Zumindest die älteren Internetnutzer unter Euch dürften sich noch an den Opera-Browser aus Norwegen erinnern, der vor 10-15 Jahren als führende Alternative zu Microsofts Internet Explorer und Firefox galt und dann durch durch das Aufkommen von Googles Chrome Browser mehr oder weniger in der Versenkung verschwand.
Das hinter dem Browser stehende norwegische Unternehmen (Opera Software ASA) war seit 2004 an der Börse in Oslo gehandelt und hat eine schwierige Zeit erleben müssen.
Nach einer enttäuschenden Geschäftsentwicklung wurde in 2015 über einen Verkauf an ein chinesisches Konsortium verhandelt. Dann kam es jedoch nicht zur Komplettübernahme, stattdessen wurde der Browser-Bereich ausgegründet und für $600 Millionen verkauft.
Das neue Browser-Unternehmen mit nunmehr chinesischen Eigentümern firmiert nun unter dem Namen Opera Limited. Die alte Opera wurde in Otello Corp. umbenannt.
In 2017 hat die neue Opera Limited angekündigt, $100 Millionen in den Aufbau von Internet-Services in Afrika zu investieren.
Inhaltsverzeichnis
Die neue Opera-Aktie
Seit Juli 2018 ist die neue Opera-Aktie mit dem Kürzel OPRA an der amerikanischen NASDAQ börsennotiert.
Ausgegeben wurden sogenannte ADS (American Depositary Shares), über die die Aktien ausländischer Unternehmen an der amerikanischen NASDAQ gehandelt werden können.
Ein ADS entspricht jeweils zwei Aktien an der Opera Limited.
Zunächst sah auch alles nach einem erfolgreichen IPO aus. Aber der Kurs der Opera-Aktie ist dann seit September 2018 im Zuge der allgemeinen Marktschwäche gegenüber dem Ausgabepreis über 50 Prozent unter den Ausgabekurs von 12$ gefallen. Zuletzt hat er sich etwas erholt.
Opera-Aktie: Die Growth Story
So traurig der Chart der Opera-Aktie auch aussieht: Die fundamentale Entwicklung im Unternehmen in den ersten beiden Quartalen seit dem IPO war sehr erfreulich.
Aber man muss schon etwas genauer hinschauen, um die volle Growth-Story zu erkennen:
Insgesamt erreicht Opera über 300 Millionen monatlich aktive User (MAU). Das ist in etwa genauso viel wie Twitter.
Der Opera Browser auf dem Desktop hatte zuletzt 58 Millionen MAU vornehmend aus Europa, während die mit 195 Millionen MAU wesentlich größere mobile Userbasis zum Großteil aus Asien und Afrika kommt.
Opera ist ein Unternehmen, dessen Geschäftsmodell sich gerade wesentlich verändert:
In früheren Jahren war man vor allem ein Vertriebspartner für Suchmaschinen: Die über den Opera Browser generierten Suchanfragen werden konkret an Google und die russischen Suchmaschine Yandex weitergeleitet. Opera erhält einen Teil des resultierenden Umsatzes von diesen Partnern (Search Revenue).
Seit einiger Zeit macht Opera sich zunehmend selbständig und vermarktet eigene Werbeplätze (zum Beispiel eine prominente Position auf der Schnellwahl-Seite des Browsers) zunehmend erfolgreich (Advertising Revenue).
Zudem lizensiert Opera seine Technologie an OEM-Partner zum Einsatz in Smart-TVs oder auf Spielekonsolen (Licensing Revenue).
Opera Browser
Der Opera Browser ist eine interessante Alternative zu Chrome und bietet einzigartige Features wie direkte Integration von Messengern (zum Beispiel WhatsApp) und einem sehr effektiven Werbe-Blocker.
Die Liste der Partner liest sich wie das WhoIsWho der globalen Internet-Industrie.
Opera News
Das strategisch wichtigste Produkt des Unternehmens ist die Opera News Plattform, die Anfang 2017 an den Start gegangen ist.
Dabei handelt es sich um eine Content-Distribution-Plattform, bei der auf Basis von selbstlernenden Algorithmen personalisierte Inhalte bereitgestellt werden.
Die Nutzerbasis von Opera News wächst rasant.
