Yandex: Das russische Alphabet beginnt mit Y

14. Mai 2021

Yandex Aktie

Die Gründer von Yandex, Arkady Volozh (Mathematiker) und Ilya Segalovich (GEO-Physiker), beschäftigten sich bereits seit 1989 mit der Technologie hinter Internetsuchmaschinen. Sie setzten 1997 die Internetseite Yandex.ru auf.

Das Unternehmen Yandex entstand 2000 und wurde 2011 an der New York Stock Exchange zu 25 Dollar pro Aktie gelistet. Heute hält der Family Trust von Volozh noch 9 Prozent der Aktien, 4 Prozent wird von anderen leitenden Mitarbeitern der Gruppe gehalten; 87 Prozent der Anteile sind im Streubesitz. Das Unternehmen erwirtschaftete mit knapp 12 000 Mitarbeitern 2020 einen Umsatz von 2,4 Milliarden Euro.

Yandex Umsatzanteile Geschäftsbereiche Chart
Yandex Umsatzanteile der Geschäftsbereiche*. Quelle: Yandex

* Segmente addiert übersteigen 100 Prozent aufgrund von Doppelzählungen bei Schnittmengen.

57 Prozent des Jahresumsatzes entfallen auf Websuche und Portal. Das ist streng genommen Legacy Geschäft, denn vor 5 Jahren belief sich der Umsatz aus dem Suchmaschinengeschäft noch auf 93 Prozent. Die Suchmaschiene Yandex nutzt die Machine-Learning-Technologie YATI, die bei der Interpretation des semantischen Zusammenhangs zwischen Nutzersuchen und Internetinhalt für besonders effizient gehalten wird. Der Marktanteil in Russland bei Desktops liegt bei 70 Prozent und bei 60 Prozent über alle Gerätetypen hinweg.

Yandex Traffic Zahlen
Yandex Traffic Zahlen

Der russische Werbemarkt erzielte im Jahre 2020 einen Umsatz von 5,5 Milliarden Euro; davon entfiel die Hälfte auf Online-Werbung. Während der Gesamtmarkt in den letzten Jahren kaum gewachsen ist, gewann Online mit Wachstumsraten von 20 Prozent jährlich zunehmend an Bedeutung. Allerdingst hat Covid-19 auch hier Spuren hinterlassen, während der Gesamtmarkt um 4 Prozent schrumpfte, kam der Bereich Internet auf immerhin plus 4 Prozent. Bei der Online Werbung kam Yandex mit einem Jahresumsatz von 1,4 Milliarden Euro auf einen Marktanteil von 50 Prozent. Das Geschäft ist mit einer EBITDA Marge von 48 Prozent die Cash Cow des Unternehmens.

Yandex als führende Online Werbeplattform Übersicht
Yandex als führende Online Werbeplattform

E-Commerce in Russland

Der große Wachstums- und Gewinntreiber der Zukunft könnte Yandex.Market werden, eine E-Commerce Plattform für Preisvergleiche und Einkauf von Lebensmitteln und Haushaltswaren. Der wesentliche Vorteil ist eine nahtlose Integration: Mit einem Klick können Käufe einschließlich der Lieferung abgewickelt werden. Der autonome Yandex Rover liefert in dem Technologiepark Innopolis in der Republik Tatarstan und dem Geschäftsviertel um den weißen Platz in Moskau bereits selbstständig und schafft damit weitere Zukunftsphantasien.

Das Geschäftsfeld trug mit seinen 6 Millionen Kunden und 8000 Händlern im vergangenen Jahr mit ca. 150 Millionen Euro 6 Prozent zum Jahresumsatz bei. Wir sehen hier große Wachstumschancen, denn in Russland macht E-Commerce bisher nur 8 Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes aus. In den USA sind das bereits 21, in China sogar 45 Prozent. Daher geht es hier weniger um die Verdrängung der derzeitigen Marktführer Wildberries und Ozon, sondern um das Marktwachstum insgesamt.

