Quartals Updates: Sea, JD und Canaan

10. März 2023

Quartalszahlen Sea, JD, Canaan

Einige Portfolio Holdings des Emerging Markets Digital Leaders und China Digital Leaders haben Zahlen vorgelegt. Das Makro-Umfeld bleibt schwierig, aber die gestiegene Kostendisziplin hilft – zumal es nach wie vor von Wachstum zu berichten gibt.

Sea Aktie Turnaround: Land in Sicht?

Sea hat für das vierte Quartal Blow-Out Zahlen berichtet, zumindest was E-Commerce betrifft. Ist das auch der Wendepunkt bei der Sea Aktie?

Sea hat Quartalszahlen vorgelegt, die auf den ersten Blick keine Wachstumsgeschichte erzählen. Der E-Commerce-Anbieter berichtete für das abgelaufene Quartal einen GAAP Umsatz von 3,5 Milliarden USD, was einem Plus von 7 Prozent im Jahresvergleich entspricht und ein Plus von 9 Prozent gegenüber dem Konsens). Noch deutlicher überraschte das adjustierte EBITDA mit plus 496 Millionen US-Dollar. Dem gegenüber waren laut Konsens minus 299 Millionen US-Dollar erwartet worden. Der Konsensus lag dabei im Rahmen der bisherigen Guidance. CEO Forrest Li hatte den Breakeven noch im letzten Analysten-Call erst für Ende 2023 in Aussicht gestellt.

Das ist bereits eine erste Antwort auf unsere Forderungen aus dem Update zu den letzten Quartalszahlen: “Entscheidend ist, dass Sea im E-Commerce noch viel radikaler als bisher die Take Rate erhöht, so dass nicht mit jeder Order außerhalb von Malaysia und Taiwan Geld verbrannt wird.” Sea ist es tatsächlich gelungen, endlich profitabel zu wachsen, wenngleich mit deutlich niedrigeren Wachstumsraten als zu Welteroberungszeiten.

Sowohl das E-Commerce- als auch das Fintech-Segment erreichten mit einem Adj. EBITDA von 196 Million Dollar und 76 Million Dollar drei Quartale vor Guidance und Markterwartungen, die Gewinnschwelle. Auch der Nettogewinn ist zum ersten Mal seit dem Börsengang mit 423 Millionen Dollar positiv.

Die E-Commerce Einnahmen beliefen sich auf 2,1 Milliarden US-Dollar, ein Plus von 10 Prozent gegenüber Vorquartal und 32 Prozent im Jahresvergleich. GMW (Bruttowarenwert) war minus 6 Prozent im Quartalsvergleich und minus 1 Prozent im Jahresvergleich auf 18 Milliarden US-Dollar (gegenüber einem Konsens von 19,5 Milliarden US-Dollar). Noch deutlicher fiel die Anzahl der Orders von 2,0 Milliarden auf 1,7 Milliarden. Sea hat also die Anzahl und damit den Anteil von unprofitablen Kleinbestellungen reduziert und den Wert pro Order damit erhöht. Damit setzt das Sea Management wir versprochen auf Profitabilität vor Wachstum. Mit Blick auf die digitale Spur sollte das 2023 so weitergehen.

Auch an der Kostenschraube wurde weiter gedreht. Vertriebs- und Marketingkosten wurden allein im letzten Quartal um 34 Prozent gesenkt.

Der Haupttreiber für die Profitabilität war das Geschäft im wirtschaftlich resilienten Asien mit 320 Millionen Dollar EBITDA mit noch einmal deutlich höheren Take Rates. Aber auch in Brasilien gab es weitere Fortschritte: der Verlust pro Order konnte zum Vorquartal um 54 Prozent auf 0,47 Dollar gesenkt werden.

Digital Financial Services brachten 380 Millionen in die Kasse, im Vorquartal waren es noch 326 Millionen. Allerdings schmolz das Kreditportfolio von 2,2 auf 2,1 Milliarden Dollar und die Kreditrückstellungen waren mit 238 Millione Dollar weiter hoch. Die eventuelle Freude beim ersten Blick auf die mit nur 2 Prozent sehr niedrigen NPLs vergeht bei näherem Hinsehen. Der Abschreibungszyklus wurde von 180 Tagen auf 120 Tage verkürzt. Ohne diese Justierung hätte der Indikator bei 5 Prozent gelegen, was einem Plus von 1 Prozent zum Vorquartal entspricht. Die Ausfallraten sehen eher hoch aus.

