Slack: E-Mail-Killer oder Alternative zu Microsoft Teams?

16. Juli 2020

Slack E-Mail Killer - Slack Logo und Schriftzug an Gebäude

Kurz nach dem Corona-Crash hatte ich Ende März hier im Blog erstmals den Collaboration- Software-Anbieter Slack und die Slack Aktie aus unserem Portfolio vorgestellt. Unser Timing beim Einstieg im März war glücklich, die Aktie hat sich seitdem in nur 4 Monaten im Wert verdoppelt.

Im Umfeld von Slack gab es in den vergangenen Monaten einige spannende Entwicklungen, auf die wir mit diesem Update zur Slack-Aktie eingehen möchten.

Entwicklung der Slack Aktie - Chart
Entwicklung der Slack Aktie.

Die Ergebnisse im Q1 FY 2021

Im bis zum 30. April laufenden 1. Quartal des FY21 hat Slack den Umsatz um 50 Prozent auf $202 Millionen gesteigert. Weniger schnell wuchsen die Billings, die im Jahresvergleich „nur“ um 38 Prozent vorangekommen sind. Herausragend gut ist bei Slack die Bruttomarge, die nach GAAP in diesem Quartals auf über 87 Prozent gesteigert wurde (Non-GAAP 89 Prozent).

Die operative Marge verbesserte sich innerhalb Jahresfrist (Non-GAAP) von -25 Prozent auf -8 Prozent.

Auch der Free Cashflow hat sich sehr positiv entwickelt. Während im Vorjahresquartal noch $34 Millionen Cash abflossen (Marge -25 Prozent), war der Free Cashflow nun mit $3,7 Millionen im positiven Bereich (Marge +2 Prozent).

Diese Entwicklung zeigt den großen Hebel bzgl. der Profitabilität mit wachsenden Umsätzen im Slack Geschäftsmodell.

Mehr Neukunden als je zuvor

Herausragend war in den ersten Monaten der Corona-Krise die Entwicklung der Kundenbasis. Slack gewann von Februar bis April 2020 begünstigt durch Work-At-Home 90.0000 Unternehmen als User hinzu, und diese nutzen die Slack-Plattform in Corona-Zeiten intensiver als je zuvor. Die aktive Nutzung beträgt durchschnittlich über 2 Stunden am Tag, das ist ein herausragendes Kundenengagement.

Statistik steigende Nutzungszahlen von Slack in Corona Zeiten
Während der Corona-Krise nutzen immer mehr Menschen Slack. Im Durchschnitt über 2 Stunden täglich.

Im Q1 begrüßte man netto 12.000 neue zahlende Kunden und konnte  Ende Q1 über 122.000 zahlende Kunden vorweisen. Gemeinsam mit der sehr guten Net Retention Rate von 132 Prozent ist das eine fantastische Ausgangsbasis für das weitere Wachstum in den kommenden Jahren.

Ebenso wichtig: Auch die Anzahl der Großkunden mit jährlichem Umsatz > 100.000$ wurde um fast 50 Prozent auf 963 gesteigert. Diese machen nun bereits 49 Prozent des Gesamtumsatzes aus gegenüber 43 Prozent vor 12 Monaten.

Die Guidance für das FY 2021

Trotz dieser sehr guten Entwicklungen in der Kundenbasis stürzte der Slack-Aktienkurs nach den Q1 Zahlen Anfang Juni um 25 Prozent ab. Der Grund waren neben den überzogenen Erwartungen des Marktes eine vorsichtige Guidance des Unternehmens.

Das Management hat darauf hingewiesen, dass Slack nicht nur von Corona profitiert (siehe Neukundenwachstum und Kundenengagement), sondern durchaus auch leidet, da Teile der Kundenbasis erheblich und teilweise existentiell von der Rezession betroffen sind. Daher müssen viele Kunden ihre Mitarbeiterzahl reduzieren was bei Slack zu rückläufigen Subskriptionsgebühren dieser Kunden führt.

