Einige ganz aufmerksame Abonnenten unseres Newsletters haben beim Blick auf das Portfolio von The Digital Leaders Fund schon bemerkt, dass es inmitten des Corona-Crashs gleich mehrere Unternehmen neu in unser Depot geschafft haben. Eine neue Aktie in unserem Depot ist die Slack Aktie. Den Collaboration-Software-Anbieter Slack möchte ich heute hier im Blog vorstellen.
Das Unternehmen wurde 2009 in Vancouver, Kanada, von dem Team um Serial Entrepreneur Stewart Butterfield gegründet, der die Foto-Plattform Flickr 2005 an Yahoo verkauft hatte. Eigentlich wollte er damals ein Computerspiel namens Glitch auf den Markt bringen. Damit ist man jedoch 2012 gescheitert. Daraufhin brachte Butterfield 2013 Slack als „Searchable Log of All Conversation and Knowledge“ an den Start. Tatsächlich war Slack zunächst ein einfaches Tool, welches das Gründerteam ursprünglich nur für den internen Einsatz rund um die Entwicklung von Glitch nebenbei gebaut hatte.
Innerhalb von nur wenigen Jahren nach dem Launch hatte Slack eine riesige Fangemeinde im Silicon Valley für sich gewonnen und entwickelte sich in Rekordzeit weiter zur cloud-basierten Kommunikationsplattform für Real-Time-Collaboration.
Das SaaS-Produkt ist mit wenigen Worten nur schwer zu beschreiben. Man muss es benutzen, um den Mehrwert zu erfahren. Slack ist für mich eine gelungene Mischung aus Instant Messaging mit der Integration fast aller gängigen cloudbasierten Tools zur effizienten Zusammenarbeit von virtuellen Teams innerhalb und außerhalb des eigenen Unternehmens. Ich selbst nutze Slack nun schon seit etlichen Jahren sehr erfolgreich als E-Mail-Killer in praktisch all meinen Projekten. Ich persönlich will mir meine eigene Arbeitswelt nicht mehr ohne Slack vorstellen.
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Slack Aktie – Der IPO, der keiner war
Kein Wunder also, dass wir schon seit dem IPO im Juni 2019 die Entwicklung der Slack Aktie aufmerksam verfolgt haben. Strenggenommen handelte es sich beim Börsengang nicht um einen klassischen IPO, denn es gab keine Kapitalerhöhung und keinen normalen Emissionsprozess. Es handelte sich vielmehr ausschließlich um eine Notierungsaufnahme der bestehenden Aktien ohne die übliche Lockup-Periode für Altaktionäre an der NYSE (New York Stock Exchange) im Rahmen eines sogenannten Direktlistings.
Dieses ungewöhnliche Experiment des Direktlistings muss wohl als gescheitert angesehen werden. Der Kurs der Slack Aktie kannte bis zum Ausbruch der Corona-Krise eigentlich nur eine Richtung und bewegte sich bis zum Corona-Crash stetig gen Süden. Der Grund dafür: die Aktie war überteuert an den Markt gebracht worden.
Auch uns erschien Slack zunächst überbewertet, denn das Unternehmen wurde nach dem IPO mit bis zu $20 Milliarden gehandelt, obwohl Slack im August 2018 – also nur 9 Monate vor dem IPO – in einer privaten Finanzierungsrunde noch mit $ 7 Milliarden bewertet worden war.
Warum haben wir in den vergangenen Wochen unsere Meinung geändert und zu Kursen unter 20$ Slack ins Portfolio von The Digital Leaders Fund aufgenommen?
Kunden lieben Slack
Von meiner ganz persönlichen Vorliebe für Slack zur Organisation der Arbeit meiner virtuellen Teams hatte ich schon berichtet. Offenbar sehen das die allermeisten Slack-Kunden genauso, denn die Customer Retention Rate beträgt seit vielen Quartalen über 130 Prozent. Somit weiten die insgesamt über 110.000 Bestandskunden ihre Nutzung der Slack-Plattform stetig aus und zahlen im Schnitt über 30 Prozent mehr als im Vorjahr für die Nutzung der Slack-Services.
Mindestens genauso wichtig für den nachhaltigen Erfolg von Slack als Unternehmenssoftware ist es, dass es gelingt, mehr und mehr Großkunden für sich zu gewinnen.
Die Anzahl der Enterprise Kunden mit einem jährlichen Umsatz größer als 100.000$ ist zuletzt auf 893 angestiegen, 70 Kunden zahlen sogar mehr als $1 Million jährlich.
