Hippie-Latschen-Hersteller macht LVMH-Boss happy, frustet Anleger und öffnet neue Perspektiven für den Brand Made in Germany

15. Oktober 2023

Es war ein Hauch Hybris, der das IPO-Banner am Gebäude der New Yorker Börse umwehte: “Birkenstock since 1774”, kündigte der Jesuslatschen-Hersteller aus Linz am Rhein seinen Börsengang in den USA an. Die stolze Nation USA wurde gerade mal im Jahr 1776 geboren. Kommt nach dem Hochmut der Fall? Zunächst jedenfalls schon. Der Börsengang war ein Desaster. Der erste Kurs lag mit 41 Dollar zehn Prozent unter dem Ausgabepreis, und am Ende des zweiten Handelstages war die Aktie auf 37,5 Dollar abgeschmiert. Das Minus von rund 20 Prozent ist für Aktionäre bitter, die zum Börsenstart zugegriffen haben. Catterton, dem Haupteigner von Birkenstock, kann es egal sein. Die Private Equity Gesellschaft von LVMH-Boss Bernard Arnault hat mit dem Verkauf von 32 Mio. Aktien fett Kasse gemacht. Den Investmentbanken sollte das aber nicht egal sein. Statt eine neue Begeisterung für Aktien auszulösen, werden Anleger IPOs nun wieder deutlich kritischer begleiten. 

Was bleibt? Eine offenkundige und eine nicht so offenkundige Erkenntnis. Einmal, dass Bewertungen zählen, egal, wie schön die Stories in den IPO-Prospekten auch sind. Der Hersteller von Gesundheits- und Hippielatschen mag Kult sein, seitdem sich Steve Jobs und zuletzt Barbie als Fans outeten. Aber Birkenstock ist mit einem atemberaubenden EV/Sales von zehn an die Börse gegangen. Zur Erinnerung: Das Unternehmen wechselte davor auf der Höhe der Post-Corona-Krise 2021 für umgerechnet unter 20 Dollar pro Aktie den Besitzer. Viele hochmargige SaaS-Unternehmen sind seit Herbst 2021 deutlich günstiger geworden, obwohl sie weiter wachsen, skalierbarer sind und nicht die Risiken hoher Fixkosten haben. On Holding, der Hersteller von On-Schuhen, kommt auch auf eine Bruttomarge von ca. 60 Prozent, ist aber nur mit einem EV/Sales von 3,5 bewertet. Selbst der Inbegriff für Luxus, LVMH, kommt nur auf ein EV/Sales von 4. Nur Hermes wird mit einem EV/Sales von 12 unter den Fashion-Aktien höher bewertet.

Birkenstock wird viel tun müssen, um in die üppige Bewertung hineinzuwachsen. Das ist eine Herausforderung, da die Erlöse des IPOs offenbar in den Schuldenabbau gesteckt werden. Und wer am Standort Deutschland produziert, wird bei Investitionen in Anlagen und Mitarbeitern mit spitzem Stift kalkulieren müssen. Aber wir wollen hier nicht alles schlecht reden und kommen damit zur zweiten Erkenntnis: Birkenstock ist eine grandiose deutsche Erfolgsstory. Es ist ein Traditionsunternehmen, das stark wächst, und es weist ein hochmargiges B2C-Geschäft auf, das rund 40 Prozent des Umsatzes ausmacht. Birkenstock hat mittelfristig das Zeug, eine sexy Mojo-Dojo-Aktie zu werden. Auch wenn zunächst die Bewertung deutlich fallen muss, wäre das im Ergebnis eine erfreuliche Frischzellenkur für die inzwischen angestaubte Marke Made in Germany.

Autor

  • Baki Irmak

    Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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Baki Irmak

Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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