In nur einem Quartal ist sie zuletzt um 20 Millionen MAU auf bereits über 120 Millionen MAU angewachsen.
Opera News kann genutzt werden aus dem Browser heraus, aber auch über die dedizierte Opera News App (bisher nur für Android verfügbar), die wenige Quartale nach dem Start bereits über 17 Millionen MAU erreichte.
Opera News ist auf dem besten Weg, eine dominante Position in Afrika zu erreichen.
So ist sie ist derzeit die #1 Nachrichten-App in 10 afrikanischen Ländern inklusive Nigeria, Kenia und Südafrika. Alleine in diesen drei Ländern leben ca. 300 Mio. Menschen. Auf den Smartphones einiger Hersteller in diesen Märkten ist Opera als Standard-App bereits vorinstalliert.
Zukunftsphantasie
Opera hat kürzlich $30 Millionen in die Karaoke-Video-App „Starmaker“ investiert, die es den Usern ermöglicht, ihre Gesangskünste via Video aufzunehmen und mit der Community zu teilen.
Die Minderheitsbeteiligung kann bis Ende 2020 optional zu einer mehrheitliche Beteiligung ausgebaut werden.
Die Starmaker-App stammt ursprünglich aus USA und hat eine führende Position insbesondere in Indien erreicht.
Zusätzliche Phantasie für die Zukunft entsteht durch die Mobile Payment-Funktionalität Opay , die nach einer lokalen Akquisition einer entsprechenden Lizenz vor einigen Monaten in Nigeria startete und vielversprechende Zahlen für die ersten Monate meldete.
Opera-Aktie: Attraktive Geschäftszahlen
Der Charme eines Investments in Opera ist die Tatsache, dass neben der Zukunftsphantasie und der strategischen Positionierung in den schnell wachsenden Emerging Markets auch die aktuellen Geschäftszahlen bereits sehr attraktiv sind.
Es gibt 3 wesentliche Umsatzströme:
- Der Bereich „Suche“ umfasst Deals mit 2 Suchmaschinen (Google und die russische Yandex). Er lieferte im Q3 43 Prozent der Umsätze, dieser Bereich wächst um circa 10-20 Prozent.
- Der spannendere Advertising-Umsatz ist mit 39 Prozent Umsatzanteil mittlerweile fast genauso groß. Er wuchs aber im Q3 um 57 Prozent gegenüber Vorjahr.
- Die nicht wiederkehrenden zusätzlichen Lizenzeinnahmen machen aktuell gut 10 Prozent aus.
Der Umsatzzuwachs von 17 Prozent im Q3 auf knapp $45 Millionen klingt wenig spektakulär, aber der wichtige Werbe-Umsatz hat sich um 57 Prozent verbessert!
Insgesamt sollte Opera in 2018 um circa 30 Prozent p.a gewachsen sein.
Trotz des laufenden Geschäftsumbaus ist Opera nach der Restrukturierung mit neuem Eigentümer sehr profitabel mit einer operativen Marge von zuletzt 39 Prozent.
Starke Bilanz
Nach dem IPO verfügte das schuldenfreie Unternehmen zum Ende des Q3 über $218 Millionen Cash.
Es existieren circa 115 Millionen ADS, jeder ADS verkörpert den Anteilsbesitz an zwei Aktien der Opera Limited.
Damit errechnet sich eine Marktkapitalisierung von circa $700 Millionen beziehungsweise ein Enterprise Value von circa $500 Millionen.
Der Umsatz von circa $175 Millionen in 2018 dürfte in 2019 um circa 30 Prozent auf circa $225 Millionen anwachsen.
Damit beträgt das EV/Sales Verhältnis circa 2,2 und ist ungewöhnlich niedrig für ein Unternehmen, das mit 30 Prozent p.a. wächst.
Das sieht wohl auch das Management so, denn in einem ungewöhnlichen Schritt hat man wenige Monate nach dem IPO bereits das erste Rückkaufprogramm für bis zu 1,5 Millionen der eigenen ADS beschlossen.
Opera-Aktie: Wo ist der Haken?
Die Konstellation, dass eine norwegische Firma mit chinesischen Eigentümern in afrikanischen Kernmärkten erfolgreich und an der NASDAQ via ADS börsennotiert ist, ist schon etwas gewöhnungsbedürftig (um es vorsichtig auszudrücken).
