Match Group Aktie: Tinder-Mutter vor der Trennung

11. März 2020

Match Group Aktie - Zerrissenes Herz auf Schreibtisch mit zwei gegenüber-sitzenden Personen

Schon seit dem Start von The Digital Leaders Fund vor ziemlich genau zwei Jahren sind wir bei der Match Group investiert. Das Unternehmen ist der weltweit führende Anbieter von Online-Dating-Diensten mit circa 10 Millionen zahlenden Mitgliedern für die unterschiedlichsten Zielgruppen (darunter auch die populäre Tinder-App).

Wir hatten seitdem viel Freude mit unserem Investment: die Match Group Aktie hatte sich zwischenzeitlich im Wert verdoppelt. In den vergangenen Wochen kam es dann im Zuge der Corona-Panik auch hier zu einer scharfen Korrektur um circa 30 Prozent.

Match Group Aktie Entwicklung des Aktienkurses seit 2018 bis heute

Wir hatten hier im Blog schon mehrfach über die Entwicklung der Match Group berichtet.

Heute wollen wir aus aktuellem Anlass allerdings weniger auf aktuelle Unternehmenszahlen oder Nutzertrends eingehen, sondern  die strategische Aufstellung und die anstehende neue Eigentümerstruktur des Unternehmens analysieren.


Match Group wird unabhängig

Denn es steht ein Meilenstein in der Unternehmenshistorie bevor: Bisher hält die ebenfalls an der NASDAQ notierte IAC circa 80 Prozent der Anteile an Match Group. Bei den Stimmrechten sind es sogar über 90 Prozent. Im Dezember 2019 wurde bekanntgegeben, dass der Hauptaktionär IAC gemeinsam mit dem Management der Match Group eine Abspaltung des Unternehmens vereinbart hat. Match wird bei Abschluss dieser Transaktion in den kommenden Monaten in die Unabhängigkeit entlassen. Die Finalisierung dieses Spin-Offs ist für Juni 2020 geplant.

Der Hintergrund für diese Entscheidung ist die herausragende Entwicklung der Match Group im IAC Portfolio in den vergangenen Jahren. Der Wert der Match Group-Beteiligung beträgt weit über 80 Prozent des gesamten Wertes von IAC.

IAC will keine Holding sein

IAC hat schon seit jeher großen Wert darauf gelegt, dass sie nicht einfach ein Konglomerat aus verschiedenen Internet-Companies sind. IAC sieht als ihren Geschäftszweck an, Plattformunternehmen in attraktiven Märkten zu kaufen, die aus verschiedenen Gründen ihr Potential nicht in vollem Umfang nutzen. Diese werden dann unter dem Dach der IAC gezielt weiterentwickelt und anschließend entweder wieder verkauft oder aber im Idealfall als Spin-Off in die Unabhängigkeit geführt.

Dieses Modell hat sich in den vergangenen 25 Jahren seit Bestehen der IAC durchaus bewährt. Die Match Group ist schon das siebte Spin-Off und reiht sich ein in teilweise sehr bekannte Brands wie Expedia, LendingTree, TripAdvisor, trivago, Hotels.com, die ebenfalls unter dem Dach der IAC herangewachsen sind und dann in die Unabhängigkeit entlassen wurden.

Wie läuft die Abspaltung ab?

IAC wird ihre Anteile an Match Group nicht etwa verkaufen, sondern die Aktionäre der IAC werden nach Finalisierung der Transaktion neue Aktien der Match Group in ihr Depot eingebucht bekommen, die sie dann zusätzlich zur IAC Aktie halten. Diese neue IAC Aktie wird dann (ex-Match) nur noch maximal 30 Prozent vom heutigen Wert haben. Konkret wird es für jede IAC Aktie circa 2 bis 2,5 Aktien der neuen Match Group geben, das genaue Umtauschverhältnis wird zum Stichtag der Transaktion ermittelt.

Überblick Struktur von IAC heute und nach dem Spin-Off von Match Group

Die jetzigen Match Aktionäre (u.a. The Digital Leaders Fund) erhalten neben einem 1:1 Tausch zusätzlich 3$ pro Aktie, die wahlweise auch in zusätzlichen Match-Group-Aktien ausgezahlt werden.

