Pinterest Aktie – 3 Gründe für die Kursexplosion

7. August 2020

Pinterest Aktie Kursexplosion - Collage mit Bildern aus aller Welt

Pinterest hat beeindruckende Zahlen für das zweite Quartal 2020 vorgelegt. Statt eines erwartetet Rückgangs konnte der Umsatz um über 4 Prozent gesteigert werden. Insbesondere der Umsatz im Ausland lag mit 42 Millionen Dollar deutlich über den Erwartungen. Auch bei der Profitabilität gab es Fortschritte. Der EBITDA-Verlust lag im Q2 bei 33,9 Millionen Dollar. Erwartet war ein Verlust von 82,7 Millionen Dollar.

Regelrecht positiv schockiert hat Pinterest bei den Nutzerzahlen. Die Zahl der monatlich aktiven Nutzer (MAU) konnte im Vorjahresvergleich um 39 Prozent auf nun 416 Millionen gesteigert werden.

Die Pinterest-Aktie stieg daraufhin sensationell um über 36 Prozent. Das mag sicher auch an der positiven Marktstimmung liegen.

Doch m.E. markiert die Entwicklung im Q2 einen Wendepunkt in der Bewertung der Pinterest Aktie.

Pinterest Aktie Kursexplosion nach Q2 Zahlen - Chart
Kursexplosion der Pinterest Aktie nach den Q2 Zahlen.

Drei Entwicklungen sind hierfür maßgeblich:

  1. Das Kundenwachstum zieht in der Pandemie deutlich an.
  2. Die Monetarisierung der Plattform schreitet voran.
  3. Pinterest profitiert von den Social-Media-Boykotten.

Doch bevor ich auf diese drei Themen detaillierter eingehe, ein Hinweis an die Leser, die das Geschäftsmodell von Pinterest noch nicht kennen: Hier geht es zum Teil 1 und Teil 2 unseres Porträts zur Pinterest Aktie und hier zu unserem letzten Pinterest-Update.


Pinterest MAU +39 Prozent

Wir hatten in unserem letzten Update noch festgehalten, dass Pinterest kein Corona-Gewinner ist. Das Kundenwachstum war in Folge von Covid-19 überhaupt nicht beschleunigt worden, so wie wir das bei Facebook, YouTube, Twitter und Netflix beobachten konnten.

In dem traditionell schwachen Q2 sieht die Welt anders aus. In den USA konnte Pinterest nach vielen Quartalen wieder zweistellig wachsen. International stieg die Zahl der Nutzer sogar um 49 Prozent.

Entwicklung der monatlich aktiven Nutzer (MAU) von Pinterest
Entwicklung der monatlich aktiven Nutzer (MAU) von Pinterest.

Nach Angaben des Managements hat Pinterest viele ehemalige Kunden wieder reaktivieren können. Zudem sei die Zahl der Nutzer unter 25 Jahren doppelt so schnell gewachsen als die Nutzerzahl über 25 Jahren.

Ein Blick auf die Downloadzahlen signalisiert, dass Pinterest, Snap und Twitter in den USA ähnlich stark wachsen, während Pinterest sich besonders dynamisch in Südamerika entwickelt und Snap in Asien sehr viele Neukunden gewinnt. Wie bei anderen Plattformen auch, laufen Videoinhalte besonders gut. Video-Views konnten im Q2 um 150 Prozent gesteigert werden.

Monetarisierung von Pinterest kommt voran

Wir hatten in unseren ersten Beiträgen zu Pinterest dargestellt, wie spät Pinterest angefangen hat, adäquate Werbeformate und Tools für Agenturen und Unternehmen anzubieten.

Eine in der Branche übliche automatische Gebotssteuerung (automatic bidding) hat Pinterest erst kürzlich eingeführt. Dazu CFO Todd Morgenfeld:

“Before automatic bidding, advertisers had to constantly manage their bid strategy in a dynamic auction. Now the auto bid tool does this for them and it aims to get advertisers the most clicks at the lowest possible Cost per Click.” 

Todd Morgenfeld, Pinterest CFO

Im Q1 liefen etwa 50 Prozent der CPC-Umsätze (Cost per Click) über auto bid, im Q2 waren es bereits 80 Prozent. Auch die bei Facebook schon vor Jahren eingeführte optimierte Zielgruppenansprache hat Pinterest gerade erst vor einigen Wochen eingeführt. Diese Tools machen es den Werbekunden viel einfacher, ihre Kampagnenziele zu erreichen.

Obwohl sehr viele Pinterest-Kunden mit klaren Kaufabsichten Pins anschauen, findet die Transaktion derzeit mehrheitlich außerhalb der Pinterest-Plattform statt. Pinterest will das ändern und investiert immer mehr in E-Commerce-Features. Die Zahl der Produktuploads von Unternehmenskunden wie z.B. Ikea, Walmart, Wayfair, Etsy u.a. auf der Pinterest-Plattform hat im Q2 gegenüber Q1 360 Prozent zugenommen. Der Kaufprozess kann nun direkt bei Pinterest gestartet werden. Das Unternehmen erwartet einen ersten merklichen Beitrag aus Shopping bereits im nächsten Jahr.

Das alles hat zu einer deutlich besseren Umsatzentwicklung mitten in der Pandemie geführt, als von vielen Analysten erwartet.

