Pluralsight Aktie: Vision ist größer als E-Learning

20. Februar 2020

Pluralsight Aktie invesieren - E-Learning Bild mit Laptop und Buch

Vor wenigen Tagen habe ich mit dem Update zu Alteryx über eines der erfolgreichsten Investments von The Digital Leaders Fund berichtet. Aber Freud und Leid liegen beim Investieren in volatile High-Growth-Aktien nahe beieinander. Heute will ich ein Update zu einem der wenigen Investments aus unserem Portfolio geben, das uns bisher nur wenig Freude beschert hat. Es geht um Pluralsight, die mit dem Anspruch antreten, die boomende Weiterbildungsindustrie rund um IT-Skills weltweit zu revolutionieren.

Entwicklung der Pluralsight Aktie
Entwicklung der Pluralsight Aktie seit Anfang 2019.

Zur Erinnerung: wir hatten vor genau einem Jahr hier die Pluralsight Investment Story vorgestellt und waren wenige Monate nach unserem Einstieg vom Crash der Pluralsight-Aktie überrascht worden. Nach einer kritischen Überprüfung unseres Investment Case haben wir die günstigen Kurse nach dem Absturz genutzt und unsere Position vergrößert.

Kürzlich hat Pluralsight Zahlen zum Geschäftsjahr 2019 vorgelegt und einen ersten Ausblick auf 2020 gegeben.

Die Geschäftszahlen für 2019

Pluralsight hatte im Laufe von 2019 erhebliche Probleme in der Vertriebsorganisation, die nach dem Q2 2019 zum Crash der Aktie und zu einem Managementwechsel geführt haben. Dennoch war das Unternehmen in der Lage, seine Umsatzprognose vom Februar 2019 zu erfüllen. Daran sieht man, wie konservativ der charismatische Gründer und CEO Aaron Skonnard und sein CFO James Budge planen.

  • Der Umsatz wurde 2019 um 37 Prozent auf $317 Millionen gesteigert. 2018 war Pluralsight um 39 Prozent gewachsen, das heißt das Wachstum hat sich trotz der zwischenzeitlichen Probleme in der Vertriebsorganisation nur wenig verlangsamt.
  • Die Billings sind zuletzt im Q4 um 30 Prozent gewachsen. Viele Anleger waren Mitte des Jahres panisch aus der Aktie geflohen, weil diese wichtige Kennzahl im Q2 nur um 23 Prozent angestiegen war.
  • Die Bruttomarge konnte 2019 um 4 Prozentpunkte von 73 Prozent auf 77 Prozent gesteigert werden. Im Q4 betrug sie sogar 79 Prozent, was schon sehr nahe an das langfristige Margenziel des Unternehmens herankommt.
  • Der Verlust pro Aktie betrug 2019 0,30$ gegenüber 0,60$ im Vorjahr (non-GAAP).
  • Die verfügbaren Mittel in der Bilanz (Cash und Investments) sind in 2019 durch die Ausgabe einer mit nur 0,375 Prozent p.a. verzinsten Wandelanleihe auf $558 Millionen angestiegen.

Diese Zahlen lesen sich recht ordentlich. Wo ist also das Problem? Der Grund für die schlechte Entwicklung der Pluralsight-Aktie in 2019 ist die Entwicklung des Cashflows. Der Free Cashflow war mit -$28,2 Millionen beziehungsweise einer Marge von -9 Prozent negativer als in 2018, damals betrug die Free-Cashflow-Marge -8 Prozent. Die Kombination aus einer Verlangsamung des Wachstums ohne gleichzeitige Verbesserung der Profitabilität ist etwas, das bei Tech-Investoren derzeit nicht gut ankommt. Für die weitere Entwicklung und einen nachhaltigen Turnaround der Aktie wird es darauf ankommen, die Cashflow-Entwicklung im Laufe von 2020/2021 stetig zu verbessern.

Die Guidance für 2020

  • Erwartet wird vom Management ein Umsatzwachstum von circa 25 Prozent auf $390-400 Millionen.
  • Das Wachstum der Billings soll sich im Laufe von 2020 allmählich wieder auf über 30 Prozent beschleunigen.
  • Der operative Cashflow wird in den nächsten Quartalen weiter negativ sein, bevor er im Q4 erstmals seit längerer Zeit wieder den Break-Even erreichen soll.

Die Profitabilität wird in 2020 also kaum vorankommen. Denn derzeit wird unter der Ägide des neuen Chief Revenue Officers Ross Meyercord heftig in die Weiterentwicklung der Vertriebsorganisation investiert. Im Laufe der letzten 12 Monate wurde die Vertriebsmannschaft von 220 auf 330 Quota-Carriers (das sind die für den Vertriebserfolg beim Kunden verantwortlichen Personen) aufgestockt.

Ross kommt von Salesforce und hat dort einige Jahre Erfahrung im Vertriebsmanagement gesammelt. Davor aber war er nach einer langen erfolgreichen Karriere bei Accenture als CIO bei Salesforce tätig und kennt von daher die Rolle der wichtigsten Pluralsight-Zielgruppe aus eigener Erfahrung.

Seine Vertriebsstrategie sieht vor, sich noch mehr auf größere Kunden zu fokussieren. 70 Prozent der Fortune 500 nutzen bereits Pluralsight und bieten damit eine hervorragende Ausgangsposition zur Umsetzung einer “Expand”-Strategie. Das bedeutet eine große Wandlung für das Unternehmen, denn in seiner Historie war Pluralsight eher auf das Geschäft mit einzelnen Usern und kleinen Unternehmen ausgerichtet.

