Die Corona-Krise hat Veränderungen in unserem Leben angestoßen. Deutlich mehr Menschen arbeiten heute von zu Hause. Auch der Sommerurlaub wurde eher in der Heimat als im südländischen Ausland verbracht. So ist es kaum verwunderlich, dass mit Beginn der Pandemie und dem Fokus auf die eigenen vier Wände nicht nur Keller aufgeräumt wurden, sondern auch Wohnräume auf der ganzen Welt verschönert und modernisiert werden.
Dies verhalf Baumärkten zu beträchtlichen Umsätzen und Gewinnen. Auch Sonos, ein Hersteller, der für seine Wireless-Lautsprecher für den Heimbedarf bekannt ist, profitiert von den Modernisierungsmaßnahmen im Eigenheim.
Der Kurs der Sonos Aktie schoss nach Bekanntgabe der letzten Quartalsergebnissen vergangene Woche über das Allzeithoch hinaus. Im Folgenden ein Portrait zu dem Unternehmen.
Inhaltsverzeichnis
Sonos Aktie – Unternehmen am Puls der modernen Zeit
Stylish, interconnected, always available. So in etwa könnte man die Lautsprecher beschreiben, die über WLAN miteinander verbunden sind, über App gesteuert werden und nur Strom benötigen.
Das Fehlen eines Signalkabels und das Abspielen von Musik über Spotify & Co. kommen an. So wurde die Produktpalette in den letzten Jahren gezielt und stetig um TV-Lautsprecher-Bars sowie Wand- und Deckenlautsprecher für Geschäftsräume erweitert. Immer mit Fokus auf Qualität statt Quantität.
Dass nun Menschen auf der ganzen Welt ihre Eigenheime ausbauen und Geld investieren kommt auch Sonos zugute – und drückt zugleich auf die Verfügbarkeit der Produktpalette: Sonos ist seit Monaten ausverkauft und hat daher Lieferschwierigkeiten. Berichten zufolge liegt das nicht an defekten Lieferketten oder fehlenden Teilen aufgrund von Corona, sondern an einem Nachfrageanstieg, insbesondere bei den brandneuen Produkten.
Chancen gibt es immer – Das Erkennen und Nutzen dieser ist die Kunst
Die Lieferschwierigkeiten bei Sonos sind insbesondere im Hinblick darauf erstaunlich, dass mit Corona auch der Hauptvertriebsweg des Herstellers über den Fachhandel von einen auf den anderen Moment zusammengebrochen ist. Schließlich mussten die lokalen Vertriebskanäle, die Media-Märkte dieser Welt, mit Beginn der Pandemie vorübergehend schließen.
Vor der Krise war der Direktvertriebskanal bei Sonos ein noch unterrepräsentierter Vertriebsweg. Das änderte sich mit Corona: So stieg bereits im dritten Quartal des Geschäftsjahres 2020 der Umsatz über diesen deutlich margenträchtigeren Absatzkanal um 300 Prozent Year-over-Year – und das trotz Lieferschwierigkeiten!
Die Zahlen zum Q4 FY20 zeigen, dass Sonos im vergangenen gesamten Geschäftsjahr nun 21 Prozent des Gesamtumsatzes über den Direktvertrieb absetzen konnte. Fast doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Sonos hat die Chance in der Krise erkannt und genutzt.
Der Sonos Burggraben – Das Fundament des langfristigen Erfolgs
Sonos gehört zu den Unternehmen mit den wertvollsten Patenten weltweit. So wurde es von dem Institute of Electrical and Electronics Engineers als Top-Unternehmen in dem Bereich „electronics“ gekürt und landete auf Platz zwei in Bezug auf den Wert der Patente des Unternehmens – direkt nach Apple und weit vor Samsung, Sony und anderen.
Das sind richtig spannende Voraussetzungen für einen Burggraben, den die zukünftigen Umsätze des Unternehmens schützen. Es scheint als gäbe es an den Sonos-Patenten keinen Weg vorbei, wenn es um Multi-Raum-Audio-Technologie geht.
So konnte Sonos das Unternehmen Sound United (Muttergesellschaft von Denon, Marantz, Polk Audio, Definitive Technology, HEOS, Boston Acoustics und ClasséAudio) sowie Lenbrook (NAD Electronics, PSB Speakers und Bluesound) wegen Patentrechtsverletzungen erst kürzlich erfolgreich verklagen. In Folge nimmt Sonos nun auch Lizenzgebühren ein.
