Es kommt nicht oft vor, dass ein Technologieunternehmen eine Disruption nicht nur überlebt, sondern sogar gestärkt aus einer solchen Krise hervorgeht. Ein solches Unternehmen möchten wir Euch heute mit Garmin vorstellen.
Trotz einer Marktkapitalisierung von über $20 Milliarden gehört der Weltmarktführer für GPS-Endgeräte zu den eher wenig diskutierten Werten am internationalen Aktienmarkt. Die Garmin Aktie notiert aktuell dennoch so hoch wie schon seit 13 Jahren nicht mehr.
Warum wir das Unternehmen ausgerechnet jetzt in das Portfolio von The Digital Leaders Funds aufgenommen haben? Das erfährst Du im vorliegenden Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
Die Historie von Garmin
Garmin wurde bereits 1989 in Kansas, USA, durch Gary Burell und Min Kao gegründet (daher der Firmenname) und wurde schnell bekannt durch die Miniaturisierung seiner GPS-Empfänger. Das GPS selbst (Global Positioning System) befindet sich im Staats-Eigentum der USA und ist bis heute das weltweit bekannteste System zur satelliten-gestützten Navigation. Ähnliche Systeme gibt es auch aus Russland und China, und auch die EU betreibt mit ihrem Galileo-System eine Alternative.
Zumindest die älteren von Euch dürften Garmin noch als einen der führenden Hersteller von externen KFZ-Navigationsgeräten kennen, die vor über 15 Jahren ihren Siegeszug in unseren Autos antraten. Damals hatte Garmin gemeinsam mit dem niederländischen Wettbewerber TomTom eine Duopol-Position inne. Garmin war einige Jahre lang ein echtes High-Growth-Unternehmen mit Wachstumsraten von über 70 Prozent p.a. – der Umsatz verfünffachte sich von 2003 bis 2007 auf weit über $3 Milliarden.
Dann begannen die Autohersteller damit, zunehmend eigene Navigationsgeräte fest in ihren Fahrzeuge zu verbauen. Garmin und TomTom wurden in die undankbaren Rollen als KFZ-Zulieferer gedrängt und lieferten „nur“ noch Geodaten bzw. darauf aufbauende Softwarekomponenten. Etwas später sorgten zudem die Navi-Apps gängiger Smartphones für weiteren Gegenwind.
Externe KFZ-Navigationsgeräte verschwanden in den Folgejahren in der Bedeutungslosigkeit. Garmin rutschte damit immer mehr in die Rolle des OEM-Lieferanten von Navigationsdaten, spielte aber immer weniger eine Rolle als unabhängiger Gerätehersteller. Im Ergebnis musste Garmin nach dem Rekordumsatz von $3,5 Milliarden im Jahr 2008 danach jahrelang Umsatzrückgänge verarbeiten.
Im Zuge der daraufhin nötigen Umstrukturierung hat man – wohl auch aus Gründen der Steueroptimierung – den Firmensitz 2010 nach Schaffhausen in die Schweiz verlegt. Die meisten der 13.000 Mitarbeiter sind jedoch nach wie vor in USA und Taiwan beschäftigt.
Was macht Garmin heute?
Seit 2016 ist Garmin wieder zurück auf Wachstumskurs, der sich in den vergangenen beiden Jahren deutlich beschleunigt hat. Konkret hat sich Garmin mit seiner GPS-Technologie in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich in gleich fünf verschiedenen Märkten positioniert.
- Fitness
Das Fitness-Segment ist mit einem Umsatz von mehr als $1,2 Milliarden der größte Bereich und steht bei einem Wachstum von ca 20 Prozent p.a. für ca. 30 Prozent des Gesamtumsatzes. Mit seinen Smartwatches positioniert sich Garmin insbesondere bei den leistungsorientierten Sportlern recht erfolgreich. Während die Apple Watch bei Freizeitsportlern und modebewussten Käufern dominiert, gibt es daneben eine durchaus interessante Nische für die Garmin Produkte.
Diese punkten neben der Unabhängigkeit vom Apple-Ökosystem mit einer wesentlich längeren Akku-Laufzeit und einer angeblich genaueren Herzfrequenzmessung. Hier findet Ihr einen Vergleich von Apple Watch und dem Garmin Pendant Venu Sq.
Für mich ist es schon überraschend, dass man die Garmin Smartwatch nur einmal wöchentlich aufladen muss. Meine Apple Watch verlangt dagegen fast täglich nach dem Ladegerät.
- Outdoor
Der zweitgrößte Umsatzträger ist das Outdoor-Segment, das ebenfalls mehr als $1 Milliarden beiträgt und ca. 15 Prozent p.a. wächst. Damit ist Garmin weltweit führend bei Satellitenkommunikations- und GPS-Navigationsgeräten, die u.a. von Wanderern und Offroad Sportlern nachgefragt werden. Aber auch eher exotische Devices wie ein Trainingsgerät fürs Tontaubenschießen, elektronische Hilfsmittel zum Bogenschießen oder auch zur Hundeortung für das Training von Jagdhunden gehören zum breiten Produktportfolio.