Gemischt waren die Zahlen aus dem Gaming zu berichten. Gross-Billing lag mit 544 Millionen um 4 Prozent unter dem VA-Konsens, die EBITDA-Marge von 47,5 Prozent lag dagegen deutlich über dem VA-Konsens von 42,3 Prozent. Dennoch fiel das EBITDA von 290 Millionen im Vorquartal auf 258 Millionen Dollar. Billings und die Zahl der Bezahlkunden geht weiterhin zurück. Der Abschwung hat sich hier zwar stabilisiert, aber von einem Turnaround kann hier noch nicht die Rede sein.

Cash- und Cash-Äquivalente fielen auf 6,9 Milliarden Dollar. Dabei wurden für 611 Millionen Dollar eigene 2026 Schuldverschreibungen unter Nominalwert zurückgekauft, ein Gewinn von 200 Millionen Dollar. Ohne den Rückkauf hätte sich das Cash um 210 Millionen erhöht.

Sea ist trotz des moderaten Umsatzwachstums eine spannendere Aktie geworden. Das Management gab sich im Analysten-Call auch dieses Mal wieder zuversichtlich, dass es mit soliden Finanzzahlen auch angesichts der starken Makrodaten in Asien, das Wachstum bald beschleunigen kann.

Der Markt war nach dem langen Tal der Tränen beim Kurs der Sea Aktie zuletzt skeptisch, das könnte sich jetzt ändern. Die Zahlen feierte der Markt in der ersten Börsensitzung nach den Zahlen mit einem Kursfeuerwerk von 22 Prozent. Wir haben im letzten Quartal wieder eine Position aufgebaut und freuen uns auf die nächsten Quartalszahlen. Hier wird Sea beweisen müssen, dass es sich bei dem positiven Quartal nicht um eine Eintagsfliege handelt und dass das Wachstum bei E-Commerce plötzlich kollidiert.

Gute Nachrichten bei JD.com sind nicht gut genug für den Markt

Chinas Nummer 2 im E-Commerce-Geschäft hat am Donnerstag für das vierte Quartal einen höheren bereinigten Quartalsgewinn als erwartet gemeldet. Der Umsatz stieg in den drei Monaten bis Dezember um 7,1 Prozent auf 295,4 Milliarden Yuan und verfehlte nur knapp die Analystenschätzungen von 295,5 Milliarden Yuan. Wachstumstreiber waren sowohl das Einzelhandels- als auch das Logistikgeschäft. Im Vergleich: Alibaba hatte für das letzte Quartal lediglich ein Umsatzwachstum von 2,1 Prozent zu vermelden. JD.com verzeichnete dank höherer Einnahmen und besserer Kosteneffizienz einen Nettogewinn von 3 Milliarden Yuan (431,5 Millionen Dollar), verglichen mit einem Nettoverlust von 5,2 Milliarden Yuan im gleichen Zeitraum des Vorjahres als deutlich höhere aktienbasierte Vergütungsausgaben die Gewinne belasteten. Insbesondere bei den Marketingaufwendungen (-10,3 Prozent) und den allgemeinen Verwaltungsausgaben (-2,5 Prozent) waren Kürzungen vorgenommen worden. Gesteigert hat man indes die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (+6,4 Prozent).

Gute Nachrichten für die Aktionäre: JD.com zahlt am 27. April eine Bardividende von 0,31 Dollar pro Aktie. Darüber hinaus gab das Unternehmen eine jährliche Dividendenpolitik bekannt. Einziger Wermutstropfen war die bereits im Januar bekannt gewordene Einstellung des E-Commerce-Geschäfts in Indonesien und Thailand. Alibaba liegt in Sachen erfolgreicher internationaler Expansion klar vorne. Positiv zu bewerten sind die erfolgreichen Bemühungen im Bereich der künstlichen Intelligenz: Die Anwendungsplattform für künstliche Intelligenz von JD Cloud bereitet eine industrielle Version von ChatGPT vor. Anleger haben diese eigentlich guten Nachrichten offenbar anders gelesen – die JD.com Aktie bricht am Donnerstag, dem Tag der Bekanntgabe der Quartalszahlen, um gut zehn Prozent ein.