Der nächste Schritt wurde sogleich eingeleitet, und auch Google wird derzeit von Sonos wegen einiger Patentrechtsverletzungen verklagt.
Die Rechtsstreitigkeiten sind Mittel zum Zweck. Sonos war Pionier, hat Jahre in die Entwicklung seiner Ideen investiert und verteidigt dieses geistige Eigentum – zu Recht, wie die Gerichte bislang geurteilt haben.
Daher stehen die Chancen gegen den Riesen Google gar nicht so schlecht. Wenn Google einmal Lizenzgebühren zahlen muss, dann voraussichtlich für eine große Menge an verkauften Produkten weltweit, was zu fortlaufenden und beachtlichen Umsatzimpulsen aus Lizenzgebühren führen kann.
Sonos Aktie – Vielversprechende Voraussetzungen bei den Zahlen
Die Umsätze von Sonos stiegen in den letzten Jahren stetig an. Wachstumsraten von 10 Prozent bis 15 Prozent sind die Regel. Mit der Corona-Krise und den Lieferschwierigkeiten in diesem Jahr sind es für das FY20 zwar „nur“ 5 Prozent Umsatzwachstum geworden, die Nachfrage hätte jedoch sicherlich mehr hergegeben.
Das spiegelt sich auch an einer anderen, wichtigen Kennzahl für Sonos wieder: Im vergangenen Jahr konnte man 20 Prozent an Haushalten dazu gewinnen. Diese Zahl ist wichtig, da Sonos-Kunden besonders treue Kunden sind. Ungefähr 40 Prozent aller Produktregistrierungen kommen von Bestandskunden.
Sobald man auf den Geschmack von klangvoller Musik im Wohnzimmer gekommen ist, möchte man das wohl auch ganz schnell in der Küche, im Bad und im Rest des Haushaltes erleben. Und das eben stylish, interconnected, always available. Ein Wachstumsgarant für Sonos.
Im vergangenen Geschäftsjahr FY20 stand zwar ein leichtes Minus unter dem Strich. Das jedoch nicht davon ablenken sollte, dass die Rohertragsmarge bei über 40 Prozent liegt, was für einen Consumer Electronics-Hersteller beachtlich ist und sogar über der Marge von Apple liegt.
Es gibt noch weitere Ähnlichkeiten unter den Kaliforniern. So wurde die ähnliche Unternehmensphilosophie bereits mehrfach von Analysten aufgegriffen. J.P. Morgan hat Sonos sogar bereits als mögliches Akquisitionsziel von Apple vorgestellt.
Zurück zu den Zahlen: Aufgrund des negativen Jahresergebnisses nehmen wir im Folgenden einen indikativen Bewertungsvergleich mittels Umsatzerlösen vor. Der „Multiple“ stellt dabei den Unternehmenswert an der Börse mit den jährlichen Umsatzerlösen in Relation (EV/Sales-Verhältnis) dar.
Unternehmen wie Logitech und Garmin werden mit EV-Sales-Multiplen von ca. 3 bis 5 gehandelt. Apple sogar mit über 7. Sonos wird derzeit mit einem Faktor von 1,6 an der Börse bewertet. Das erscheint unterbewertet.
Ein vergleichbares EV/Sales-Verhältnis für Sonos angesetzt, zeigt viel Luft nach oben für den Aktienkurs. So wäre der derzeitige Kurs der Sonos Aktie von ca. 21 USD deutlich überholt. Und das Unternehmen würde für mindestens 27 USD (Multiple 2) bis 54 USD (Multiple 4) oder mehr gehandelt werden. Das bedeutet ein Kurspotenzial von 28 Prozent bis 157 Prozent.
Dieses Potenzial scheint auch der Markt spätestens mit den am 18.11.2020 vorgestellten Q4FY20-Ergebnissen erkannt zu haben. Die Sonos Aktie schoss nach Bekanntgabe mit hohen Handelsvolumen um knapp 30 Prozent nach oben und schloss über dem Allzeithoch. Dies kann auch aus charttechnischer Sicht als bullisches Signal für den weiteren Verlauf des Aktienkurses gedeutet werden.
Sonos Aktie Fazit – Pop & Drop oder munter weiter?
Die Sonos Aktie erscheint für den Autor dieses Artikels als ein interessantes Investment mit hohem Potenzial, das eingesetzte Kapital zu vermehren. Die Philosophie des „Apple of Home-Audio“, der geschaffene Burggraben der Technologie, die Aussichten auf lösbare Lieferschwierigkeiten sowie der aktuelle Aktienkurs sprechen dafür.