- Marine
Einen Wachstumssprung machte in der Corona-Krise das Marine-Segment, welches Navigationsgeräte für kleine Boote ebenso wie für große Schiffe anbietet. Bei deutlich über $600 Millionen Umsatz ist dieser Bereich 2020 um ca. 25 Prozent gewachsen. Dahinter steckt wohl auch da das gestiegene Interesse am Bootssport und Fischen in der Pandemie.
- Luftfahrt
Ein Sorgenkind zu Corona-Zeiten war 2020 für Garmin hingegen das Geschäft in der Luftfahrtindustrie. Hier mussten deutlich zweistellige Umsatzeinbußen hingenommen werden, der Umsatz dürfte gut $600 Millionen betragen nach $735 Millionen 2019. Im Produktangebot sind die verschiedensten Cockpit-Lösungen (z.B. Autopilot-Lösungen) für kleinere Flugzeuge sowie Hubschrauberpiloten.
- Auto
Nur noch eine untergeordnete Rolle spielt für Garmin der Automotive Bereich. In den ersten 9 Monaten 2020 erzielte Garmin nur noch 11 Prozent des Gesamtumsatzes mit KFZ-Navigationslösungen. Dieses Geschäft war damit in 2020 ca. 20 Prozent rückläufig. Neue OEM-Vereinbarungen sollen zukünftig dafür sorgen, dass dieses Segment nicht völlig in der Bedeutungslosigkeit verschwindet.
Auffällig ist, dass der Auto-Bereich nicht nur der kleinste, sondern auch der am wenigsten profitable ist. Während alle anderen Segmente zuletzt im Q3 2020 zweistellige operative Margen zwischen knapp 20 Prozent und gut 40 Prozent erwirtschafteten, muss man hier seit Jahren mit einer einstelligen operativen Marge zufrieden sein.
Das digitale Angebot wächst
Garmin unterstützt nahezu alle Endgeräte mit einem digitalen Angebot. Über die Garmin Connect App sehen Kunden z.B. ihre Aktivitätsdaten auf einem Blick, können Analysen fahren, Trainingspläne erstellen, Sauerstoffsättigung im Blut sowie Stress, Schlafverhalten, Herzfrequenz, Wasserkonsum und Atmung messen und sogar eine Schwangerschaft tracken.
Das digitale Angebot führt nicht nur zu einer insgesamt besseren Kundenerfahrung, sondern auch zu einer höheren Kundenloyalität. Nach den Daten von Sensor Tower hat allein die Garmin Connect App knapp 10 Millionen monatlich aktive Kunden.
Stabile Bilanz, hochprofitables Geschäft
Insgesamt dürfte Garmin 2020 einen Rekordumsatz von ca. $4 Milliarden erzielt haben. Das schuldenfreie Unternehmen erwirtschaftet Free Cashflow-Margen von ca. 20 Prozent und kann daher aus eigener Kraft auch immer wieder Zukäufe finanzieren. Mit der zu erwartenden Erholung im Luftfahrtgeschäft und angesichts der weiter rückläufigen Bedeutung des Auto-Geschäftes sollte 2021 und in den Folgejahren ein deutlich zweistelliges Wachstum möglich sein.
Die Garmin Aktie hat sich in den letzten 9 Monaten seit den Tiefkursen im Corona-Crash im Wert fast verdoppelt. Der Enterprise Value beträgt bei einem Aktienkurs von 120$ gut $21 Milliarden.
Mit einem KGV von 23 und einem EV/Sales Verhältnis von mehr als 5 ist die Aktie sicherlich kein Schnäppchen mehr. Aber sie ist unserer Meinung angesichts einer operativen Margen von ca. 25 Prozent damit noch fair bepreist im Gegensatz zu vielen anderen Technologieführern.
Die Bewertung der Garmin Aktie
Uns imponiert die Konsequenz mit der das Garmin Management die Diversifikation des Unternehmens in verschiedene vertikale Märkte trotz eines wegbrechenden Kerngeschäftes bewältigt hat. Das Unternehmen ist nun in zahlreichen lukrativen Nischenmärkten sehr gut aufgestellt. Für uns ist Garmin ein aktuell vernünftig bewerteter Digital Transformation Leader, der sich damit seinen Platz in unserem Portfolio verdient hat.
Wir sind selbst sehr gespannt wie sich das Unternehmen in den kommenden Jahren weiterentwickelt. Wenn Du die weitere Entwicklung von Garmin gemeinsam mit uns verfolgen willst, dann kannst Du jetzt hier unseren kostenlosen Newsletter bestellen.
Disclaimer
The Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Garmin. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweis.
Autor
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Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.
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