Ich denke man hat es bisher nicht verstanden, diese Konstellation (die aus der Historie heraus durchaus verständlich wird) dem Kapitalmarkt zu erklären.
Ein Risikofaktor ist die Partnerschaft mit Google, die mehr als 1/3 des Gesamtumsatzes beisteuert.
Bedenklich deswegen, weil Google gleichzeitig natürlich auch Wettbewerber ist und sich von Opera abwenden könnte, falls der Opera Browser Marktanteile gewinnen sollte.
Angesichts der schnell rückläufigen Umsatzanteile der Google Partnerschaft halte ich aber auch dieses Risiko für überschaubar und tragbar.
Die neue Growth-Story rund um das direkte Advertising-Geschäft ist offenbar noch nicht bei potentiellen Investoren angekommen.
Bisher überwiegt die Wahrnehmung als schwächelnder Browser-Hersteller, der die Schlacht gegen Googles Chrome und Firefox vor langen Zeiten verloren hat.
Das norwegische Unternehmen betreibt wenig Aufwand für professionelles Investor Relations Management.
Die Analystenkonferenzen finden zum Beispiel um 8 Uhr morgens US-Ostküstenzeit statt, da schläft die Wall Street noch ;-).
Dadurch resultiert ein mangelhaftes Coverage der Opera-Aktie. Derzeit sind nur 2 Profi-Analysten aufgeführt (von der amerikanischen Citigroup und der chinesischen CCIC).
Die gängigen Internet-Services enthalten die Opera Zahlen meist noch gar nicht.
Das Unternehmen erscheint damit trotz seiner spannenden Geschichte bisher nicht auf dem Radar der allermeisten Investoren.
Wir sehen Opera als möglichen Digital Business Leader in den Emerging Markets und haben trotz der nicht zu unterschätzenden Risiken eine kleinere Einstiegsposition der Opera Anteilscheine für das Portfolio des DLF erworben.
(46 Stimmen, Durchschnitt: 4,20 von 5)
DISCLAIMER
The Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Opera Limited. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.
Autor
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Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.
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3 Antworten
Lieber Stefan,
wie so oft hattest Du hier frühzeitig den richtigen Riecher (bzw. hast Dir die richtigen Informationen besorgt). Ich nehme die heutige neuerliche Anhebung der Umsatzprognose zum Anlass, um nochmal genau hinzuschauen. Denn Opera läuft immer mehr aus meinem Bewertungsschema, in positiver Hinsicht:
– EV/Umsatz 2019 = 3,4
– Brutto-Marge 90%
– Umsatzwachstum 2019 = 77%
Wenn Opera nicht die von Dir beschriebenen Besonderheiten aufweisen würde, könnte man es z.B. mit Zoom vergleichen: Umsatzwachstum und Bruttomarge ziemlich gleich, aber Zoom wird aktuell mit einem EV / Umsatz von fast 34 bewertet, also recht genau das 10-fache!
Meiner Meinung nach ist ein so extremer Bewertungsunterschied trotz der von Dir genannten Punkte (Sitz in Norwegen, Eigentümer in China, Geschäft in Afrika & Indien, Notierung per ADS in USA) nicht zu rechtfertigen. Man kann natürlich noch argumentieren, dass freilich Zoom recht sportlich bewertet ist, aber auch damit komme ich zu dem Ergebnis, dass Opera eigentlich um ein Vielfaches höher bewertet sein müsste. Habe ich noch was übersehen?
Beste Grüße,
Gerrit
Immer ruhig mit den jungen Pferden… ganz so einfach ist es nicht und ich würde Zoom bestimmt nicht mit Opera vergleichen. Aber ja: wir sind schon seit geraumer Zeit wie auch Du der Meinung, dass Opera mehr wert ist als derzeit an der Börse und das hat sich mit den heutigen spektakulären Q3-Zahlen sicher nicht geändert! Umfangreicheres Update folgt… wer nichts verpassen will – hier Newsletter abonnieren:https://thedlf.de/newsletter/ 😉
Einer der Nachteile bei Opera ist dass dich , wie erst vor kurzem, immer wieder ordentliche Kapitalerhöhungen erwischen können . Das war sicher nicht die letzte und ich bin deswegen vorsichtiger geworden.