Die gesamten $1,7 Milliarden Schulden der IAC gehen auf Match Group über. Zusätzlich erhält IAC weitere $700 Millionen Cash von Match, das entspricht den 3$ pro Aktie, die jeder Aktionär im Zuge der Transaktion erhält.

Die Vorteile des Spin-Offs für Match Group

  • Die bisherige Zwei-Klassengesellschaft der Aktionäre wird aufgehoben. Bisher hatte der Großaktionär IAC sogenannte „Preferred Shares“ mit größeren Stimmrechten.
  • Das Volumen der gehandelten Aktien wird sich deutlich erhöhen, somit wird die Aktie wesentlich liquider. Bisher waren nur 20 Prozent im Free-Float.
  • Match Group hat mittelfristig gute Chancen in den S+P 500 Index aufgenommen zu werden, was sich positiv auf die Nachfrage nach den Aktien auswirken sollte.
  • Das Match Management kann flexibler und ohne Rücksicht auf die Interessen von IAC seine eigene Strategie entwickeln und exekutieren.

Die finanzielle Aufstellung der neuen Match Group

Die Match Group wird nach Beendigung der Transaktion über $300 Millionen Cash verfügen und muss zunächst Schulden i.H.v. circa $3,8 Milliarden tragen. Dies erscheint dem Management aufgrund des hohen Free Cashflows tragbar. Der anfängliche Leverage-Faktor von 4,2 (also das Verhältnis von Fremdkapital zu Eigenkapital) soll durch den positiven Cashflow und die entsprechende zeitnahe Rückführung der Schulden innerhalb von 18 Monaten auf einen komfortableren Wert von unter 3 gesenkt werden.

Die Vorteile des Spin-Offs für IAC

  • Die IAC Aktionäre erhalten direktes Eigentum an der Match Group und können selbständig entscheiden, ob sie die Aktien weiterhin halten oder am Markt veräußern wollen.
  • IAC verliert mit der Match Group zwar seinen größten Cashflow-Produzenten, wird aber mit $2,9 Milliarden Cash ausgestattet, um seine anderen Beteiligungen weiterzuentwickeln und neue Firmen hinzuzukaufen.
  • IAC wird nach der Transaktion schuldenfrei sein.
  • Der Konglomeratsabschlag sollte deutlich reduziert werden.
  • Das IAC Management war bisher besonders viel mit seiner mit Abstand wertvollsten Beteiligung beschäftigt. Andere Portfoliounternehmen standen aufgrund der geringen Gewichtung im Portfolio weniger im Fokus. Nach der Transaktion bekommen ANGI Homeservices, Dotdash, Vimeo, u.v.m. nun die Aufmerksamkeit, die sie verdienen.

Welche Assets besitzt IAC neben der Match Group?

IAC verfügt über Dutzende von mehr oder weniger bekannten Internet-Brands, die in verschiedenen Unternehmensgruppen positioniert sind.

Die nach der Match Group zweitgrößte Beteiligung ist die ebenfalls an der NASDAQ börsennotierte ANGI Homeservices, die verschiedene Portale für die Handwerkervermittlung betreibt. Auch das führende deutsche Handwerkerportal MyHammer gehört zur Gruppe. IAC hält 83 Prozent der Anteile. Aktuell denkt das Unternehmen bereits über ein weiteres Spin-Off von ANGI nach.

Vimeo ist eine Video-Hosting-Plattform für den geschäftlichen Einsatz, die als Alternative zu YouTube von 150 Millionen registrierten Usern und 1,2 Millionen zahlenden Kunden vor allem auch im B2B-Umfeld genutzt wird. Vimeo erzielte in 2019 circa 200 Millionen Umsatz, wächst mit 20-25 Prozent p.a. und wäre damit mittelfristig ein IPO-Kandidat.

Dotdash ist ein digitales Medienunternehmen, das mit seiner Gruppe verschiedener Internetservices mit 90 Millionen MAUs über 35 Prozent der US-Bevölkerung erreicht. Der Umsatz wird ebenfalls auf rund $200 Millionen geschätzt.

