Zscaler Aktie: Die Hintergründe zur Kursexplosion

4. Juni 2020

Zscaler Aktie Kursexplosion - Bild von Ritterschild für Sicherheit

Seit wir letztmals vor 6 Monaten im Blog über die Cloud-Security-Plattform Zscaler berichtet haben, hat sich der Kurs der Zscaler-Aktie trotz zwischenzeitlichem Corona-Crash mehr als verdoppelt. Nach den aktuellen Zahlen zum Q3 des bis zum 31. Juli 2020 laufenden Geschäftsjahres sprang der Kurs innerhalb von nur einer Börsensitzung um 30 Prozent auf ein neues All-Time-High. Falls Du Dich noch nie mit Zscaler beschäftigt hast, so kannst Du hier eine Zusammenfassung der Zscaler Aktie nachlesen.

Wir freuen uns natürlich über diesen High-Flyer im Portfolio von The Digital Leaders Fund. Aber wir wollen mit diesem Beitrag auch kritisch hinterfragen, ob diese Kursexplosion durch die fundamentale Entwicklung im Unternehmen gerechtfertigt ist. Oder handelt es sich hier mittlerweile um einen Cloud-Security-Hype? Denn auch andere teure Cybersecurity-Aktien wie Okta und Crowdstrike haben in den vergangenen Wochen weiter zugelegt.

Entwicklung der Zscaler Aktie - Kursexplosion nach Corona Crash Krise
Entwicklung der Zscaler Aktie in der Corona-Krise

Zur Erinnerung: Zscaler wurde aus der Überzeugung heraus gegründet, dass ein Benutzer in einer Cloud-basierten Welt voller mobiler Devices in der Lage sein muss, von überall und auf jedem Gerät sicher auf jede Anwendung zuzugreifen.

Das klassische Unternehmensnetzwerk tritt bei dieser Philosophie in den Hintergrund, da sich oftmals die Mehrheit der Benutzer mittlerweile außerhalb des Unternehmensnetzwerks befinden, wo die traditionellen Sicherheitsmechanismen nicht greifen.

Um ihre von zu Hause arbeitenden Mitarbeiter zu schützen, nutzen die Zscaler-Kunden die Produkte ZIA (Zscaler Internet Access) für den sicheren Zugang zum Internet und zu SaaS-Anwendungen und ZPA (Zscaler Private Access) für den sicheren Zugang zu Anwendungen im internen Rechenzentrum.


Die Zahlen zum Q3 FY20

Zscaler konnte seinen Umsatz im Q3 FY20 um +40 Prozent auf $110,5 Millionen steigern. Für ein Unternehmen dieser Größenordnung auffällig ist, dass der Umsatz geographisch bereits sehr ausgewogen auf die Regionen verteilt ist: 51 Prozent des Umsatzes entfielen auf Americas, 40 Prozent auf EMEA und 9 Prozent auf APJ (Asia Pacific und Japan).

Noch beeindruckender als der Umsatzanstieg ist der Zuwachs bei den Billings, das sind die im Berichtszeitraum abgeschlossenen und in Rechnung gestellten Verträge. Diese kletterten um +55 Prozent auf $131,3 Millionen.

Die Remaining Performance Obligations (RPO), die zusätzlich zu den bilanziell erfassten aber noch nicht realisierten Deferred Revenues auch die noch nicht in Rechnung gestellten vertraglich vereinbarten Leistungen enthalten, stiegen moderater um +31 Prozent. Darin kommt zum Ausdruck, dass ZScaler meist keine besonders lang laufenden Verträge abschliesst.

Die Net Retention Rate betrug 119 Prozent, somit konnte der Umsatz mit den bestehenden Kunden erheblich gesteigert werden.

Im Q3 lag die Bruttomarge im Vergleich zu den Vorquartalen mit 80 Prozent etwas niedriger, da man relativ teure Kapazitäten in der Public Cloud bei Amazons AWS und Microsofts Azure nutzen musste, um die in der Corona-Krise plötzlich benötigte zusätzliche Last zu beherrschen. Bei Nutzung solcher zugekaufter Ressourcen erzielt Zscaler wesentliche geringere Margen als bei der Nutzung der eigenen Rechenzentren.

Die Strategie ist es daher, die eigenen Kapazitäten in den nächsten Quartalen auszubauen und diesen Traffic wieder in die Zscaler Rechenzentren zu verlagern. Damit werden sich die Bruttomargen in einigen Quartalen wieder verbessern. Bis dahin ist aber in den nächsten 1-2 Quartalen  mit einer weiteren Reduktion der Gross Margin um einige weitere Prozentpunkte zu rechnen.