Aufgrund der hohen Unsicherheit hat Slack keine Guidance für die Billings im Gesamtjahr bekanntgegeben. Der besser zu prognostizierende weil wiederkehrende Umsatz soll im FY21 um circa 37 Prozent auf circa $863 Millionen wachsen. Das wäre eine deutliche Verlangsamung im Corona-Jahr auch beim vermeintlichen Corona-Gewinner Slack. Im Vorjahr hatte das Umsatzwachstum noch 57 Prozent betragen.

Partnerschaft mit Amazon

Anfang Juni wurde eine interessante Partnerschaft zwischen Amazon bzw. AWS und Slack bekanntgegeben. Einerseits bedeutet diese Partnerschaft, dass im Rahmen einer Unternehmenslizenz (theoretisch) alle Amazon Mitarbeiter künftig Slack nutzen. Wie viele der 840.000 Amazon Mitarbeiter das mittlerweile auch aktiv tun sei dahingestellt.

Aber diese Partnerschaft geht weit über den Großkunden Amazon hinaus, denn es handelt sich auch um eine umfassende Technologiepartnerschaft. Slack wird zukünftig nicht nur die Infrastruktur von AWS für das eigene Hosting der Slack Plattform nutzen, sondern auch die Amazon Chime Services für Audio- und Video-Calls in das Slack-Produkt integrieren. Diese Funktionen wurden bisher als funktionale Schwächen von Slack gegenüber Microsoft Teams gesehen. Es ist zu erwarten, dass Slack mit der Unterstützung von Amazon diesbezüglich zügig aufholen wird.

Wettbewerb mit Microsoft Teams

Die Kritiker von Slack stellen in ihren Analysen immer wieder den Wettbewerb mit dem übermächtig erscheinenden Wettbewerber Microsoft Teams in den Mittelpunkt ihrer Analysen. Und tatsächlich hat Microsoft Teams Slack in 2019 deutlich überrundet was die schiere Anzahl der Benutzer angeht.

Statistik Microsoft Teams vs Slack Nutzerzahlen
Microsoft Teams vs. Slack

Das ist auch wenig verwunderlich, da Slack gegen einen meist „kostenlosen“ Gegner ankämpft. MS Teams ist Bestandteil einer MS 365-Subscription, die bei MS- Unternehmenskunden meist ohnehin im Paket enthalten ist. Es geht bei diesem verzerrten  Wettbewerb also gar nicht darum, ob MS Teams besser ist als Slack. Wichtig für MS ist, dass Teams „gut genug“ ist, so dass die MS Enterprise Kunden das „kostenlose“ Teams nutzen und damit im MS-Ökosystem bleiben.

Das klingt nach einem Kampf, den Slack zumindest in der MS-Kundenbasis nicht gewinnen kann. Derzeit noch wichtiger für Slack ist daher die führende Position als Collaboration-Plattform bei all den Unternehmen, die keine typischen Microsoft Kunden sind.

Im Umfeld von tausenden, schnell wachsenden StartUps, die gegenüber Microsoft eher Google Cloud Plattform und AWS sowie das Apple-Ökosystem bevorzugen, gibt es glücklicherweise einen genügend großen Markt für eine entsprechende Microsoft-Alternative.

Stewart Butterfield, CEO von Slack, wird nicht müde zu betonen, dass er MS Teams nicht als Head-to-Head Wettbewerber von Slack ansieht. Folgerichtig tut er alles, um Slack in eine Richtung weiterzuentwickeln, die Slack in Zukunft auch für Microsoft Teams Anwender noch interessanter macht.

Tatsächlich erscheint es so, dass auch MS selbst sein Teams Produkt nicht unbedingt gegen Slack positioniert. In der Weiterentwicklung fokussiert man in Redmond mehr auf die Videoconferencing-Funktionalität und damit den Wettbewerb mit Zoom. Zumindest lesen sich die für die kommenden Monate angekündigten neuen Features in MS Teams wie eine Kampfansage in Richtung Zoom.