Das größte Risiko besteht voraussichtlich in den noch laufenden Rechtsstreitigkeiten, da man nicht mit Sicherheit vorhersehen kann, wie diese enden werden. Erste Verfahren sind jedoch sehr positiv verlaufen.
Charttechnisch hat sich das Unternehmen seit dem Corona-Tief stark erholt. Nach einer Seitwärtsphase mit leichtem Aufwärtstrend („aufsteigendes Dreieck“) in den letzten Wochen, ist der Ausbruch kurz vor und spätestens mit den Quartalsergebnissen erfolgreich gelungen.
Das könnte der Start eines neuen Höhenflugs bedeuten. In diesem Sinne: Erfolgreiches Investieren!
Disclaimer
The Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Sonos. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.
Autor
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Alexandre Dietz ist 30 Jahre jung, verheiratet und seit über 11 Jahren an der Börse aktiv. In der Deutschen Bank war er zuletzt für den CEO tätig und hat die Themen Konzernstrategie, Unternehmensakquisitionen und -verkäufe sowie Projektmanagement mit verantwortet. Mit diesem Know-how und seiner Leidenschaft für die Kapitalmärkte, fokussiert er sich derzeit auf das Finden und Handeln von kurz- sowie mittelfristigen Investmentopportunitäten.
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2 Responses
Lieber Martin,
vielen lieben Dank für Deinen ausführliche Antwort auf meinen Beitrag und die Zeit, die Du Dir dafür genommen hast. Ich bin begeistert und weiß das sehr zu schätzen!
Die Punkte, die Du ansprichst, haben sowohl aus Sicht der persönlichen Präferenz als auch den Fakten zu Sonos ihre Berechtigung. Ich möchte an dieser Stelle eine Ergänzung vornehmen und zwei Deiner Absätze erweitern:
Zu 9) Es wurde mit den letzten Quartalsergebnissen gerade verkündet, dass das bestehende Aktienrückkaufprogramm nochmal vergrößert wird. Das ist für eine Aktie immer ziemlich gut. Verweis: https://investors.sonos.com/news-and-events/investor-news/latest-news/2020/Sonos-Announces-50-Million-Stock-Repurchase-Program-and-Completion-of-Previous-Stock-Repurchase-Program/default.aspx
Zu 11) Einen kleinen Teilerfolg konnte Sonos vor Gericht gegenüber Google vor einigen Tagen bereits erzielen. So wurde die Gegenklage von Google in Teilen abgeschmettert. Das ist ein erster Schritt, dennoch denke auch ich, dass dieses Rechtsverfahren sehr wichtig werden könnte für Sonos. Verweis: https://www.ipwatchdog.com/2020/11/07/district-court-finds-google-patent-ineligible-alice/id=127123/
Alles in allem überwiegen für mich derzeit die fundamentalen Daten zu Sonos. Das Momentum der Aktie bestärkte mich bereits vor den Earnings selbst zu investieren. Auch wenn ich mir Analystenempfehlungen selten bis nie anschaue, habe ich es soeben nochmal geprüft: seit der Bekanntgabe der Quartalsergebnisse wurden drei Ratings veröffentlicht. Alle mit einer Kaufempfehlung. Zwei mit einem Zielpreis von 24 USD und eines mit 30 USD.
Vielen Dank nochmals für Deinen Beitrag, den ich sehr gerne gelesen habe.
Herzliche Grüße zurück
Alex
Hallo Alexandre,
vielen Dank für deinen tollen Beitrag zu Sonos, den ich sehr spannend fand.
Wenn mir ein paar Anmerkungen dazu erlaubt sind, würde ich gerne folgende Punkte zu bedenken geben:
1) Einer meiner Bekannten besitzt ein Multiroom-System von Sonos (Arc, Sub sowie One SL) und ich durfte schon des Öfteren bei ihm probehören. Keine Frage: Das System ist grundsolide und überzeugt. Wenn ich das Klangbild allerdings mit meinem Multiroom-System von Teufel vergleiche, dann fällt meine Begeisterung für Sonos hingegen eher mäßig aus. Mit den luftig-brillanten Höhen, perfekt differenzierten Mitten und druckvollen Bässen meines Teufel-Systems vermag Sonos in meinen Augen nicht zu konkurrieren.
2) Die AirPlay-Verbindung ist alles andere als stabil und weist immer wieder Unterbrechungen auf, was schon als einigermaßen nervtötend empfunden werden kann. Die Thematik ist weit verbreitet und Sonos seit Längerem bekannt, aber bislang war der Hersteller nicht in der Lage, das Problem zu beheben.