Wettbewerb mit Microsoft Teams
Der Fokus auf den Aufbau einer Vertriebsorganisation für den Großkundenvertrieb zahlt sich für Slack also aus. Es gelingt Slack, diese anspruchsvollen Kunden vom eigenen Mehrwert zu überzeugen, obwohl die allermeisten dieser Kunden die Office-Suite von Microsoft nutzen und damit das Konkurrenzprodukt MS Teams ohnehin bereits „kostenlos“ im Hause haben.
Microsoft hat seit Jahren gehörigen Respekt vor dem Newcomer Slack. Angeblich wollten die R&D-Verantwortlichen bei Microsoft in 2016 (also nur wenige Jahre nach der Gründung) Slack für den strategischen Preis von $8 Milliarden übernehmen, um den ersten ernstzunehmenden Herausforderer in der Bürokommunikation seit vielen Jahren aus dem Weg zu räumen.
Dieser Deal kam bekanntlich nicht zustande. Seitdem legt man in Redmond großen Wert darauf, dass MS Teams eine größere Userbasis hat als der Hauptkonkurrent Slack.
Im November 2019 hatte Microsoft noch von 20 Millionen DAUs (täglich aktive User) für MS Teams gesprochen, gegenüber 12 Millionen Slack-Usern im Oktober 2019. Seitdem ist in nur wenigen Monaten die Nutzung beider Konkurrenten regelrecht explodiert. Microsoft sprach vor wenigen Tagen von 44 Millionen DAUs.
Aktuelle Zahlen von Slack sind leider nicht bekannt. Doch der Blick auf die App-Downloadzahlen deutet auf ein rasantes Wachstum hin.
Quelle: Sensor Tower
Noch beeindruckender als die schiere Anzahl von Usern ist jedoch das hohe User-Engagement bei Slack. Der typische Slack-User hat die App 9 Stunden am Tag geöffnet und nutzt sie dabei aktiv für 87 Minuten. Das ist eine von keiner anderen Software erreichte Userbindung, und ist sogar wesentlich größer als das Engagement bei den Social Networks: die durchschnittliche tägliche Nutzung bei Facebook beträgt 58 Minuten, Instagram 53 Minuten, YouTube 40 Minuten, WhatsApp 28 Minuten und Pinterest 14 Minuten. Vergleichbare Engagement-Zahlen von MS Teams sind nicht bekannt.
Slack-User lieben die App und verbringen meist ihren kompletten Arbeitstag in der Slack-Umgebung. Die Identifikation mit Slack geht soweit, dass sich in USA in der Alltagssprache „to slack“ als Synonym für Business Messaging etabliert hat. Jetzt wird zumindest im Office nicht nur „gegoogelt“, sondern auch „geslackt“.
Slack könnte zudem davon profitieren, dass MS Teams offenbar einige Limitationen in der Skalierbarkeit hat. Einige davon sind hier offen kommuniziert, andere verursachten einen Systemausfall durch die stark gestiegene Nutzung in der Corona-Krise.
Wir glauben, dass Slack auch neben dem übermächtigen Konkurrenten Microsoft Teams mit seiner innovativen Technologie und Skalierbarkeit dauerhaft erfolgreich wachsen kann.
Wie so oft könnte hier der „Developer Mindshare“ entscheidend sein: Software-Entwickler lieben Slack als offene Alternative zu Microsoft. Das Slack-Ökosystem beinhaltet mittlerweile 700.000 aktive Entwickler und 2.000 zusätzliche Apps von Drittherstellern. Das ist der Stoff aus dem echte Plattformfirmen entstehen. Slack hat damit bereits heute einen enormen Burggraben aufbauen können.
Slack Aktie: Geschäftszahlen zum FY20
Kürzlich hat Slack Geschäftszahlen für das Ende Januar beendete FY20 vorgelegt, die trotz eines hohen ausgewiesenen Verlustes zumindest auf den zweiten Blick überzeugen können.
Der Umsatz konnte im FY20 um 57 Prozent auf $630 Millionen gesteigert werden, im Q4 verlangsamte sich das Wachstum auf 49 Prozent.
Die Bruttomarge beträgt seit längerem deutlich über 85 Prozent.
Die operative Marge hat sich in den vergangenen Quartalen deutlich verbessert und betrug zuletzt -13 Prozent nach -31 Prozent im Vorjahresquartal.
Noch positiver entwickelte sich der Free Cashflow, der im Q4 erstmals seit langem den Break-Even erreichte. Zum Vergleich: vor Jahresfrist hatte Slack noch 25 Prozent des Umsatzes als Cash-Burn zu verzeichnen.