Slack Connect als E-Mail Killer

Am 24. Juni wurde mit Slack Connect die vielleicht wichtigste Neuerung seit vielen Jahren offiziell gelauncht.

Bisher war Slack mehr oder weniger ein Tool für die firmeninterne Zusammenarbeit. Zwar konnte man auch externe Mitarbeiter zu einem Slack-Channel einladen, aber ein solcher Kanal war immer eindeutig einer bestimmten Organisation zugeordnet. Mit Slack Connect können sich nun auch mehrere Unternehmen  gemeinsame Slack Channel teilen, administrieren und damit z.B. alle an einer Lieferkette beteiligten Teams zusammenbringen.

Was bedeutet das: in der Praxis war Slack schon bisher für viele Power-User ein E-Mail-Killer. Ich selbst versende schon seit Jahren praktisch keine internen Mails mehr, da diese Art der Kommunikation durch Slack Channels obsolet wurde. Das ist einerseits viel effizienter und bequemer, auf der anderen Seite wird das unsichere Medium E-Mail durch ein Medium mit geschlossenem Benutzerkreis ersetzt.

Ab sofort gibt es mit Slack Connect die Möglichkeit, eine sichere Verbindung auch zu externen Unternehmen herzustellen, die E-Mail-Flut drastisch zu reduzieren und die Kommunikation zwischen externen Teams transparenter und effizienter zu gestalten. Admins haben die Kontrolle über den externen Zugriff, nur verifizierte Mitglieder können Nachrichten und Dateien senden, die typischen E-Mail-Gefahren wie Phishing werden drastisch reduziert.

Slack will damit ab sofort nicht nur eine Alternative zu MS Teams bieten, sondern generell eine Alternative zu E-Mail. Es bleibt abzuwarten inwiefern es gelingt, zukünftig auch MS- Kunden für die Nutzung von Slack Connect zu gewinnen. In einem Best Case Szenario setzt Slack damit einen neuen defacto Industriestandard für Bürokommunikation. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg, der mit etlichen Unsicherheiten gepflastert ist.

Akquisition von Rimeto

Teil der Slack-Strategie sind schon seit jeher kleinere Technologie-Akquisitionen, um die Innovationsgeschwindigkeit hoch zu halten. Die Finanzierung solcher Übernahmen ist spätestens seit der im April erfolgten Ausgabe einer $750 Millionen Wandelanleihe zu nur 0,5 Prozent Zinsen p.a. (Laufzeit bis 2025) kein Problem.

Anfang Juli hat Slack die Akquisition von Rimeto bekanntgegeben. Das erst 4 Jahre junge StartUp bietet ein „Enterprise Directory“, mit dem Unternehmen ein Verzeichnis aller Personen in einem Unternehmen erstellen können. Man kann sich diese Knowledge-Sharing-Plattform  vorstellen als eine Art LinkedIn für interne Zwecke. Mitarbeiter erstellen dort umfangreiche Know-How-Profile, die man nicht nach außen veröffentlichen würde. In diese Profile werden auch Informationen aus den gängigen HR-Systemen integriert. Mit einem so umfangreichen Enterprise Directory soll das in einem Unternehmen vorhandene Wissen einfach auffindbar  und damit besser für Kollegen und andere Teams nutzbar gemacht werden. Sehr wichtig ist das als Basis für  Knowledge-Sharing vor allem für größere Unternehmen.

Einerseits wird die Rimeto Funktionalität wie erwartet als sehr sinnvolle Ergänzung mit dem Hauptprodukt Slack integriert. Andererseits soll Rimeto aber auch als Standalone Produkt verkauft werden an Kunden, die Slack bisher gar nicht nutzen. Es bleibt abzuwarten, wie Slack den Vertrieb einer solch klassischen Enterprise Software organisieren wird.

