Tencent-Aktie – Mit dem Coronavirus steigen die Nutzerzahlen

28. Februar 2020

Tencent Aktie - Steigende Nutzerzahlen trotz Coronavirus - Person spielt Videospiel auf Handy und im Hintergrund leuchtende Tastatur und Bildschirm

Das Coronavirus hat nun doch mit voller Wucht die Börsen erreicht. Nachdem Covid-19 nun auch immer mehr Menschen in Südkorea, Japan, Iran und Norditalien befallen hat und jeden Tag mehr Länder Fälle melden, sind die Aktienkurse weltweit eingebrochen. Die Mortalitätsraten sind zwar vergleichsweise niedrig (siehe Wasserstandsmeldungen von der JHU – vielen Dank für den Hinweis, Herr Bergdolt), doch die Angst vor einer Pandemie ist nun ganz real. Die Beeinträchtigung des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens ist jetzt schon eine Belastung für global agierende Unternehmen. Apple, MasterCard, Microsoft, Nutanix, diverse Airlines u.a. haben ihre Prognosen kassiert. Es steht jetzt schon fest, dass nahezu alle globalen Unternehmen ihre Planzahlen für das erste Quartal 2020 korrigieren werden.

Auch wir werden permanent darauf angesprochen. Ein befreundeter CIO eines Investmenthauses riet mir am Wochenende sogar, mich mit der Zeit von Pest und Cholera zu beschäftigen. In meinem Umfeld verbreiten sich derzeit Hobby-Virologen und Pandemie-Experten stärker als das Virus. Und in der Tat wirken die Bilder aus Wuhan und aus anderen Teilen der Welt verstörend und wirken wie Szenen aus einer dystopischen Gesellschaft. Doch während in Europa allmählich Panik ausbricht, kommen aus China beruhigende Nachrichten. Die Zahl der Infektionen und Toten gehen dort eher zurück. Menschen gehen wieder zurück zur Arbeit, und selbst im Epizentrum der Krankheit, in Wuhan, werden die Reiserestriktionen langsam gelockert. Fernab von Endzeitszenarien kann man in China auch schon beobachten, was vom Coronavirus übrigbleiben wird: Deutlich mehr Nutzer für digitale Angebote.

Tencent Aktie - Performance Tencent, NASDAQ und Dow Jones seit Ausgangssperre in Wuhan Coronavirus am 23. Januar
Performance Tencent, NASDAQ und Dow Jones seit Ausgangssperre in Wuhan am 23. Januar.

Neujahrsfest mit Tencent

Das öffentliche Leben in China ist mit dem Ausbruch von Covid-19 zum Erliegen gekommen. Während und nach dem chinesischen Neujahresfest haben viele Menschen ihre Häuser nicht verlassen. Viele haben zu Hause ihre Zeit im Internet verbracht, Filme geschaut, Onlinegames gespielt, Nachrichten über Soziale Medien ausgetauscht oder im Homeoffice gearbeitet. Soziale Medien, Onlinespiele, Streaming, das sind alles Dienste, die Tencents Geschäftsmodell ausmachen.

Das Geschäftsmodell von Tencent im Überblick
Das Geschäftsmodell von Tencent. Quelle Tencent.

Welche Dimension das hat, kann man am Beispiel von WeChat Work sehen. Nach Alibabas DingTalk ist mit etwas Abstand WeChat Work das führende Tool für kollaboratives Arbeiten von zuhause aus und für Videokonferenzen, vergleichbar etwa mit Slack und Zoom. Die Nutzerzahlen haben sich im Februar vervierfacht (siehe hierzu als Indikation App-Store-Zahlen unten. Die Zahlen auf Android-Geräten sind um ein Vielfaches höher).

Tencent Aktie - Nutzerzahlen steigen trotz Coronavirus - Zahl wöchentlich aktiver Nutzer von WeChat Work im App Store
Zahl wöchentlich aktiver Nutzer von WeChat Work im App Store. Quelle: SensorTower.

Mehr international, mehr Fintech, mehr Werbung

Wir hatten bereits Tencents Geschäftsmodell im Artikel „Zocken, Texten, Werben“ und Tencents starke Abhängigkeit vom Gamingmarkt in China in dem Beitrag „Die Regulierung und die Monsterjagd“ dargestellt.

Seither hat sich Tencents Geschäftsmodell weiterentwickelt. Die eigentlich soliden Zahlen für das dritte Quartal 2019 wurden von den Investoren nicht gerade gefeiert, obwohl das Unternehmen erste Erfolge auf dem Weg zu einem besseren Umsatzmix aufweisen kann.

Umsatz nach Segment seit Q3 2016 steigend
Tencent: Umsatz nach Segment seit Q3 2016 steigend.

Von der Konsole zum Smartphone

Im Gaming-Markt ist Tencent der dominante Player. Lange galt das nur für den chinesischen Markt, der allerdings immer strikter reguliert wird. China hat entgegen mancher Befürchtungen Videospiele nicht grundsätzlich verboten, sondern im Herbst 2019 gesetzlich festgelegt, wieviel Zeit Kinder und Jugendliche maximal mit Videospielen verbringen dürfen. Tencent hat diese Maßnahmen schon früher umgesetzt. Dennoch hat das Unternehmen auf den regulatorischen Zugriff reagiert und die Internationalisierung vorangetrieben, vor allem durch Übernahmen und Allianzen.

