Threads tötet Twitter

7. Juli 2023

Threads tötet Twitter

Tötet Threads Twitter? Jedenfalls hat Mark Zuckerberg mit seinem neuen Kurznachrichtendienst Elon Musk den Fehdehandschuh hingeworfen. Warum die Herausforderung der Profi-Copycat aus dem Silicon Valley für Twitter den Todesstoß bedeuten dürfte.

Threads startet furios – Elon Musk sei Dank

So richtig erfolgreich war Twitter mit Werbeeinnahmen nie. Allerdings haben Werbekunden bei zwei Use Cases gerne auf die Stärke von Twitter gesetzt: Live-Ereignisse und Produktlaunches. Auch damit könnte es bald vorbei sein. Die durch den umstrittenen Führungsstil Elon Musks arg ramponierte Plattform hat Konkurrenz bekommen – ausgerechnet durch Meta. Mark Zuckerberg musste für die Ankündigung des Twitter-Klons „Threads“ nicht einmal Werbung schalten, denn für die maximal mögliche Wahrnehmung kümmerte sich Musk höchstpersönlich. Er forderte Zuckerberg öffentlich zu einem Duell in Form eines Käfigkampfes auf. „Jiu-Jitsu-Großmeister“ Zuck sagte zu.

Seither gibt es fast täglich dazu Tweets von Musk mit teils über 50 Millionen  Views. Seine Anhängerschaft postet fleißig unzählige Videos zum Käfigkampf, der nach Wunsch von Musk im römischen Kolosseum stattfinden soll. Youtuber Lex Fridman hat mit Musk und Zuckerberg bereits erste Trainingseinheiten absolviert. Egal, wie das mögliche, in jedem Fall peinliche Duell zwischen Musk und Zuckerberg ausgehen wird: Dass Threads Twitter töten wird, dürfte hohe Quoten in den Wettbüros haben. 

Threads tötet Twitter

30 Millionen Anmeldungen nach 12 Stunden

Mit Blick auf den Starterfolg von Threads diese Woche dürfte Musk das Lachen zunächst vergangen sein. Vier Stunden nach dem Launch des Twitter-Konkurrenten vermeldete Zuckerberg 5 Mio. Anmeldungen. Am Donnerstag-Morgen, also weniger als ein Tag nach dem Launch von Threads, waren es schon 30 Millionen. Nach Daten von Sensor Tower war Threads am 6. Juli in 70 Ländern die am meisten heruntergeladene App, am 7. Juli waren es sogar 71 Länder, darunter die USA, Kanada, Japan, Korea, UK und Brasilien (in Europa wird die App aufgrund regulatorischer Bedenken zunächst nicht gelauncht, aber Nutzung über Umwege möglich, siehe Anleitung von Doppelgänger).  Mittlerweile sollten daher mehr als 50 Mio. User sich registriert haben. Wie beeindruckend diese Zahlen sind, zeigt der Vergleich mit den bisherigen Konkurrenten von Twitter. Der deutsche Konkurrent Mastodon, Trumps TruthSocial und Jack Dorseys Bluesky kommen zusammen auf 13 Mio. Downloads, allerdings nicht pro Tag, sondern kumuliert seit ihren Starts.

Die Massenadaption von Threads funktioniert auch deswegen so gut, weil User nach Download der App sich einfach mit ihrem Instagram-Konto anmelden und mit wenigen Klicks auch den gleichen Personen wie auf Instagram folgen können. Meta hat mit über 3 Mrd. Monthly Active Usern (MAU) insgesamt und mit über 1 Mrd. MAU bei Instagram eine einmalige Startposition, um solche Dienste auszurollen. Mit der Monetarisierung will sich Mark Zuckerberg Zeit lassen. Das bewährte Playbook ist „Engagement first“.  Erst mit einem klaren Trend hin zu 1 Mrd. Usern möchte man Threads monetarisieren. Zum Vergleich: Twitter kommt nach Zahlen von Sensor Tower auf ca. 400 Mio. MAU.

