Die Berichtssaison hat erneut beeindruckende Zahlen hervorgebracht. Gewinne und Umsätze der Unternehmen im S&P 500 sind gestiegen. Auch etliche unserer Favoriten im TheDLF haben geliefert. Unsere Nachlese zu den Unternehmensberichten zum zweiten Quartal.
US-Berichtssaison: Starkes Gewinnwachstum trotz fehlendem Basiseffekt
Dass die Aktienkurse in den USA in nur wenigen Tagen Anfang August um gut sechs Prozent abgesackt sind, passte so gar nicht zur fundamentalen Lage der Unternehmen. Die Berichtssaison für das zweite Quartal ist weitgehend „durch“, und die Zahlen waren mehr als nur ordentlich. Wie das US-Datenhaus FactSet berichtet, lag das Gewinnwachstum zwischen April und Juni bei 10,8 Prozent. Das war die höchste Steigerung seit dem vierten Quartal 2021, als die Corona-Krise einen perfekten Basiseffekt lieferte: 31,4 Prozent waren die Unternehmensgewinne seinerzeit angezogen. Angesichts der Tatsache, dass es in diesem Jahr keinen derartigen Basiseffekt gab – die US-Konjunktur brummt seit der Corona-Erholung unverändert laut und vernehmlich – ist diese Bilanz höchst beachtlich.
Umsatzwachstum: Leicht unter dem Fünfjahresdurchschnitt
Etwas weniger dynamisch verlief das Umsatzwachstum im zweiten Quartal. Laut der Zählung von FactSet lag das Umsatzplus gegenüber dem Vorjahr bei 5,2 Prozent. Wer sucht, kann hier ein Haar in der Suppe finden: Diese Rate war weniger als der Fünfjahres-Durchschnitt von 6,7 Prozent Umsatzplus. Allerdings ist auch hier wenig Drama angesagt: Der Zehnjahres-Quartalsdurchschnitt im S&P 500 liegt bei 5,1 Prozent.
Der Markt gewinnt an Breite: Small Caps holen auf
Geht es so weiter? Glaubt man den Analysten, dann war dieses Quartal kein Ausreißer. Die von FactSet ermittelten Umsatzwachstums-Schätzungen für die nächsten Quartale lauten bis Q3 2025 auf: 4,9 Prozent, 5,4 Prozent, 5,8 Prozent, 5,8 Prozent und 6,2 Prozent: Der Ausblick auf die nächste Berichtssaison ist also gedämpft, aber nicht pessimistisch.
Die Nachlese zur Berichtssaison zeigt auch, dass es hinsichtlich der Branchen keine Überraschungen gab: Unverändert führt der Tech-Sektor beim Umsatzwachstum mit einem Plus von 10,4 Prozent. Überdurchschnittlich schnitten im zweiten Quartal die Branchen Energie, Communication Services, Real Estate (sic) und Healthcare ab. Nur eine Branche, Rohstoffe, musste mit minus 1,4 Prozent im zweiten Quartal ein geringeres Umsatzwachstum als im zweiten Quartal 2023 verbuchen.
Unsere Portfolio-Titel: Freundlich bis volatil
Anhand der Kursreaktionen können wir festhalten: Unsere Portfolio-Titel hatten ein ereignisreiches Quartal. Die Ergebnisse unserer großen Werte und die einiger Neulinge im TheDLF und EMDL haben wir in der unteren Tabelle zusammengefasst. Wir konzentrieren uns auf Ergebnisse und Guidance im Vergleich zu den Konsensschätzungen. Es sind die Abweichungen zu den Erwartungen der Analysten, die in aller Regel die Kurse treiben. Auffällig ist, dass innerhalb der Branchen die Kursentwicklung sehr unterschiedlich war und die Kurse extrem oszilliert haben.
Meta hat wieder bärenstarke Zahlen in der jüngsten Berichtssaison präsentiert. In einem Quartal, in dem Anleger immer stärker Fragen, ob sich die erheblichen Investitionen in AI auszahlen werden, liefert Meta Quartal über Quartal höhere Umsätze und Profite.