3) Der 5-GHz-Frequenzbereich des Standards 802.11n wird noch immer nicht unterstützt und Sonos scheint nicht einsehen zu wollen, dass man damit technologisch nicht mehr auf der Höhe der Zeit agiert.
4) Die Einmessautomatik TruePlay wird nur von iOS-, nicht aber von Android-Geräten unterstützt. Dies ist aus meiner Sicht durchaus nachvollziehbar, da in Android-Geräten eine Vielzahl unterschiedlicher Mikrophone verbaut wird und somit wohl keine verlässliche Kalibrierung möglich wäre. Schade ist es dennoch.
5) Google Chromecast wird im Gegensatz zur Konkurrenz nicht unterstützt (und angesichts der laufenden juristischen Auseinandersetzungen mit Google ist derzeit wohl etwas fraglich, wie sich das weiterentwickelt).
6) Auch jeder Laie erkennt natürlich die grottenschlechte Audioqualität von Massenprodukten wie etwa dem Echo. Mit Bose, Harman/Kardon, Teufel und einigen anderen etablierten sehr hochwertigen Brands existieren aber zahlreiche Anbieter von Multiroom-Systemen für ein audiophiles Publikum, die aus meiner Sicht technologisch nur recht wenig hinter Sonos zurückliegen und in einigen Bereichen sogar die Nase leicht vorne haben. Ich sehe nicht, dass Sonos über wirkliche Alleinstellungsmerkmale verfügt.
7) Indem Sonos zuletzt überraschend den Support für etliche Modelle abgekündigt hat, dürfte man die eigene Klientel zumindest in Teilen ziemlich verärgert haben, da es sich um noch relativ neue Produkte gehandelt hat. Offenbar versucht Sonos gezielt, eine künstliche Obsoleszenz herbeizuführen. Mir persönlich stößt ein solches Vorgehen recht sauer auf und ich meide solche Hersteller gezielt. Und da empfinde wohl nicht nur ich so …
8) Die Übernahme von Snips SAS finde ich spannend und zweifelhaft gleichermaßen. Zwar ist der damit verfolgte Ansatz, privates Audiomaterial nicht in die Cloud zu streamen und stattdessen direkt auf dem Gerät zu verarbeiten, in puncto Datenschutz natürlich sehr löblich. Aber kann man mit einem Team aus 50 Entwicklern (vielleicht hat Sonos dieses Team inzwischen noch ein bisschen aufgestockt, das ist mir nicht bekannt) dauerhaft wirklich mit den Big-Techs, die ja recht verbissen an dieser Thematik arbeiten, mithalten? Ich habe da so meine Zweifel, ob das wirklich gelingen kann.
9) Die G&A-Aufwände, zuletzt u. a. durch Kosten für diverse Rechtsstreitigkeiten belastet, wachsen und über die letzten Jahre hinweg entstand zudem eine recht starke Verwässerung der Aktien. Beides Trends, die man sicher im Auge behalten sollte.
10) Apple hat zuletzt Produkte von Sonos aus den Stores geworfen, um stattdessen die eigenen Produkte in den Markt zu drücken.
11) Google hat Sonos wegen der Verletzung mehrerer Patente (unter anderem in Bezug auf die Suche nach Favoriten, ein Kopierschutzverfahren sowie eine Technologie zur Geräuschreduzierung) verklagt. Ich bin leider nicht juristisch kompetent genug, um beurteilen zu können, welche Prozessrisiken dadurch derzeit auf den Schultern von Sonos lasten.
12) Die letztes Jahr eingegangene Kooperation mit IKEA sehe ich kritisch. Nachdem sich zuletzt immer mehr Konkurrenz etabliert und diese technologisch zu Sonos aufgeschlossen hat, verramscht man die eigenen Produkte mittlerweile unter dem Label SYMFONISK. Sicherlich: Man erzeugt damit insbesondere bei einer jüngeren Zielgruppe Aufmerksamkeit und diese Kooperation hat dem Unternehmen ja auch durchaus Umsatzzuwächse und eine Eindämmung der Verluste beschert. Aus meiner Sicht ist dies dennoch eine recht bedenkliche Markenstrategie und ich sehe nicht, wie dies zu dem Mythos passt, den Sonos die letzten Jahre über um die eigene Marke zu kreieren versucht hat. Ein “Apple of Home-Audio” sehe ich durch eine derartige Philosophie jedenfalls nicht entstehen.
Herzliche Grüße
Martin