Folgen für Meta und Twitter

Die Investoren von Meta haben den Erfolg von Threads gefeiert. Bereits am Mittwoch hat die Aktie gegen den Trend 3 Prozent zulegen können, das entspricht ca. 21 Mrd. Dollar mehr an Marktkapitalisierung an einem Tag. Welchen Umsatz wird Meta mit Threads erzielen können? Der Gesamtumsatz von Twitter im Jahr 2022 lag bei 5,2 Mrd. Dollar, der von Meta dagegen bei 117 Mrd. Dollar. Falls Meta mit Threads langfristig auch 5 Mrd. Umsatz generieren sollte, könnte das einen Mehrwert von 30 Mrd. Dollar schaffen (Meta wird aktuell mit dem 6-fachen des Umsatzes bewertet). Dem Unternehmen ist auch ein höherer Umsatz mit Threads zuzutrauen, weil Meta Direct-Response kann und Werbekunden sehr erfolgreich mit hohen Renditen für Werbeausgaben verwöhnt hat. Was mich als Meta-Investor allerdings mehr begeistert, ist, wie Meta nebenher und nahezu spielerisch einen Twitter-Klon aus der Tasche zaubert. M.E. ist das der Anfang von weiteren Diensten, mit denen Meta auch auf Basis der herausragenden Ausgangsposition in AI (Pytorch, LLaMA u.a.) die Öffentlichkeit überraschen wird.

Während Meta ganz entspannt Threads aufbauen kann, läuft Twitter die Zeit davon. Über Musks erratisches und desaströses Twitter-Management ist schon viel geschrieben worden. Der größte Fehler von Musk war m.E., dass er die Bedeutung der Werbekunden für Twitter unterschätzt und diese mutwillig vergrault hat. Die New York Times berichtete jüngst unter Berufung auf eine interne Präsentation von Twitter, dass die Werbeeinnahmen in den USA von April bis Mai gegenüber dem Vorjahr um 59 Prozent eingebrochen seien. Der Irrglaube, dass Twitter mit Abo-Diensten wie Twitter Blue Geld verdienen könne, ist für das Unternehmen verheerend. Ein Blick auf die Zahlen von Sensor Tower zeigt, dass die Umsätze mit Twitter Blue nach einem vorläufigen Hoch im April nun rückläufig sind.

Threads tötet Twitter revenue twitter blue

Seit dem Launch von Twitter Blue liegen die aggregierten Subskriptions-Umsätze bei ca. 20 Mio. Dollar (In-App-Umsätze, Daten von Sensor Tower). Aber Twitter Blue ist nicht nur ein monetärer Reinfall. Seitdem das Ausspielen von Tweets von Bezahlung und nicht von Qualität abhängig ist, werden die Timelines der User von Spams und irrelevanten Inhalten regelrecht überflutet. Man fühlt sich wie auf einer Konferenz, wo nicht die kompetenten Redner auftreten, sondern die, die am meisten gezahlt haben. Ein Kurznachrichten-Dienst, der nach dem Prinzip Pay-for-Speak funktioniert, ist aber dauerhaft dysfunktional. Acht Monate nach der Übernahme durch Elon hängt Twitter mächtig in den Seilen. Nun könnte ausgerechnet Zuckerberg Twitter den K.o.-Stoß verpassen. Der Investigativjournalist James Ball hält den Tod von Twitter durch Threads sogar in den nächsten 12 Monaten für möglich: „Twitter has a very real chance of going bankrupt in the next 12 months, with no obvious path to escaping it.“ Nun hat Elon Musk angekündigt, Meta zu verklagen. Das zeigt allerdings nur, wie prekär die Lage bei Twitter ist und wie groß die Bedrohung durch Threads.  

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Autor

  • Baki Irmak

    Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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Baki Irmak

Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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Eine Antwort

  1. „Dass Threads Twitter töten wird, dürfte hohe Quoten in den Wettbüros haben.“

    Hohe Quote würde aber eine niedrige (Eintritts)wahrscheinlichkeit bedeuten. Der Argumentation im Artikel folgend, sollten Quoten in Wettbüros also eher gering und nicht hoch sein 😉

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