XPeng Aktie: Profite in Zeiten von Corona – Teil 2

20. Juni 2022

XPeng Aktie

Unsere Serie zu China EVs beschäftigt sich heute mit der XPeng Aktie. Das Unternehmen hat am 22. Mai seine Zahlen für das erste Quartal vorgelegt und dabei wenig Hoffnung auf ein besseres zweites Quartal gemacht. Dennoch bleiben die langfristigen Aussichten gut, die XPeng Aktie ist aus unserer Sicht unterbewertet. Das chinesische Startup XPeng ist gut positioniert, um vom Wachstumstrend des Elektroautomarktes in China und im Ausland zu profitieren.

Der XPeng Geschäftsbericht für das erste Quartal 2022

Die finanziellen Ergebnisse von XPeng im ersten Quartal 2022 muss man in Anbetracht der Zero-Covid Restriktionen innerhalb Chinas sowie im Abgleich mit den Erwartungen der Analysten als solide bewerten. Beim Umsatz und dem Unternehmensgewinn wurden die Erwartungen der Investmentbanken übertroffen. Lediglich bei der Bruttomarge hat das Unternehmen enttäuscht.

Schauen wir uns die Zahlen etwas genauer an. Der Umsatz stieg um 153 Prozent im Jahresvergleich auf 7,5 Milliarden Yuan (1,2 Milliarden Dollar), ging jedoch um 13 Prozent gegenüber dem Vorquartal zurück, was wiederum saisonal bedingt durch das Frühlingsfest und natürlich den Lockdowns in bestimmten Regionen war. Hervorheben möchten wir , dass der Umsatz aus den Autoverkäufen – 7 Milliarden Yuan – auch 500 Millionen Yuan an Einnahmen aus Verkäufen von Dienstleistungen wie Charging Paketen und dem hauseigenen System “XPILOT” (autonomes Fahren) enthält. Das sind zwar “nur” 6 Prozent vom Umsatz, leisten aber wegen ihrer hohen Bruttomarge dennoch einen anständigen Beitrag zur Bottom Line.

Aufgrund höherer Rohstoff- und Batteriekosten sank die Fahrzeugmarge im letzten Quartal auf 10,4 Prozent (10,1 Prozent in Q1 2021 und 10,9 Prozent in in Q4 2021). Zum Vergleich: NIO lag im ersten Quartal bei 18,1 Prozent und Tesla gar bei 32,9 Prozent. Letztlich ist die geringere Marge der Positionierung von XPeng im unterpreisigen EV-Segment zwischen 150.000 und 300.000 Yuan geschuldet. Die Preiserhöhungen bei XPeng griffen erst seit dem 21. März und können hier noch nicht zur Verbesserung der Marge beitragen. Da werden wir auf das zweite und dritte Quartal warten müssen. Die Bruttogewinnmarge des Unternehmens blieb weitgehend unverändert und lag im ersten Quartal bei 12,2 Prozent (11,2 Prozent in Q1 2021 und 12,0 Prozent in Q4 2021).

Das Management hat keinen Zweifel daran, dass die Zukunft für EVs in China und im Überseemarkt rosig ist und handelt auch so: Ausgaben für Forschung und Entwicklung steigen weiter rasant (+128 Prozent YoY). Höhere Ausgaben für Marketing und Werbung sowie die Erweiterung des Vertriebsnetzes und die damit verbundenen Personalkosten haben zu einer ebenfalls saftigen Steigerung der VVG-Kosten geführt (+127 Prozent YoY). Doch wer mit 150 Prozent und mehr wächst, kann sich so etwas leisten: Die Betriebskostenquote sinkt deswegen sogar von 42 Prozent auf 38 Prozent.

Kosten von XPeng

Der bereinigte Nettoverlust betrug mit 1,5 Milliarden Yuan (241 Millionen Dollar) mehr als doppelt so viel im Vorjahreszeitraum. Sorge bereitet das jetzt noch nicht, denn XPeng verfügt noch über Barmittel in Höhe von etwa 6,5 ​​Milliarden Dollar. Dies dürfte ausreichen, um sein Wachstum in den nächsten Jahren zu finanzieren.

Auf der operativen Seite sah es wie folgt aus: Insgesamt wurden im ersten Quartal 34.561 Fahrzeuge ausgeliefert. Im Vorjahresquartal waren es nur 13.340, ein Anstieg von 159 Prozent. Zum Vergleich: bei NIO waren es 25.768 Stück und bei LI Auto waren es 31.716 Stück gewesen. Damit hat XPeng in der Troika der drei bekanntesten EV Startups Chinas die Führung übernommen.

