Wer von Corona profitiert – Die Gewinner der Pandemie

20. März 2020

Wer von Corona profitiert – Die Gewinner der Pandemie - Unternehmenslogos

Es herrscht Ausnahmezustand weltweit. Selten war die Zukunft für die nächsten Monate so ungewiss wie derzeit. Unternehmenswerte lösen sich gerade wie in Luft auf. Die Verlierer des aktuellen Börsencrashs sind daher leicht ausgemacht: nahezu alle.

Ob Aktien, Anleihen, Gold oder Kryptowährungen, es gibt kaum eine Assetklasse, hinter der man sich vor diesem Absturz in Sicherheit bringen konnte. Staatsanleihen bester Bonität sind die Ausnahme, Gold hält sich noch wacker, der gute alte Dollar hat sich nach anfänglicher Schwäche wieder als Krisenwährung etabliert.

Verschiedene Asset-Klassen in Zeiten der Corona-Krise im Vergleich

Brutal hat es die Energiebranche getroffen. Der Nachfrageschock und eine desaströse Diplomatie zwischen Saudi-Arabien und Russland haben dieses Jahr circa 60 Prozent Wertvernichtung verursacht. Besonders hart trifft die Krise auch kleinere Unternehmen.

Der S&P Small-Cap 600 hat 43 Prozent eingebüßt seit Jahresbeginn. In Erwartung einer großen Pleitewelle hat der Finanzsektor in den USA über 37 Prozent verloren. Der Automobilsektor hat bisher sogar über 38 Prozent verloren. Das sind Rezessionskurse.

Verschiedene Branchen in Zeiten der Corona-Krise im Vergleich

Doch wie in jeder Krise gibt es Unternehmen, denen sich durch neue äußere Umstände unverhofft große Chancen eröffnen.

Im Kontext der Corona-Krise denkt man schnell an Hersteller von Schutzkleidung, an Biotechnologie- und Pharmaunternehmen. Auf die wollen wir an dieser Stelle nicht eingehen, da wir ihre digitale Spur kaum messen können.

Wir wollen uns heute drei Kategorien von Unternehmen anschauen, die von den Maßnahmen zur Eindämmung der Virusverbreitung am ehesten profitieren sollten: Produktivitätsunternehmen, Supermärkte und Lieferdienste.

Produktivität: Zoom Video mit historischer Sonderkonjunktur

Wir schauen uns zunächst das Wachstum der Downloads für alle Kategorien auf Sensor Tower an. Wenn wir die Gaming-Kategorie an dieser Stelle ignorieren, dann belegen die ersten fünf Plätze Produktivitätstools: Zoom Video, Google Classroom, Skype, Microsoft Teams und Google Hangouts.

Der Zwang zu Home-Office hat den Kollaboration-Tools einen bis dato ungesehenen Boom beschert. Microsoft hat gemeldet, dass die Anzahl der täglich aktiven Nutzer auf Microsoft Teams von 20 Millionen im November auf nun 44 Millionen gestiegen ist.

Wachstum App-Downloads über alle Kategorien (ex Games)
Wachstum App-Downloads über alle Kategorien (ex Games). Quelle: Sensor Tower.

Das mag eine sehr erfreuliche Entwicklung für Microsoft und Google sein, merklich viel Erträge bringen diese Dienste nicht.

Anders verhält es sich bei Unternehmen wie Zoom Video Communications. Hier schlägt sich die neue Nutzerflut in Rekordumsätzen nieder. Allein in den letzten 30 Tagen ist die Zoom-Video-App über 16 Millionen mal heruntergeladen worden. Die Aktie hat seit Jahresanfang 85 Prozent zulegen können. Wir haben Zoom nicht im Portfolio. Mit einem EV/Sales von weiter über 30 ist das Unternehmen schlicht zu teuer. Selbst wenn die Umsätze doppelt so hoch ausfallen als von dem Unternehmen prognostiziert, sind die Multiples zu hoch. Der Boom wird nachlassen, die Konkurrenz größer werden.

Auch bei Slack zeigen die Downloadzahlen und die Nutzerzahlen nach oben. Nicht ansatzweise so stark wie bei Zoom und bei Microsoft Teams, doch nach dem Kursverfall ist Slack mit der unverhofften Sonderkonjunktur deutlich attraktiver geworden. Die großen Profiteure dieser Entwicklung in China sind Alibaba und Tencent, deren Kollaborations-Dienste in China den Markt dominieren.

Supermärkte – Weihnachtsgeschäft im März

Der Denn`s Biomarkt in meiner Nachbarschaft ist aktuell jeden Tag voll. Die Menschen im Frankfurter Nordend plündern nicht die Regale leer, aber an der Kasse steht man dort auch Schlange. Eine Servicekraft dort meinte, dass sie aktuell mehr Geschäft machen als an Weihnachten. Noch voller geht es derzeit in den Edekas und Rewes zu.