Dagegen ist die Werbeplattform von Snap immer noch eine Baustelle. Werbekunden haben aktuell wenig Geld für Brand-Kampagnen, sie wollen direkt Ergebnisse sehen. Snap wird den “King of Direct Response”, nämlich Meta, nie erreichen, aber die Umsatzverteilung verschiebt sich deutlich in die richtige Richtung. Zudem wachsen die Nutzerzahlen und die zahlenden Abonnenten. Aber die Kursreaktion zeigt, dass Anleger bei dem Wert nahezu kapituliert haben.
Nach der Berichtssaison kam die Kursachterbahn: Aktien-Performance am Tag nach den Zahlen
Streaming-Dienste: Netflix, Disney, Spotify unf Roblox
Wir haben im zweiten Quartal Netflix, wie angekündigt, ins Portfolio aufgenommen. Das Unternehmen hat erneut solide Zahlen geliefert, Abonnenten, Profitabilität und Cashflow steigen. Die nächste Überraschung könnten die Werbeeinnahmen bringen. Dagegen hat Disney trotz guter Profitabilitätzahlen die Talsohle nicht verlassen. Überraschungen bei den Abonnentenzahlen erwarten wir allerdings bei den nächsten Quartalszahlen. Der Kampf gegen die “Passwort-Schnorrer” im Streaming-Business hat begonnen. Netflix’ erfolgreiches Vorgehen gegen die Passwort-Sharer kann für Disney als Blaupause gelten. Allerdings ist die Loyalität der Kunden gegenüber Netflix deutlich höher als gegenüber Disney.
Nur ein einziger “Streaming-Dienst” kommt auf noch höhere Retention-Zahlen als Netflix: Spotify. Und bei Spotify stimmt endlich auch die Profitabilität, nachdem die Schweden die Preise deutlich erhöht haben. Wieder im Portfolio ist Roblox. Zu gut sind die digitale Spur und die Aussicht, dass das Unternehmen mit Werbung eine zweite Ertragsquelle etablieren wird. Den Kursrückgang nach den Quartalszahlen können wir nicht nachvollziehen und haben unsere Position erhöht. Seither ist die Aktie knapp 30 Prozent gestiegen.
Nu und Kaspi
Nu und Kaspi sind weiterhin Schwergewichte in unseren beiden Portfolios. Die Zahlen haben nochmals untermauert, welche Ausnahme-Unternehmen beide sind. Allerdings sind die Erwartungen der Anleger mittlerweile sehr hoch, weshalb die Umsatz- und Gewinnüberraschungen geringer werden. Kaspi steht unmittelbar vor einer Expansion in das benachbarte Usbekistan. Darauf werden wir gesondert in einem Blogartikel eingehen. Bei Nu wird das unglaubliche Kundenwachstum in Brasilien eher abflachen, jetzt müssen Kolumbien und Mexiko liefern.
Wieder dabei: Paypal und Upstart
Paypal ist schon etwas länger wieder im TheDLF. Die Gewinnzahlen waren sehr gut, die Bewertung ist mittlerweile attraktiv und die Erwartungen der Anleger niedrig. Der neue CEO setzt stärker auf Profitabilität, insbesondere beim margenschwachen “unbranded” Geschäft. Der größte Konkurrent Apple (Apple Pay) wird regulatorisch gezwungen, das iPhone für konkurrierende Zahlungsmethoden zu öffnen. Paypal hat noch viele strategische Optionen, den Wert zu haben. Dazu gehört auch eine mögliche Ausgliederung von Braintree und Venmo.
Upstart wieder im Portfolio? Ja. Wir sind beim Investieren undogmatisch. Angesichts des Zinsrückgangs am kurzen Ende in den USA hat sich die Bilanzsituation bei Upstart deutlich entspannt. Die Zahl der faulen Kredite entwickelt sich positiv, das Unternehmen hat Fortschritte mit seinem KI basierten Bewertungsmodell gemacht und ist produktseitig deutlich breiter aufgestellt als noch vor zwei Jahren. Die Kursentwicklung von knapp 100 Prozent haben wir allerdings genutzt und die Position wieder etwas reduziert.