Die Auslieferungen der P7 Sportlimousine beliefen sich auf 19.427 Stück, ein Plus von 144 Prozent YoY. Die intelligente P5 Familienlimousine erreichte im ersten Quartal Stückzahlen von 10.486, von denen – auf Wahl der Käufer hin – über 50 Prozent mit XPILOT 3.0 oder XPILOT 3.5 ausgestattet waren. Kurioserweise werden die Verkaufszahlen für das erste XPeng Modell, dem G3 und G3i, nicht mehr gesondert im Finanzbericht ausgewiesen. Nach unseren Berechnungen waren es 4.648 verkaufte G3. Das physische Vertriebsnetz von XPeng expandierte weiter mit jetzt insgesamt 366 Geschäften, die nun 138 Städte abdecken.

Ausgelieferte Fahrzeuge XPeng

Das Netz an XPeng Ladestationen wurde auf 933 Stationen ausgebaut, darunter 757 XPeng Supercharger Stationen und 176 Zielladestationen. Im Earnings Call wurde auch bekannt gegeben, dass zeitgleich mit der Auslieferung des brandneuen G9 im vierten Quartal ebenfalls eine neue Generation von 480 Kilowatt Supercharger-Stationen eingesetzt werden. Diese ermöglichen eine Reichweite von 200 Kilometern nach gerade mal fünfminütiger Ladezeit.

Ausblick und Risiken

XPeng erwartet im zweiten Quartal Auslieferungen von 31.000 bis 34.000 Fahrzeugen. Das entspräche einem jährlichen Wachstum von etwa 78 bis 95 Prozent. Nun wissen wir ja mittlerweile, dass im April 9.002 Fahrzeuge und im Mai 10.125 Fahrzeuge ausgeliefert wurden. Macht nach Adam Riese zwischen 11.800 und 14.800 zu verkaufender Autos für Juni. Wir halten dies für realistisch. XPeng hat in der jetzigen Situation einen entscheidenden Vorteil. Das Unternehmen ist in Guangzhou ansässig und hat im Vergleich zu NIO und LI Auto einen geringeren Anteil an Zulieferern im Yangtse Delta um Shanghai (Ost-China), wo es bekanntlich zu den größten Störungen in den Lieferketten kam. Das XPeng Werk in Zhaoqing arbeitet seit Mitte Mai bereits wieder in zwei Schichten.

Zulieferer XPeng

Ganz gefeit ist natürlich auch XPeng nicht vor den Einschränkungen durch Chinas Zero-Covid Policy, denn die Autos müssen nicht nur gebaut, sondern schließlich auch verkauft werden. Und wenn in einer Stadt wie Shanghai im April kein einziges Auto abgesetzt wird, hat das Auswirkungen auf XPengs Verkaufszahlen. Des Weiteren darf man sich keinen Illusionen hingeben. Die Zero-Covid Beschränkungen werden für die nahe Zukunft weiterhin landesweit bestehen und frühestens mit dem Ende des wichtigen 20. Parteikongresses der KP China im November dürfte mit einer Lockerung zu rechnen sein.

XPeng erwartet für das zweite Quartal einen Umsatz von 6,8 bis 7,5 Milliarden Yuan, was einer jährlichen Wachstumsrate von etwa 81 bis 99 Prozent entspricht. Die Prognose lag aber unter den Markterwartungen seitens der Analysten von 8,33 Milliarden Yuan. In Bezug auf die Bruttomarge wollte das Management keine klare Prognose abgeben. Aber es ist wahrscheinlich, dass auch das zweite Quartal keine wirkliche Verbesserung bringen wird, da die Auftragsbücher noch mit Bestellungen gefüllt sind, die vor der Preiserhöhung lagen. Im dritten und vierten Quartal können wir nach den Aussagen des Managements eine echte Margenerholung erwarten.

Die größten Risiken liegen derzeit bei den Batteriekosten und der Sicherstellung von Chip- lieferungen. Kurzfristig betrachtet, werden die Batteriepreise weiter hoch bleiben. Erst 2023 ist mit einer Verbesserung der Kapazitäten bei den großen Lieferanten (z.B. CATL) zu rechnen und entsprechende Preissenkungen realistisch. Bei der Chipversorgung ist es ähnlich kritisch. Ein Großteil der Chiplieferanten sind im Yangtse Delta ansässig und waren massiv durch die Lockdowns beeinträchtigt. Ähnlich wie bei NIO geht das XPeng Management davon aus, dass diese Engpässe mindestens bis zum Jahresende, wenn nicht sogar bis Mitte 2023, anhalten dürften. Der Gründer und CEO He Xiaopeng hat erneut im Earnings Call unterstrichen, dass ein typisches XPeng Elektroauto circa 5000 Chips verbaut und das Unternehmen häufig nur Chips für eine Woche Produktion vorhalten kann. Dabei sind es eher die technisch weniger aufwendigen, billigen Chips, an denen es mangelt. Die Situation bleibt angespannt.

Es ist aber nicht alles “doom and gloom”. Wir glauben, dass XPeng und andere lokale Hersteller von Elektrofahrzeugen zu den Hauptnutznießern der jüngst verkündeten Konjunkturprogramme der Regierung gehören werden. Zum Beispiel sollen ab sofort alle Lokalregierungen und staatlichen Unternehmen in den ländlichen Gebieten ihre Autoflotten auf Elektroautos umstellen. Die entsprechenden Gelder sind bereits von der Zentralregierung dafür bereitgestellt worden.

