und den großen Techplattformen wird es verdammt schwer werden für einen Payment-Anbieter, der auf Endkunden und Händler abzielt, international erfolgreich zu werden.
In lokalen Märkten, insbesondere am Point of Sale (POS) und mobiles Bezahlen am POS (mPOS) ist die Konkurrenz groß, so wie zum Beispiel durch Square in den USA.
Aber auch eine Square wird ohne große Übernahmen die Internationalisierung ihres Geschäftsmodells schwerlich vorantreiben können.
2. Kriegskasse als Teil der Wachstumsstrategie
Es gibt sicherlich wenige Unternehmen, die einen so guten Überblick über den komplexen Zahlungsmarkt mit all den regionalen und funktionalen Spezifikationen haben wie PayPal.
MasterCard (unser Beitrag zur MasterCard Aktie) und Visa gehören sicherlich dazu, sind aber in ihrem Aktionsradius limitiert für viele Aufgaben, da sie ohnehin prächtig an ihrem Geschäftsmodell verdienen und nicht als Konkurrenz zu ihren Partnern in Erscheinung treten wollen.
Siehe hierzu auch unseren Beitrag zum Payment-Markt.
PayPal hatte früh verstanden, dass Händler eine einfache Integration von Zahlungslösungen brauchen und eine reibungslose Abwicklung von Zahlungen besonders wichtig ist.
Die Übernahme von Braintree im Jahr 2013 war daher ein konsequenter Schritt.
Der Kaufpreis in Höhe von 800 Millionen USD war aus heutiger Sicht ein Schnäppchen.
Mit Braintree führte PayPal das extrem erfolgreiche „One-Touch“-Feature ein und beschleunigte den Kaufvorgang dramatisch.
Mit Braintree hat PayPal auch eine passende Antwort auf die Konkurrenz durch Payment Processing Companies (PPCs) wie Ayden, Stripe & Co. und kann mit Kunden wie Uber, Airbnb, Pinterest, Grubhub wuchern.
Letztes Jahr kamen noch KFC Australia, Krispy Kreme, Deutsche Telekom, Deutsche Post, Live Nation Ticketmaster, Acer Computers und Tripadvisor dazu.
Seit der Übernahme von Braintree ist PayPal auch stolzer Besitzer von Venmo, einer Peer-to-Peer-Lösung in den USA.
Mit der Venmo-App kann man kostenlos Geld an Freunde überweisen und Rechnungen teilen.
Venmo war in den USA lange Zeit in der Kategorie Finanzen die Nummer 1 der App-Downloads.
Das Wachstum ist weiterhin beeindruckend, doch mittlerweile übertrumpft von Square Cash.
PayPal hat mit der Monetarisierung von Venmo 2018 begonnen.
Etwa 200 Millionen Umsatzbeitrag hat Venmo im ersten Jahr abgeliefert.
2019 sollte das deutlich steigen, zumal das Unternehmen angibt, dass jetzt schon 29 Prozent der Transaktionen über Venmo monetarisierbar sind.
Dazu beigetragen hat die Einführung der Debit Karte für Venmo-Kunden und die zunehmende Nutzung des virtuellen Venmo-Kontos beim Bezahlen.
Das gesamte Zahlungsvolumen über Venmo ist bereits seit zwei Quartalen über dem Niveau aus Ebay, aber natürlich mit deutlich niedrigeren Margen.
Der Erfolg von Square ist natürlich ärgerlich für PayPal.
Square hat im stationären Handel bei KMUs einen spektakulären Erfolg mit ihrer mPOS-Lösung erzielt.
PayPals Antwort mit PayPal Here ist bisher gescheitert.
Noch ärgerlicher ist, dass PayPal mit ansehen musste, dass jeden Freitag, wenn in den USA Payday ist, die Downloadzahlen bei Square Cash in die Höhe schießen, weil all die kleinen Restaurants und Kleinbetriebe im Square-Ecosystem die Gehälter an ihre Mitarbeiter auf die Cash App auszahlen.
Die Empfänger dort verteilen dann Gelder an ihre „Gläubiger“ über die gleiche Applikation und zwingen weitere Empfänger die App herunterzuladen.
Die massive Verbreitung von Square Cash hat also auch mit dem großen Erfolg der mPOS-Lösung von Square zu tun.
Das eigene mPOS-Angebot von PayPal hat auch in Europa nicht funktioniert.
Und auch Square wird es organisch kaum schaffen, in Europa Fuß zu fassen.
Schon die Technologie auf der Karte, Magnetstreifen in den USA, Magnetstreifen und EMV-Chip in Europa, ist unterschiedlich.
PayPals Übernahme von iZettle war daher ein konsequenter Schritt, um den KMU-Markt in Europa nicht zu verschlafen.
Dafür war man auch bereit das 13-fache des Umsatzes zu zahlen, etwa 2,2 Milliarden USD.