Ein Blick auf die Downloadzahlen in der Kategorie Food & Drinks zeigt das gleiche Bild. Im App Store ist die Rewe-App im März 40 Prozent mehr heruntergeladen worden, die Edeka-App verzeichnet ein Plus von 20 Prozent. Noch deutlicher sieht man das Wachstum bei Walmart in den USA. Die aktuelle Nutzerzahl der App ist auf dem Weihnachts-Niveau.

Nutzerzahl der Walmart-App ist auf dem Weihnachts-Niveau

Walmart liefert alles, Dinge für den täglichen Bedarf, Lebensmittel, Drogeriewaren, Medikamente; und das oft am gleichen Tag. In der Kategorie Shopping belegt Walmart in den USA lange schon den zweiten Platz nach Amazon.

Zusammen mit Amazon, das aktuell auch vom Streaming-Boom profitiert, ist Walmart einer der Gewinner dieser Krise. Der Aktienkurs ist seit Ausbruch der Pandemie sogar im Plus. Auch andere Supermärkte, die Endkunden ansprechen, machen aktuell gute Umsätze. Für Metro gilt das sicher nicht, da es in erster Linie Gastronomie und Hotelketten beliefert.

Gastronomen, Hotels und viele kleine Läden kämpfen aktuell um ihre Existenz. An der Börse werden Aktien von Unternehmen, die Paymentlösungen für genau diese Kundschaft anbieten, wie z.B. Square, PagSeguro oder StoneCo gehandelt, als würde es kein Morgen für diese Kunden geben. Wir können trotz dieser Ausnahmezeit dieses apokalyptische Szenario nicht teilen. Bei Square erfreut sich die Cash App weiterhin einer großen Beliebtheit.

Hellofresh, Grubhub, Blue Apron – Vorsicht Fehlalarm

Lieferdienste sind in den meisten Ländern von Zwangsschließungen verschont worden, auch in Deutschland und in den USA. Anbieter wie DoorDash und Grubhub bieten sogar einen Service ohne menschlichen Kontakt an. Die Ware wird einfach vor die Tür gestellt. Dennoch profitieren die reinrassigen Lieferdienste von der aktuellen Krise nicht. Ihre jeweiligen Apps zeigen sogar rückläufige Downloaddaten. Die Nutzerzahl zeigen sich kaum verändert.

Nutzerzahlen ausgesuchter Apps von Lieferdiensten im App Store
Nutzerzahlen ausgesuchter Apps von Lieferdiensten im App Store. Quelle: Sensor Tower.

Offensichtlich nutzen Menschen ihre Zeit zu Hause zum Einkaufen und Kochen. Besser sehen die Zahlen daher für Anbieter von Einkaufskörben samt Rezepten aus. Hellofresh und Blue Apron können sich aktuell über höhere Nutzerzahlen und mehr Downloads freuen.

Nutzerzahlen der Apps von Hellofresh und Blue Apron im App Store
Nutzerzahlen der Apps von Hellofresh und Blue Apron im App Store. Quelle: Sensor Tower.

Die Zahlen deuten kurzfristig auf ein besseres Geschäft beider Anbieter hin. Die Hellofresh-Aktie konnte sich daher auch Kursverlusten weitestgehend entziehen. Die Entwicklung bei Blue Apron erscheint dagegen abenteuerlich. Die Aktie notierte Anfang März noch bei knapp über zwei Dollar. Danach ging es um mehr als 400 Prozent nach oben. Mit den Nutzerzahlen allein lässt sich das nicht rechtfertigen. Hinzu kamen Übernahmegerüchte und wahrscheinlich desperate Spekulanten auf der Suche nach kurzfristiger Rendite.

Unscheinbare Gewinner

Die reinrassigen Lieferdienste werden vermutlich nicht zu den dauerhaften Gewinnern dieser Krise werden. Ihre Kosten sollten durch die Krise deutlich angestiegen sein. Von der Stay-at-Home-Ökonomie profitieren wahrscheinlich dauerhaft Unternehmen, auf die man nicht offensichtlich stößt. Der sichere Mitarbeiter-Zugriff von zu Hause auf Firmen-Applikationen stellt Unternehmen vor eine großen Aufgabe. Ein Lösungsanbieter, der aktuell davon profitiert ist z.B. unser Portfoliowert Zscaler. Die aktuell höheren Datenvolumina und die starke Netzauslastung führt wiederum zu größerer Nachfrage bei Netzwerkausrüstern wie Arista und Ericsson.

Die Aktien dieser drei Unternehmen haben sich sehr gut in der aktuellen Krise gehalten und die heftigen Depotverluste bei The Digital Leaders Fund etwas abgemildert. Wenn Du weiterhin über die Folgen der Corona-Pandemie für den Aktienmarkt informiert bleiben willst, dann abonniere jetzt hier unseren kostenfreien Newsletter.


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Autor

  • Baki Irmak

    Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

Baki Irmak

Baki Irmak

Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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2 Antworten

    1. Wie kommst Du auf HPE?
      Die sind mir in den vergangenen Jahren nicht gerade als Digital Leader aufgefallen ehrlich gesagt.

      VG Stefan

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