Die Quartalssaison ist in vollem Gange, und etliche Portfolio-Unternehmen haben Zahlen vorgelegt. Wir schauen, wer überzeugen konnte, wer enttäuscht hat – und was die Aussichten sind.
Kundenexplosion bei Spotify
Der führende Audio-Streaming-Dienst hat für Q1 2023 solide Zahlen präsentiert. Der Umsatz stieg 14 Prozent auf 3 Milliarden Euro und lag damit im Rahmen der Erwartungen. Der operative Verlust fiel mit 156 Millionen Euro besser aus. Erwartet waren 186 Millionen Euro. Die Bruttomarge fiel mit 25,2 Prozent höher aus. Erwartet war 24,9 Prozent. Nach Vorlage der Zahlen legte die Spotify-Aktie um 6 Prozent zu. Da lag in erster Linie an den herausragenden MAU-Zahlen. Die Zahl der monatlich aktiven User stieg 22 Prozent auf 515 Millionen. Die Guidance lag bei 500 Millionen Usern. Die Zahl der Bezahlkunden stieg 15 Prozent auf 210 Millionen.
Die MAU-Guidance für Q2 hat Spotify nun deutlich anheben müssen. Statt 513 Millionen MAU sollen es nun 530 Millionen werden. Der Umsatz soll bei 3,2 Milliarden Euro liegen, der operative Verlust bei 129 Millionen Euro. Beide Zahlen lagen leicht unter den Erwartungen.
Positiv: Natürlich die Kundenzahlen. 26 Millionen Neukunden konnte Spotify in einem Quartal dazugewinnen, so viel wie noch nie in einem Quartal. Wow! Das Wachstum bei den operativen Kosten geht sukzessive zurück. Daher wird die Bruttomarge in den nächsten Quartalen steigen, in Q2 um 90 Basispunkte. Daniel Ek signalisierte, dass Preiserhöhungen anstehen. Morgan Stanley schätzt für Q4 sogar eine Bruttomarge in Höhe von 26,4 Prozent.
Negativ: Die Werbeumsätze sind mit einem Wachstum von 13 Prozent schwächer ausgefallen als erwartet. Für Q2 gab sich das Management vorsichtig optimistisch, zeigte sich dazu aber im Analysten-Call sehr schmallippig.
My Take: Spotify ist bei Kunden so beliebt wie nie zuvor. Die magische Hürde von 500 Millionen Kunden hat man spielerisch genommen. Endlich honorieren das auch die Investoren. Spotify gehört dieses Jahr zu den erfolgreichsten Aktien im Markt und auch in unserem Portfolio. Nun muss Spotify die Kundenzahlen besser monetarisieren. Die Zeichen dafür stehen nicht schlecht, aber eine mögliche Rezession wird das Wachstum im Werbegeschäft bremsen. Wir werden unsere hohe Gewichtung in Spotify-Aktien halten.
BBVA – Von Bankenkrise keine Spur
BBVA hat wiederholt herausragende Zahlen präsentiert. Der Nettogewinn stieg um knapp 40 Prozent, die Zinserträge um 43 Prozent.
Quartalsergebnisse BBVA:
Von den 1,85 Milliarden Euro an Gewinn entfallen 541 Millionen auf Spanien, 1,29 Milliarden auf Mexiko und 277 Millionen Euro auf die Türkei. Damit haben die Basken in allen Regionen die Erwartungen übertroffen. Die Rückstellungen fielen mit 968 Millionen Euro auch leicht besser aus. Auch das CET1 Ratio lag mit 13,1 Prozent über den Erwartungen (12,7 Prozent). Die Rate der faulen Kredite lag mit 3,3 Prozent im Rahmen der Erwartungen. Die Cost-Income-Ratio für Q1 lag bei 43,3 Prozent. Ohne die Bankensteuer in Spanien (225 Millionen Euro) hätte die CIR bei 42 Prozent gelegen.
Positiv: BBVA hat demonstriert, wie stabil die Bank aktuell wächst. Mitten in einer drohenden Finanzkrise hat das Unternehmen die Einlagen um 9 Prozent auf 395 Milliarden Euro gesteigert. Gleichzeitig hat BBVA die Zinserträge um 43 Prozent gesteigert. Wir hatten in unserem Blogbeitrag „Von drei Bankenpleiten zur Bankenkrise?“ erklärt, warum die Implikationen für BBVA gering und eher positiv sind. Die aktuellen Zahlen, auch das Wachstum bei Kunden, bestätigen das. In Q1 sind 2,6 Millionen Kunden dazugekommen, davon 64 Prozent über digitale Kanäle.