E-Commerce in Russland
E-Commerce in Russland

Die Versäumnisse bei Payments

Es ist bemerkenswert, wie sehr Yandex Payments und Fintech insgesamt verpennt hat, obwohl dafür alle Voraussetzungen vorhanden waren. Die Kooperation mit Sberbank hat nicht funktioniert und wurde letztes Jahr beendet. Hier hat man jahrelang Zeit verschwendet. Im letzten Jahr setzte man dann mit einem Übernahmeversuch von TCS (Tinkoff), den großen Sprung in diesen lukrativen Markt an. Der Deal scheitert aber final an einem zu niedrigen Preis für TCS. Nun hat Yandex mit Acropol eine Bankhülle mit Lizenz gekauft, stellt nun Fintech-Experten ein und baut den Bereich operativ selbst auf. Wir begrüßen diesen Schritt, der bei Erfolg dem Aktienkurs sehr viel Auftrieb verleihen sollte.

Yandex macht Russland mobil

Einen echten Star im Portfolio hat man mit Yandex.Taxi. Damit ist das Unternehmen Marktführer und derart dominant, dass Uber im Jahr 2018 das Handtuch geschmissen und Yandex das russiche Geschäft kurzerhand verkauft hat. Das Segment trägt nach dem fulminanten Wachstum der letzten Jahre 31 Prozent zum Umsatz bei. Das ist doppelt soviel wie noch vor zwei Jahren und damit der große Wachstumstreiber für das Gesamtunternehmen. Man ist ausserhalb von Russland auch in weiteren 16 Ländern (neben den russischsprachigen Ländern der früheren Sowjetunion auch Israel, Ghana und der Elfenbeinküste) und damit mit einer Armee von insgesamt 700 000 Fahrern in 1000 Städten vertreten.

Auch zum E-Commerce gibt es Synergie-Effekte. Denn die Fahrer helfen bei ihren Einsätzen auch beim Ausliefern von Paketen des Lieferdienstes. Basierend auf den Zahlen vom Dezember 2020 kommt man annualisiert auf 55 Milionen Lieferungen. Das Angebot wird durch weitere Lieferdienste ergänzt: Essen aus 33.000 Restaurants (Yandex.Eats) und Lebensmittel (Yandex.Lavka). Durch die Nutzung von den Yandex.Lavka genannten Darkstores erfolgt die Lieferung für die 20 Millionen Einwohner von Moskau, St. Petersburg und Nizhny Novgorod innerhalb von 15 Minuten nach Bestellung. Das Geschäft war nach den Verlusten der Vorjahre (2016-2018) im vergangenen Jahr wieder im Plus und lieferte eine eine knappe Ebitda Marge von 5 Prozent. Das ist bemerkenswert, Uber und Lyft schreiben noch tiefrote Zahlen.

Yandex Lavka Lieferdienst
Yandex Lavka Lieferdienst

Wachstumsmarkt Unterhaltung

Der Bereich Media Services (Umsatzbeitrag: 3,6 Prozent) umfasst Filme, Musik und Kino. Der Bezahldienst Yandex.Plus umfasst unlimitierten Zugang zu Musik und werbefreie Filme sowie zahlreiche Goodies im Yandex Eco-System. Das Abo kostet 2-3 Euro monatlich und wird rege angenommen: Die Nutzerzahl liegt bei 7,9 Millionen und hat sich in den letzten zwölf Monaten mehr als verdoppelt.

Das Angebot ist auch außerhalb von Russland in 10 Ländern verfügbar. Der Umsatz von 87 Millionen Euro im Jahr 2020 ist niedrig, aber das Wachstum deutet auf ein hohes Potential. Allerdings verliert man mit dem Geschäftsbereich bisher Geld, alleine in 2020 waren es 38 Millionen Euro. Das sollte sich in den nächsten Jahren durch Skaleneffekte deutlich verbessern.

Yandex Risiken

Und die Risiken? Unternehmen in Emerging Markets sind größeren wirtschaftlichen und politischen Risken ausgesetzt. Das gilt ganz besonders für Russland (man denke an Yukos) und speziell für Internetunternehmen, deren Dienste als kritische Technologie eingestuft werden. Hier ist Yandex vor Regulierung aber auch staatlicher Intervention nicht gefeit, insbesondere weil das Unternehmen wirtschaftlich mehrheitlich von Ausländern gehalten wird. Eine komplexe und letztes Jahr aufgrund einer Gesetzesänderung noch einmal veränderte Struktur führt nun dazu, dass die Stimmrechte in Russland verbleiben und das Unternehmen compliant ist.

