Im vergangenen Jahr haben Anleger gleich zweimal in Panik die Sea-Aktie nach Vorlage der Quartalszahlen abverkauft. Mutige Aktionäre sind an Bord geblieben und wurden danach mit einem Kursgewinn von annähernd 200 Prozent belohnt. Aktuell sind Anleger optimistischer. Wie viel Potenzial steckt jetzt noch in der Sea-Aktie?
Letztes Jahr erlebte die Sea-Aktie nach den Zahlen zum zweiten und dritten Quartal starke Rückschläge, da der Markt ruinösen Wettbewerb und hohe Verluste befürchtete. Dieses Mal aber stieg die Sea-Aktie nach Vorlage der Quartalsergebnisse des asiatischen E-Commerce-Riesen am Tag der Veröffentlichung um über 10 Prozent. Warum SEA Limited (Sea) dieses Mal an der Börse die Lichter ausgeschossen hat und wie die Perspektiven für die Sea-Aktie aktuell aussehen.
Sea-Aktie: Kurschart seit 1. August 2023; USD
Sea-Aktie: Nach den Zahlen kam das Kursfeuerwerk
Der Umsatz im dritten Quartal stieg auf 4,3 Milliarden Dollar, 31 Prozent mehr als im Vorjahr (alle Zahlen im Vergleich zum dritten Quartal 2023). Die Analysten hatten laut Bloomberg-Konsens durchschnittlich 6 Prozent weniger erwartet.
Gleichzeitig wurden für Vertrieb und Marketing mit 879 Millionen Dollar 4 Prozent weniger ausgegeben. Die administrativen Kosten stiegen auch vergleichsweise gemäßigt um 12 Prozent auf 307 Millionen Dollar.
Das bereinigte EBITDA explodierte von 35,3 Millionen auf 521,3 Millionen Dollar und war damit um 9 Prozent höher, als es die Analysten erwartet hatten.
Nachdem das Nettoergebnis letztes Jahr noch mit minus 144 Millionen Dollar negativ war, wurde dieses Jahr ein Gewinn von 153 Millionen Dollar erreicht. Das ist fast 20 Prozent mehr als erwartet.
Der Bargeldbestand (inklusive kurzfristiger Anlagen) stieg um sagenhafte 929 Millionen auf 9,9 Milliarden Dollar. Hier ist allerdings ein Einmaleffekt von 429 Millionen Dollar aus dem Rückkauf von Anleihen enthalten. Dennoch ist die Kriegskasse beeindruckend prall gefüllt.
E-Commerce im grünen Bereich
Die Zahl der Bestellungen im Marktplatz-Geschäft (Shopee) stieg um 24 Prozent auf 2,8 Milliarden. GMV (Bruttowarenwert) stieg um 25 Prozent auf 25,1 Milliarden Dollar. Der Umsatz stieg um 43 Prozent auf 3,2 Milliarden Dollar.
Es wurde ein Segment-EBITDA von 34 Millionen Dollar verdient, im letzten Jahr waren es noch 347 Millionen Dollar Verlust. Dabei treten sowohl die asiatischen Märkte mit 31 Millionen Dollar (Vorjahr -306 Millionen Dollar) als auch der Rest der Welt mit 4 Millionen Dollar (Vorjahr minus 40 Millionen Dollar) ins Plus.
Die Zahl der Anzeigenkunden stieg um 10 Prozent. Der Umsatz der Werbekunden stieg um 25 Prozent, die Take Rate erhöhte sich um 30 Basispunkte. Das ist auch auf eine Verbesserung des Algorithmus hinsichtlich der Platzierung von Werbung zurückzuführen.
Die Zahl der Live-Streamer auf der Plattform wuchs im dritten Quartal um über 50 Prozent und die Zahl der Käufer stieg um 15 Prozent. Shopee ist im wichtigsten Markt in Indonesien Marktführer bei Livestreaming-Einkäufen, sowohl was die Anzahl als auch den Bruttowarenwert betrifft. Dank einer Kooperation mit YouTube können Videoproduzenten jetzt direkt auf Shopee zum Einkaufen verlinken.
Fintech: Volle Fahrt voraus
Richtig Gas hat Sea bei der Kreditvergabe gegeben. Alleine im letzten Quartal wurden 4 Millionen neue Kunden im Kreditgeschäft gewonnen. Typischerweise wird den Kunden zunächst ein BNPL (Buy Now, Pay Later) Kredit mit kurzer Laufzeit angeboten. Disziplinierte Rückzahler erhalten dann allmählich höhere Kreditrahmen. Besonders guten Kunden gibt Shopee auch Kredite außerhalb der Plattform, zum Beispiel zum Kauf eines Mobiltelefons in einem stationären Geschäft (mit dem diese dann noch mehr bei Shopee einkaufen können).
