WeWork IPO: Desaster mit schweren Folgen für Softbank?

26. September 2019

WeWork IPO - Börsengang scheitert - Firmenschriftzug vor CoWorking Space

In der vergangenen Woche haben wir an dieser Stelle unsere kritische Meinung zum milliardenschweren TeamViewer IPO kundgetan, der inzwischen mehr oder weniger erfolgreich über die Bühne gegangen ist. Heute geht es um einen weiteren Börsengang, der fast 10x größer sein sollte, aber nun erst einmal verschoben wurde.

Es geht um „The We Company“ – besser bekannt unter der Marke WeWork, die eigentlich mit ihrem Co-Working-Business in diesen Tagen ihren IPO feiern wollte.

Was macht WeWork – The We Company

WeWork startete 2010 in Manhattan mit ihrer ersten Bürogemeinschaft (neudeutsch „Co-Working Space“) und ist dank einer unglaublich rasanten Expansion weniger als 10 Jahre nach der Gründung mittlerweile an 835 Standorten in 126 Städten und 38 Ländern präsent. „Blitzscaling“ nennt man das in USA etwas martialisch in Anlehnung an den Blitzkrieg, bei dem der Angreifer hohe Risiken eingeht, um die Schlacht in kürzester Zeit zu entscheiden.

Im Kern des Geschäftsmodells von WeWork steht die Anmietung von Räumlichkeiten, die dann modernisiert und in das geschäftige, Startup-freundliche Arbeitsumfeld verwandelt werden, für das WeWork bekannt ist. Dann werden die Büroräume – meist in kleinen Einheiten – untervermietet. Neben festen Arbeitsplätzen in eigenen Büros gibt es im WeWork-Angebot auch einzelne Schreibtische im Großraumbüro oder sogar unter dem phantasievollen Namen „Hot Desk“ einen reinen Zugang zu den Räumlichkeiten ohne festen Arbeitsplatz.

WeWork IPO - Börsengang - CoWorking Space Innenraum mit Fokus Zone und Menschen
WeWork IPO: Ein Coworking Space von „The We Company“ im Einsatz. (Quelle: WeWork)

Die Kundenbasis des Unternehmens wächst rasant, gemäß Börsenprospekt umfasst die WeWork “Community” über 500.000 Mitglieder. Das sind zahlende Personen, die einen Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten von WeWork angemietet haben und dort unter Gleichgesinnten den Full-Service eines voll ausgestatteten Büros inklusive Netzwerk, Konferenzräumen und frisch zubereiteten Kaffees nutzen.

WeWork präsentiert sich als Community, die seinen „Mitgliedern“ verschiedene Services als Abonnement anbietet. Gerne stellt sich das Unternehmen als Tech-Unternehmen mit einem Subskriptions-Business dar. Und tatsächlich werden Kunden hauptsächlich online gewonnen. Im Endeffekt betreibt das Unternehmen aber nichts anderes als die Untervermietung von modernen Büroräumen mit einem durchaus ansprechenden Coolness-Faktor, für den seine Mieter auch gerne etwas mehr zahlen als für ein herkömmliches Büro. Entsprechende Co-Working-basierte Geschäftsmodelle gibt es – wenn auch etwas weniger digitalisiert – seit vielen Jahren. Der börsennotierte Marktführer ist IWG aus UK, die unter dem Namen ihrer Regus Brand in 2003 schon einmal durch eine US-Insolvenz gingen. Heute ist IWG durchaus profitabel und wird zum etwa 1,5-fachen des Umsatzes bewertet.

Das Geschäftsmodell von WeWork selbst ist also weder revolutionär noch gibt es irgendwelche nennenswerten Markteintrittsbarrieren für alte oder neue Wettbewerber. Co-Working ist nicht nur hip, sondern auch sehr sinnvoll und ein echter Wachstumsmarkt – aber es gibt keinen Grund warum WeWork diesen Markt auf Jahre hinaus beherrschen sollte. Ich muss daher eher schmunzeln, wenn ich im Börsenprospekt von einem TAM (Total Adressable Market) in der Größenordnung von $3.000 Milliarden lese, den WeWork für sich erobern will.

Wachstum um jeden Preis – powered by Softbank

Der Umsatz von WeWork betrug in 2018 $1,8 Milliarden und soll in 2019 auf $3,3 Milliarden wachsen. Das Wachstum ist atemberaubend, aber es geschieht im wahrsten Sinne des Wortes ohne Rücksicht auf Verluste: alleine im ersten Halbjahr 2019 erwirtschaftete das Unternehmen einen Verlust i.H.v. $904 Millionen, das ist eine negative Marge von -59 Prozent vom Umsatz.