Negativ: Es gibt wenig zu bemängeln an den aktuellen Zahlen. Lediglich die operativen Kosten fielen 2 Prozent höher aus als vom Unternehmen vorhergesagt.
My Take: BBVA hat dieses Jahr unter den Euro-Stoxx-Banken am besten performt. Warum das so ist, hat das Unternehmen mit den aktuellen Zahlen untermauert. Mit einem KGV (FWD) von 5,5 und einer Dividendenrendite von 7,4 Prozent ist die Bank weiterhin sehr attraktiv bewertet. Spannend wird die Türkeiwahl am 14. Mai, schließlich ist das Land der drittgrößte Markt für BBVA. Wichtig sind klare Verhältnisse. Wer mich kennt, weiß worauf ich setze: Auf einen klaren Sieg der Opposition gegen Erdogan im ersten Wahlgang. Und worauf ich hoffe: Auf eine friedliche Machtübergabe.
Enphase Energy: Schwäche des Heimatmarkts wiegt schwer
Eigentlich ist die Sache klar: US-Solarwerte sollten von dem euphemistisch als “Inflation Reduction Act” (IRA) bezeichneten Klima-Förderprogramm der US-Regierung massiv profitieren, zumal es gilt, die chinesische Konkurrenz auf Armlänge zu halten. Goldman Sachs hatte für Enphase einen jährlichen EPS-Boost von 2-3 Dollar taxiert. Das klingt gut. Zu gut, um wahr zu sein? Die Q1 Zahlen von Enphase schienen zunächst die optimistische Investment-These zu bestätigen. Warum es nicht so einfach ist, deutet der Ausblick an – und zeigt die gesetzlichen, steuerlichen und auch volkswirtschaftlichen Bedingungen auf dem US-Heimatmarkt, wo das kalifornische Unternehmen zwei Drittel seines Umsatzes erzielt. Aber zunächst zu den Zahlen:
Positiv: Der Umsatz in Q1 belief sich auf 726 Millionen Dollar (non-GAAP) nach 441 Millionen Dollar im ersten Quartal 2022. Die Bruttomarge stieg auf 45,7 Prozent (41,0 Prozent) ebenfalls deutlich. Die Kosten stiegen von 66,25 Millionen auf 98,4 Millionen Dollar. Der Nettogewinn erhöhte sich von 109,67 Millionen auf 192,32 Millionen Dollar. Der bereinigte Gewinn pro Aktie stieg von 0,79 auf 1,37 Dollar. Die Aufträge aus dem Ausland ziehen an, und im laufenden Quartal werden die Produktionskapazitäten erhöht. Das klingt gut, aber die Aktie brach von 227 Dollar am 25. April auf ein Intraday-Tief von 161 Dollar nach Verkündung der Zahlen ein. Was war passiert?
Negativ: Auch wenn saisonale Effekte bei sequentiellen Zahlenreihen ein verzerrtes Bild liefern können, lohnt es sich, zu den Q4 Zahlen 2022 zurückzugehen. Der Vergleich zeigt, dass das Wachstum nachlässt. Der Umsatz in Q1 lag nur unwesentlich über dem Niveau des vorherigen Quartals. Grund war nicht das internationale Geschäft (Europa), wo die Revenues um 25 Prozent zulegen konnten. Vielmehr schwächelt der US-Heimatmarkt, wo der Umsatz gegenüber dem Vorquartal um neun Prozent einbrach. Grund sind einmal die höheren Finanzierungskosten, die private Haushalte stemmen müssen, wenn sie sich Solaranlagen aufs Dach packen. Zudem wurde die Einspeisevergütung in Kalifornien zum 15. April gesenkt, und zwar von 0,30 auf 0,08 Dollar pro kWh. Bis zu diesem Zeitpunkt installierte Solaranlagen fallen noch unter die Altregelung. Vor diesem Hintergrund ist das Umsatzminus in den USA enttäuschend – ein Last-Minute-Geschäft sieht anders aus.
Ausblick: Für das zweite Quartal rechnet Enphase mit einem Umsatz von zwischen 700 Millionen und 750 Millionen Dollar. Das ist deutlich unter den Konsensschätzungen von 758 Millionen Dollar. Die Bruttomarge soll mit zwischen 41 und 44 Prozent ebenfalls niedriger ausfallen als im abgelaufenen Quartal, aber über Erwartungen. Die operativen Kosten sollen bis zu 102 Millionen Dollar und damit über dem derzeitigen Niveau liegen. Das alles trug auch dazu bei, dass viele Anleger mit den Füßen abgestimmt haben.
