Mercadolibre-Aktie: Üppige Zahlen beschämen Wall Street-Analysten

10. November 2023

MercadoLibre-Aktie

Das Geschäft brummt: Mercadolibre schlägt die Erwartungen der Analysten zum siebten Quartal in Folge, mit durchschnittlich 44 Prozent. Das beschämt die ungewohnt pessimistischen Sell-side Broker. Wir schauen uns die Zahlen und Risiken an und blicken auf die Bewertung der Mercadolibre-Aktie. Andale!

Mercadolibre-Aktie: Zahlen zum dritten Quartal

Die Zahl der aktiven Nutzer des „Amazons am Amazonas“ (größter Markt ist Brasilien) stieg im dritten Quartal um 36 Prozent auf 120 Millionen (alle Veränderungen gegenüber dem Vorjahr). Der um Wechselkurseffekte bereinigte Umsatz legte gleichzeitig um 69 Prozent auf 3,8 Milliarden Dollar zu, 5 Prozent über den Analysten Erwartungen laut Bloomberg.

Besonders stark war das Wachstum (in US-Dollar) mit 66 Prozent in Mexiko, das war noch ein Schnaps mehr als in den letzten Quartalen. Brasilien wuchs mit 40 Prozent überraschend stark. Im ersten und zweiten Quartal waren es „nur“ 26 Prozent beziehungsweise 23 Prozent. Dagegen schwächte sich das Wachstum in Argentinien weiter ab und lag bei zuletzt 22 Prozent.

Ecommerce

GMV lag bei 11,4 Milliarden Dollar (wechselkursbereinigt) 59,3 Prozent höher. Die Zahl der Kunden stieg zum ersten Mal über 50 Millionen, die Zahl der verkauften Waren um 26 Prozent auf 350 Millionen. Mit plus 45 Prozent übernahm E-Commerce wieder die Führungsrolle beim Umsatzwachstum.

Das Loyalitätsprogramm Meli Mas wurde neu gestaltet. Es erinnert an das Amazon-Prime-Modell. Eine Vielzahl von Waren aus eigenen Lagern wird jetzt für Premium-Kunden ab 29 Real / 149 Peso kostenlos geliefert, andernfalls liegen die Grenzen bei 79 Real / 299 Peso. Darüber hinaus gibt es kostenlose Abos bei Disney Plus, Star Plus und Deezer. Laut Management sind die Reaktionen der Kunden positiv. 94,2 Prozent der Auslieferung wurden selbst erledigt (inklusive Subunternehmer), das sind 231 Basispunkte mehr als im Vorjahr.

Fintech

TPV (Total Payment Volume) explodierte (wechselkursbereinigt) um 121 Prozent auf 47,3 Milliarden Dollar, getrieben von einem Anstieg der Transaktionen um 75 Prozent auf 2,5 Millionen. Das Wachstum der Off-Plattform Zahlungen ist dabei weiterhin deutlich höher als On-Plattform. Kreditkarten TPV lag mit plus 70 Prozent zum ersten Mal über einer Milliarde Dollar. Der Umsatz im Fintech wuchs um 33 Prozent. Es handelt sich um kurzfristige Finanzierungen: Die Kreditvergabe lag bei 3,6 Milliarden Dollar, das Kreditportfolio am Quartalsende bei 3,4 Milliarden Dollar. NIMAL (Netto-Zinsmarge nach Abschreibungen) lag mit 37,4 Prozent nahe der Höchststände des vierten Quartals 2022 (39 Prozent).

Gewinnexplosion

Die Bruttomarge expandierte um 295 Basispunkte auf 53,1 Prozent. Verantwortlich waren niedrigere operative Kosten und niedrigere Finanzkosten. Der operative Gewinn (EBIT) verdoppelte sich auf 685 Millionen Dollar und lag sagenhafte 34 Prozent über den Erwartungen. Das ist jetzt schon das siebte Mal in Folge, dass Mercadolibre die Analystenschätzung in den Schatten stellt. Der operative Gewinn ist im Durchschnitt 44 Prozent höher als erwartet ausgefallen. Es ist schon erstaunlich, wie weit daneben die Profis von der Wallstreet immer wieder liegen. Es stellt sich mir die Frage, ob die Sell-Side-Analysten wirklich das Geschäftsmodell von Mercadolibre verstanden haben. Wie dem auch sei: Der Reingewinn lag bei 359 Millionen Dollar, fast dreimal so viel wie im Vorjahr.

Die Nettoverschuldung ist auf 1,46 Milliarden Dollar gesunken, Ende Juni waren es noch 2,16 Milliarden Dollar.