Agora
Bei Agora gibt es wenig Neues zu berichten. Der Heimatmarkt China läuft einfach zu schlecht, um eine Trendwende einzuleiten. Die Bewertung ist aber mittlerweile absurd. Der Enterprise Value liegt bei minus 177 Millionen Dollar. Das größte Risiko ist, dass das Unternehmen delisted.
Nvidia, TSMC, Arista, Pure Storage und Nutanix
Auf Nvidia sind wir letzte Woche eingegangen. Der Kurs von TSMC läuft aktuell im Gleichlauf mit Nvidia. Allerdings gehen die Margen bei TSMC eher nach oben. Arista hat wieder bemerkenswert gute Zahlen geliefert. Bei Pure Storage hat dagegen der Margen-Ausblick enttäuscht. Abschlüsse von Evergreen-Deals mit Großkunden dauern länger. Zudem gilt unsere Headline vom letzten Blogartikel: “Hoffen auf die Hyperscaler”. Dagegen hat Nutanix bemerkenswert gute Zahlen geliefert und gewinnt im Markt für Hyperkonvergente Infrastrukturen Anteile (nach Übernahme von VMware durch Broadcom). Nutanix ist aktuell höher gewichtet als Arista und Pure.
Elastic, Zscaler, MongoDB und SentinelOne
Elastic hat die Anleger mit einer schlechteren Umsatz-Guidance überrascht. Eine Veränderung in der Zuordnung der Kunden im Vertrieb hätte kurzfristig zu einer schlechteren Exekution geführt. Problem: Das Management hatte die Maßnahmen im Vertrieb bisher überhaupt nicht kommuniziert. Die Kursreaktion halte ich dennoch für übertrieben, zumal das Unternehmen mehrmals betont hat, dass keine Deals verloren gegangen seien. Auch bei Zscaler gab es eine Enttäuschung bei der Guidance. Die Billings für das zweite Halbjahr sollen nur noch um ca.15 Prozent wachsen. Auch hier gehen wir nur von einer temporären Schwäche aus. Dagegen hat MongoDB als eines der wenigen Unternehmen im SaaS-Markt positiv überrascht. Auch SentinelOne hat bessere Zahlen berichtet und die Guidance angehoben. Allerdings war die Performance nach dem Crowdstrike-Desaster so gut, dass der Kurs nach den Zahlen kaum reagiert hat.
Titel der dritten Reihe: Digital Turbine, Chegg und Compass
Weil die US-Notenbank die Zinswende offiziell eingeleitet (zumindest rhetorisch) und die Aussicht auf ein Soft Landing immer wahrscheinlich wird, haben wir angefangen, Titel der dritten Reihe aus unserer Watchlist wieder ins Portfolio zu nehmen. Hierfür waren weniger die Zahlen in der Berichtssaison, sondern vor allem die digitale Spur verantwortlich, die bei einigen Unternehmen überzeugt.
Eingestiegen sind wir bei Digital Turbine, Chegg und Compass. Während Digital Turbine nach den geringfügig besseren Zahlen sensationell zulegen konnte, hat Chegg eher enttäuschende Zahlen präsentiert. Überlagert wurden die Zahlen allerdings auch von massiven Abschreibungen, die der neue CEO vorgenommen hat. Cheggs Geschäftsmodell wird aktuell von ChatGPT & Co. disruptiert, aber m.E. ist der Abgesang auf das Unternehmen verfrüht. Aktuell wird Chegg nur noch mit dem Fünffachen des geschätzten Free Cashflows für das Jahr 2025 bewertet. Mit Compass setzen wir auf die Trendwende im US-Immobilienmarkt.
Nach dieser stakkato-artigen Zusammenfassung der Neuerungen im TheDLF werden wir in einem weiteren Blogartikel bald ausführlicher auf das Comeback der Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe eingehen und unsere hier erwähnten Calls ausführlicher erläutern.
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Autor
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Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.
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