Die Akquisition von Care.com

Fast zeitgleich mit dem Spin-Off von Match Group wurde von IAC die Übernahme der an der NYSE notierten Care.com für circa $500 Millionen bekanntgegeben. Das Unternehmen betreibt die weltweit größte Online-Plattform für die Vermittlung von häuslicher Pflege. Care.com hat sein großes Potential auf einem riesigen Markt in den Jahren seit dem IPO in 2014 nicht in entsprechenden wirtschaftlichen Erfolg umwandeln können.

Die strategische Weiterentwicklung des Unternehmens unter neuem Management inklusive der internationalen Expansion auch durch weitere Übernahmen dürfte ein Fokus für IAC in den kommenden Jahren sein. Es würde mich nicht überraschen, wenn wir in 5 bis 10 Jahren ein weiteres Spin-Off von Care.com – zu einem dann wesentlich höheren Unternehmenswert – erleben werden.

Die IAC Aktie

Holding-Strukturen wirken oftmals als Bremse für die Entwicklung einzelner Portfoliounternehmen, da bei strategischen Entscheidungen immer zusätzlich die Interessen des beherrschenden Konzerns berücksichtigt werden müssen. Diese Notwendigkeit von manchmal auch „faulen“ Kompromissen ist einer der Gründe, warum wir mit The Digital Leaders Fund generell ungern in Holdings, sondern lieber in operativ fokussierte Einzelunternehmen investieren.

Die Trennung der Match Group von IAC sehen wir als positiv für beide Unternehmen an. Im Auge behalten müssen wir die temporär hohe Verschuldung der Match Group nach dem Spin-Off. Das größte Risiko für das Unternehmen wäre eine z.B. durch externe Faktoren wie Corona ausgelöste Schwäche des Free Cashflows. Wobei wir derzeit keinen Rückgang der App-Nutzung bei Tinder & Co. beobachten können.

IAC Aktie Entwicklung des Aktienkurses seit 2016 bis heute

Durch die Aufspaltung und einer 30 Prozent Korrektur im Zuge der Corona-Krise wird die IAC Aktie interessanter. Denn die zukünftig größte Beteiligung ANGI Homeservices erscheint derzeit unterbewertet und dürfte ebenfalls von einem möglichen Spin-Off profitieren. Vimeo ist eine echte Perle im Portfolio. Und Care.com könnte das nächste große Ding werden.

Wir werden den Abnabelungsprozess der Match Group von IAC in den kommenden Wochen und Monaten weiter genau beobachten und insbesondere den inneren Wert der IAC noch genauer analysieren.

Wenn Du IAC und die Match Group  zukünftig gemeinsam mit uns weiterverfolgen willst, dann kannst Du jetzt hier unseren kostenlosen Newsletter bestellen.


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Autor

  • Stefan Waldhauser

    Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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Stefan Waldhauser

Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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6 Antworten

    1. Hallo Martin, vielen Dank für diesen Hinweis. Mich überzeugen diese Argumente nicht. Die rechtlichen Risiken sind bekannt, im Worst Case gibt es eine saftige Strafzahlung, das organische Geschäft ist aber ungefährdet. Eine gewisse Sättigung bei Tinder in den USA ist zu erkennen. Nach unseren Analysen steigt aber die Konversion zu Tinder Gold und damit auch die Umsätze weiterhin. M.E. wird das aber überkompensiert durch das Wachstum bei Hinge. Hinge ist gerade dabei, in den USA populärer zu werden als Bumble. In den Q3 Zahlen werden wir sicher mehr dazu hören. Grüße: Baki

      1. Der spin off hast sich ja nun vollzogen? Bzw weshalb ist match derzeit nicht handelbar bei uns in DE und wissen Sie wie dies mit der Wahl zw 3$ und Aktien abläuft.
        Grüße und Dank
        Michael

        1. Wir handeln Aktien generell direkt an den Heimatbörsen, das Wahlrecht wurde im Vorfeld der Transaktion ausgeübt. Anleger, die im DLF investiert sind, müssen sich da selbstverständlich nicht drum kümmern.

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