Vor 15 Monaten hatten wir hier im Blog 4 Gründe genannt, warum The Digital Leaders Fund in die Amazon Aktie investiert. Das Kerngeschäft rund um den Online-Handel gehörte nicht dazu. Es ging uns vielmehr um:
- Amazon Web Services
- Das Advertising Business
- Das Subscription Business
- Die Bewertung der Amazon Aktie
Nach den herausragenden Ergebnissen zum 4. Quartal 2019 ist die Amazon Aktie regelrecht explodiert und hat weitere $100 Milliarden an Wert hinzugewonnen.
Das ist genauso viel wie der zweitgrößte DAX-Wert Linde insgesamt auf die Waage bringt. Linde hat dafür 115 Jahre gebraucht, Amazon nur 24 Stunden. Das ist schon irgendwie beängstigend, oder?
Zumindest ist diese Entwicklung ein guter Grund, um zu überprüfen, ob dieser Kursaufschwung berechtigt ist, oder ob wir es mittlerweile mit einer Blasenbildung bei den heißgelaufenen FAANG-Aktien zu tun haben.
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung der Amazon Ergebnisse aus 2019
- Der Umsatz stieg um 20 Prozent auf $280,5 Milliarden. Um Währungseffekte bereinigt betrug das Wachstum sogar 22 Prozent.
- Der operative Cashflow stieg um 25 Prozent auf $38,5 Milliarden – das entspricht einer wenig veränderten Marge von 13,7 Prozent.
- Die für Investitionen verbrauchten Barmittel verdoppelten sich annähernd auf über $24 Milliarden.
- Der operative Gewinn stieg um circa 17 Prozent auf $14,5 Mrd. Im 4. Quartal betrug die Steigerung „nur“ 2,5 Prozent auf $3,9 Milliarden.
- Der Nettogewinn pro Aktie stieg um 14 Prozent auf 23,01$.
Guidance für das Q1 2020
Der Umsatz im Q1 2020 soll zwischen $69 Milliarden und $73 Milliarden betragen, das entspricht einem Wachstum von 16-22 Prozent. Für das operative Einkommen wird mit $3-4 Milliarden ein Rückgang gegenüber dem Q1 2019 vorhergesagt. Solch vorsichtige Vorhersagen sind Investoren mittlerweile von Amazon gewohnt. Allerdings haben sie sich auch daran gewöhnt, dass diese immer wieder deutlich übertroffen werden.
Wachstumskennzahlen um 20 Prozent p.a. sind erstaunliche Werte für einen Konzern, der in 2020 weit über $300 Milliarden umsetzen wird. Noch erstaunlicher ist, dass dieses Wachstum aufrechterhalten werden kann, obwohl das umsatzstärkste Kerngeschäft – Amazon als weltgrößter Online-Händler – „nur“ noch um knapp 15 Prozent wächst.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht im Online-Handel
Besonders wichtig ist es daher, noch genauer auf die Entwicklung der Geschäftsfelder der zweiten Reihe zu schauen. Die Zahlen dazu sind etwas versteckt in den Geschäftsberichten zu finden, aber sie sagen mehr über die Zukunft von Amazon aus als das E-Commerce-Kerngeschäft, das oftmals die Schlagzeilen der Presse beherrscht.
1. Amazon Web Services (AWS)
Der Umsatz von AWS ist in 2019 um 36,5 Prozent auf $35 Milliarden angewachsen. Das ist eine gewaltige Wachstumsrate angesichts der inzwischen erreichten Größe von AWS. Auch im 4. Quartal hat sich dieses Wachstum nur geringfügig auf 34 Prozent verlangsamt.
Damit steht AWS in 2019 für 12,5 Prozent des Gesamtumsatzes des Amazon-Konzerns und erwirtschaftete damit 63 Prozent des operativen Gewinns. Im 4. Quartal 2019 stand AWS sogar für mehr als 2/3 des gesamten operativen Einkommens.
Die vertraglichen Zusagen der Kunden für zukünftige Umsätze mit AWS sind per Ende 2019 um 54 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf $30 Milliarden angewachsen. Das ist fast der komplette Jahresumsatz aus 2019.
