Russland-Aktien waren nach 2022 für Anleger tabu. Das neue Tauwetter zwischen den USA und Russland könnte das schnell ändern. Sollten russische Wertpapiere im Westen wieder handelbar sein, wird dies Fonds und ETFs eine lukrative Ausstiegsmöglichkeit bieten. Wie viele Aktien und Anleihen aus Russland noch in Fonds schlummern, ist wenig transparent. Wir haben einen Fonds mit einer signifikanten Russland-Position ausfindig gemacht und den Fondsmanager zu seinen Russland-Positionen befragt.
Aktien können steigen, Aktien können fallen. Soweit, so klar. Sie können aber auch mitunter auf null abgeschrieben werden, obwohl die dahinterstehenden Unternehmen operativ tätig sind, Cashflows erwirtschaften, gutes Geld verdienen und Dividenden ausschütten. Die Rede ist von russischen Aktien. Wir erinnern uns, dass der globale Westen im Februar 2022 beispiellose Finanzsanktionen gegen Russland verhängt hat. Weil der Handel mit russischen Wertpapieren an europäischen und amerikanischen Börsen ausgesetzt wurde und ausländische Investoren in Russland ebenfalls nicht handeln dürfen, wurde der Wert russischer Aktien und Anleihen in den Portfolios von Anlegern mit Null bewertet.
Haucht die Trump-Putin-Bromance russischen Aktien neues Leben ein?
Fast Forward: Seit der Wiederwahl Donald Trumps steigen die Erwartungen immer mehr Anleger, dass sich etwas grundlegend an den Finanzsanktionen gegen Russland ändert. Eine Indikation dafür ist die Kursentwicklung des JPMorgan Emerging Europe, Middle East & Africa, ein Fonds, der eine feste Anzahl an Anteilen begeben hat und an der Börse gehandelt wird. Seit der Wiederwahl Trumps Anfang November 2024 hat sich der Kurs des geschlossenen Fonds an der Londoner Börse fast verdreifacht. Seit Mitte Februar, als die Verhandlungen zwischen den USA und Russland aufgenommen wurde, sprang der Kurs von 206 pp auf 300 pp. Anleger schöpfen Hoffnungen nicht nur wegen einer möglichen Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine, sondern auch, weil die USA angedeutet haben, dass die Sanktionen gegen Russland gelockert werden könnten.
Auch wenn es keine Anzeichen dafür gibt, dass die europäischen Staaten ein Ende der Russland Sanktionen auch nur im entferntesten Sinne in Erwägung ziehen, könnte ein Ende der Finanzsanktionen der USA, eine Wiederaufnahme des Handels mit russischen Aktien an einem für europäische Investoren zugänglichen Marktplatz ermöglichen. Das würde bedeuten, dass die Fonds und ETFs, die nach Beginn der Invasion im Februar 2022 ihre Russland-Bestände auf null abgeschrieben hatten, ein „Outlet“ für russische Wertpapiere hätten – diese wären dann fungibel und liquide handelbar.
Wo sind die Russland-Aktien hin?
Die Frage, wer in Europa noch Russland-Aktien hält, ist nicht ganz trivial. In den ersten Tagen nach der Invasion herrschte Chaos pur an den Märkten. Etliche Fondsmanager verkauften unmittelbar nach dem Einfall der russischen Armee in der Ukraine zügig ihre Russland-Positionen, bevor die Sanktionen den Handel lahmlegten, oftmals zu Ramschpreisen. Die Aktie von Sberbank handelte in London zeitweise bei einem Dollar. Viele hielten jedoch an einigen Positionen fest, auch weil nicht klar war, wie hart die Sanktionen gegen Russland ausfallen würden. Manche wiederum zögerten deshalb, weil sie nicht wussten, ob ein Verkauf von Russland-Aktien vor der Verhängung offizieller Sanktionen nicht bereits ein Regelverstoß sein könnte.
In den vergangenen drei Jahren zeichneten sich folgende Vorgehensweisen ab:
Fondsliquidationen: Etliche Fondsgesellschaften haben nach dem 22. Februar 2022 ihre Russland- und Osteuropa-Fonds liquidiert. Vor der Invasion waren Osteuropa-Fonds faktisch Russland-Portfolios mit Anteilen von 70 Prozent und mehr an russischen Aktien. Zwei Beispiele unter vielen sind der iShares MSCI Eastern Europe UCITS ETF und der iShares MSCI Russia UCITS ETF. Beide Fonds befinden sich seit Juni 2022 im Prozess der Liquidierung. Im Gegensatz zu üblichen Fondsliquidationen zieht sich der Prozess noch bis in die Gegenwart, weil ETFs und Fonds nur sukzessive Käufer finden für ihre Russland-Aktien.
