Sea-Aktie: Make Garena Great Again

14. May 2025

Sea Limited überzeugt im ersten Quartal 2025 mit starkem Wachstum und klarer Profitabilität. Besonders bemerkenswert: Die Gaming-Sparte Garena feiert ein fulminantes Comeback mit dem besten Quartal seit 2021. Die Sea-Aktie reagierte mit einem satten Kursplus von 8,1 Prozent. Wie viel Potenzial steckt noch in der Aktie?

Sea-Aktie: Quartalszahlen im Detail

Sea Limited hat im ersten Quartal 2025 den Konzernumsatz um 29,6 Prozent auf 4,84 Milliarden US-Dollar gesteigert. Damit wurde die Bloomberg-Konsensschätzung von 4,89 Milliarden leicht verfehlt. Deutlich stärker fiel jedoch das Ergebnis aus: Der Nettogewinn belief sich auf 410,8 Millionen Dollar, nachdem im Vorjahreszeitraum noch ein Verlust von 23,0 Millionen Dollar verbucht worden war. Der Gewinn pro Aktie lag mit 0,65 Dollar spürbar über den Erwartungen der Analysten von 0,60 Dollar.

Besonders stark entwickelte sich das operative Ergebnis: Das EBITDA lag bei 946,5 Millionen Dollar und damit deutlich über dem Bloomberg-Konsens von 657,2 Millionen Dollar. Die operative Marge stieg auf 19,6 Prozent (Vorjahr: 10,7 Prozent).

Im E-Commerce-Segment stieg der Gross Merchandise Value (Bruttowarenwert, GMV) um 21,5 Prozent auf 28,6 Milliarden Dollar, blieb damit jedoch leicht unter der Erwartung von 29,1 Milliarden Dollar. Die Anzahl der Bestellungen wuchs um 20,5 Prozent auf 3,1 Milliarden. Der Umsatz mit Marktplatz-Services lag bei 3,52 Milliarden Dollar (Schätzung: 3,65 Milliarden Dollar), wobei der Kernmarktplatz um 39,2 Prozent auf 2,4 Milliarden Dollar zulegte. Logistik- und andere Value-Added Services wuchsen dagegen nur um 4,1 Prozent. Das E-Commerce-EBITDA drehte von –21,7 Millionen auf +264,4 Millionen Dollar ins Plus – deutlich über der Bloomberg-Schätzung von 166 Millionen Dollar.

CEO Forrest Li hob hervor, dass Shopee die Kosten pro Lieferung in Asien um 6 Prozent und in Brasilien sogar um 21 Prozent senken konnte. „Diese Effizienzgewinne erlauben es uns, sowohl bessere Preise als auch besseren Service anzubieten.“ Zudem sei Shopee in der Lage, zunehmend Werbeeinnahmen zu realisieren, wobei die Werbeumsätze im ersten Quartal um über 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegten.

Die digitale Finanzsparte, seit Kurzem unter dem Namen „Monee“ firmierend, wuchs mit einem Umsatzplus von 57,6 Prozent auf 787,1 Millionen Dollar und übertraf damit die Schätzung von 738,4 Millionen Dollar. Das EBITDA legte um 62,4 Prozent auf 241,4 Millionen Dollar zu. Das ausstehende Kreditvolumen belief sich zum Quartalsende auf 5,8 Milliarden Dollar – davon 4,9 Milliarden on-book (Sea übernimmt das Kreditrisiko selbst) und 0,9 Milliarden off-book (Drittbanken tragen das Kreditrisiko). Die Quote notleidender Kredite (über 90 Tage überfällig) blieb mit 1,1 Prozent stabil.

Sea erweiterte im ersten Quartal das Kreditangebot u. a. um neue Produkte mit höheren Kreditrahmen, längeren Laufzeiten und niedrigeren Zinssätzen – etwa für Mobiltelefone und Motorräder. Diese neuen Angebote zielen laut CEO Forrest Li bewusst auf einkommensstärkere Nutzergruppen mit höherem Lifetime Value.

Zudem wuchs der Anteil der Kreditvergabe außerhalb von Shopee spürbar – etwa über QR-Code-basierte Transaktionen oder die eigenständige ShopeePay-App, die in Indonesien bereits über 30 Millionen Downloads verzeichnet. Li betonte, dass man gezielt ein diversifiziertes Kreditportfolio aufbaue, das weniger anfällig für konjunkturelle Schwankungen sei.

Im Segment Digital Entertainment erzielte Garena ein beeindruckendes Comeback: Die Bookings stiegen um 51,4 Prozent auf 775,4 Millionen Dollar, das EBITDA kletterte um 56,8 Prozent auf 458,2 Millionen Dollar – deutlich über der Erwartung von 313,6 Millionen Dollar. Die Nutzerbasis wuchs auf 661,8 Millionen monatlich aktive Nutzer (vs. Konsens: 640,2 Millionen), während die Zahl der zahlenden Nutzer mit 64,6 Millionen die Prognose von 53,1 Millionen deutlich übertraf. Der Umsatz stieg um 8,2 Prozent auf 495,6 Millionen Dollar.

Der Erfolg von Free Fire wurde maßgeblich durch die IP-Kooperation mit „Naruto Shippuden“ getrieben. Laut Forrest Li war es „die erfolgreichste Partnerschaft, die wir je umgesetzt haben“, mit über 300 Millionen Videoaufrufen und außergewöhnlich positiver Resonanz aus der Community.