Slack hatte zum 31.01.2020 einen Cashbestand von $769 Millionen, ist schuldenfrei und damit mehr als ausreichend finanziert.
Das nach GAAP ausgewiesene EBIT für das abgelaufene Geschäftsjahr war mit -$588 Millionen erschreckend negativ. Es ist aber durch den Börsengang und die im Vorfeld ausgegebenen Mitarbeiteraktien bzw. Aktienoptionen extrem verzerrt und wird sich im laufenden Jahr deutlich verbessern.
Guidance für das FY21
Für das im Februar gestartete neue Geschäftsjahr 2020/2021 erwartet Slack gemäß der offiziellen Guidance, die am 12. März veröffentlicht wurde, einen Umsatzanstieg von 35 Prozent auf $852 Millionen und einen Anstieg der Billings um 29 Prozent auf $985 Millionen. Der Free Cashflow soll im FY21 erstmals in einem Gesamtjahr in etwa den Break-Even erreichen.
Ich halte diese Guidance unter den aktuellen Umständen für extrem konservativ, um es vorsichtig auszudrücken. Denn Slack zählt zu den wenigen Gewinnern der Corona-Krise. Wie kaum ein anderes Softwareunternehmen profitiert Slack von der Notwendigkeit, so viel Büroarbeit wie möglich ins Home-Office zu verlagern. Dieser seit Jahren vorhandene Trend zum Work-At-Home wird in diesen Wochen und Monaten in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit beschleunigt.
In den letzten Quartalen vor der Corona-Krise hatte sich die Anzahl der Neukunden für Slack bei circa 5.000 pro Quartal stabilisiert. Das Unternehmen fokussierte sich im Vertrieb bewusst mehr auf größere Kunden, welche die volle Leistungsfähigkeit eines offenen Systems zur Echtzeit-Kommunikation nutzen und schätzen können.
Vor wenigen Tagen inmitten des Corona-Crashs hat Slack nun bekanntgegeben, dass man in den ersten 7 Wochen des neuen Geschäftsjahres bereits 7.000 neue Kunden gewinnen konnte.
Wir gehen davon aus, dass diese Kunden, die jetzt durch die Corona-Sonderkonjunktur gewonnen werden, auch dauerhaft zufriedene Slack-Kunden sein werden. Der resultierende Zusatzumsatz ist also kein Einmaleffekt, sondern ein Ausbau der wiederkehrenden Umsatzbasis und dürfte den Weg zur nachhaltigen Profitabilität für Slack deutlich beschleunigen.
Die Guidance für das FY21 sollte unter diesen Voraussetzungen deutlich übertroffen werden. Ich gehe von mehr als $1 Milliarde Billings und einem deutlich positiven Free Cashflow aus.
Bewertung der Slack Aktie
Bei einem Kurs von 26$ wird Slack mit einem Enterprise Value von $13 Milliarden bewertet. Das bedeutet ein EV/Sales-Verhältnis von 15 für das laufende Geschäftsjahr. Damit ist die derzeit extrem volatile Slack Aktie nach einer 50 Prozent-Erholungs-Rallye seit den Tiefständen im Crash und seit unserem Investment kurzfristig wieder wesentlich teurer geworden.
Wir erwarten weiter heftig schwankende Kurse und sehen Slack als einen der nachhaltigen Gewinner der Corona-Krise. Ob Slack sich in seinem Markt dauerhaft zu einem unabhängigen und ernstzunehmenden Herausforderer von Microsoft entwickelt, das bleibt abzuwarten.
Falls nicht, so könnte Slack auch schnell zum interessanten Übernahmekandidaten werden. Der wohl größte Kunde von Slack ist IBM mit 350.000 Slack-Usern. Die älteren unter Euch erinnern sich eventuell noch an die misslungenen Versuche der IBM, mit der Collaboration-Software Lotus Quickr die Microsoft Vorherrschaft zu brechen. Nicht auszuschließen ist, dass Big Blue einen nochmaligen Versuch mit Slack starten könnte, falls es Slack nicht gelingen sollte, den eigenen Kurs hochzuhalten und damit seine Unabhängigkeit zu bewahren.
Wir freuen uns über das glückliche Timing bei unserem Einstieg in die Slack Aktie und werden das Unternehmen auf seinem weiteren Weg interessiert begleiten. Hier kannst Du Dich jetzt für unseren kostenlosen Newsletter anmelden, um auch in Zukunft nichts zu verpassen.
Autor
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Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.
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2 Antworten
Wo im Newsletter sieht man denn, was im Portfolio ist? Dort ist kein Link oder Uebersicht angegeben? Das habe ich noch nie gesehen?
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