Baidu-Aktie: KI-Wachstum trumpft US-Chip-Squeeze

24. November 2023

Bei Baidus Präsentation der Quartalszahlen drehte sich alles um das Thema generative KI, die inzwischen alle Geschäftsbereiche durchsetzt. Dem stehen die Exportbeschränkungen für Hochleistungs-Chips aus den USA entgegen. Anleger haben auch aus anderen Gründen euphorisch reagiert. Wir analysieren die Quartalszahlen und schauen, wie sich die Baidu-Aktie entwickelt.

Baidu-Aktie: Kursverlauf seit dem 24. November

Baidu-Aktie: Zahlen zum dritten Quartal

Dass die Baidu-Aktie in den zwei Tagen nach Bekanntgabe der Quartalszahlen einen Sprung von bis zu zwölf Prozent machte, lag nicht nur am absoluten Umsatzwachstum im dritten Quartal. Im Vergleich zum dritten Quartal 2022 stieg der Gesamtumsatz um 6 Prozent auf 34.447 Millionen RMB (4.726 Millionen USD). Das war etwas höher  als der Analystenkonsens. Noch besser war freilich, dass das Betriebsergebnis um 18 Prozent auf 6.274 Mio. RMB (860 Mio. Dollar) stieg. Der Nettogewinn zeugt von einer Trendwende: Nach einem Verlust von 146 Millionen RMB (20 Millionen USD) kam im dritten Quartal ein Gewinn von 6.681 Millionen RMB (916 Millionen USD) zustande, und hat damit die Analystenschätzungen um 38 Prozent übertroffen.

Baidu-Aktie Quartalszahlen
Baidu Umsatz, Gewinn und Margin Entwicklung. Quelle: Baidu

Der Umsatz im Kerngeschäft Search stieg um 5 Prozent. Im Earnings Call wies Baidus CEO Robin Li auf die Schwäche des wichtigsten Kundensegments, nämlich E-Commerce hin. Das zeigt, dass die schwache Konjunktur in China auch an Baidu nicht spurlos vorbeigeht. Der Ausblick fiel aber positiver aus. Hierzu gleich mehr. Das AI-Cloud-Geschäft wuchs mit Ausnahme von “Smart Transportation” wieder solide. Bereits vier Quartale in Folge konnte Baidu hier ein positives Ergebnis (non-GAAP) präsentieren.

Positiv

Baidu hat in den vergangenen Monaten die Werbeplattform grundlegend umgebaut und ein eigenes E-Commerce Segment aufgebaut. Das native E-Commerce-Geschäft wächst bereits zweistellig, der Beitrag daraus ist aber noch nicht nennenswert. Die  Umstrukturierung der Werbeplattform mit generativer KI im laufenden Quartal bringt positive Ergebnisse. Im vierten Quartal  und 2024 sollen die Online-Marketing-Umsätze  das Wachstum des chinesischen BIP übertreffen. 

Das Cloud-Geschäft verlagert sich immer stärker zu AI Cloud, wo Baidu traditionell sehr stark aufgestellt ist. AI Cloud soll im vierten Quartal und 2024 zweistellig wachsen. 

Am ersten November hat Baidu die nächste Generation seines Chatbots gelauncht: ERNIE 4 bzw. EB4. Nach Einschätzung von Robin Li ist das Modell auf dem gleichen Leistungsniveau wie die Lösung von OpenAI: “We believe that EB4 is the GPT-4 level model, displaying human level performance in understanding content generation, complex reasoning and memory retention.” Die Interaktionen mit dem Bot seien im November 50 Prozent höher als im Oktober. Bereits über 10.000 Unternehmenskunden würden Ernie API nutzen. Der Erfolg von ERNIE Bot bei der Gewinnung von Nutzern, die sogar bereit sind, Abonnementgebühren zu zahlen, ist bemerkenswert. Baidu hat ERNIE 4 erfolgreich vor der Konkurrenz auf den Markt gebracht und damit seine Führungsrolle bei großen Sprachmodellen unter Beweis gestellt. Für künftige Iterationen von ERNIE verfolgt das Unternehmen einen anwendungsgesteuerten Ansatz, der es ermöglicht, dass KI-eigene Anwendungen zur Verbesserung der Fähigkeiten von ERNIE beitragen. KI hat inzwischen alle Geschäftsbereiche von Baidu durchdrungen. 

