MakeMyTrip (MMYT) ist mit circa 30 Prozent der Marktführer im indischen Reisemarkt. Das Unternehmen ist seit August 2010 an der Nasdaq notiert. Das Börsendebüt der MakeMyTrip Aktie war mit einem Anstieg von 75 Prozent über dem Emissionskurs von 14 US-Dollar ein Traum. Die Aktienperformance seither war dagegen eher eine Enttäuschung, der Kursverlauf erinnert an eine Achterbahnfahrt. Das sich jetzt abzeichnende Ende der Pandemie lässt die Branche wieder attraktiv erscheinen. Wir wollen beleuchten, warum sich ein Einstieg in die MakeMyTrip Aktie jetzt lohnen kann.
MakeMytrip Unternehmensvorstellung
Das Unternehmen wurde Im Jahre 2000 vom heutigen Chairman und ehemaligen ABN Amro und GE Capital Banker Deep Kalra und dem Group CEO Rajesh Magow, der zuvor bei Ebookers tätig war, gegründet. Wir hatten die Gelegenheit, mit CFO Mohit Kabra zu sprechen, der mit 27 Jahren Berufserfahrung auch kein Neuling ist. Die ersten Jahre waren kein Spaziergang, als die Dotcom Bubble zerbrach bekamen die Private Equity Investoren kalte Füße. Deep und seine Partner kauften Anteil am damals nicht börsennotierten Unternehmen zurück, entließen die Hälfte der Belegschaft und verzichteten auf ihre Gehälter.
Indische Reisebranche dürfte aus den Kinderschuhen herauswachsen
Die indische Volkswirtschaft stand im Jahre 2021 mit rund 2,7 Billionen Dollar Bruttosozialprodukt weltweit an siebter Stelle, ungefähr auf Augenhöhe mit Frankreich oder Großbritannien. Da schlummert angesichts einer Bevölkerung von 1,4 Milliarden allerdings noch enormes Potential, die indische Regierung prognostiziert ein BSP von fünf Billionen Dollar im Jahre 2024. In jedem Fall erwarten wir Wachstumsraten von denen entwickelte Länder nur träumen können. Gleichzeitig ist die indische Bevölkerung jung (44 Prozent der Bevölkerung sind unter 24 Jahre). Das ist ein fruchtbarer Boden für die Digitalisierung. Aktuell liegt die Zahl der Internetnutzer bei 686 Millionen, bis 2030 sollen es 1,1 Milliarden sein. Das wären sogar mehr als in China.
Gleichzeitig soll sich die Anzahl der Mittelstandshaushalte mit einem verfügbaren Einkommen bis 2030 auf 168 Millionen mehr als verdoppeln. Für die Reisebranche, die im Jahre 2020 gerade einmal 75 Milliarden Dollar umsetze, dürfte das einen deutlichen Wachstumsschub bringen. Weltweit setzte die Reisebranche 2020 im Vergleich 4,7 Billionen um.
Das MakeMyTrip Geschäftsmodell
Super App mit super Marktposition
Die makemytrip Super App des Unternehmens enthält eine globale Suchfunktion und nutzt Big Data und AI, um kontextuell passende Angebote vorzuschlagen. Das führt zu schnelleren Suchergebnissen, maßgeschneiderten Angeboten, dem Absatz von mehr Tickets und einer höheren Bindung des Nutzers.
Für kleine und mittlere Unternehmen wird mit myBiz ein elektronischer Selbstbedienungsladen angeboten. Den Dienst nutzen bereits 12.500 Firmen. Der Kostenvorteil des Reiseriesen führen zu einer Ersparnis bei den Kunden. Automatisierter Rechnungsstellung und Zahlungsabrechnung reduzieren außerdem die Bürokratie. Den 116 Großkunden wird eine komplett automatisierte Lösung mit Travel Policy, Kostenkontrolle, Genehmigungen und Reports angeboten. Aufbauend auf der indischen Diaspora ist man auch in den Golfstaaten aktiv. Auch an die Reisebüros hat man gedacht. Diese haben die Möglichkeit, offline Franchisenehmer zu werden und die Offline Plattform Tools des Unternehmens zu nutzen.