Heute ist Tencent an 8 der 10 größten Spieleentwickler beteiligt oder in partnerschaftliche Kooperation. Das gemeinsam mit Activision Blizzard entwickelte Spiel Call of Duty Mobile war mit 172 Millionen Downloads in den ersten zwei Monaten ein internationaler Hit, vor allem in den USA. Die neue Spielkonsole heißt Smartphone, und kaum einem Unternehmen gelingt es derzeit besser, Spielkonsole-IP für mobile Geräte weiterzuentwickeln. Auch mit Spielen aus der eigenen Entwicklung wie PUBG Mobile hat Tencent international Rekordzahlen an Nutzern und Einnahmen erzielt.

Weltweite Downloads von Handyspielen weltweit in Q4 2019
Weltweite Downloads von Handyspielen weltweit in Q4 2019.

Im dritten Quartal ist zwar der Umsatz im Gaming nur 11 Prozent zum Vorjahr gewachsen, doch die Umsätze über Smartphones sind 25 Prozent gestiegen, während PC-Spiele 7 Prozent weniger Umsatz geliefert haben. 29 Prozent der Umsätze erwirtschaftet Tencent derzeit im Gaming, statt deutlich über 40 Prozent viele Jahre zuvor. Andere Segmente sind somit stärker gewachsen. Zudem sind die internationalen Umsätze im Gaming nach eigenen Angaben bereits „in the teens“, also 10-19 Prozent.

Tencent-Aktie – Weiter starkes Wachstum im Payment

Im Segment Fintech und Business Services konnte Tencent zuletzt die Umsätze um 36 Prozent steigern. Dominiert wird das Fintech-Geschäft von Wechat Pay, das noch vor Alipay, den mit Abstand größten mobilen Payment-Markt dominiert. Mit über 800 Millionen Nutzern hat Wechat-Pay damit mehr Nutzer als es aktive iPhones draußen gibt. Außerhalb Chinas wächst allerdings Wechat Pay nur mit chinesischen Touristen und mit den etwa 100 Millionen Auslandschinesen.

Ankündigungen der chinesischen Zentralbank, eine eigene Kryptowährung zu entwickeln, könnten langfristig die Marktmacht von Tencent reduzieren, doch das muss nicht passieren. Jüngst hat Tencent angekündigt, dass man mit dem staatlichen Kreditkartenunternehmen China UnionPay ein standardisiertes QR-Code-System entwickeln wird, so dass Kunden mit einem Code über beide Netzwerke zahlen können. Ob letztlich das eigentlich antiquierte QR-System oder ein moderneres Interface wie z.B. Gesichtserkennung sich durchsetzen wird, Tencent wird mit den über 1,15 Milliarden monatlich aktiven WeChat-Nutzern weiterhin eine wichtige Rolle im Payment spielen.

28 Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaftet Tencent derzeit in diesem Segment, darin enthalten ist auch Business Services, also das Cloud-Geschäft, das zuletzt 80 Prozent gewachsen ist. Noch liegen die Bruttomargen in diesem Segment mit knapp 28 Prozent deutlich unter den 47,7 Prozent insgesamt. Allerdings ist die Monetarisierung im Payment wenig ausgeschöpft.  Für Überweisungen nimmt WeChat keine Gebühren, lediglich für Geldabhebungen 10 Basispunkte. Händler zahlen derzeit lediglich 0,6 Prozent pro Transaktion und somit deutlich weniger als für Zahlungen über Kreditkarten.

Mini Programs wird zum App Store

Das hochmargige Geschäft mit Werbung versucht Tencent nun mit Nachdruck zu erhöhen. Zuletzt konnte man die Werbeerlöse um 13 Prozent steigern. Werbeerlöse, die Tencent als „Social Advertising“ bezeichnet, sind im dritten Quartal sogar 37 Prozent gestiegen. Darunter fallen Formate wie WeChat Moments, Minivideos und Video-Werbungen in Mini Programs. Mit den einzigartigen Mini Programs erreichen Kunden mittlerweile 300 Millionen täglich aktive Nutzer. Damit ist es Tencent gelungen, eine Art App-Store-Ecosystem aufzubauen, für das sich mehr Unternehmen aus immer neuen Branchen begeistern können.

Tencent-Aktie – Fazit

Es klingt immer etwas makaber angesichts von Katastrophen und Krisen wie aktuell durch das Coronavirus mögliche Gewinner und Verlierer auszurufen. Doch es ist Teil unseres Jobs, die Auswirkungen solcher Krisen auf die Geschäftsmodelle unserer Portfoliounternehmen zu analysieren.

Tencent ist von den Störungen der Lieferketten kaum betroffen, es stellt keine dinglichen Produkte her, fast alles, was es anbietet ist virtuell und digital. Es ist kein E-Commerce-Unternehmen, es wird aber aufgrund der dominanten Rolle im Payment-Markt in China von Transaktionsrückgängen auch kurzfristig belastet werden. Doch so wie nach SARS die Internetnutzung deutlich zugenommen hat in China, so werden auch nach den aktuellen Ausnahmezuständen die Nutzerzahlen für digitale Medien deutlich wachsen. Tencent ist nicht nur ein großer Anbieter dieser Dienste, sondern mit einem Portfolio von über 700 Beteiligungen in genau diese Dienste auch einer der größten Investoren weltweit in digitale Geschäftsmodelle.

Wir glauben, dass viele Digitalunternehmen gestärkt aus dieser Pandemie-Erfahrung herausgehen werden. Ganz besonders gilt das für unser Portfoliounternehmen Tencent.

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  • Baki Irmak

    Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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Baki Irmak

Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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