Entwicklung Umsatz von Pinterest - Grafik
Umsatzentwicklung von Pinterest im Überblick.

Insgesamt wuchs der Umsatz trotz Pandemie um 4 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Außerhalb des Heimatmarktes USA konnte der Umsatz sogar – auf noch niedrigem Niveau – um 72 Prozent gesteigert werden.

Der durchschnittliche Umsatz pro Kunde (ARPU) fiel allerdings aufgrund des rasanten Kundenwachstums um 21 Prozent. In Südamerika und Asien bietet Pinterest zum Beispiel noch keine Werbeformate an.

Wie im letzten Update dargestellt, war die Kostenexplosion im vergangenen Quartal einem Basiseffekt und dem IPO geschuldet. Die operativen Kosten sind jetzt dank des vorsichtigen Agierens in Pandemiezeiten im Q2 sogar leicht zurückgegangen.

Die EBITDA-Marge ist mit -12 Prozent auch deutlich besser ausgefallen als erwartet. Das Unternehmen macht große Fortschritte in Richtung Profitabilität und konnte wieder eine positiven operativen Cash Flow präsentieren.

Umsatz im Juli +50 Prozent

Die Umsatzentwicklung bei Pinterest hat sich nach Managementaussagen von April bis Juni immer positiver entwickelt. Der CFO hat sich sogar dazu verleiten lassen, auf den ersten Monat im Q3 einzugehen. Im Juli seien die Umsätze um 50 Prozent angestiegen. Anbetracht dessen sieht die Guidance für Q3 mit einem Umsatzwachstum von „nur“ 30 Prozent nach sehr viel „sand bagging“ aus. Für das Gesamtjahr möchte Pinterest aufgrund der Unsicherheiten noch keine Aussage machen.

Pinterest profitiert von Facebook-Boykotten

Wir hatten in unserem letzten Facebook-Update dargestellt, wie unbeeindruckt sich Facebook von den Boykotten großer Werbekunden zeigt. 9 Millionen Werbekunden machen Facebook immun gegen den Druck einzelner Kunden.

Allerdings reichen wenige Abwanderungen zu Pinterest aus, um eine deutliche Spur in den Zahlen von Pinterest zu hinterlassen. Pinterest hat unumwunden zugegeben, ein Profiteur des Boykotts gegen Facebook und vereinzelt Twitter zu sein. Morgenfeld:

“In a moment where there is a lot of hostile political conversation happening on social media, advertisers are looking for new places to put their dollars. We benefited from this in July.“ 

Das Ausmaß konnte oder wollte das Management nicht quantifizieren, aber es ist klar, dass Pinterest als apolitische Plattform einen gewissen Reiz für Werbekunden in politisch extrem aufgeheizten Zeiten bietet.

Diesen Rückenwind sollte Pinterest bis zu den US-Wahlen im November verspüren. Und vielleicht wird dann der ein oder andere Werbekunde, der sein Budget bei Pinterest erhöht oder die Plattform neu entdeckt, sein Ausgabeverhalten dauerhaft ändern.

Kursexplosion der Pinterest Aktie – Fazit

Nach der Rallye der letzten Tage hat Pinterest mittlerweile eine Marktkapitalisierung von 21 Milliarden Dollar.

Hochgerechnet erwirtschaftet das Unternehmen mit den über 400 Millionen Kunden einen ARPU von gerade mal 3 Dollar. Facebook kommt auf einen ARPU von circa 30 Dollar.

Die Zweifel bei den Investoren sind groß, dass Pinterest auch nur annähernd den gleichen Weg wie Facebook gehen kann. Doch nach den Q2-Zahlen erfährt die Pinterest Aktie eine Neubewertung.

Mit der aktuellen Wachstumsdynamik könnte Pinterest das Kundenwachstum und den Umsatz pro Nutzer in wenigen Jahren verdoppeln.

In „normalen“ Zeiten würden wir eine EV/Sales-Bewertung von über 13 für extrem ambitioniert halten. Doch mit dem aktuellen Digitalisierungssprung werden sich nahezu alle Unternehmen, die Endkunden ansprechen, auf die Jagd nach den Digitalkunden begeben. Sie werden dort werben, wo relevante und attraktive Nutzerprofile sind. Das aktuelle Interesse von Microsoft an TikTok ist ein weiterer Beleg für diese Entwicklung.

Pinterest ist zudem ein sehr naheliegendes Übernahmeziel für Digitalgiganten wie Alphabet. Doch aufgrund der Marktmacht sind Facebook, Amazon und Alphabet wohl von vornherein aus dem Rennen.

Allerdings erwachsen immer stärkere und selbstbewusste Plattformen wie zum Beispiel Shopify, die ihre Abhängigkeit zu den besagten Plattformen gerne reduzieren würden. Da würde sich die Übernahme von Pinterest durchaus anbieten.

Pinterest gehört aktuell zu den Top-10-Werten im Portfolio von The Digital Leaders Fund. Wenn Du die weitere Entwicklung von Pinterest gemeinsam mit uns weiterverfolgen willst, dann kannst Du jetzt hier unseren kostenlosen Newsletter abonnieren:

DISCLAIMER
The Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Pinterest. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autor

  • Baki Irmak

    Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

Baki Irmak

Baki Irmak

Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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