In Bezug auf seine Produktpalette verkauft XPeng derzeit drei Modelle, während ein viertes Modell – der G9 – vor einigen Monaten vorgestellt wurde und voraussichtlich im dritten Quartal auf den Markt kommen und im vierten Quartal 2022 mit der Massenauslieferung beginnen wird. Der G9 ist ein großer SUV, das ein wichtiges Marktsegment in China ist und in direkter Konkurrenz zu Tesla und NIO stehen wird. XPeng hatte bisher mit dem G3 nur ein kleineres SUV Modell, das nicht auf das Luxussegment ausgerichtet war. Daher gibt es mit dem G9 viel Potenzial für Marktanteilsgewinne.

Aber auch zu den zukünftigen Modellen gab es im Earnings Call erste Aussagen: Die beiden neuen Modelle im nächsten Jahr sollen im höherpreisigen Segment (400.000+ Yuan) angesiedelt sein. Angestrebt wird eine Fahrzeugmarge von 20 Prozent. Dabei kommt zuerst mit dem P9 eine Luxuslimousine auf den Markt, die den ET7 von NIO angreifen wird. Und um die  Attraktivität dieser neuen Modelle noch zu erhöhen, werden sie dann serienmäßig mit der hauseigenen autonomen Fahrtechnik des Xpilot 3.5 ausgestattet sein. Wenn man dem Management im Earnings Call Glauben schenken darf, hat sich der Navigation Guided Pilot (NGP) des Xpilot bisher nicht nur auf den Autobahnen als äußerst solide bewährt, sondern mittlerweile eine ganze Reihe erfolgreicher Tests in chinesischen Innenstädten absolviert. Eine echte Kampfansage an Tesla.

Bewertung der XPeng Aktie

Wie viele andere chinesische Technologiewerte so hat auch die XPeng Aktie in den letzten zwölf Monaten arg gelitten. Alleine seit Jahresbeginn ist der Wert um mehr als 46 Prozent gefallen. Die Aktie steht heute bei 27 Dollar und die gegenwärtige Marktkapitalisierung beträgt 23 Milliarden Dollar. Wie bei anderen Unternehmen im Elektroauto-Segment, die noch in der Verlustzone operieren, empfiehlt sich ein Blick auf das EV/Sales Verhältnis. Derzeit liegt es bei 4,5. (Zum Vergleich NIO: 4,8 und Tesla: 11,5). Die Umsatzerwartungen für 2023, 2024 und 2025 liegen jeweils bei 11 Milliarden Dollar, 15 Milliarden Dollar und 20 Milliarden Dollar. Legt man einen konservativen EV/Sales von 4 zugrunde, ergibt sich bereits für Ende 2024 ein fair Value für die Aktie von 70 Dollar. Das setzt natürlich wie immer lupenreine Umsetzung der Wachstumsziele seitens des Managements voraus. Aber unmöglich scheint dies angesichts des Track Records des Management Teams und der kräftigen Unterstützung des Sektors durch die Zentralregierung nicht. Wenn sich dann das EV/Sales Verhältnis noch etwas mehr dem von Tesla nähert, könnte einiges an Musik in der XPeng Aktie stecken.

Prognose zur XPeng Aktie

Das Covid Risiko ist in der Volksrepublik China immer noch nicht unter Kontrolle gebracht. Man darf aber trotz der weiter bestehen Zero-Covid Policy nun hoffen, dass das Schlimmste überstanden ist. Die Zentralregierung wird ein massives Finanzpaket zur Stimulierung der Volkswirtschaft auf den Weg bringen und Chinas Elektroautobranche hat schon heute Gewissheit, dass sie davon profitieren wird. Wir sehen starkes Potential für die XPeng Aktie, in den nächsten drei Jahren weiter Marktanteile in China zu gewinnen. Der China Digital Leaders hat jüngst seine Position in XPeng noch einmal aufgestockt.

Disclaimer

China Digital Leaders und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von XPeng. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autor

  • Mirko Wormuth

    Mirko war 23 Jahre lang in China als Anwalt und Unternehmer tätig. Zuletzt war er Global Head of HR für das chinesische EV Startup BYTON in Nanjing. Davor lagen seine unternehmerischen Tätigkeiten im Bereich des chinesischen E-Commerce und Einzelhandels. Seit 2020 managt Mirko den auf die chinesische Digitalisierung spezialisierten “China Digital Leaders” Fonds.

Mirko Wormuth

Mirko Wormuth

Mirko war 23 Jahre lang in China als Anwalt und Unternehmer tätig. Zuletzt war er Global Head of HR für das chinesische EV Startup BYTON in Nanjing. Davor lagen seine unternehmerischen Tätigkeiten im Bereich des chinesischen E-Commerce und Einzelhandels. Seit 2020 managt Mirko den auf die chinesische Digitalisierung spezialisierten “China Digital Leaders” Fonds.

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