Zscaler befindet sich weiterhin im Land-Grab Modus. Die Maximierung des Umsatzzuwachses hat höchste Priorität. Die operative Kosten steigen in diesem Kontext weiterhin stark an. Bis Zum Ende des Geschäftsjahres FY20 im Juli will man die Vertriebsmannschaft innerhalb eines Jahres um 60 Prozent aufgestockt haben.

Kein Wunder also dass die Aufwände für Sales und Marketing sowie für die allgemeine Verwaltung im Q3 um 35 Prozent höher als im Vorjahr lagen. Die Entwicklungsausgaben sind sogar um 39 Prozent gestiegen. Insgesamt betragen die operativen Kosten nun 72 Prozent vom Umsatz (gegenüber 74 Prozent im Vorjahr).

Die operative Marge betrug im Q3 wie im Vorjahr 8 Prozent. Der Free Cashflow war mit $9 Millionen positiv, die Free Cashflow-Marge betrug ebenfalls 8 Prozent.

Die Guidance für FY2020

Im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen traut sich das Zscaler Management auch inmitten der Corona-Turbulenzen eine sehr konkrete Guidance für das laufende Q4 abzugeben. Der Umsatz soll circa $118 Millionen betragen, das entspricht einem Wachstum von +37 Prozent.

Der Gesamtumsatz im bereits im Juli zu Ende gehenden Geschäftsjahr FY20 würde damit um 40 Prozent auf circa $423 Millionen steigen. Die Billings sollen um 36 Prozent auf $530 Millionen vorankommen bei einem operativen Gewinn von $25 Millionen.

Zscaler als Gewinner der Corona-Krise

Vor der Krise war ZPA, d.h. der Zugriff von extern auf interne Applikationen, bei Zscaler eher ein Zusatzprodukt, das für maximal 20 Prozent des Neugeschäftes verantwortlich war. Das Hauptgeschäft machte ZScaler bislang mit ZIA, dem sicheren Zugang zu Internet und SaaS-Applikationen aus dem Unternehmensnetzwerk heraus.

Aktuell im Zuge der „Work at Home“ Bewegung läuft ZPA wesentlich besser. Im Q3 resultierten 43 Prozent des Neugeschäftes aus diesem Produkt, das üblicherweise als Ersatz für ein Legacy VPN Produkt verkauft wird (VPN = Virtual Private Network).

Ohne die ZScaler-Lösung müssen Büro-Arbeiter im Homeoffice ein VPN nutzen, um ihre Daten zunächst ins Unternehmens-Rechenzentrum zu leiten. Dann gehen die Daten raus zu den SaaS-Applikationen ins Internet, dann zurück ins Rechenzentrum und schließlich zurück zum Enduser im Home-Office. Man kann sich gut vorstellen, dass die User Experience bei solchen Legacy-Lösungen suboptimal ist, um es vorsichtig auszudrücken.

Diese Probleme mit veralteten VPN-Lösungen führen aktuell zu einer deutlich erhöhten Nachfrage und Nutzung des ZPA-Produktes. Der entsprechende Traffic bei Zscaler war im Q3 10x so hoch wie im Vorquartal. Insgesamt verarbeitete man die unglaubliche Anzahl von 100 Milliarden Transaktionen pro Tag.

Die Zscaler-Produkte passen gerade aufgrund ihrer Skalierbarkeit verbunden mit der äußerst  kurzen Zeitspanne vom Kauf bis zum Produktionsstart („Time to Value“) ziemlich perfekt in die durch die Corona-Krise geprägte IT-Welt. Ein Kunde hat Zscaler laut Aussage des CEO in nur 3 Wochen zu 200.000 Usern aus 185 Ländern ausgerollt. Das ist beeindruckend.

Zscaler Produktoffensive

Besonders gut gefällt mir an Zscaler, dass sich der visionäre CEO und Gründer Jay Chaudhry  nicht auf dem erreichten Status Quo ausruht, sondern das bisherige 2-Produkt-Unternehmen gezielt weiter ausbaut in Richtung einer echten Security-Cloud-Plattform, die viele unterschiedliche Anwendungsfälle auf einer einheitlichen Architektur abdecken kann.

Derzeit werden gleich 4 neue Produkte entwickelt, um in den kommenden Jahren das Umsatzwachstum auch von einer nun vergrößerten Basis aus weiter hoch zu halten.

Woher soll dieser neue Umsatz kommen?

Bisher ging es bei Zscaler immer ausschließlich darum, den Datenzugriff von Endusern abzusichern. Folgerichtig ist das Geschäftsmodell grundsätzlich auf ein Pricing pro User ausgerichtet.