Anlässlich der letzten vorbörslichen Finanzierungsrunde vor einem Jahr wurde WeWork mit sage und schreibe $47 Milliarden bewertet. Die japanische Softbank und ihr Vision Fund hat insgesamt seit 2017 weit über $10 Milliarden investiert.

WeWork IPO - Börsengang - CoWorking Space im Freien mit Aussicht
WeWork IPO: Co-Working mit Aussicht – Rechtfertigt das die hohe Bewertung des Unternehmens?

Der Plan von Softbank und den anderen vorbörslichen Investoren wie J.P. Morgan war es, das Unternehmen in diesen Tagen an die Börse zu bringen. Doch spätestens der Börsenprospekt offenbarte nicht nur die luftige Bewertung, sondern auch andere Fragezeichen beziehungsweise Warnsignale bezüglich der Governance: Der charismatische Gründer und CEO Adam Neumann besitzt nicht nur circa 20 Prozent an WeWork, sondern auch einige von WeWork vermietete Immobilien. Einem Bericht des Wall Street Journals zufolge hat er bereits vor dem IPO mehr als $700 Millionen aus dem Unternehmen rausgezogen. Die im Börsenprospekt beschriebene Unternehmensstruktur und auch die Darstellung der finanziellen Verhältnisse ist sehr undurchsichtig. Und auch die Unternehmenskultur wirft gemäß dieses lesenswerten Unternehmensporträts aus dem New York Magazine etliche Fragen auf.

Sei es drum: Es ist uns ein absolutes Rätsel wie ein seriöser Investor auf die Idee kommen kann, dass dieses Unternehmen $47 Milliarden wert sein soll. Das würde einem Umsatzmultiple von 14 entsprechen und WeWork würde damit wie ein potentiell hoch profitables Cloud-Unternehmen bewertet werden. Aber im Gegensatz zu solchen SaaS-Highflyern ist bei WeWork kein klarer Pfad zur Profitabilität zu erkennen. Das Geschäftsmodell ist generell nicht dazu geeignet, um jemals besonders hohe Margen erzielen zu können, was eine solche Bewertung rechtfertigen könnte.

Und das sehen offenbar viele potentielle Investoren genauso wie wir: der Finanzmarkt zeigte dem Unternehmen auch bei einer gesenkten Bewertung die kalte Schulter, angeblich waren die Aktien auch nicht zu einem deutlich gesenkten Enterprise Value von $10-15 Milliarden zu platzieren.

Nach dieser Posse um den zumindest bis auf weiteres gescheiterten Börsengang musste auf Druck von Softbank und Co. der Gründer Adam Neumann als CEO zurücktreten. Es wird erwartet, dass WeWork seine weiteren Expansionspläne zurückschrauben und vielleicht sogar tausende von Mitarbeitern entlassen wird.

WeWork IPO – Das Problem der Softbank

Aber Masayoshi Son, der sagenumwobene CEO der Softbank, hat nun ein ernsthaftes Problem, das weit über WeWork hinausreicht. Der japanische Milliardär hat für seinen Vision Fund vor allem von den Staatsfonds in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi Arabien knapp 100 Milliarden US-Dollar eingesammelt und in 80 mehr oder weniger prominente Unicorns wie Uber, Slack, ByteDace, DoorDash und GetYourGuide investiert.

Der Fonds ist in der Venture Capital Szene dafür berühmt-berüchtigt, für seine vorbörslichen Beteiligungen Höchstpreise zu bezahlen. Dadurch gehen junge Unternehmen später als früher üblich an die Börse. Die Bewertungen sind dann oftmals so hoch, dass die Unternehmen den hohen Erwartungen nicht gerecht werden können. Die Entscheider bei Vision Fund sind meist Ex-Investmentbanker, die mit “easy money” extrem hohe Wetten eingehen und Deals meist so strukturieren, dass sie Außen kaum zu verstehen sind.

Die Aktien der Vision Fund Beteiligungen Uber und Slack notieren deutlich unter ihrem Ausgabekurs. Und nun droht dem Vision Fund auch noch eine Milliarden-Abschreibung auf seine WeWork-Beteiligung, die wohl maximal ein Drittel von dem ursprünglichen Investment wert ist.