Schaffung sogenannter Side-Pockets: Etliche Osteuropa-Fonds und andere Sondervermögen haben „Seitentaschen“ eingerichtet, mit denen sie Russland-Aktien von den anderen Vermögenswerten trennen. Damit wurden die Fonds wieder „rückgabefähig“, das heißt, die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen konnte unabhängig der Russland-Aktien vonstattengehen. Gesetzliche Voraussetzungen wurden erst nach und nach 2022 geschaffen, in der Schweiz erteilte die FINMA 2024 erstmals die Genehmigung zur Schaffung von Side-Pockets. Manche Anbieter teilten ihre Fonds mit Russland-Aktien physisch auf: Der Blackrock Emerging Europe Fonds wurde im Mai 2024 zweigeteilt: Die illiquiden Russland-Aktien bleiben im Fonds, der liquide Teil des Portfolios wurde in neuen Fonds, Blackrock Emerging Europe II, übertragen.
Andere Fonds gingen den einfacheren Weg und beließen die auf null abgeschriebenen Russland-Aktien im Portfolio. Auch hier haben Anleger eine kostenlose „Russland-Option“, die allerdings für Außenstehende nicht erkennbar ist, aber dafür keine zusätzlichen Verwaltungs- und Administrationskosten verursacht.
Fallbeispiel EM Digital Leaders
Fondsmanager, die – in welcher Form auch immer – Russland-Aktien in ihren Portfolios halten, haben die Option, punktuell Wertpapiere an nicht-sanktionierte Anleger zu verkaufen. Das sind in erster Linie Hedgefonds, die genau auf die „Russland-Option“ aus sind. Doch wie viel ist diese Russland-Option wirklich wert? Steffen Gruschka, Berater des EM Digital Leaders, schildert seine Vorgehensweise bei der Bewertung der russischen Assets in dem von ihm beratenen Fonds.
„Aktuell liegt das Fondsvermögen des Emerging Markets Digital Leaders bei 13,7 Millionen Euro. Die russischen Aktienpositionen – darunter Sberbank, Renaissance Insurance und HeadHunter – werden aktuell mit null Euro bewertet, da ein Handel aus regulatorischen Gründen nicht möglich ist“.
Was wäre, wenn er diese Aktien wieder mit realistischen Kursen bewerten könnte – also so, wie sie an russischen Börsen aktuell gehandelt werden?
„Im ersten Schritt berechnen wir den Wert der russischen Positionen. Derzeit notiert Sberbank in Moskau bei 315 Rubel, Renaissance Insurance bei 129 Rubel. Am 27.3. lag der Euro/Rubel-Kurs bei 90,389 RUB. Daraus ergibt sich ein Wert von 3,48 Euro pro Sperbank-Aktie. Das Gleiche haben wir auch für Renaissance Insurance gemacht.“
Der Gesamtwert aller russischen Positionen im EMDL liegt aktuell bei rund 1 Million Euro. Offiziell wird der Wert allerdings mit null Euro angesetzt. Beim EMDL hätte die „Russland-Option“ also einen Wert von rund 7 Prozent des Fondsvermögens.
Allerdings handelt es sich hier um eine erste Taxe.
„Es ist nicht gesagt, dass die Kurse an der Moskauer Börse dem entsprechen, was man bei einer Wiederaufnahme des Handels mit Russland-Aktien in New York oder London erzielen können wird“,
so Gruschka. Zudem könne es sein, dass bei einer Wiederzulassung von Russland-Aktien an westlichen Märkten beziehungsweise der Zulassung von westlichen Investoren an der Moskauer Börse zunächst ein Abverkauf stattfinden werde.
Bis es so weit ist, dass Russland-Aktien wieder an Märkten des globalen Nordens handelbar sind, kann es allerdings noch dauern. In der Zwischenzeit ergeben sich immer wieder Verkaufsgelegenheiten. Fondsmanager Gruschka hat etwa vor gut einem Jahr seine Position in Cian plc, ein russisches Immobilienportal, an einen europäischen Vermögensverwalter veräußert. Angesichts der Ungewissheit über die künftige Wiederzulassung von Russland-Aktien war Steffen Gruschka mit einem 25-prozentige Discount auf den seinerzeitigen Kurs an der Börse Moskau durchaus zufrieden – wie auch die Investoren im EMDL, die einen Teil ihrer Russland-Option in einen Preisaufschlag beim EMDL übersetzen konnten.
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Autor
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Ali Masarwah ist Gesellschafter-Geschäftsführer der Fondsplattform envestor.de und schreibt auch Kolumnen über Investmentthemen für The Digital Leaders Fund. Anleger-orientiertes Research ist seit über 20 Jahren Alis Ding. Vor seiner Zeit bei envestor.de war er zehn Jahre lang bei Morningstar, wo er für die Personal Finance Websites des Analysehauses in Deutschland verantwortlich war. Als Experte für Anlagethemen ist er ein gefragter Ansprechpartner für Finanzmedien im deutschsprachigen Raum.
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