Interessanterweise begnügt sich AWS nicht mehr mit der Rolle des dominanten Public Cloud Providers. Man hat auch bei AWS längst erkannt, dass nicht alle Workloads eines Rechenzentrums in die Public Cloud transferiert werden können.
Mit den sogenannten „AWS Outposts“ bietet man nun Managed Services auch on-premises an, also betrieben auf Hardware, die lokal bei den Kunden im RZ steht und dennoch AWS-Infrastruktur-Services nutzen kann. Die Zukunft gehört der Hybrid-Cloud (bestehend aus Ressourcen on-premises UND in der public cloud), und AWS wird auch da nur schwer zu stoppen sein.
Schwer zu stoppen sind auch die KI-Services rund um Amazons Sprachassistenten Alexa. Genaue Zahlen sind leider nicht bekannt, aber inzwischen werden Hunderte von Millionen Alexa-Devices genutzt. Auch der Volkswagen Konzern ist nun Teil von Amazons Voice Interoperability Initiative und bringt entsprechende Sprachdienste in Autos von VW, Audi und Lamborghini. BMW und Fiat Chrysler gehen sogar noch einen Schritt weiter und integrieren Amazons Fire TV in ihre zukünftigen Fahrzeuge.
2. Das Advertising Business
Noch schneller als AWS wächst das Online Advertising Geschäft, welches Amazon leider noch immer nicht dediziert ausweist, sondern in seinen Geschäftszahlen unter „Other“ versteckt. In 2019 ist dieser Umsatzstrom um 39 Prozent auf über $14 Milliarden gewachsen, zuletzt im Q4 betrug das Wachstum sogar 41 Prozent.
Amazon festigt damit seine Position als Herausforderer von Google und Facebook bei digitaler Werbung.
Ich hoffe, dass Amazon dieses Versteckspiel bald beendet und zukünftig über sein Advertising-Business als eigenständiges Segment berichtet. Wir dürfen erwarten, dass Amazon hier herausragende Margen erwirtschaftet, die bisher im Detail noch unbekannt sind.
3. Das Subscription Business
Im 4. Quartal hat Amazon mehr Prime-Mitgliedschaften als jemals zuvor abgeschlossen. Inzwischen gibt es über 150 Millionen bezahlte Prime-Mitgliedschaften. Tatsächlich kann ich aus Amazon-Kundensicht nur bestätigen, dass Jeff Bezos auch hier Wort hält. Die Prime-Mitgliedschaft wurde in den vergangenen Jahren immer attraktiver und ist fast schon ein MUST-have für jeden einigermaßen online-affinen Haushalt.
In über 2.000 US-Städten bekommen Prime-Mitglieder inzwischen kostenlose Lebensmittellieferungen innerhalb von 2 Stunden nach der Bestellung. Solche Zahlen aus USA zeigen, wohin die Reise in den kommenden Jahren auch bei uns in Europa geht. Da kommt noch einiges zu auf Edeka, Rewe und Co.
Der Amazon Music Streaming Service ist in 2019 um mehr als 50 Prozent auf 55 Millionen Kunden gewachsen. Insgesamt hat das Geschäft mit Subskriptionen in 2019 um über 35 Prozent auf $19,2 Milliarden Umsatz zugelegt.
Erfolgreiche Diversifikation
Damit hat Amazon neben dem Kerngeschäft Online-Handel gleich drei Geschäftsbereiche, die wohl auch in 2020 organisch um mehr als 30 Prozent wachsen werden und in 2020 je $20-45 Milliarden Umsatz beisteuern. Eine solch erfolgreiche Diversifikation ist auf diesem Umsatzniveau wohl einzigartig.
Die Bewertung der Amazon Aktie
Bleibt die Frage, ob die Amazon Aktie nach dem Kursanstieg noch vernünftig bewertet ist. Das KGV (forward) beträgt über 70, ist aber m.E. ungeeignet für die Bewertung der Amazon Aktie. Denn offensichtlich ist das Amazon-Management (noch) gar nicht darauf aus, möglichst hohe Gewinne auszuweisen. Interessanter ist da schon das Verhältnis vom Kurs zum Free Cashflow. Dieses beträgt 47, und liegt damit etwas unter dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre.
