Square – Rapper und Börsianer stehen auf Cash App

6. März 2020

Square Cash App - Rapper machen Werbung - Rapper Travis Scott innerhalb einer Menschenmenge

Ein schlechteres Timing als den 26. Februar hätte sich Square nicht aussuchen können. Mitten in die Corona- und Börsenpanik veröffentlichte das Unternehmen die Bilanzzahlen für das 4. Quartal. Aber die Square-Aktie trotzte dem Abwärtstrend und legte in zwei Tagen knapp 10 Prozent zu, obwohl die Guidance etwas schwächer ausfiel als von Wall Street erwartet.

Wie kann das sein?

Q4 Zahlen von Square in einer Übersicht
Q4 Zahlen von Square im Überblick; Quelle: Square.
  • Der Umsatz stieg im vierten Quartal um 46 Prozent gegenüber dem Vorjahr (nach Verkauf ohne Berücksichtigung des Foodservice Caviar).
  • Zwei Quartale in Folge konnte Square nun einen Nettogewinn erzielen (auch ex Caviar bleibt noch 17 Millionen Dollar übrig).
  • Das Gross Payment Volume (GPV) stieg wie in den beiden Vorquartalen nur um 25 Prozent. Damit ist zwar das GPV-Wachstum nicht mehr zurückgegangen, aber Square schafft trotz Verlagerung des Geschäfts auf größere Verkäufer (nun 27 Prozent des GPV) nicht,  das Wachstum sequentiell zu erhöhen.
  • Die deutlich höheren Marketingausgaben im Q4 werden sich erst in den nächsten zwei Quartalen beim GPV bemerkbar machen.

Squares Plattform für Verkäufer entwickelt sich solide. Es rechtfertigt aber weder die hohe Bewertung der Square-Aktie, noch den Jubel nach den Zahlen. Wer unser Porträt zu dem Unternehmen gelesen hat, insbesondere Teil 2 zur Square-Aktie, kennt des Rätsels Lösung: Den Kurs bestimmt derzeit in erste Linie die Entwicklung der zweiten Plattform, nämlich alles rundum die Cash App.

24 Millionen aktive Nutzer der Square Cash App

Der Cash-App-Umsatz stieg im Q4 um 147 Prozent auf 361 Millionen Dollar. Ohne Bitcoin stieg der Umsatz um 96 Prozent, auf 183 Millionen Dollar. Zwar hat Square bei Bitcoin nun neue Gebühren eingeführt, aber der Deckungsbeitrag in diesem Geschäft ist vernachlässigbar. Vielmehr lockt der Bitcoin-Handel neue Kunden und steigert das Engagement der Kunden in der App.

Aus gleichem Grund hat Square nun den Aktienhandel eingeführt und wird damit zum Online-Broker, der Anlagen schon zu Kleinstbeträgen ab 1 Dollar ermöglicht. Jack Dorsey, CEO von Square, hierzu im Analystencall: „The investing feature has seen the fastest adoption of any product launched within the cash ecosystem.“

Die Cash-App hatte nach Unternehmensangaben 24 Millionen monatlich aktive Kunden im Dezember 2019. Das sind 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Schnitt ist jeder Kunde gut für 30 Dollar Umsatz. Vor zwei Jahren waren es 15 Dollar. Somit wächst der Umsatz über die Cash App noch deutlich schneller als die Kundenzahl.

Square Cash App - Steigende Nutzerzahlen im Überblick
Square Cash App – Steigende Nutzerzahlen im Überblick.

Annualisiert erwirtschaftet Square somit mit Cash App (ohne Bitcoin) 720 Millionen Dollar Umsatz. Ein Umsatz, der deutlich profitabler ist als die transaktionslastigen Erlöse mit der Verkäuferplattform. Im vierten Quartal kamen 27 Prozent der Bruttogewinne von der Cash App.

Unser Research der App-Analyse-Statistiken zeigt, dass diese Zahlen für 2020 noch deutlich besser sein werden.

Wachstum von Square ungebremst

Wir hatten im letzten Artikel zur Cash App einen Vergleich zum direkten Konkurrenten Venmo (Paypal) und Paypal selbst vorgenommen. Die Graphik unten zeigt nochmal deutlich, wie stark sich die Cash App von diesen zwei starken Konkurrenten weiter absetzt. Nach unserem Research müsste die Cash App mittlerweile knapp 30 Millionen monatlich aktive Nutzer haben. Das Kundenwachstum hat sich also noch mal beschleunigt. Das mag auch an neuen Features wie Aktienhandel liegen, aber auch an dem neuen Facelift der App, die nach Meinung von Jack Dorsey nun deutlich benutzerfreundlicher ist.