Ausblick

Einen Ausblick gibt es bei Mercadolibre traditionell nicht. Auf dem Investor Call betonte das Management noch einmal die langfristige Ausrichtung der Strategie. Es geht nicht um die nächsten 3-4 Quartale, sondern die nächsten 5-10 Jahre.

Entscheidend ist die Entwicklung neuer Funktionalitäten und Produkte, dabei nennt das Management explizit Werbung als Wachstumstreiber. Aktuell entsprechen die Werbeeinnahmen lediglich 2 Prozent des GW. Im internationalen Vergleich war bei diesem Wert bisher bei 5 Prozent Schluss, allerdings zeigt Amazon aktuell, dass noch mehr drin sein könnte.

Positiv

Mercadolibre hat wieder ein extrem starkes Quartal geliefert und ist trotz intensiver Konkurrenz dank Profitabilität und niedriger Verschuldung in Lateinamerika sehr stark aufgestellt.

Das bedeutet vor allem auch: Es ist genug Geld für die Entwicklung neuer Funktionalitäten und damit mehr Wachstum da. Gerade im hochmargigen Geschäft mit Retail Media, also Werbung, kann Mercadolibre noch massiv zulegen.

Negativ

Am Heimatmarkt Argentinien, bisher knapp ein Viertel des Umsatzes, wird am 18. November der neue Präsident gewählt. Die wirtschaftlichen Wehen des Landes haben den selbsternannten „Anarcho-Kapitalisten“ Javier Milei in die Stichwahl gegen den Peronisten Sergio Massa katapultiert. Milei, eine Mischung aus Trump und Bolsonaro, glaubt an den ungehinderten freien Markt. Steuern dagegen seien Diebstahl, so Milei. Dieser möchte die Zentralbank abschaffen und den US-Dollar als offizielle Währung einführen. Wirtschaftswissenschaftler schlagen Alarm, einen offenen Brief gegen die Pläne haben mehr als 100 unterschrieben. Die Folgen einer möglichen Wahl des Exzentrikers sind aktuell nicht abschätzbar. Politische Risiken gehören zum täglichen Brot von Emerging Markets Unternehmen, man wird einfach abwarten müssen, was für Taten nach den Wahlen den radikalen Worten folgen. Weder Trump noch Bolsonaro waren für die Börsen wirklich schlecht.

My Take zur Mercadolibre-Aktie

Die Mercadolibre-Aktie ist laut Bloomberg-Konsens jetzt mit 26 mal EBITDA für dieses Jahr bewertet. Das ist zwar nicht wenig, aber weniger als je zuvor. Der nachfolgende Chart zeigt den Multiplikator im Zeitverlauf (blaue Linie) 

Für das nächste Jahr ist Mercadolibre mit 21 mal EBITDA bewertet. Der Multiplikator für das Geschäftsjahr 2025 liegt dann noch bei 16.  Damit ist Mercadolibre immer noch teurer als die Peer Group. Im Vergleich: Amazon kostet (alle auf 2025 Basis) 10,6 Mal EBITDA. Alibaba liegt nach dem massiven Kursverfall chinesischer Aktien bei nur noch 4,5 Mal.. Auch Kaspi ist mit 5,5 Mal immer noch günstig. Sogar Sea kostet jetzt nur noch 9,8 Mal.

Die gelbe Linie stellt den Unternehmenswert im Vergleich zum Umsatz des Folgejahres im Zeitverlauf dar. Der Wert von rund 5 Mal liegt im Durchschnitt der letzten zwei Jahre.

MercadoLibre-Aktie Kursverlauf

Für das Geschäftsjahr 2025 liegt das Kurs-Umsatz-Verhältnis Der Mercadolibre-Aktie noch bei 3,2. Internationaler Vergleich: Amazon ist mit 2,2 Mal 2025 Umsatz bewertet, Kaspi mit 3,4, Sea mit 1,5 und Alibaba sind für 0,9 Mal zu haben.

Der erneute Beat macht wieder einmal klar, warum die Mercadolibre gegenüber den Vergleichswerten bisher bei einem höheren Multiplikator gehandelt hat und sofern das Unternehmen weiter liefert wird, auch angesichts des Wachstums zukünftig mit einer Prämie handeln wird, unabhängig der zahlreichen politischen Risiken in Südamerika: Es sind auch künftig weitere Upgrades zu erwarten.

Die Mercadolibre-Aktie bleibt eine Kernposition im EM Digital Leaders.

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Disclaimer

The EM Digital Leaders und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Mercadolibre. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autor

  • Steffen Gruschka

    Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.

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Steffen Gruschka

Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.

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