Das EV/Sales-Verhältnis liegt bei 3,5. Was niedrig im Vergleich zu 2018/2019, aber hoch im Vergleich zum Durchschnitt der letzten 10 Jahre ist. Die höhere Bewertung ist aufgrund der herausragenden Entwicklung der hochmargigen Umsatzquellen jenseits des Online-Handels durchaus gerechtfertigt.
Die Amazon Aktie bleibt daher auch in 2020 eine feste Größe im Portfolio von The Digital Leaders Fund.
In das positive Bild passt auch, dass Amazon kürzlich vom renommierten Drucker Institute als Nr.1 unter den bestgeführten US-Unternehmen in 2019 ausgezeichnet wurde. Die zugrundeliegende Studie misst die Unternehmensleistung auf Basis von Kundenzufriedenheit, Mitarbeiter-Engagement, Innovation, sozialer Verantwortung und finanzieller Stärke.
Wenn Du Amazon und die anderen FAANG – Aktien in 2020 gemeinsam mit uns weiter beobachten willst, dann kannst Du hier unseren kostenlosen Newsletter abonnieren.
Autor
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Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.
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4 Antworten
Hallo Stefan, freue mich immer auf den aktuellen Newsletter von Euch! Sehr kompetente Einschätzungen die Ihr hier zum Besten gebt! Da lassen sich andere richtig Geld für bezahlen! Also ein dickes Dankeschön an dieser Stelle! Bin sehr neugierig auf Deine Einschätzung zu Opera! Grüße Ralf
Hallo Ralf, vielen Dank für das tolle Feedback! Das hab ich jetzt schon öfters mal gehört, dass wir einen kostenpflichtigen Börsenbrief aus unserem Newsletter machen könnten. Aber ich kann Euch beruhigen, wir haben keinerlei Ambitionen in diese Richtung. Wir wollen einfach das „Open Thinking“ leben…
Allerdings würden wir es sehr begrüßen, wenn unsere Leser ihre kostspieligen Börsenbriefe kündigen und mit diesem Geld einen Sparplan auf den DLF einrichten würden. 😉
VG Stefan
Sehr schöne Aktualisierung, Stefan! Ich schätze es ebenso ein, dass Amazon Nachholbedarf hatte und die Zahlen „nur“ die weiterhin bestehende Attraktivität des Geschäftsmodells und die Aussicht auf überdurchschnittliche Anlagerenditen belegen.
Bei AWS vermisse ich Deine Einschätzung zur Aussage aus dem CC, dass man dort die Gewinne steigern konnte, weil man den Lebenszyklus der Cloudinfrastruktur von drei auf vier Jahre ausdehnen konnte – was ja auf Arista Networks direkt einen negativen Einfluss haben wird, da AWS dort einer der Titanenkunden ist. Und bekanntlich haben wir hinsichtlich Arista und den Aussichten für 2020 unterschiedliche Ansichten. Daher meine Frage: wie siehst Du diesen Aspekt und kann Arista ähnliches auch seitens Google und/oder Microsoft drohen, die sind ja ebenfalls Großkunden bei Arista und dürften ebenfalls Interesse (und die Fähigkeiten) haben, ihre Infrastruktur schonender zu bespielen und damit die hohen Kosten zu senken, wodurch die Margen und Gewinne anziehen würden?
Hi Michael, ja ich habe versucht, diesen Beitrag nicht zu sehr ausufern zu lassen und habe einiges verschwiegen. 😉 Was Du da ansprichst ist tatsächlich für Arista ein Problem und zwar weil es Microsoft (und Google?) tatsächlich genauso macht und seine Hardware ebenfalls länger nutzt als zuvor üblich. Das war ja gerade der Hauptgrund für die überaus schwache Guidance von Arista für das Q4. D.h. genau dieser Grund hatte nach dem Q3 zum Kurssturz geführt. Ende nächster Woche wissen wir (nach den Arista Zahlen fürs Q4) mehr wie schlimm es wirklich kommt. Und dann werden wir wohl auch erfahren, ob diese angebliche Akquisition von Big Switch eine Tatsache oder eine Ente ist: https://www.sdxcentral.com/articles/news/arista-networks-buys-big-switch/2020/01/ Falls es zu dieser Übernahme kommt werden die Karten rund um Arista wohl neu gemischt. Aber das ist dann ein anderes Thema und gehört nicht hierher… VG Stefan