Daneben müssen wir bei Yandex Execution Risks erwähnen, da das Unternehmen aus der herausragenden Ausgangssituation bisher zu wenig gemacht hat, siehe Fintech-Markt.

Bewertung und Fazit

Mit Yandex investiert man in die Digitalisierung Russlands. Das Unternehmen hat aber weit unter Potential geliefert bisher, die Versäumnisse bei Payments sind exemplarisch hierfür. Genau hier liegen aber auch die Chancen für das Unternehmen, das heute deutlich breiter aufgestellt ist und mit Yandex.Taxi, Yandex.Markets und Yandex Media sehr lukrative Segmente bedient.

Yandex ist mit dem 5-fachen Umsatz bewertet. Das ist deutlich niedriger als vergleichbare Unternehmen in den USA, das liegt nicht nur an Russland. Yandex monetarisiert die Dienste noch nicht ausreichend gut. Das KGV (FWD) liegt derzeit bei 55, EV/EBITDA (FWD) bei 19 und Kurs zu Cashflow (FWD) bei 22.

Das ist sicherlich kein Schnäppchen, allerdings steigt die Profitabilität, das Werbegeschäft entwickelt sich stabil und außerhalb des Kerngeschäftes wächst das Unternehmen beachtlich. Wir setzen darauf, dass der Gewinn sich in den nächsten Jahren mit besserer Monetarisierung des Eco-Systems überdurchschnittlich entwickeln wird. Wir halten die Aktie für attraktiv und haben sie in das das Portfolio des EM Digital Leaders aufgenommen.
Wenn Du Yandex und andere Digital Leaders aus den Emerging Markets zukünftig gemeinsam mit uns begleiten willst, dann kannst Du hier jetzt unseren kostenlosen Newsletter bestellen.

Disclaimer

Der EM Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Yandex. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autor

  • Steffen Gruschka

    Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.

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Steffen Gruschka

Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.

Aktuelle Beiträge

4 Antworten

  1. Hallo,

    eCommerce in Gegenden, wo er noch nicht so präsent ist, ist auch in meinen Augen weiterhin einer der Wachstumstreiber. Ihr nennt ja auch Wildberries und Ozon als Marktführer. Letztere sind ja auch vor nicht all zu langer Zeit an die Börse gegangen. Auch wenn sie noch nicht profitabel sind, machen sie doch vieles richtig hinsichtlich Erschaffung einer Infrastruktur, Expansion in Richtung FinTech etc. Warum habt ihr euch – zumindest in den Top 10 – für Yandex entschieden. Fehlen euch bei Ozon einfach noch weitere Quartalsberichte als gelistetes Unternehmen, ist es die fehlende Profitabilität oder seht ihr sie als weniger aussichtsreich an?

    Viele Grüße,

    Tobi

    1. Hallo Tobi,

      Vielen Dank für Deinen Kommentar.

      Wir beobachten Ozon, möchten aber abwarten, bis das Unternehmen profitabel ist.

      Yandex ist sehr attraktiv weil es eine sehr große Plattform ist, die durchaus „nebenbei“ ein E-Commerce Geschäft tragen kann und möchte, das die Größe von Ozon erreicht. Eingepreist scheint uns das nicht zu sein.

      Viele Grüße,

      Steffen

  2. Hallo,

    vielen Dank für die tolle Arbeit. Es macht sehr viel Freude die Analysen zu lesen. Ich bin ein Fan von eurer Arbeitsweise.
    Eine Frage habe ich. Leider kann ich nicht alle Unternehmen (auch den Kauf von Yandex) im EM-Portfolio sehen. Woran liegt das?
    Über eine Nachricht freue ich mich sehr.

    Vielen Dank im Voraus

    Liebe Grüße
    Viktor Max

    1. Hi Viktor, vielen Dank für Dein Feedback. Beim EM Digital Leaders haben wir das Gesamtportfolio noch nicht veröffentlicht. Aktuell kann man anhand der Factsheets die Top-10 sehen. Grüße: Baki

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