Die liquiden Barmittel haben sich auf insgesamt 226,2 Milliarden RMB (32,8 Milliarden US-Dollar) erhöht, verglichen mit 191,3 Milliarden RMB zum 31. Dezember 2021. Das Cash wird JD.com im Wettbewerb mit Pinduoduo gut gebrauchen können. Denn JD.com plant, Käufern im tieferpreisigen Segment auf seinen Plattformen Subventionen im Wert von 10 Milliarden Yuan anzubieten. Dies könnte einerseits die durchschnittlichen Ausgaben pro aktivem Benutzer steigern und in diesem, von erhofftem “revenge spending” geprägten Jahr neue Kunden gewinnen. Andererseits werden wir sorgfältig beobachten müssen, ob sich hier nicht ein “race to the bottom” ankündigt, das die Margen im E-Commerce-Geschäft von JD.com zerstört. Wir halten unsere Position in JD.com vorerst unverändert bei.

Canaan Aktie – Warten auf das Ende der Kryptoeiszeit

Canaan hat angesichts der niedrigen Kryptopreise erwartet schwache Quartalszahlen geliefert, aber die niedrig gesteckte Guidance übertroffen.

Im vierten Quartal verkaufte Canaan Krypto Miner mit 1,9 Millionen Thash/s Rechenleistung. Das sind 45,8 Prozent weniger als im Vorquartal und 76 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Dementsprechend fiel der Umsatz auf 56,8 Millionen Dollar, ein Minus von 60 Prozent über dem Vorquartal.

Aber immerhin: Diese Zahl war deutlich besser als das selbst gesteckte Umsatzziel von 43,6 Millionen Dollar. Das lag auch an höheren Mining-Umsätzen. Diese lagen bei 10,5 Millionen Dollar, ein Plus von 16 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Die aktuelle Kapazität soll von aktuell 3,8 EH/Sek auf 5-5,5 EH/Sek gesteigert werden.

Unter dem Strich stand ein Verlust von 49,6 Million Dollar heraus.

Mit einer gewissen Sorge beobachten wir das rasche Abschmelzen der einst komfortablen Cash Position auf 102,5 Millionen Dollar. Im letzten Quartal waren es noch 281,5 Millionen Dollar gewesen.

Der wesentliche Grund sind die erhöhten Forschungs und Entwicklungskosten im Zusammenhang mit dem Launch der neuen Mining Maschinen Generation A13 im Oktober. Diese sind zwar deutlich schneller (110-130 TH/s und energieeffizienter (25-30 J/TH), können aber ihr Potential angesichts des generellen Käuferstreiks unter den Minern bis dato nur unzureichend ausspielen.

5,2 Millionen Dollar wurden für Aktien Rückkäufe ausgegeben. Die Sorge über die Cash Situation beschäftigt auch das Management. Im November hat sich das Unternehmen in einem Filing die Option eröffnet, bis zu 750 Millionen Dollar neues Eigenkapital einzusammeln.

Zum Ausblick: Für das erste Quartal wurde eine Umsatzerwartung von 65 Millionen Dollar kommuniziert. Dies passt zu der Lage an den Kryptomärkten. Die Canaan Aktie reagierte konstruktiv mit einem Plus von 4 Prozent.

Canaan braucht einen Bitcoin Preis von deutlich über 25.000 Dollar. Erst dann kann sich die Aktie signifikant nach oben bewegen. Bis dahin muss das Cash reichen, sonst droht eine massive Verwässerung der Aktionäre.

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EM Digital Leaders  und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von den genannten Unternehmen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autor

  • Co-Autoren Steffen Gruschka und Mirko Wormuth

    Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich. Mirko war 23 Jahre lang in China als Anwalt und Unternehmer tätig. Zuletzt war er Global Head of HR für das chinesische EV Startup BYTON in Nanjing. Davor lagen seine unternehmerischen Tätigkeiten im Bereich des chinesischen E-Commerce und Einzelhandels. Seit 2020 managt Mirko den auf die chinesische Digitalisierung spezialisierten China Digital Leaders Fonds.

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Co-Autoren Steffen Gruschka und Mirko Wormuth

Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich. Mirko war 23 Jahre lang in China als Anwalt und Unternehmer tätig. Zuletzt war er Global Head of HR für das chinesische EV Startup BYTON in Nanjing. Davor lagen seine unternehmerischen Tätigkeiten im Bereich des chinesischen E-Commerce und Einzelhandels. Seit 2020 managt Mirko den auf die chinesische Digitalisierung spezialisierten China Digital Leaders Fonds.

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