Die Zahl der aktiven Kreditoren stieg zum Quartalsende auf 24 Millionen. Das ist im Jahresvergleich ein Plus von 60 Prozent. Das Kreditvolumen (Privatkunden und Kleinunternehmen) stieg um 73 Prozent auf 4,6 Milliarden Dollar. Davon wurden 3,8 Milliarden auf das eigene Buch genommen. Der durchschnittlich ausstehende Kreditbetrag pro Kunde liegt bei unter 200 Dollar. Der Anteil der faulen Kredite lag im vergangenen Quartal bei 1,2 Prozent, was eine leichte Verbesserung gegenüber dem zweiten Quartal darstellt (1,3 Prozent).
Der Fintech-Umsatz stieg um 38 Prozent auf 616 Millionen Dollar, EBITDA mit 13,4 Prozent höher bei 188 Millionen Dollar.
Digital Entertainment: Feuer frei!
Im dritten Quartal war Free Fire, die Cashcow des Unternehmens, wieder das auf Mobiltelefonen am meisten heruntergeladene Spiel weltweit. Die Zahl der neuen Spieler stieg im Jahresvergleich um 25 Prozent. Die Zahl der Spieler insgesamt erhöhte sich gleichzeitig um 16 Prozent auf 629 Millionen.
Die Zahl der zahlenden Spieler stieg um 24 Prozent auf 50 Millionen. Diese gaben auch im Durchschnitt mehr aus, nämlich 0,89 Dollar versus 0,82 Dollar im letzten Jahr. Nach einer langen Durststrecke gaben die Gamer damit wieder mehr aus: 557 Millionen Dollar, das ist 24 Prozent mehr als im Vorjahr.
Das adjustierte EBITDA stieg um 34 Prozent auf 314 Millionen Dollar, die EBITDA-Marge erhöhte sich damit von 52 auf 57 Prozent.
Ausblick
Das wirtschaftliche Umfeld in Südostasien ist gut, die Wirtschaft in Indonesien, dem größten Markt in Südostasien, wächst aktuell mit 4,8 Prozent, im nächsten Jahr sollen es 4,9 Prozent sein. Vietnam und die Philippinen wachsen sogar um über 6 Prozent. Das ist sowohl für den Marktplatz als auch für das Fintech-Geschäft gut.
Das Unternehmen stellte eine Erfüllung des Jahresziels im Bereich E-Commerce in Aussicht: Der Bruttowarenwert soll um 25 Prozent wachsen. Im Gaming wird jetzt eine Steigerung der Umsätze von rund 30 Prozent angepeilt, bisher ging man lediglich von einem niedrigen zweistelligen Wachstum aus.
Positiv
Die Konkurrenzsituation in Südostasien bleibt stabil, ein ruinöser Wettbewerb durch den Markteintritt von TikTok ist ausgeblieben. Es gibt zwar keine Angaben zu Marktanteilen, das zeigt sich aber zunehmend in der Profitabilität der Gesellschaft im dritten Quartal. Im Analysten-Call gab es nicht eine Frage zur Konkurrenzsituation oder zum einstigen Gespenst TikTok. Allerdings betonte das Management, man wolle auch 2025 profitabel wachsen.
Negativ
Nach wie vor ist die Berichterstattung von Sea Limited äußerst spartanisch. Bei Kaspi, MercadoLibre et cetera gibt es deutlich mehr Details. Damit müssen Anleger weiterhin leben und sich damit beruhigen, dass die Konkurrenz eben auch weniger weiß.
Fazit zur Sea-Aktie
Das Plattformgeschäft kommt jetzt an den Sweet Spot: Der Umsatz wächst und die operativen Kosten der Bedienung pro Kunden sinken. Dadurch wird Sea profitabel. Das heißt natürlich nicht, dass damit alle Risiken vom Tisch sind, aber das Gespenst vom ruinösen Wettbewerb macht bis auf Weiteres Pause. Je mehr Zeit vergeht und je mehr sich der Markt entwickelt, desto unwahrscheinlicher wird es, dass neue Player mit tiefen Taschen die Sea-Party vermiesen.
Die Sea-Aktie hat sich seit unseren Analysen vom September und November letzten Jahres, als wir darauf hingewiesen haben, dass Anleger in ihrer Panik unseres Erachtens das Bad mit dem Kind ausschütten, fast verdreifacht.
Mit einer Bewertung von 3,3 × Umsatz (EV/SALES) und 23 × EV/EBITDA ist das Unternehmen nach dem starken Kursanstieg natürlich nicht mehr so günstig wie vor einem Jahr. Allerdings ist die Sea-Aktie immer noch weit weg von den Höchstkursen von über 350 Dollar zum Jahresende 2021 und Sea ist als Marktführer das ideale Exposure für ein E-Commerce-Investment in Südostasien.
Außerdem ermöglicht die pralle Kriegskasse mit knapp 10 Milliarden Dollar neben der Zahlung von Dividenden oder Rückkaufprogrammen für die Sea-Aktie auch die Möglichkeit, Akquisitionen vorzunehmen.
Es besteht daher mittel- bis langfristig noch erhebliche Kursphantasie für die Sea-Aktie, vor allem, wenn keine neuen Seeungeheuer im asiatischen Wettbewerbsumfeld auftauchen.
Die Sea-Aktie bleibt eines der Top-Gewichte im EM Digital Leaders.
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Autor
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Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.
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