Wir gehen davon aus, dass wir mehr dieser Deals international in dem heftig umkämpften Payment-Markt sehen werden.
In Asien steht die Konsolidierung erst an. Und die notwendige Finanzkraft hat PayPal.
Allein letztes Jahr hat das Unternehmen 4,66 Milliarden USD Free-Cash-Flow erwirtschaftet (ohne Einmaleffekte).
Auch nach dem iZettle-Kauf betragen die Barreserven knapp 10 Milliarden USD.
3. Strategische Partnerschaften
PayPals dichtes Netzwerk aus strategischen Allianzen ist beeindruckend.
Die Zusammenarbeit mit den Kreditkartenunternehmen ist in den letzten Jahren massiv intensiviert worden.
Ein Beispiel ist die Debit Mastercard für Venmo-Kunden.
Aber die jüngste Zusammenarbeit mit MasterCard und Google (unser Beitrag zur Alphabet Aktie) dürfte wohl viele Banken sprachlos machen.
Über eine virtuelle MasterCard können PayPal-Kunden nun auch über mit Google Pay zahlen, ganz an den Banken vorbei (die Banklizenz hat PayPal) und nebenbei auch als smarte Antwort auf Apple Pay.
Doch Banken arbeiten offensichtlich weiterhin gerne mit PayPal.
Mehr als 20 der größten Finanzinstitute weltweit und 8 der 10 größten Banken in den USA arbeiten mit PayPal und werben auch dafür, weil es offensichtlich im gegenseitigen Interesse ist.
In die PayPal-Applikation ist dann die präferierte Bezahlmethode der Bank einfach integriert, so macht das in Deutschland zum Beispiel die DKB.
Und weil in Deutschland der Kauf per Rechnung noch populärer ist als PayPal, integriert PayPal diese Lösung gleich mit in ihr Angebot PayPal Plus.
Kunden in den USA können nun auch in Walmart-Supermärkten Cash in ihre virtuellen PayPal-Konten einzahlen und zum ersten Mal auch stationär auszahlen lassen.
Die Gebühr teilt man sich.
Und oft kann die PayPal-Funktion mit einer Händler-App direkt verknüpft werden, wie zum Beispiel bei der Shell App, die somit mobiles Bezahlen in allen Shell-Tankstellen erlaubt.
Die Zusammenarbeit mit dem führenden E-Billing-Unternehmen Paymentus in den USA sollte sich relativ zügig in den Umsätzen bemerkbar machen.
Dan Schulman, der CEO von PayPal, sieht Paymentus unter den Top-10 Kunden in naher Zukunft.
PayPals strategische Allianzen bilden vielleicht den größten Wallgraben um das Geschäftsmodell des Unternehmens.
Wie kritisch die Abhängigkeit zu einem großen Kunden sein kann, musste das Unternehmen schmerzhaft letztes Jahr erfahren, als Ebay ankündigte, PayPal durch Adyen bis 2021 zu ersetzen.
Die PayPal Aktie fiel am gleichen Tag um über 10 Prozent.
Im vierten Quartal 2018 machte das Zahlungsvolumen über Ebay nur noch 10 Prozent des Gesamtzahlungsvolumens aus.
PayPal Aktie – Bewertung und Fazit
PayPals Börsenwert ist derzeit mit 114 Milliarden USD etwas mehr als doppelt so hoch wie beim IPO der PayPal Aktie in 2015.
Mit einem EV/Sales von circa 7 und einem KGV von circa 30 ist das Unternehmen niedriger bewertet als Adyen, Square, MasterCard und Visa, aber deutlich höher als traditionelle Finanzinstitute.
Die operative Marge ist stabil bei 22 Prozent, könnte aber in den nächsten Quartalen auch positiv überraschen nach einem leichten Anstieg im letzten Quartal.
Einige Investoren waren enttäuscht über die Umsatz-Guidance für das Gesamtjahr 2019 mit +17 Prozent.
Aber das Unternehmen ist bekannt für konservative Planzahlen.
Durch den Verkauf von einem Großteil der Kreditforderungen in den USA ist das Unternehmen zudem bilanziell gesünder aufgestellt.
Neben MasterCard und Visa hat das Unternehmen aktuell das robusteste Geschäftsmodell im Payment-Markt anzubieten.
Durch Partnerschaften, Beteiligungen und Übernahmen fährt das Unternehmen das Kundenengagement sukzessive nach oben.
In vielen Ländern hat das Unternehmen bereits eine Banklizenz und wächst stärker in die Märkte traditioneller Retailbanken hinein.
Langfristig könnte PayPal durchaus die Marktkapitalisierung einer Wells Fargo oder HSBC erreichen (228 Milliarden beziehungsweise 165 Milliarden USD).
Im Portfolio von The Digital Leaders Fund wird die PayPal Aktie auf absehbare Zeit eine feste Größe bleiben.
Autor
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Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.
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