WeWork IPO - Börsengang scheitert - Grafische Darstellung der Investoren in Vision Fund
Investoren des Vision Fund und des Vision Fund 2.

Schlechte Nachrichten also, die nun ausgerechnet in einer Zeit kommen, in der Softbank seine Investoren begeistern will für die Auflage des geplanten Vision Fund 2. Für den sind angeblich $108 Milliarden bereits zugesagt worden. Auch Apple und Microsoft, die offenbar gar nicht mehr wissen wohin mit den Bergen von Cash, sollen laut einem Bericht der Financial Times zu den Investoren gehören.

WeWork IPO – Fazit

Wir sehen das (vorläufige) Scheitern des WeWork Börsengangs durchaus mit einer gewissen Genugtuung. Unserer Meinung nach wäre das Unternehmen auch mit $10 Milliarden noch überbewertet. Es scheint also Vernunft einzukehren an den Börsen. Es wäre gut für die gesamte Venture Capital Szene und die öffentlichen Finanzmärkte, wenn die vorbörslichen Bewertungen auf ein gesundes Maß zurechtgestutzt werden, so dass es für junge Firmen wieder interessanter wird, zur Eigenkapitalbeschaffung an die Börse zu gehen.

Das wird aber nur passieren, falls die Gigantomanie von immer größeren Venture Funds gestoppt wird. Den StartUps tut man in den meisten Fällen keinen Gefallen, wenn man sie mit Geld überflutet und dann gemäß der „Blitzscaling“-Strategie ungesundes weil nicht nachhaltiges Wachstum um jeden Preis erwartet. Zu viel Geld zum falschen Zeitpunkt schadet. Denn das schafft weder ein gutes Arbeitsumfeld für die Mitarbeiter noch nachhaltigen Shareholder Value für die Investoren.

Wir von The Digital Leaders Fund werden jedenfalls solch überteuerte IPOs weiterhin interessiert von der Seitenlinie aus beobachten und steigen generell nur zu einem vernünftigen Preis ein. Auch wenn das bedeutet, dass wir uns an dem einen oder anderen Digital Leader derzeit nicht beteiligen können.

Wenn Du in Zukunft stets informiert sein willst, wo wir solche vernünftigen Einstiegspreise sehen, dann kannst Du hier – natürlich kostenlos – jetzt unseren Newsletter abonnieren.


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Autor

  • Stefan Waldhauser

    Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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Stefan Waldhauser

Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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5 Antworten

  1. Wie stehst du zu einer Investition in Softbank im Vergleich zu einem Direktinvestment in Alibaba? Der Bewertungsabschlag ist ja inzwischen doch recht hoch.

    1. Ja, wenn man den Zahlen auf der Softbank IR-Seite glauben darf, dann ist die Alibaba-Beteiligung der Softbank pro Aktie schon alleine mehr als die Softbank-Aktie kostet.
      Dennoch möchten wir nicht in Softbank investiert sein, denn das würde gleich gegen zwei Investmentgrundsätze von uns verstossen. 1. „Know what you own und know why you own ist“ (Peter Lynch) – wir wollen die Organisationen möglichst vollständig verstehen in die wir investieren. Alibaba alleine ist schon grenzwertig für uns, da nur sehr schwer zu durchdringen. Aber Softbank ist noch viel komplexer. 2. Wir investieren immer auch in die handelnden Personen und müssen vollstes Vertrauen ins Management haben. Wir hatten Masayoshi Son ja in unserem WeWork-Beitrag schon am Rande erwähnt. Er ist sicherlich eine der schillerndsten Persönlichkeiten unserer Zeit. Und er ist stolz darauf, große und höchst riskante Wetten einzugehen. Das ist nicht unser Stil – um es vorsichtig auszudrücken.

  2. Schöner Artikel, danke!

    Mich würde interessieren, ob für Euch ein Investment in Softbank in Frage kommen würde? Wenn nein, warum? Wann wäre es für Euch ein Kaufkandidat?

    Der Shareholder Value von Softbank wird ja auch der Website sehr transparent veröffentlich und ist derzeit deutlich unterbewertet, da schon der Anteil an Alibaba den gesamten Wert von Softbank ausmacht. Den Rest der Beteiligungen gibt es derzeit quasi „umsonst“ und ich kann mir nicht vorstellen, dass diese keinen Wert haben.

    Danke für Eure Meinung und beste Grüße
    Thomas

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