My Take: Die langfristigen Aussichten für Enphase Energy mögen gut und die Kursverluste der vergangenen Tage angesichts des Wachstums, vor allem in Europa, übertrieben erscheinen. Allerdings verändern die hohen Finanzierungszinsen und die gesunkene Einspeisevergütung auf dem wichtigen kalifornischen Markt das Kalkül vieler Haushalte mit Blick auf die Installation von Solaranlagen. Vor diesem Hintergrund erscheint das Forward-KGV von gut 30 ziemlich hoch. Enphase selbst geht im zweiten Halbjahr wieder von besseren Geschäften aus, weil man mit neuen Produkten und höherer Produktkapazität in den USA wieder stärker wachsen will und die internationale Expansion vorantreiben möchte. Das Wachstum in Europa und in Lateinamerika ist ermutigend. Wer wie wir in Enphase-Aktien investiert, braucht einen langen Atem und muss bereit sein, die wilden Kursausschläge zu akzeptieren.
Microsoft Aktie – Wer war nochmal Activision?
Dass eine der wichtigen Aufsichtsbehörden Einspruch erheben würde, war nicht überraschend, aber dass die akut gefährdete Microsoft-Übernahme des Spieleherstellers Activision Blizzard nach dem Veto des britischen Wettbewerbshüters Anleger unbeeindruckt lassen würde, überrascht ein wenig. Warum? Die Microsoft-Zahlen waren gut; so gut, dass sich ein kundiger Beobachter zur Behauptung verstieg, das 75-Milliarden-Dollar-Übernahme Projekt sei eine „oberflächliche Verlockung“ gewesen. Die Zahlen vom Dienstagabend waren beeindruckend: Der Umsatz von Microsoft stieg im dritten Berichtsquartal um sieben Prozent auf 52,9 Milliarden Dollar (währungsbereinigt plus 10 Prozent). Damit wurden nicht nur die Analysten-Erwartungen, sondern auch die eigene Guidance übertroffen. Das Betriebsergebnis legte sogar um zehn Prozent (15 Prozent) zu, der Nettogewinn stieg per 31. März gegenüber dem Vorjahresquartal um neun Prozent (14 Prozent). EPS lag bei 2,45 Dollar, ein Plus von zehn (14) Prozent. Mit wiederholten Hinweisen auf AI-Phantasie (Stichwort: ChatGPT) setzte CEO Satya Nadella im Earnings Call noch einen drauf. Seit Veröffentlichung der Zahlen schoss der Kurs von 275 auf 305 zum Handelsschluss gestern nach oben.
Positiv: Die Cloud-Ergebnisse fielen besser als erwartet aus. Der Umsatz legte währungsbereinigt YoY um 25 Prozent auf 28,5 Milliarden Dollar zu – bei einer Bruttomarge von 72 Prozent (2 Punkte weniger als in Q3 2022, aber auch hier besser als erwartet). Im Einzelnen lief gut bis sehr gut in folgenden Bereichen: Cloud Office Commercial Products/Cloud Services wuchs um 17 Prozent, Office 365 um 18 Prozent und Azure sogar um 31 Prozent. Im Wettkampf der AI-Giganten hat sich Microsoft sehr erfolgreich positioniert. Offensichtlich gewinnt Azure aktuell Marktanteile.
Negativ: Das sequentielle Wachstum lässt weiter nach. Office Consumer Products/Cloud Services lag mit einem Wachstum von vier Prozent deutlich unter dem Niveau des Vorjahres; Dynamics Products/Cloud Services lag um vier Punkte unter dem YoY-Wachstum des Vorjahresquartals. Das Legacy-Geschäft schrumpft weiter – minus 28 Prozent bei Windows OEM, minus 26 Prozent waren es im Bereich Devices. Allerdings waren diese Zahlen ebenfalls besser als erwartet.
My Take: Auch wenn die Bäume nicht mehr in den Himmel wachsen, fällt es schwer, angesichts des derzeitigen Makroumfelds bei den Microsoft-Zahlen ein Haar in der Suppe zu finden. Ja, die Wachstumsraten verlangsamen sich, aber blicken wir nur wenige Monate zurück: Noch vor einem Quartal waren Anleger vom geplanten Job-Abbau verunsichert. Zum Jahresende 2022 hatte unter dem Strich ein Minus von 28 Prozent bei der Microsoft Aktie gestanden. Das alles ist derzeit vergessen. Wer sich heute über die Wachstumsverlangsamung beschwert, jammert auf hohem Niveau. Allerdings ist die Aktie mit einem KGV von über 30 sehr sportlich bewertet. Auch daher haben wir die Aktie nicht im Portfolio.
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Autor
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Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.
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