Eine regionale Segmentierung der Zahlen wurde im Bericht nicht veröffentlicht. Li hat jedoch auf Erfolge in Asien und Brasilien verwiesen – Shopee habe seine Marktführerschaft in beiden Regionen mit verbesserter Profitabilität untermauert.

Ausblick

Sea Limited bestätigte die Jahresprognose und zeigt zuversichtlich. Für Shopee sollen weitere operative Effizienzgewinne und stärkere Monetarisierungspotenziale erschlossen werden – insbesondere durch Verbesserungen im Content- und Werbeangebot. Bei Monee liegt der Fokus weiterhin auf kontrolliertem Wachstum und stabilem Risikomanagement. In der Gaming-Sparte sollen weitere länderspezifische Inhalte und neue Titel für anhaltendes Wachstum sorgen. Konkrete Zahlen zur Prognose für Umsatz oder EBITDA im Gesamtjahr wurden jedoch nicht genannt.

In Bezug auf die langfristige Margenentwicklung bekräftigte CFO Tony Hou, dass man mittelfristig eine EBITDA-Marge von 2 bis 3 Prozent auf den GMV anstrebe, aber auch darüber hinaus Potenzial sehe – je nach Wettbewerbsumfeld. „Wir sind nicht auf diese Spanne beschränkt. Wenn Markt und Wachstum es zulassen, kann die Marge auch höher ausfallen.“

Positiv

Shopee konnte trotz hohem Wettbewerbsdruck erneut ein starkes GMV-Wachstum erzielen und gleichzeitig die Profitabilität deutlich steigern. Der operative Turnaround im E-Commerce-Segment ist besonders hervorzuheben, da er ohne aggressive Subventionierung gelang.

Monee zeigt eindrucksvoll, wie erfolgreich Sea im Fintech-Bereich skaliert. Mit einem stabilen Kreditportfolio, starkem Umsatzwachstum und wachsendem EBITDA hebt sich die Sparte positiv von vielen Wettbewerbern ab.

Garena erlebt mit dem Erfolg der „Free Fire × Naruto“-Kampagne eine bemerkenswerte Wiederbelebung. Die Rückkehr zu Nutzerzahlen auf Pandemie-Niveau in Kombination mit höherem Average Revenue per User (ARPU) stärkt die Diversifikation des Konzerns.

Negativ

An den Zahlen selbst gibt es wenig auszusetzen – wer etwas kritisieren will, muss schon auf den Umsatz oder GMV schielen, die jeweils leicht unter den Erwartungen lagen. Das ist angesichts der starken Profitabilitätskennzahlen jedoch zu verschmerzen. Im Call wurde das indirekt durch den Hinweis auf eine saisonale Verschiebung rund um den frühen Ramadan in Südostasien erklärt, der einen Teil der Nachfrage in das zweite Quartal verlagert haben dürfte.

Dürftig ist bei Sea allerdings weiterhin die nach wie vor mangelhafte Transparenz auf Länderebene. Weder im Bericht noch im Call wurden konkrete Zahlen zu einzelnen Märkten wie Indonesien, Malaysia oder Brasilien genannt. Das ist aus Unternehmenssicht nachvollziehbar – man will sich ungern in die Karten schauen lassen. Für Investoren wäre eine granulare Darstellung der regionalen Dynamiken dennoch wünschenswert. Das rechtfertigt einen Bewertungsabschlag gegenüber transparenteren Gesellschaften wie Mercadolibre. 

Sea-Aktie: Fazit & Bewertung

Sea Limited hat im ersten Quartal 2025 eindrucksvoll geliefert: Alle drei Geschäftsbereiche verzeichneten signifikantes Wachstum bei gleichzeitig steigender Profitabilität. Besonders bemerkenswert ist der operative Turnaround im E-Commerce – der lange als Verlustbringer galt – sowie das Comeback von Garena. Auch Monee entwickelt sich zur stabilen zweiten Wachstumssäule neben Shopee.

Die Sea-Aktie reagierte positiv auf die Zahlen: Am Tag der Veröffentlichung legte der Kurs um 8,1 Prozent zu. 

Aus Bewertungssicht ist klar: Die ganz große Chance, als die Aktie noch bei rund 40 Dollar notierte – ein Niveau, auf dem wir sie aktiv aufgestockt haben –, ist vorerst vorbei. Heute ist Sea kein offensichtliches Schnäppchen mehr. Auf Basis der Schätzungen für die nächsten vier Quartale liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis bei 37,4; der EV/EBITDA-Multiplikator bei 25,03 und das EV/Sales-Verhältnis bei 3,9. Diese Bewertung reflektiert bereits das wiedergewonnene Vertrauen des Marktes in die nachhaltige Profitabilität.

Gleichzeitig bleibt das mittel- bis langfristige Potenzial entscheidend: Für das Jahr 2027 erwartet der Markt eine deutliche Entspannung der Multiples – mit einem erwarteten KGV von 23,7, einem EV/EBITDA von 15,7 und einem EV/Sales von 3,0. Das zeigt: Auch wenn die ganz tiefe Unterbewertung nicht mehr gegeben ist, bleibt Sea auf Sicht von zwei Jahren eine attraktive Wachstumsaktie mit klarem operativen Hebel – insbesondere im Vergleich zu Peers wie MercadoLibre oder Amazon, die bei höheren Multiples gehandelt werden und langsamer wachsen.

Die Sea-Aktie ist aktuell mit 5,1 Prozent im EM Digital Leaders gewichtet und mit 3,8 Prozent im The Digital Leaders. An dieser Position halten wir fest.

Autor

  • Steffen Gruschka

    Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.

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Steffen Gruschka

Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.

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