Überischt der Pluralsight Kunden aus diversen Branchen
Die Kundenbasis von Pluralsight erstreckt sich quer über alle Branchen hinweg.

Aktuell betreut man die große Anzahl von 18.000 Geschäftskunden beziehungsweise knapp 1 Million User. Mittlerweile stammt 87 Prozent des Neugeschäftes aus dem B2B-Geschäft. Die Anzahl der Großkunden, mit denen man einen jährlichen Umsatz von >$500.000 macht, ist um 78 Prozent gegenüber Vorjahr gestiegen. Die Net Retention Rate betrug zuletzt über 120 Prozent.

Flow – Der Hoffnungsträger für die Zukunft

Mitte 2019 hat Pluralsight mit der Übernahme von Gitprime eine strategische und $170 Millionen teure Akquisition getätigt. Wir hatten die Logik hinter der Gitprime Akquisition bereits hier im Blog erläutert. Mittlerweile ist das Gitprime-Produkt vollständig in die Pluralsight-Plattform integriert und wird ab sofort unter dem Produktnamen Pluralsight Flow vertrieben.

Das Leistungsversprechen von Flow klingt phänomenal. Software Engineering Leader sollen damit erstmals ähnlich viel Transparenz in ihren Verantwortungsbereich bringen können wie z.B. Sales Leader mit den etablierten CRM-Tools. Erreicht werden soll das durch die Analyse der im Entwicklungsprozess entstehenden Codebasis.

Ich habe keinen Zweifel, dass dieses Produkt größte Aufmerksamkeit bei den CIOs und Leitern der Softwareentwicklung bekommen wird. Wenn das Leistungsversprechen tatsächlich eingelöst werden kann, dann wird es sich zum echten Wachstumsmotor für Pluralsight entwickeln.

Allerdings klingt die Value Präposition für mich als ehemaligen Leiter eines Softwareunternehmens fast zu schön, um wahr zu sein. Wir werden die weitere Entwicklung rund um Pluralsight Flow ganz genau beobachten. Im aktuellen ersten Jahr der Vermarktung soll Flow bereits Billings von circa $30 Millionen erzielen.

Die Bewertung der Pluralsight-Aktie

Pluralsight ist eines der spekulativsten Investments in unserem Portfolio. Die Vision des Unternehmens ist großartig und geht spätestens mit Flow weit über eine normale E-Learning-Plattform hinaus. Erst in einigen Jahren werden wir wissen, inwieweit Pluralsight in der Lage sein wird, den Ansprüchen Ergebnisse folgen zu lassen.

In einem positiven Szenario könnte hier ein disruptives, cloudbasiertes Standardprodukt für die Steuerung von Engineering Organisationen entstehen – vergleichbar mit der Einführung von SalesForce zur Vertriebssteuerung vor mittlerweile 20 Jahren.

Pluralsight E-Learning - Entwicklung EV Revenue Verhältnis

Aufgrund der schwachen Cashflow-Entwicklung 2019 ist die Pluralsight-Aktie derzeit für das 7-fache des 2020 erwarteten Umsatzes zu haben. Das ist ein durchaus attraktiver Preis.

Falls das Flow-Produkt am Markt einschlägt und sich wie erhofft zum echten Wachstumstreiber entwickelt, könnte sich der Wert des Unternehmens (aktuell $2,9 Milliarden) im Laufe der nächsten Jahre vervielfachen.

Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg, der mit vielen Unsicherheiten gepflastert ist. Pluralsight ist eine Aktie, die man besonders gut beobachten und regelmäßig neu bewerten muss.

Wir trauen dem Management-Team um Aaron Skonnard viel zu und haben unsere Pluralsight Position im Portfolio von The Digital Leaders Fund in den vergangenen Monaten behutsam ausgebaut.

Wenn Du Pluralsight ab sofort gemeinsam mit uns beobachten möchtest, dann kannst Du jetzt hier unseren – kostenlosen – Newsletter abonnieren.


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Autor

  • Stefan Waldhauser

    Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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Stefan Waldhauser

Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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3 Antworten

  1. Hallo Stefan,

    habe mich auch mal über mehrere Wochen mit der Analyse der PS Aktie beschäftigt.
    Du hast die Gesamtthematik bestens beschrieben, mich würde aber interessieren inwiefern du einen CEO durchleuchtest?
    Aaron Skonnard ist auf Instagram sehr aktiv (seine Frau ebenso), viele Familienausflüge, Feiern Bootstripps usw…. Gefühlt mehr Urlaub als Arbeit – lässt du solche Fakten einfließen?
    VG Julian

    1. Hallo Julian,
      das „Social Media Stalking“ spielt tatsächlich auch eine Rolle, wenn ich mir ein Bild von einem CEO verschaffe. Der private Instagram-Account ist da aber nicht unbedingt relevant (LinkedIn und Twitter schon eher). Beim Verfolgen der digitalen Spur lese ich mir gerne 5 oder 10 Jahre alte Interviews durch oder schaue alte YouTube Videos an. Alt deswegen, weil ich ein Gefühl dafür bekommen will, ob ein CEO seine Branche „vordenken“ kann. Auch die Glassdoor-Reviews sind wichtig, wenn auch mit Vorsicht zu geniessen. Noch wichtiger sind aber „Backdoor-Checks“, dh ich versuche über mein Netzwerk Leute zu finden, die mit dem CEO persönliche Erfahrungen gemacht haben. Als Mitarbeiter, Geschäftspartner oder Kunde. Es ist ein Puzzle-Spiel…
      Vg Stefan

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