Bei kaum einem Unternehmen irren die Auguren der Digitalwirtschaft so regelmäßig wie bei Snap. Einst als Facebook-Disrupter gefeiert, wurde das Unternehmen von vielen Investoren in den Jahren danach abgeschrieben. Jetzt feiert das Unternehmen ein Comeback. Entsprechend volatil war auch der Kursverlauf der Aktie.
Zu den prominenten Kritikern gehörte Professor Scott Galloway, der seit 2017 das Unternehmen auf seiner Liste der nächsten Pleitekandidaten führte: „Investing in Snapchat is something that no one responsible should ever do. Snapchat is the equivalent of driving drunk.”
Spätestens mit der Vorlage der Q3-Zahlen hat Snap-Gründer Evan Spiegel seine Kritiker zum Schweigen gebracht. Der Umsatz stieg um über 52 Prozent. Das ist das beste Quartalsergebnis seit 2017.
Der durchschnittliche Umsatz pro Nutzer (ARPU) stieg um 28 Prozent.
Werbekunden entdecken Gen Z
Die Zahl der täglich aktiven Kunden (DAU) bei Snap ist auf Rekordniveau und nun vier Quartale hintereinander über 15 Prozent gestiegen. Und vor allem entdecken immer mehr Werbetreibende der Konsumgüterindustrie, Tech- und Telekommunikations-Unternehmen, Streamingdienste und die E-Commerce-Branche die Werbeplattform. Darunter sind große Unternehmen wie TikTok, Coca-Cola, PepsiCo, Disney, Comcast, Verizon, Mars und Lego.
Kein Wunder, denn nach Angaben von Snap erreicht die Plattform 90 Prozent der GEN Z (Geburtsjahre 1997-2012) und 75 Prozent der Gen Z und Gen Y in USA, Frankreich und UK. Snap war in den letzten Jahren extrem innovativ mit Nachrichten mit Verfallsdatum, mit ihren farbenfrohen Filtern und Augmented-Reality-Linsen für die Selfiegeneration, mit Discover für Nachrichten- und Videodienste, mit Snap Gaming u.a.
Was spielerisch daher kommt, ist auch für die Werbewelt zunehmend interessant. Warum nicht Kleidung und Schuhe online ausprobieren, bevor man es kauft. Die AR-try-on-Funktion bietet E-Commerce-Betreibenden genau das.
Die Investitionen zahlen sich aus. Das Unternehmen ist nun auf einem guten Weg hin zur Profitabilität, zumindest das bereinigte EBITDA war nun zwei Quartale hintereinander positiv.
“Prof G” gab sich auf Twitter nun ungewohnt kleinlaut:
Der Spott für Snap war spätestens ab 2019 überzogen. Ein Blick auf die Entwicklung der Nutzerzahl und des ARPU hätte genügt. Mit der Corona-Pandemie hat sich das Schicksal von Social-Media-Unternehmen zudem gravierend geändert. In unserem Blogartikel vom 22. Mai, „Die einsame Börsenrallye der Digitalunternehmen“, hatte ich folgende These formuliert:
„Die großen Gewinner von E-Commerce sind Facebook & Co… So wie beim Payments MasterCard und Visa immer mitverdienen, so werden im digitalen Vertrieb Facebook und Alphabet immer mitkassieren. Die oft belächelten Plattformen der zweiten Reihe wie Pinterest, Twitter und Snap werden dann auch gefragter sein, wenn sie ihre Werbeformate attraktiver für diese Kunden machen.“
Folgerichtig zählen gleich drei dieser Unternehmen, nämlich Facebook, Pinterest und Twitter, zu unseren Top-10-Werten. Auch wenn wir in die Snap-Aktie nicht investiert sind, gehört Social Media zum wichtigsten Subsektor in unserem Fonds.
Wie werden die Q3-Zahlen von Facebook, Pinterest und Twitter?
Nach den Zahlen von Snap haben auch Facebook, Pinterest und Twitter Kurssprünge hingelegt. Pinterest notiert auf Allzeithoch. Die Erwartungen sind nach der Vorlage von Snap nochmal gestiegen. Zwei Kennzahlen, auf die Anleger besonders achten, sind ARPU-Entwicklung und Daily bzw. Monthly Active User (DAU bzw. MAU).
Das bemerkenswert hohe ARPU-Wachstum bei Snap ist ein gutes Omen für Pinterest. Pinterest hatte für Q3 ein Umsatzwachstum von 30 Prozent vorhergesagt, obwohl man im Juli über 50 Prozent Umsatzwachstum verzeichnen konnte. Bei Snap war nun der August und September sogar stärker als der Juli. Das lässt auch für Pinterest ein Q3-Umsatzwachstum von über 50 Prozent erwarten. Zuletzt war das Kundenwachstum außerhalb Amerikas viel stärker als die Umsatzentwicklung dort, was temporär zu niedrigeren ARPUs führt. Was Snap vorgemacht hat, könnte auch Pinterest bald gelingen: Die Monetarisierung der Plattform außerhalb den USA.
Bei Facebook sollte die Explosion der Zahl der Werbetreibenden im Q2 auch für eine gute ARPU-Entwicklung in Q3 führen. Um die Facebook-Boykotte ist es ohnehin ruhiger geworden. Spannender ist die ARPU-Entwicklung bei Twitter. Twitter hatte zuletzt eher schwache Umsätze präsentiert. Wir haben keine Indikation, wie die Umsätze im Q3 gelaufen sind. Allerdings könnte Twitter mit der Vorlage der Q3-Zahlen vielleicht mit einem neuen Narrativ überraschen. Siehe hierzu unseren Beitrag zu möglichen neuen Geschäftsmodellen von Twitter.
Bei den Engagement-Kennzahlen müssen wir weniger in die Glaskugel schauen. Hier können wir über die digitale Spur gut messen, wie sich DAU und MAU entwickeln. Pinterest und Facebook werden ein solides Wachstum dieser Metriken präsentieren. Bei Twitter wird das Kundenwachstum im Q3 nach unserer Einschätzung wieder überragend werden. Ob das dann auch ausreicht, die hohen Erwartungen des Marktes zu toppen, ist eine ganz andere Frage.
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Disclaimer
The Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Facebook, Twitter und Pinterest. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.
Autor
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Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.
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