Nutzerzahlen Square Cash App, Venmo, Paypal im Vergleich
Nutzerzahlen Square Cash App (gelb), Venmo (blau), Paypal (schwarz). Quelle: Sensor Tower.

Wenn das Wachstumstempo anhält, könnte die Cash App am Jahresende 40 Millionen monatlich aktive Nutzer erreichen. Etwa 20 Prozent der Nutzer der digitalen Brieftasche wollen auch eine Cash-App-Kreditkarte. Somit könnten circa 3,2 Millionen neue Kreditkarten-Nutzer hinzukommen.

Square Cash App in UK

Das Geschäft im Ausland ist bei Square derzeit vernachlässigbar. Aus Canada, UK, Australien und Japan kommen etwas mehr als 5 Prozent der Umsätze, vornehmlich über Square POS, also über Transaktionsgeschäft der Verkäufer-Plattform.  Im Ausland gibt es die Cash App nur in UK. Auf sehr niedriger Basis steigen auch in UK die Nutzerzahlen der Cash App deutlich.

Aktive Nutzer der Square Cash App in Großbritannien - Tendenz steigend
Nutzerzahlen Square Cash App in UK. Quelle: Sensor Tower.

Ist die Square-Aktie nach der Rallye noch attraktiv?

Die Guidance für das Gesamtjahr 2020 fällt sehr konservativ aus. Für das Gesamtjahr erwartet Square einen Umsatz von 5,9-5,96 Milliarden Dollar und einen Bruttogewinn von 2,44-2-475 Milliarden Dollar. Das Umsatzwachstum fällt somit von 45 Prozent 2019 auf 33 Prozent 2020.

Sollte das zutreffen, wäre die Aktie aktuell mit einem EV/Sales von knapp 6 nicht mehr attraktiv. Denn vom Gesamtumsatz muss man die knapp 3,1 Milliarden Dollar Transaktionskosten (gemäß Guidance) abziehen, um eine vergleichbare Umsatzgröße zu haben, die Square früher als adjustierten Umsatz ausgewiesen hat (aus regulatorischen Gründen darf das Unternehmen das nicht mehr).

Somit läge EV/Sales (adjustiert) bei über 12. Wir hatten Square zu einem EV/Sales von 8 gekauft, bei einem Umsatzwachstum von deutlich über 40 Prozent.

Sollten wir also verkaufen? Die Antwort ist ein klares Nein. Ich weiß nicht, warum Square so bescheidene Umsatzzahlen kommuniziert, aber nach unserem Research ist da sehr viel „Sandbagging“ in den Zahlen. Mit den deutlich höheren Marketingaufwendungen sollte Square die Anzahl der Seller auf der Plattform erhöhen und das GPV-Wachstum mit 25 Prozent mindestens halten.

Die Erhöhung der Gebühren, insbesondere für Sofortauszahlungen für Verkäufer von derzeit 1 Prozent auf 1,5 Prozent (bei der Cash App sind es schon immer 1,5 Prozent für „instant transfer“) sollte die Erlöse für das Servicegeschäft deutlich erhöhen, trotz möglichen Abwanderungen.

Bedeutender ist allerdings das hochmargige Geschäft mit der Square Cash App. Die App ist mittlerweile zu einem kulturellen Phänomen geworden in den USA. Das Wall Street Journal hat über 200 Hip-Hop-Künstler gezählt, die in ihren Songtexten die Cash App promoten (Rap Music Ditches Dollars for the Cash App). Die Cash App führt seit zwei Jahren die Hitliste der Downloads in der Kategorie Finanzen in den USA an. Der Abstand zu Konkurrenzprodukten wird sogar größer. Wenn der aktuelle Wachstumstrend anhält, dann steigen die Nutzerzahlen bis zum Jahresende auf 40 Millionen und der Umsatz pro Kunden auf über 40 Dollar. Annualisiert sind das margenstarke 1,6 Milliarden Dollar Umsatz.

Bei einem Umsatzwachstum von über 70 Prozent und einer Bruttomarge von über 80 Prozent kann man eine Bewertung der Square Cash App zwischen 20-30 Milliarden Dollar rechtfertigen. Die Verkäufer-Plattform von Square hatten Investoren bisher mit mindestens 20 Milliarden Dollar bewertet. Aktuell liegt der EV bei Square bei etwa 34 Milliarden Dollar.

The Digital Leaders Fund wird die Square-Aktie weiterhin übergewichten. Wenn Du regelmäßig über digital führende Unternehmen und über Square informiert bleiben möchtest, dann kannst Du hier unseren kostenfreien Newsletter abonnieren.


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Autor

  • Baki Irmak

    Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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Baki Irmak

Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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