In den vergangenen Monaten hat Zscaler mit Cloudneeti und Edgewise Networks gleich zwei StartUps übernommen, die Datenverkehr unabhängig vom Zugriff des Endbenutzers absichern können. Bei Cloudneeti geht es darum, eine fehlerhafte Konfiguration von Anwendungen in der Public Cloud zu verhindern und entsprechende Sicherheitslücken zu schließen. Die Produkte und Lösungen von Edgewise können innerhalb eines Rechenzentrums bzw. einer Cloud-Umgebung voneinander isolierte Zonen schaffen, die individuell gesichert werden.

Beide Zukäufe sind reine Technologieakquisitionen, die keinen nennenswerten Umsatzstrom für Zscaler mitbringen. Die Lösungen werden jetzt innerhalb der Zscaler Entwicklungsorganisation weiterentwickelt und sollen vollumfänglich integriert werden.

Wer mich kennt, der weiß wie kritisch ich vielen Akquisitionen gerade im Softwarebereich gegenüberstehe. Meist soll durch den Zukauf von zusätzlichen Umsatzströmen die Schwäche des organischen Wachstums kaschiert werden. Oftmals werden akquirierte Softwareprodukte nie wirklich technisch integriert.

Im Falle dieser kleineren Zukäufe von Zscaler, für die man insgesamt $40 Millionen bezahlt hat, habe ich da jedoch weniger Bedenken. Die nachvollziehbare Strategie hinter diesen Akquisitionen hat Jay Chaudhry wie folgt erklärt:

„Our next big opportunity is to expand into protecting applications and data. But the most  important stuff we’re doing in the future, as we announced the acquisition of Edgewise Network is application to application communication security, process to process communication security.“ 

Jay Chaudhry, Zscaler CEO

Zscaler will also mit Hilfe dieser Zukäufe die Expansion in zusätzliche Anwendungsfälle rund um die Absicherung von Datenströmen beschleunigen. Folgerichtig wird sich auch das Geschäftsmodell verändern, denn solche Lösungen können nicht pro User bepreist werden. Abgerechnet wird vielmehr je nach dem gesicherten Datenvolumen.

Bewertung der Zscaler Aktie

Die Investoren reagierten regelrecht begeistert auf die Quartalszahlen und die Akquisitionen. Offenbar haben viele wie auch wir den Eindruck, dass das Zscaler-Management das Unternehmen gut durch die Corona Krise steuert und auch sehr zielgerichtet für die weitere Expansion in der Zeit danach vorbereitet.

Durch den rasanten Kursanstieg ist die Zscaler Aktie inzwischen aber sehr teuer geworden. Dem Umsatz von gut $420 Millionen steht mittlerweile eine Marktkapitalisierung von über $13 Milliarden entgegen. Das EV/Sales Verhältnis auf Basis der Umsätze des in Kürze zu Ende gehenden FY20 beträgt über 30.

Die Aktie ist damit wie etliche andere SaaS-Aktien auch derzeit „priced for perfection“ und nimmt viele gute Nachrichten und ein schnelles Wachstum der kommenden Jahre bereits vorweg.

Zscaler EV zu Sales Verhältnis über 30 - Grafik

Auf diesem Niveau ist die Zscaler Aktie aktuell für uns nicht mehr kaufenswert und stark rückschlagsgefährdet. Wir haben unsere Position folgerichtig entsprechend reduziert und unsere Gewinne teilweise realisiert.

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The Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Zscaler. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autor

  • Stefan Waldhauser

    Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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Stefan Waldhauser

Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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Eine Antwort

  1. „Ohne die ZScaler-Lösung müssen Büro-Arbeiter im Homeoffice ein VPN nutzen, um ihre Daten zunächst ins Unternehmens-Rechenzentrum zu leiten. Dann gehen die Daten raus zu den SaaS-Applikationen ins Internet, dann zurück ins Rechenzentrum und schließlich zurück zum Enduser im Home-Office. Man kann sich gut vorstellen, dass die User Experience bei solchen Legacy-Lösungen suboptimal ist, um es vorsichtig auszudrücken.“
    Das ist eine denkbare Möglichkeit, aber meiner Meinung nach nicht so weit verbreitet. Vielmehr ist es so, dass viele Unternehmen Split-Tunnel-VPN fahren, um zum einen ins Rechenzentrum zu kommen, zum anderen die Cloud-Dienste aber direkt zu erreichen. Mit Technologien wie Microsofts „condidtional access“ oder Drittanbietern lässt sich das Konstrukt auch hinreichend gut absichern, sodass die oben genannte Variante zukünftig immer mehr verdrängt werden dürfte.

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