Die drei wesentlichen Geschäftsfelder sind Flugtickets, Hotelbuchungen und Bustickets. Die ersten beiden werden mit den Marken makemytrip (up market Orientierung) und goibibo (mass market Orientierung) bedient. Historisch waren die beiden Unternehmen hinter den beiden Marken Konkurrenten, die aber 2016 fusionierten. Zwischen 2011 und 2019 wurden insgesamt ein Dutzend Akquisitionen getätigt, Herr Kalra scheint den Bereich M&A in seinen Bankzeiten verinnerlicht zu haben. Die Marke redBus kümmern sich gleichzeitig um das dritte Segment der Busreisen.
Das Loyality Programm MMTBLACK von makemytrip bietet zahlreiche Vergünstigungen wie Vouchers, Cashback und Upgrades für 950.000 Kunden an. goTribe, das Äquivalent von goibibo, bringt es auf knapp 700.000 Teilnehmer.
47 Prozent aller befragten Konsumenten denken bei Reisen zuallererst an makemytrip, weitere 15 Prozent nennen gobibo. Der Konkurrent Yetra wird von 6 Prozent genannt. Unter ferner liefen werden 2 Prozent der Nennungen subsumiert. Als einzigen Alternative für die nächste Buchung nennen 46 Prozent makemytrip, 14 Prozent gobibo, 6 Prozent Yatra und 3 Prozent andere Unternehmen.
Das Geschäft mit Flugreisen
Der mit knapp 60 Prozent umsatzstärkste Bereich der Gesellschaft setzte in dem im März 2020 endenden (und damit Covid-freien) Geschäftsjahr 2020 mit 42 Millionen Flügen 3,6 Milliarden Dollar um. Der bereinigte Umsatz im Geschäftsjahr 2020 betrug 250 Millionen Dollar, die Take Rate betrug 7 Prozent.
Die letzten beiden Jahre fielen pandemiebedingt deutlich schwächer aus , wir sehen aber im letzten Quartal eine deutliche Erholung der Passagierzahlen und erwarten für dieses Jahr neue Höchststände. Neue regionale Flughäfen werden zum weiteren Wachstum beitragen.
Knapp über die Hälfte (55 Prozent) des Marktes ist heute bereits digital, es gibt aber nach wie vor 300.000 Travel Agents in Indien. Zieht man Direktbuchungen bei den Airlines ab, dann verbleiben 38 Prozent zu verteilen. Das Geschäft wird von MMYT mit einem Marktanteil von rund 2/3 regelrecht dominiert.
Hotels führen in Indien noch ein Schattendasein
Der Hotelmarkt in Indien ist im internationalen Vergleich völlig unterentwickelt. Die 250.000 Hotels bringen es bei einer Belegungsrate von 60 Prozent gerade einmal auf 1,5 bis 2 Millionen Übernachtungen pro Tag. Der Marktanteil von MMYT lag mit 80.000 bei gerade einmal rund fünf Prozent.
Das Sortiment von MMYT umfasst aktuell 30.000 Unterkünfte. Private Raumvermietung steckt noch in den Kinderschuhen, aber auch hier ist man vor Airbnb Marktführer, allerdings sind die Zahlen noch zu niedrig, um von einem Erfolg zu sprechen.
Das Buchungsvolumen im Geschäftsjahr 2020 betrug mit 30 Millionen Hotelnächte 1,6 Milliarden Dollar, rund ein Viertel des Gesamtumsatzes. Der bereinigte Umsatz betrug 360 Millionen Dollar, die Take Rate betrug rund 22 Prozent.
redBus App
Das Unternehmen ist neben Indien auch in Indonesien, Malaysia, Singapur, Kolumbien und Peru tätig und kooperiert mit über 3.500 Busunternehmern und 36 Millionen Kunden. In Indien liegt der Marktanteil in dem Segment bei rund 65 Prozent.