Dass Baidu massiv die KI-Ausgaben hochgefahren hat und dennoch die Profitabilität steigern konnte, zeigt, wie gut das Unternehmen die Kosten unter Kontrolle hat.

Negativ

Baidu räumte ein, dass sich das Wachstum der Werbeeinnahmen verlangsamt hat, und führte dies auf die makroökonomische Schwäche und die relativ schwache Leistung der E-Commerce-Plattformen im dritten Quartal zurück. Mit Spannung wurden die Äußerungen zu den Einschränkungen erwartet, die sich aus den Beschränkungen für Chip-Exporte nach China ergeben und das Tempo der KI-Entwicklung behindern könnten. Kurzfristig hat sich Baidu mit ausreichend GPUs eingedeckt. Das Wachstum 2024 ist offensichtlich nicht in Gefahr. Aber mittelfristig muss Baidu nach alternativen Lösungen suchen, um die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von hochperfomanten Halbleitern zu überwinden. Wie das angesichts der Dominanz von Nvidia bei den High-End-Chips zügig gelingen kann, ist ungewiss.

My Take zur Baidu-Aktie

Über Baidus Vorreiterrolle beim Thema künstliche Intelligenz (KI) haben wir zahlreiche Artikel verfasst. Heute ist AI strategisch in alle wichtigen Geschäftsbereiche integriert. Bereits im nächsten Quartal soll sich das auch in den Zahlen bemerkbar machen. Gegenüber der US-Konkurrenz ist das Unternehmen mit einem KGV von 11, einem EV/Sales von 1,3 und einer Free-Cahsflow-Rendite von 9 Prozent deutlich niedriger bewertet. Wir halten Baidu-Aktien trotz der China-Risiken für ein attraktives Investment und sind mit beiden unserer Fonds investiert.

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Disclaimer

The Digital Leaders Fund, der EM Digital Leaders und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Baidu. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autoren

  • Stefan Hartmann

    Stefan schaut auf eine mehr als 20-jährige Erfahrung in den Bereichen Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, Derivate und Hedge Funds zurück. In seiner Tätigkeit als globaler Leiter des Quantitativen Research Teams bei ABN AMRO, hat er über 300 institutionelle Kunden in den USA, Europa und Asien zu allen Fragen des Investment Prozesses beraten. Zuvor war er 10 Jahre bei Salomon Smith Barney als Leiter des quantitativen Research Teams für Europa tätig, wo er Top Rankings in den großen Research Surveys erzielte. Stefan hat über 50 Research Veröffentlichungen zu allen Aspekten des Investment Prozesses in Aktien, festverzinsliche Wertpapiere und Währungen publiziert.

  • Baki Irmak

    Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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Stefan Hartmann

Stefan schaut auf eine mehr als 20-jährige Erfahrung in den Bereichen Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, Derivate und Hedge Funds zurück. In seiner Tätigkeit als globaler Leiter des Quantitativen Research Teams bei ABN AMRO, hat er über 300 institutionelle Kunden in den USA, Europa und Asien zu allen Fragen des Investment Prozesses beraten. Zuvor war er 10 Jahre bei Salomon Smith Barney als Leiter des quantitativen Research Teams für Europa tätig, wo er Top Rankings in den großen Research Surveys erzielte. Stefan hat über 50 Research Veröffentlichungen zu allen Aspekten des Investment Prozesses in Aktien, festverzinsliche Wertpapiere und Währungen publiziert.

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