Bewertung der Slack-Aktie

Slack ist eine Cloud-Aktie. Und Cloud-Aktien sind derzeit teuer, sehr teuer sogar. Aber im Gegensatz zu anderen SaaS-Werten hat die Slack-Aktie eine erste Enttäuschung nach Vorlage der Q1-Zahlen bereits hinter sich.

Im Vergleich zu anderen ähnlich schnell wachsenden SaaS-Aktien wie Zscaler und DocuSign aus unserem Portfolio ist Slack mit einem EV/Sales Verhältnis von gut 20 (forward) sogar – relativ gesehen – günstiger zu haben.

Entwicklung der Slack Dosusign und Zscaler Aktie im Vergleich - Charts
Die Slack Aktie im Vergleich zu Zscaler und DocuSign.

Aber diese unter Analysten so beliebten Peer-Group-Vergleiche sind nur eingeschränkt sinnvoll und dienen unserer Meinung nach oft zu Unrecht als Rechtfertigung für überhöhte Aktienkurse.

Soll heißen: auch die Slack Aktie ist kurzfristig rückschlagsgefährdet nach ihrer Kursverdoppelung seit dem Tief im März. Mittel- und langfristig sind wir aber optimistisch, dass das Unternehmen in die gegenwärtige Bewertung von $18 Milliarden hinein- und langfristig darüber hinauswachsen kann.

Denn Slack erfüllt drei für uns ganz wichtige Kriterien, die erfolgreiche Software-Investments auszeichnen:

1. Die Kunden lieben das Produkt.

2. Die Mitarbeiter stehen hinter ihrer Firma und dem CEO Stewart Butterfield.

3. Es gibt gleich mehrere potentielle Käufer, die bei passender Gelegenheit gerne einen strategischen Preis für das Unternehmen bezahlen würden.

Daher bleiben wir trotz der hohen Bewertung bei Slack langfristig engagiert. Wenn Du Slack auch weiterhin gemeinsam mit uns beobachten willst, dann kannst Du jetzt hier unseren kostenlosen Newsletter abonnieren.

DISCLAIMER
The Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Slack. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autor

  • Stefan Waldhauser

    Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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Stefan Waldhauser

Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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3 Antworten

  1. Ich kann mich dem Lob nur ausdrücklich anschließen! All eure Inhalte sind spitze und ich freue mich immer über einen neuen Blogbeitrag, Youtube Videos etc.! Vielen Dank für die sehr sehr gute Arbeit.

    Im Fall von Slack weicht meine persönliche Sicht allerdings ausnahmsweise einmal ab. Ich habe es noch nicht selbst genutzt, aber sehe den Burggraben nicht so richtig. Da Teams als Teil der MS-Office quasi bei den meisten Business Kunden schon Bestandteil ist, weiß ich nicht ob wirklich viele Kunden zusätzlich noch für Slack zahlen. In meiner Firma und in Firmen von Freunden wird Slack (noch?) nicht benutzt. Ein Zeichen von Schwäche ist für mich zudem die Klage gegen Microsoft.
    Vielleicht liege ich hier jedoch auch falsch und die Firma wird ein noch größerer Erfolg.

    1. Slack hat weit über 100.000 zahlende Unternehmenskunden. Ob die Klage gegen Microsoft ein cleverer Schachzug war, das werden wir sehen. Meine erste spontane Reaktion dazu war (wie auch die Reaktion vom Finanzmarkt) eher negativ. Mittlerweile sehe ich der weiteren Entwicklung mit großem Interesse entgegen, denn mit den Bundling-Vorwürfen liegt Slack durchaus richtig. Mal sehen wie Microsoft darauf reagiert.

  2. Klasse Artikel und gute Analyse! Ich bin großer Fan eures Blogs und verfolge die Slack Aktie mit großem Interesse (da ich auch selbst Aktionär bin).

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