Zugtickets wurde seit jeher angeboten, allerdings jetzt auch in der redBus App, wo sie eigentlich am besten hinpassen. Der Umsatz mit 79 Millionen Tickets im Geschäftsjahr 2020 betrug 886 Millionen Dollar. Der bereinigte Umsatz betrug 76 Millionen Dollar, die Take Rate betrug rund 8,5 Prozent.
Die Expansion in weitere asiatische Länder ist geplant.
Sonstige Geschäftsbereiche
Das Unternehmen bietet daneben auch Taxi und Limousinen Service sowie Zug & Metro Tickets an.
Die Pandemie und die Zahlen
Die quartalsweise Ansicht der Umsätze zeigt wie dramatisch die Umsätze in der infolge der Pandemie eingebrochen sind. Interessant aber auch, dass die Kunden der App im Zeitraum 2020 bis 2021 trotzdem regelmäßig treu geblieben sind.
Es sieht aber auch so aus als ob, die Umsätze bereits seit 2017 trotz des steigenden Engagements bei der App rückläufig seien. Was ist hier also passiert?
Der Grund für die Divergenz zwischen der digitalen Spur und den Umsätzen im Zeitraum 2017 und 2019 liegt an einer Änderung bei der Bilanzierung nach IFRS. Wir haben uns die Mühe gemacht, die alten und die neuen Zahlen in der nachfolgenden Graphik vergleichbar zu machen und man kann erkennen, dass das Unternehmen sehr wohl weiter gewachsen ist, wie es die im gleichen Zeitraum gestiegenen MAU Zahlen impliziert haben.
MMYT war wie viele Technologieunternehmen in den letzten Jahren operativ unprofitabel. Man könnte meinen, dass die Krise ein solches Unternehmen in Schwierigkeiten bringen könnte. Das war bei MMYT nicht der Fall. Eine massive Senkung der Kosten über alle Geschäftsbereiche führte dazu, dass das Verhältnis der operativen Kosten zu den Umsätzen in den von 12,9 Prozent im Geschäftsjahr 2020. Die Fixkosten wurden von 16 auf 8 Millionen Dollar im Monat halbiert. Eine beachtliche Leistung von den Unternehmen wie TUI hierzulande nur träumen können.
Der adjustierte operative Verlust lag im Geschäftsjahr 2018 noch bei 155 Millionen Dollar, 2019 bei 97 Millionen Dollar und 2020 bei 70 Millionen Dollar. Der beeindruckende Turnaround begann im dritten Quartal mit dem ersten operativen Gewinn.
Das Unternehmen steht finanziell mit 489 Millionen Dollar Bar- und Termineinlagen sowie 134 Millionen Kreditfazilitäten bei einer aktuellen Verschuldung von rund 208 Millionen Dollar finanziell solide da. Es ist daher für den post-pandemischen Boom extrem stark aufgestellt.
Bewertung der MakeMyTrip Aktie im Vergleich
Mit einem EV/Sales von 3,8 sieht MakeMyTrip Aktie im Bewertungsvergleich für 2023 nicht übermäßig teuer aus. Das Potential liegt aber klar im Wachstum der nächsten Jahre und zwar bei den Nutzerzahlen und bei den Umsätzen pro Kunde.
Fazit und Prognose
Wir glauben, dass der indische Reiseriese post-pandemisch erwachen wird. Der wachsende Wohlstand der indischen Gesellschaft sollte den Giganten dann endgültig auf die Beine bringen. MMYT ist als unangefochtener Marktführer ideal positioniert, um von diesem Trend zu profitieren. Die Tatsache, dass das Unternehmen in der Pandemie an Kosteneffizienz gewonnen hat, wird sich dann bei den Margen auszahlen.
Wir haben in den letzten Wochen eine Position der MakeMyTrip Aktie im Portfolio des EM Digital Leaders aufgebaut.
Disclaimer
EM Digital Leaders und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von MakeMyTrip. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.
Autor
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Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.
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